Beiträge von Buecherturm

    Endlich mal wieder gute Vampire

    Seit den Cullens bin ich auch dem Vampir-Fieber erlegen. Aber nur wenn es liebe, kuschelige Vampire sind. Zumindest ein Teil von ihnen. Und hier haben wir genau das. Einen ganz akzeptablen Mix aus guten Vampiren und bösen, niederträchtigen Vampiren, die Menschen töten und aussaugen. Oraya wurde in ihrer Kindheit aus einem noch unbekannten Grund, vom Vampirkönig gerettet und wuchs wohl bewacht und behütet in seinem Palast auf. Um aufzusteigen, muss sie ein Turnier, das Kejari, gewinnen. Nur so wird sie vor den anderen Vampiren in Sicherheit sein und auch die Menschen der Stadt vor ihnen schützen. Die aufregenden Abenteuer und harten Kämpfe, die sie während des Turniers aber auch in der Zeit zwischen den Prüfungen besteht, machen Gegenstand des Buches/Hörbuches aus. Wirklich atemberaubend und spannend geschildert.

    Hinzu kommt noch eine Liebe über alle Barrieren hinweg, eine außergewöhnliche und doch eigentlich nur logische Allianz mit einem der Kontrahenten, um die Spannung im Buch zu erhöhen.

    Einziges Manko (ohne Punktabzug), das Buch endet leider und wie so üblich in einem Cliffhanger. Nix zu machen. Da müssen wir durch.

    Vanida Karun hat das Hörbuch zu einem Hörgenuss werden lassen. Eine Stimme voller Inflektionen und hoch modulierbar, zieht sie jeden Hörenden nach nur wenigen Worten in ihren Bann. Chapeau, wie sie das gesprochen hat.

    Das geheimnisvolle und anziehende Coverbild und der interessante Klappentext lassen Buch/Hörbuch zu einem Eyecatcher werden.

    Der Schein trügt

    Eine junge Frau, die aus (vorläufig nur ihr bekannten Gründen) ihrer Umwelt und vor allem ihrem Freund eine falsche Identität angibt, wird plötzlich mit einer anderen Frau konfrontiert, die in ihre eigene Identität geschlüpft ist. Was geht da vor sich? Das Buch verspricht interessante Verwicklungen und Wendungen.

    Anfangs ist das Ganze noch humorvoll, doch je weiter man im Buch voranschreitet, umso mehr lässt der Humor nach, um dann gegen Ende wieder hervorzukommen. Faszinierend für mich war zu beobachten, wie Evie/Lucca jede Klippe umsegeln kann, wie sie sich aus brenzligen bis gefährlichen Situationen heraus manövrieren kann, ohne je wirklich die Contenance zu verlieren und immer schlagfertige Antworten parat zu haben. Ich habe die Szenen richtig genossen, in denen sie die Damen aus Ryans Umfeld gekonnt im Zaum hält.

    Ihr Freund ist nicht der gediegene Geschäftsmann, der er vorgibt zu sein. Eigentlich wurde Evie ja auch deshalb auf ihn angesetzt, um ihn auszuspionieren. Langsam beginnt sie das Spiel ihres Auftraggebers zu durchschauen und es gelingt ihr, ihn praktisch gegen sich selbst auszuspielen und das Vertrauen und die Liebe ihres Freundes zu bewahren oder gar zu vergrößern. Respekt, Evie!

    Ein historischer Schmöker nach meinem Geschmack

    Dies ist ein Historienroman nach allen Regeln der Kunst. Eine junge Frau, Adriana, belesen und hoch gelehrt, gibt sich als Mann und Mönch aus, um in einem Kloster Studien zu betreiben und insgeheim nach einer apokryphen Schrift, das sogenannte Testament des Athanasius, zu suchen. Diese Schrift könnte die katholische Kirche in ihren Grundfesten erschüttern, wenn sie öffentlich bekannt werden würde. Die Päpstin und der Name der Rose lassen grüßen. Der Grunddiskurs ist die Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit Gottes. Sind Gott, Jesus und der heilige Geist eine Einheit oder ist Jesus der Sohn Gottes und nicht markierender Teil Gottes? Nun, darüber mögen sich Theologen und Exegeten bis in alle Ewigkeit streiten (oder solange das Christentum besteht), aber im Jahr 1405 war das ein wichtiges Thema und die Meinung der allein seligmachenden katholischen Kirche zählte.

    Um dieses Schriftstück werden nun Kabalen und Intrigen gesponnen, es kommt zu Morden und gruseligen Vorfällen.

    Die Handlung ist linear erzählt, es gibt kaum Platz zu Nebenschauplätzen und Handlungssträngen außer dem Hauptstrang. Und doch ist dies ein spannendes Buch, das Narrativ ist straff gespannt, man fiebert der Auflösung entgegen.

    Adriana / Adrian ist der rote Faden und auch der Lichtstrahl, der durch die Geschichte leitet und letztendlich für die Leser die Geschichte zu einem guten Ende bringt. Als besonderes Schmankerl hat Peter Orontes den Lageplan des Klosters dargestellt und die Einteilung des Klostertages nach Gebeten.zu festen Stunden.

    Das Titelbild mit dem schönen Kirchenportal weist jedem Liebhaber von historischen Romanen den Weg zum Buch.

