Das Buch hat mich von der ersten bis zur letzten Seite in den Bann gezogen, vermutlich, weil es in einer Welt spielt, die einerseits durchaus erreichbar ist (ich war schon in Brooklyn), andererseits aber so fremd, dass ich beim Lesen öfter meinte, es mit einem Paralleluniversum zu tun zu haben.
Im Vergleich sind mir die letzten Kapitel des Buches, in denen Deborah verheiratet ist (von "erwachsen" mag ich bei einer Siebzehnjährigen nicht sprechen), noch deutlich näher gegangen. Während der früheren Kapitel über Kindheit, Schule usw. geht es mehr um das Alltagsleben. Das war fremdartig, hat auch einige Male zu hochgezogenen Augenbrauen geführt, aber gut - andere Sitten eben. Doch je älter Deborah wird, umso mehr hinterfragt sie die Regeln der Gemeinschaft und zweifelt deren Richtigkeit immer öfter an. Naturgemäß nimmt sie auch mehr Dinge aus dem Umfeld auf, die sie als Kind vermutlich nicht mitbekommen hätte. Es bedarf einfach einer gewissen Reife, um schwere Straftaten an Kindern auch als solche wahrzunehmen.
Und gerade das Hinnehmen und Vertuschen dieser Straftaten unter dem Deckmantel der Religiosität hat mir diese Sekte endgültig unsympathisch gemacht. Leider sind solche Vorkommnisse aber nicht auf Sekten beschränkt, wie der Missbrauchsskandal in der katholischen Kirche nur zu gut gezeigt hat.
Das Gefühl am Ende des Buches ist positiv, schließlich ist Deborah auf einem guten Weg: Eingeschrieben am College, dank Buchvertrag und kostbarer Hochzeitsgeschenke arm, aber nicht völlig mittellos und gegen alle Wahrscheinlichkeiten des amerikanischen Rechtsystems gelingt es ihr, ihren Sohn mitnehmen zu dürfen.
Es mag sein, dass Deborah Feldmann nach dem Verlassen der Satmarer nicht physisch verfolgt wurde. Nach allem, was ich dazu im Internet gefunden habe, wurde sie aber nach Erscheinen des Buches sehr wohl in Misskredit gebracht und psychisch sehr viel Druck auf die "Nestbeschmutzerin" ausgeübt.