    Ja, Richie, Deine Begründungen zum Buch sind durchaus griffig. Für mich hat die amtierende Kanzlerin das Buch "gerettet", so konnte ich ihm doch einiges abgewinnen. Überhaupt, die Politiker die im Buch vorkommen, ob in der BRD, in China oder die ioc-Magnaten haben mich umgehauen. Und die menschenverachtende Politik die China in Afrika betreibt war mir auch bekannt, und wurde im Buch bestätigt. Für mich waren das lauter Gründe, das Buch zu Ende zu lesen.

    Wer ist hier der Mörder?

    Vor unseren Augen entfaltet sich ein internationaler Thriller mit Verstrickungen bis in die höchsten Ebenen der Weltpolitik. Die Handlung spielt in der ehemaligen DDR, im wiedervereinten Deutschland, in Mosambik und in Shanghai statt. Auslöser der Handlung? Die mosambikanischen Gastarbeiter die zu DDR-Zeiten mit Verträgen aus ihrem Heimatland in die DDR gelockt wurden, hier arbeiteten sie schwere lange Jahre für einen Hungerlohn, schickten das Geld in die Heimat in der Hoffnung, später, bei ihrer Rückkehr sich mit dem ersparten Geld etwas aufbauen zu können. Gleich nach der Wende mussten sie Deutschland verlassen und stellten fest, ihr Geld war nie auf ihren Konten angekommen, die korrupte Regierung hatte mit dem Geld einen Teil der Auslandsschulden beglichen. Die wütenden Proteste der Arbeiter werden in Mosambik belacht und verhöhnt. Ein deutscher Reporter nimmt sich der Sache an, veröffentlicht in Deutschland Artikel und setzt sich für ihre Rechte ein. Die Bundesregierung zahlt eine Entschädigung, die aber nie bei den Arbeitern ankommt. Und nun springt die Handlung in die Gegenwart, ins Jahr 2021 in Shanghai. Da tagt das IOC und die Vergabe der olympischen Spiele für 2032 soll bekannt gegeben werden.Gleichzeitig erfahren wir, wie China still und heimlich sich große Teile des afrikanischen Continents unter den Nagel gerissen hat. Gebiets Ankäufe, Gründung von Unternehmen, die aber nur chinesische Arbeiter beschäftigen, nie Einheimische, Ausbeutung der Bodenschätze, usw. Kolonialismus im 21. Jahrhundert. Sind die afrikanischen Länder der einstigen Kolonialherren losgeworden, England, Frankreich, Portugal, Belgien, Deutschland, Spanien, führen sich nun die chinesischen Funktionäre als Befreier auf, aber die Ausbeutung bleibt die gleiche.

    In Shanghai ist die kommunistische Partei allgegenwärtig. Ob die eigenen Bürger oder ausländische Gäste, nichts und niemand entgeht der Partei. Wie kann da, unter den stets wachsamen Augen der Geheimpolizei Chinas, ein deutscher Journalist eiirdnen Mord an einen mosambikanischen IOC Funktionären ausüben, in einem internatonalen Hotel, in dem es mehr Kameras als Zimmermädchen gibt?

    Stephan Schmidt erlaubt sich in diesem Buch ein paar wunderbare literarische Freiheiten: Wir schreiben das Jahr 2021. Angela Merkel ist immer noch Bundeskanzlerin (OK, mit Baerbock oder Scholz hätte es nicht die gleiche Gewichtung gehabt, ich gebe das gerne zu), sie wird von Seiwert, dem Pressesprecher begleitet und vom deutschen Innenminister Seehofer. Wobei letzterer eine etwas diffuse Rolle im Buch spielt. Ist er so naiv oder wird er von Chinesen bestochen? DAzu sagt Schmidt selbst: “Alle real existierenden Personen in diesem Roman, auch die Bundeskanzlerin, wurde von mir frei erfunden. Bei anderen Figuren hingegen habe ich mich eng an die Vorgaben meiner Fantasie gehalten”.

    Das Buch ist spannend, von Anfang an und vermag es, die Spannung bis zum Schluss zu halten.

    Interessant ist, wie die Partei alles eisern festhält. Und wird einmal etwas außerhalb des Willens der Partei bekannt, dreht und wendet die Partei die Tatsachen, bis die Partei im Recht ist. Alles andere wäre undenkbar. Es gilt nur der Wille der kommunistischen Partei. Aber das war genau so in der DDR, in Rumänien, Albanien, Polen, ist heute noch immer so in Russland und Nordkorea. Die kommunistische Partei hat immer Recht!

    ASIN/ISBN: 3832168079

    Edit: ISBN 10 ergänzt, damit das Cover angezeigt wird Gruß Herr Palomar


    Die Schöne, die da kommt

    Das bedeutet Nefertiti oder Nofretete in der Sprache des alten Ägyptens. Als ich sie im Berliner Museum sah, bin ich ihr augenblicklich verfallen. Ich bin ihrem Zauber restlos erlegen.

    Dieses Buch nun erklärt, wie Nofretete seit ihrer Entdeckung am 06, Dezember 1912 in Amarna und bis heute von den Menschen und politischen Systemen rezipiert und für unterschiedliche Theorien eingenommen wurde. Eigentlich begann ihre globale Karriere erst 1924, als sie zum ersten Mal öffentlich ausgestellt wurde in Berlin. Bis dahin war sie mehr oder weniger offiziell als Grabfund nach Berlin geschmuggelt worden und nicht sogleich ausgestellt, weil es nicht ganz klar war, ob Deutschland einen Anspruch auf Nofretete hatte. So wurde sie zuerst als unfertige Studie, Handübung und unbedeutende Büste bezeichnet, um nicht die Neugier und Animositäten der Franzosen und der Engländer zu wecken. Während des Weltkrieges wurde Nofretete wohlbehütet in einem Versteck aufbewahrt und erst lange nach dem Krieg und den Unruhen und Revolten von 1919-1920 ausgestellt. Ab 2024 begann Nofretetes Siegeszug um die Welt. Und der war unglaublich. und hält heute noch an.

    Tatsache ist, Nofretete besitzt eine universale Schönheit,die den einzelnen Betrachter sofort in ihren Bann zieht. Vielleicht auch weil sie so genieál im Neuen Museum Berlin ausgestellt ist, allein in einem großen grünen Kuppelraum, geschickt beleuchtet, da muss man von ihr verzaubert sein. Außerdem, wenn ich sage universale Schönheit, meine ich, sie kann für weiß gehalten werden, für schwarz oder für semitisch oder sogar für amerikanische Ureinwohner. Das macht sie so besonders. Kein Wunder, dass Berlin sie nicht hergeben will, dass Schwarze sie für sich einnehmen wollen und dass Ägypten sagt: Nofretete muss nach Hause kommen.

    Doch würde Berlin Nofretete wirklich an Ägypten übergeben, würde Ägypten sofort all die anderen Schätze des Ägyptischen Museums Berlin zurückverlangen, es folgen der Louvre in Paris und das British Museum in London, das Bodleian in Oxford und unzählige Museen in der ganzen Welt. Da würde sich Berlin keine Freunde machen. Also lieber ein verärgertes Ägypten als Streit mit allen Großmächten! Außerdem würde es Jahre dauern, bis Kairo die entsprechenden Bauten bereit hätte, um all die Schätze die in zahlreichen Museen weltweit ausgestellt sind, auch entsprechend und sicher aufzunehmen.

    Interessant war die Ambiguität, mit der das Dritte Reich Nofretete betrachtet und behandelt hat. einerseits ist Nofretete kein pausbäckiges blondes Gretchen mit Zopfschnecken um die Ohren. “... die Nofretete in ihrer orientalisch dekadenten Ueberkultiviertheit ohnehin allen nordischen Blubo-Idealen ins Gesicht schlägt”(S. 144). Also hätten die Ägypter die Büste zurück haben können, wenn nicht der Oberschnauzbart persönlich interveniert hätte und bestimmt hätte, Nofretete muss in Berlin bleiben, weil sie ein “einzigartiges Meisterwerk, ein Juwel, ein wahrer Schatz” (S. 144) sei. Goebbels musste diese Kröte schlucken. Andere Schriftsteller der Blut-und-Boden-Zeit sahen in Nofretete und Echnaton ein arisches Paar, “im Sinne der Ideologie des Naziregimes” (S.108)

    Nach dem Zweiten Weltkrieg geriet Nofretete kurzzeitig in amerikanische Gefangenschaft. Wahrscheinlich war sie zu bekannt, so dass sie nicht in einem Museum in New York oder Washington landete, sondern zuerst in Frankfurt/Main ausgestellt wurde und dann in Berlin. Natürlich meldete sich sofort die DDR und erhob Ansprüche auf Nofretete. Ihr Platz sei in Ostberlin weil auch dort vor dem Krieg gewesen. Ägypten? Nein, da hat die DDR sich nicht dazu geäußert. Zunächst. Erst später, im Bestreben dem faschistisch-imperialistischen Westdeutschland eines auszuwischen, erwachte in der DDR die Bruderliebe zum ägyptischen Volk und die DDR verlangte, Nofretete zurück nach Ägypten zu senden. Aber da waren schon viele Jahre die Spree lang geflossen, bevor das geschah.

    Sebastian Conrad geht auch auf die Empowerment Bewegung der Colored People in den USA ein, die Nofretete für ihre Zwecke einsetzen. Doch betrachten wir das genauer: Nofretete war eine Königin (Pharaonin bedeutet Königin, ist kein Teil ihres Namens), die tausende von Sklaven zu ihrer Verfügung hatte. Wenn man das Wort Sklave in den USA auch nur denkt, bricht sofort ein Sturm der Entrüstung aus, “Black Lives Matter”, Sklaverei in den USA war ein unrecht, usw. usf. Ich denke, die Colored People müssten da mit einem etwas feineren Kamm über diese Geschichte gehen und sehr wohl überlegen, ob Nofretete für sie zur Leitfigur taugt.

    Das Buch war ein Genuss zu lesen. Zahlreiche Abbildungen unterstreichen das Gesagte, veranschaulichen die Erklärungen.


    ASIN/ISBN: 3549100744

    Edit: ISBN 10 ergänzt, damit das Cover angezeigt wird. Gruß Herr Palomar

    Das große Halali

    Der Roman ist eine Wucht. Die Handlung hat mich sofort mitgenommen. Zuerst war ich empört über den superreichen Ami, der ein Rhinozeros schießen will, um seine Sammlung der Big Five komplett zu machen. Doch dann folgte die Erklärung, weshalb dieses alte Tier entfernt werden musste und ich dachte an die deutschen Wälder, wo Jäger und Förster regelmäßig Rotwild und Wildschweine schießen müssen, um den Wald zu schützen. Das Reh im Bayerischen Wald oder das alternde Nashorn in der Savanne Afrikas. Wo ist der Unterschied?

    Und dann nimmt die Geschichte eine unerwartete Wendung. Wilderer töten das ausgesuchte Nashorn und der Jäger bekommt ein anderes Angebot. Es wird ihm dergestalt angeboten, dass er es annimmt. Um dem Dorf etwas Gutes zu tun, um einem anderen Afrikaner ein Studium in den USA zu ermöglichen. Vorwände und Gründe gibt es viele. der Jäger stimmt zu und ab jetzt hält sich meine Sympathie mit ihm in Grenzen. Doch lassen wir meine Gefühle außen vor.

    Für den Jäger wird diese zweite Jagd auch ein Gang zu sich selbst und zurück in seine Kindheit, zu seinem übergroßen und omnipräsenten Großvater, zu seinem Vater, liebevoll und viel zu früh tragisch verstorben auf einer Bärenjagd. Vater und Großvater waren auch passionierte Jäger, Hunter hat das Jagen von klein auf erlernt und nun ist er auch ein leidenschaftlicher Jäger. “Bei jeder Jagd gibt es den Moment, in dem das Risiko zu seiner eigenen Belohnung wird, die Angst vor dem Löwen dem Töten des Löwen weicht. In diesem Moment, in dem der Mensch klein und verwundbar, sich über das mächtige Raubtier stellt, weicht das Mysterium der Meisterschaft und Können und Präzision ermöglichen es dem Jäger seine Beute zu erlegen, die ihm in Kraft und Geschwindigkeit überlegen ist. Die Umkehr der natürlichen Ordnung ist die Essenz des Jagens: Jeder tödliche Schuss untermauert den Sieg des Menschen über die Natur.” (S. 193 - 194) Dieses ist Hunters Motivation zum Jagen, sein Credo. “Die Verschmelzung von Todesangst und Dominanz schenkt dem Jäger einen nahezu erotischen Genuß” (S. 194).

    Warum er zugestimmt hat, Nummer sechs von den Big Five zu jagen und erlegen, werde ich nie verstehen. Die Beute “der Hirschjunge”,oder “Gämsbock” war ihm nie eine ebenbürtige Beute, wie ein Löwe oder ein Nashorn oder ein wütender Büffel.

    Vielleicht lag es an der psychotischen Situation am Lagerfeuer inmitten des Dorfes, vielleicht wollte er seine eigenen Grenzen testen, vielleicht hat seine Neugier die Oberhand gewonnen. Tatsache ist, Hunter willigt ein, und das Schicksal nimmt seinen unerbittlichen Lauf. Im Augenblick des Todes erkennt Hunter im Blick seiner Beute das Leben, dass die Beute nie führen wird, all die verpassten Chancen und Gelegenheiten eines erfüllten Lebens.. Und jetzt endlich, nachdem Hunter abgedrückt hat und seine Beute tödlich getroffen hat, verwandelt sich die Beute in Hunters Augen. Es sit nicht mehr der Gamsbock, nicht mehr der Hirschjunge, sondern das, was er von Anfang an war und warum ich kein Verständnis für Hunter aufbringen kann.

    Das Buch ist spannend von der ersten Seite an. Ob es sich um die gegenwärtige Safari handelt, um Jagdszenen aus Hunters Kindheit und Jugend oder um Hunters letzte Jagd. Die Naturbeschreibungen, sei es vom Wald, wie wir ihn kennen, oder von der Savanne sind zum dahin beamen schön. Die Verfolgung des Nashorns hat mich in seinen Bann gezogen. Dramatisch fand ich die nächtliche Schlacht zwischen den Löwen, Hyänen und Schakalen rings um Hunters und Dawids Lagerfeuer. Wie durch ein Wunder gelingt es Hunter mit seinem Guide und der Beute, die Nacht zu überleben. Zurück im Dorf muss sich Hunter seiner Nemesis stellen, ein Schicksal mit dem ich für Hunter einverstanden bin.

    Familie im Laufe und Wandel der Zeit

    Seit Eva ihre erste Tochter gebar (Schade, die Bibel sagt nichts darüber), gibt es den Mutter-Tochter-Konflikt, der aber mit dem Verhältnis Großmutter-Enkeltochter nicht fortgeführt wird. Großmütter und Enkeltochter verstehen sich, ergänzen sich, sie harmonieren miteinander. Die Großmütter haben nicht mehr den Erziehungsauftrag und können die Mädchen (und auch Jungen) nach Herzenslust verwöhnen. Christina, die Frau in der Mitte, versteht sich nicht mit ihrer Mutter und zu ihrer Schwiegermutter hat sie bestenfalls ein angespanntes Verhältnis. Leider vermag sie es nicht, irgendeine positive Beziehung zu ihrer Tochter Vali aufzubauen. Als Kind wurde Vali vollkommen von ihrer Mutter vernachlässigt, das Kind ging morgens ohne Frühstück in die Schule, es hatte nie adäquate Kleidung zum Anziehen, nach der Schule musste sich Vali allein durchschlagen, denn die Mutter hatte immer einen tagesaktuellen Freund da. Und wenn ihre Beziehung in die Brüche ging, jammerte sie Vali die Ohren voll, obwohl Vali viel zu jung war, um das zu verstehen. Interessant ist, im Alter, als Vali einen pubertierenden Sohn hat, um den sie sich fast zu liebevoll kümmert, nun Christina ihre Rechte einfordert. Sie hätte während Valis Kindheit alles für ihr Kind getan, ihr alle Liebe und Freiheiten gegeben, die das Kind gebraucht hätte und nun fordert sie Liebe und Pflege und Gesellschaft von Vali.

    In ihrer Erinnerung erlebt Christina nur die wenigen schönen Momente, die sie mit Vali hatte. Gespräche an der Küchentheke etwa oder das gemeinsame Dekorieren der Wohnung vor Weihnachten. Dass sie das Kind jedes Wochenende zur Schwiegermutter abgeschoben hat, das übersieht Christina. Oder, wenn Vali nächtens nach einem bösen Traum zur Mutter gelaufen kann, wurde sie brutal zurück ins Kinderzimmer verfrachtet und Türe zugeworfen. Und nun wundert sich Christina über ihre undankbare Tochter und ist der Meinung, die beiden Großmütter hätten Vali als Kind zu sehr verwöhnt. Das hätte dem Kind geschadet. Christina sieht sich als Opfer: “...Vali ist doch selbst Mutter, sie weiß ja, wie viele Windeln eine wechselt, wie wenig eine jahrelang schläft, wie viele lange Abende eine zu Hause verbringt, während die ganze Welt sich vergnügt…” (S. 191) “...Etwas an Vali ist unerbittlich. Sie hat mir nie verziehen, dass ich keine brave Mutti war, Ecken, Kanten und Leidenschaften hatte, denkt Christina”. (S. 192)

    Es gibt viele Konflikte, zwischen Christina und ihren Eltern, zwischen Christina und ihrem Mann Roman, zwischen Christina und ihrer Schwiegermutter und eben zwischen Christina und ihrer Tochter Vali. Und doch endet das Buch in einer versöhnlichen Note. Vali erinnert sich an einem heißen Sommertag, ein Sommergewitter fegte durch die Straßen und Vali lief mit ihrer Mutter an der Hand, beide barfuß, in den Regen hinaus und genoß “das Glück eines Sommergewitters” (S. 205).

    Die Geschichte wird nicht linear erzählt, sie wird immer wieder unterbrochen mit Erinnerungen und Szenen aus der Kindheit der Protagonisten: aus Christinas Kindheit, aus Valis Kindheit, aus Romans Kindheit, aus dem Leben der Großeltern. Zuerst ist es etwas schwierig, sich da reinzulesen, den Durchblick zu behalten. Aber irgendwann nimmt das Buch den Leser gefangen, zieht ihn in diese Familiengeschichten hinein und am Ende ist besagter Leser enttäuscht, dass es schon aus ist.


    ASIN/ISBN: 3847901613

    Die Apokalyptischen Reiter des Alterns

    Dieses Buch ließ mich zunächst an zwei Dinge denken: das Schlangenöl des Mittelalters und die Hamburger Marktschreiertage, wenn sie mal in unserer Stadt gastieren. Aber "Outlive"ist gut geschrieben, mit emotionalen Bildern, wie jener Albtraum von den fallenden Eiern und den vielfältigen Assoziationen, die sich daraus ergeben. Oder der Vergleich zwischen einem Standard-BMW und einem Rennauto BMW, wenn es um Stabilität geht.

    Gute Tipps und effiziente Ratschläge - manche von ihnen eigentlich schon gut bekannt - runden das Ganze ab. Dass wir jedwede künstliche Lichtquelle aus unseren Schlafzimmern entfernen sollen, ist nicht neu. Aber schwer. elektrische Radiowecker oder Tageslichtwecker kann man schwer entfernen. Handys, E-Books, Tablets, Laptops, Fernseher, die kann man entweder komplett runterfahren oder im Nebenzimmer aufbewahren. . Wenigstens nachts müssen wir nicht ständig erreichbar sein. Ein gesunder, durchgehender Schlaf ist wichtiger.

    Man muss das Buch nicht am Stück lesen. Je nach Interesse kann man die einzelnen Kapitel, die sehr übersichtlich aufgebaut sind und kein Gesundheitsthema auslassen, studieren.

    Manche Teile des Buches lesen sich spannend und fallen aus dem puren wissenschaftlichen Rahmen, in dem die meisten anderen Kapitel geschrieben sind, so Kapitel 5, die Geschichte der Entdeckung des Moleküls Rapamycin. (S. 103 und ff) und die rigorose Diät, die sich Alvíse Cornaro an der Schwelle zum 16. Jahrhundert selbst verschrieb und die ihn bis ins hohe Alter gesund erhielt.

    In anderen Kapiteln erklärt Dr. Attia, welche Krankheiten er selbst erlitten hat und wie er aus diesen tödlichen Fallen wieder herauskam. In dem er sich selbst als Beispiel gibt, ermutigt er die Leserschaft, seinem Beispiel zu folgen. Wenn er es konnte, dann können wir das doch auch, oder?

    Dass Dr. Peter Attia sich gründlich dokumentiert hat und sich die Thesen nicht einfach aus den Fingern gesogen hat, beweist seine 56 Seiten lange Bibliographie. Respekt.

    Also, wenn Dr. Attia Recht haben sollte, wäre das die Erlösung für viele Millionen Menschen. Ich werde mal versuchen, ein paar seiner Ratschläge zu beherzigen.

    Ivy League und Geheimbünde - Stoff für Lovestories und Thriller

    Das Coverbild passt wunderbar zum Thema. Die Efeublätter am Rand des Bildes auf grünem Hintergrund und der Titel Auden Hill University sind stimmig.

    Gleich von Anfang an wird klar wer die Kontrahenten an der Auden Hill University sind: einerseits die reichen Söhne und Töchter einflussreicher Leute und andererseits die Stipendiaten, die aufgrund Ihrer Intelligenz und Lernerfolge an unterprivilegierten Schulen hier gelandet sind. Geld und Macht gegen Fleiß und Intelligenz. Schlagende Studentenverbindungen und Burschenschaften gibt es auch an manchen deutschen Universitäten für manche Studienrichtungen, aber in Auden Hill scheint es sämtliche Studienrichtungen zu betreffen.

    Fassen wir zusammen: Ivy Donovan, armes aber hochintelligentes Mädchen wird Stipendiatin an der Auden Hill, bemerkt gleich beim Einführungskurs was Sache ist. Oliver Rhodes, mehr ein- als gebildet behandelt die Stipendiaten von oben herab, macht ständig Anspielungen dass sie sich sehr anstrengen müssten, um hier studieren zu dürfen, usw. Danach kommt Ivy einem anderen hoch eingebildeten Studenten in die Quere: Reed Jacobi, Beruf: Senatorsohn. Ivy nimmt den Fehdehandschuh auf und es beginnt ein herzerwärmender verbaler Schlagabtausch, bei dem Ivy immer die Oberhand hat. Das hat das Buch lesenswert gemacht. In ihrer Fehde mit der Oberschicht vertieft, klärt sie den Mord an einer ehemaligen Stipendiatin, Delilah Blake auf und bringt den Schuldigen zu Fall. Trotz Handy “aus der Zeit der Pilgrimsväter”, billiger Kleidung und uraltem Laptop. Oder gerade deswegen.

    Dies ist die persönliche Liebesgeschichte von Ivy und Reed. Und dank dieser Liebe scheint zumindest für Ivy und ihre Freunde Normalität zu herrschen an Auden Hill. Aber wie kann man die Zweiklassengesellschaft generell überwinden? Das Buch streift nur oberflächlich dieses Thema. Für meinen Geschmack geht es nicht tief und weit genug. Die Romanze zwischen den beiden Protagonisten ist nett, hat Spaß gemacht. Aber das Buch hat Potential, das nicht ausgeschöpft wurde.


    ASIN/ISBN: 3492506917

    edit: ISBN ergänzt, zwecks Verlinkung und Cover Gruß Herr Palomar

    Der Hundertjährige Krieg wacht vor unseren Augen zum Leben auf

    Dieses Buch widmet sich dem Beginn des hundertjährigen Krieges, der Anlandung in der Normandie und den ersten Schlachten auf französischem Boden. Es ist in drei große Abschnitte eingeteilt: Wasser, Feuer und Blut. Aber keine Sorge, Blut fließt in allen drei Abschnitten… Alle Kapitel beginnen mit Zitaten aus zeitgenössische Quellen zu dem beschriebenen Ereignis. Die Karte am Anfang des Buches zeigt uns detailliert wo die Kämpfe in diesem ersten Feldzug stattgefunden haben, von der Landung in Saint-Vaast-la-Hongue bis zu den Schlachten von Blanchetanque und Crecy. Es werden auch die geplünderten und gebrandschatzten Städte beschrieben.

    Dan Jones vergleicht den Angriff Englands auf Frankreich mit dem Beginn der Invasion der Alliierten in der Normandie, mit dem D-Day, wie der Tag in die Geschichte eingegangen ist, Zum Glück sind die alliierten Soldaten nicht wie das englische Heer 600 Jahre zuvor vorgegangen. Die Orte wurden befreit, nicht geplündert und niedergebrannt, Frauen wurden nicht vergewaltigt, Menschen wurden nicht getötet.


    Die zehn Kameraden, die sich gemeinsam anheuern lassen, um gen Frankreich zu ziehen, sind eine eingeschworene Gemeinschaft. Sie verständigen sich mit Blicken und knappen Gesten, können sich blind aufeinander verlassen und machen gemeinsam Frankreich unsicher. Obwohl Loveday Fitz Talbot zu Beginn der Kampagne sich und seinen 9 Kameraden, Father, Millstone, Scotsman, Psmire, Romford, Tebbe und Thorp und den zwei Brüdern und Bogenschützen aus Wales versprochen hat, sie alle heil und mit reicher Beute aus dem Krieg nach 40 Tagen wieder heim zu bringen, kann er im Krieg nicht Wort halten. Zwei sterben, ein dritter muss fliehen, Romford, der jüngste wird zum Pagen für den Prinzen von Wales abkommandiert. Das alte Lied von den zehn kleinen … kommt einem in den Sinn.

    Die einzige Frau, die im Buch vorkommt, ist geheimnisvoll, tritt nur episodenartig auf, spricht sehr wenig (Dan Jones, bist Du sicher, du hast von einer richtigen Frau gesprochen oder ist das nur Wunschdenken?) und wird wahrscheinlich im Nachfolgeroman eine hauptrolle spielen.

    Interessant ist, wie durch alle Zeiten politische Aggressore es verstanden, ihre Angriffe schön zu reden, zu rechtfertigen, als zwingend und patriotisch zu erklären. König Edward III behauptete, die Normandie wäre englisches Land, weil Wilhelm der Eroberer 200 Jahre zuvor von hier aus über England herfiel. Zar Putin will ja auch die Ukraine heim ins Reich holen, die anderen Ex-Sowjet-Staaten folgen noch. Überhaupt, “Heim ins Reich” weckt bitterböse Erinnerungen an das 20. Jahrhundert.

    Und noch etwas hat sich im Laufe der Jahrhunderte nicht verändert: Immer, überall und zu allen Zeiten finden Süchtige ihre Drogen. Heute ist es der Dealer an der Ecke (oder im Schulhof) im 14. Jahrhundert waren es die Apotheken, Romford sucht in den geplünderten Städten die Apotheken auf. Da die anderen in diesen Häusern kein Geld oder Gold vermuten, hat Romford freie Auswahl..

    Die Kampfszenen alternieren. Wenn die zehn Essex Dogs als Gruppe kämpfen, nehmen sie es mit jedem Actionthriller auf. In genau konzertierten Aktionen schießen die einen ihre Pfeile ab (die gefürchteten englischen Langbögen), während sich die anderen unbemerkt anschleichen und den Rest erledigen, in man-to-man-combat. Kein Dwayne Rock Johnson, oder Expendables kann da mithalten. (Dan Jones hat diese Filme vermutlich auch gesehen). Diese Szenen haben mich teilweise an Sven Hassels Bücher erinnert. Eine kleine eingeschworene Gruppe von Frontkameraden gehen gemeinsam durchs Feuer, siegen oder ziehen sich zurück, aber zurück gelassen wird keiner.

    Die Beschreibung der großen Schlachten aber ist realistisch und blutig. Sie erinnern an Schlachtenszenen, wie sie Altdörfer gemalt hat oder der japanische Regisseur Akira Kurosawa in einigen Filmen dargestellt hat. Es ist ein zähes Ringen und blindwütiges Schlachten, niemand kann vor oder zurückgehen, alles findet fast auf der Stelle statt. Mordslust und Überlebensangst zugleich, Hauen und Stechen, sinnloses Morden im engsten Radius. Die große Schlacht spaltet sich in unzählige Einzelkämpfe, die mit dem Tod oder einer schweren Verletzung einer der Kontrahenten enden müssen. Und kaum ist einer gefallen, nimmt ein anderer seine Stelle ein und es geht endlos weiter, bis keiner mehr auf den Beinen ist.

    Fazit: ein Buch für Kerle.

    Spannend und geheimnisvoll

    Das Buch beginnt sehr spannend mit einer halsbrecherischen Flucht über die Dächer von London, wobei Sha von Männern mit Wölfen gejagt wird. Shay ist ein “Vogelmädchen, Anhängerin der Aviskultarier, eine archaische Glaubensgemeinschaft, die Vögel verehrt und in ihrem Flug und Gebaren die Zukunft voraussagen kann. Während ihrer Flucht erhält Shay unerwartet hilfe von einem jungen Mann und kann so ihren Verfolgern entkommen. Nonesuch ist ein komplexer Charakter, der oft unter inneren .und äußeren Zwängen handelt. Nonesuch nimmt Shay mit in das Theater, in dem er als Schauspieler auftritt. Shay wird Souffleuse in diesem Theater, freundet sich mit den anderen Mitwirkenden im Theater an. Zusammen mit einigen von ihnen treten sie nebenbei in Kneipen und Gebäuden oder unter freien Himmel im “Geistertheater” auf, heute würden wir das Sponti-Theater nennen. Shay und Nonesuch werden ein Paar. Unter seinen Einfluß öffnet sich Shay, wird auch zur Schauspielerin, lernt öffentlich aufzutreten. Dadurch wird sie berühmt und gerät in den Fokus anderer Kreise.

    Shay hat eine wunderbare Gabe, die Begehrlichkeiten weckt, von der Königin Elisabeth die Erste bis zu Adeligen und anderen Verbrechern, die ihre Gabe für eigene Zwecke einsetzen wollen. Nonesuch wird selber aus Shays Gabe Kapital schlagen und sie verraten.

    Die Mischung aus Liebe und Verrat, Hollywood-Action im rasanten Stil und sanften Passagen, in denen wir zu Atem kommen können, die gut recherchierten historischen Details die ein stimmiges Bild der elisabethanischen Zeit ergeben, lassen das Buch spannend bis zum letzten Satz wirken.


    ASIN/ISBN: 3352009937

    Edit: ISBN ergänzt, zwecks Verlinkung und Cover Gruß Herr Palomar

    Morgen machen wir es besser.

    Wunderschöner Roman über eine alleinerziehende Mutter mit einem hyperaktiven, intelligenten neunjährigen Sohn. Sie haben es nicht leicht. Der Vater hat sich aus dem Staub gemacht, wie er erfahren hat, dass Malu schwanger ist, die Eltern haben sich von ihr losgesagt. Zum Glück hat sie einen guten Arbeitsplatz in einem Cafe in der Kleinstadt, einen netten und verständnisvollen Cafe Inhaber, eine wirklich beste Freundin, auf die sie sich verlassen kann und vor allem: eine positive Lebenseinstellung, die sie auch Janne übermittelt. “Morgen machen wir es besser” ist ihr und Jannes Lebensmotto, ein Motto, das ich mir auch zu Herzen nehmen will. Die Schule entwickelt sich für beide zur Katastrophe. Die Lehrerin schickt Malu ständig Nachrichten über die angeblichen Untaten Jannes und merkt nicht einmal, was für ein Armutszeugnis sie sich selbst damit ausstellt. Ich bewundere Malu, wie sie zu ihrem Kind hält und die pädagogisch inkompetente Lehrerin in ihre Schranken weist. Ich wünschte, ich hätte dieses Buch gelesen, damals, als mein Jüngster in der Schule war.

    Janne freundet sich im Park mit einem alten Mann an. Oldmann ist Rentner, verwitwet und einsam. Er trägt schwer an einer jahrzehntelangen Schuld herum. Aber die Freundschaft mit dem aufgeweckten Knaben tut ihm gut, er holt ihn aus seiner Lethargie und Trauer heraus. Er bringt Janne das Schachspiel bei. Janne fliegt direkt auf das Schachspiel zu. Die Figuren und ihre Bewegungen kann er sich auf Anhieb merken, er kann sich voll auf das Spiel konzentrieren und bei der Sache bleiben. Nichts mehr zu sehen von einem Zappelphilipp oder Hans-Guck-in-die-Luft. Langsam nähern sich die beiden einander an, die Mutter Malu, anfangs übervorsichtig, wird auch in diesen Kreis aufgenommen, langsam vergrößert sich der Kreis, die anderen Personen im Buch gehören irgendwann auch dazu. Es ist dieses Ineinandergreifen der Lebenskreise, die ich in diesem Buch wunderschön finde. Liv und ihre Familie müssen ein schweres Thema verkraften, Oldmann hat auch sein Geheimnis, über das er aus Liebe zu Lieschen, seiner verstorbenen Frau, nie sprechen konnte, Hinnerk und sein Partner, Frau Oberförster, die Jugendlichen von der Skaterrampe, Anne und ihr Hund Sokrates. Sie alle spielen eine Rolle im Buch, beeinflussen sich gegenseitig, helfen sich wortlos und ohne viel Aufhebens.

    Dies ist wieder mal ein Buch der leisen Töne, unaufgeregt, und doch ergreifend. Um mit dem Kleinen Prinz zu sprechen, man hört nur mit dem Herzen gut. Und dieses Buch geht zu Herzen.

    Wer ist Freund, wer ist Feind?

    Die Ausgangssituation ist der ideale Start in einen spannenden Plot. Die Geschichte geht langsam an. Freunde treffen sich nach zehnjähriger Pause wieder, trinken zusammen, unterhalten sich, erinnern sich an ihre Kindheit, an den verstorbenen Freund, Bruder und Ehemann. Und dann wird eine Leiche gefunden. Die ganze freundliche Atmosphäre ist mit einem Schlag dahin.

    Wie in einem guten Krimi (und dies ist einer), rücken abwechselnd die Freunde in den Mittelpunkt, werden verdächtigt, der Mörder zu sein, um dann einem anderen Freund diesen “Ehrenplatz” zu überlassen. Das Ganze findet auf einer kleinen irischen Insel Inishmore statt, während ein tobender Schneesturm jeglichen Kontakt zum Festland unterbindet. Das bedeutet aber auch, der Mörder ist auf der Insel und kann jederzeit erneut zuschlagen, wie in einem klassischen “Closed Room Krimi” .

    Cara, die einzige Polizistin auf der Insel, muss gegen ihre eigenen Freunde ermitteln. Kein leichtes Unterfangen. Von vertrauensvoller Freundin zur misstrauischen Polizistin innerhalb weniger Momente geworden, deckt sie im Laufe ihrer Ermittlungen immer neue Ungereimtheiten auf, sammelt immer mehr Verdachtsmomente gegen die einzelnen Mitglieder dieses Kreises an. Es sterben noch mehr Menschen, bevor die Auflösung uns von der Spannung erlöst. Letztendlich wird der Mörder entlarvt und ein zehn Jahre zurückliegendes Schiffsunglück wird auch restlos geklärt. Cara kann endlich ihren Frieden finden. Der tosende Schneesturm nimmt gleichzeitig mit der Handlung an Intensität zu, als ob die Natur mit involviert sei und nicht nur ein passiver Zuschauer zu dem Drama auf der Insel. Und erst als die Morde restlos aufgeklärt sind, flaut auch der Sturm komplett ab, obwohl er in der Intensität schon mal kurz vorher nachgelassen hatte, die Menschen sich aber nicht sicher waren, ob er nun wirklich vorbei war oder wieder über die Insel herfallen würde. Interessant und stilistisch einwandfrei dargestellt, diese Parallele zwischen dem Sturm und der Jagd nach dem Mörder.