Beiträge von MaryRead

    Ein Rita-Mae-Brown-Tipp! Allerdings sicherheitshalber auf Englisch lesen, denn über die deutsche Übersetzung habe ich nicht viel Gutes gehört.


    Inhalt (Amazon):

    Zitat

    Auf dem Campus von William & Mary kennt sie jeder: die schöne Victoria Savedge und Charly Harrison, Footballstar des College. Die beiden sind schon seit langem ein Traumpaar. Doch dann kommt eine neue Studentin aufs College, Chris Carter, zu der Vic sich unwiderstehlich hingezogen fühlt …


    Mein Leseeindruck:

    Ja, von den Jury-Krimis habe ich auch ein paar gelesen und fand sie sehr nett.


    Aber die "unerträgliche Leichtigkeit des Seins"... oje, da hatte ich ein ganz schlechtes Gewissen, denn das "muss" man ja angeblich gelesen haben, aber ich fand es wirklich stinklangweilig.

    Wie gesagt, es ist nicht der Autor, der den Titel wählt, sondern der Verlag, der das Buch auf den Markt bringen/verkaufen will. (Was bestimmt nicht heisst, dass der Vorschlag des Autors nie genommen wird, das ist klar.) Und da kann es durchaus sein, dass der (hier) deutsche Verlag eine andere Marketingstrategie hat als der (hier) amerikanische. Auch das Cover ist ja fast nie das gleiche.


    Und zum Thema Übersetzung: Es ist eben nicht so einfach, einen Titel "einfach" zu übersetzen. "Jenseits von Pale" (oder heisst es "Jenseits der/des Pale" keine Ahnung) ist nicht besonders gut für "beyond" - da klingt viel zu sehr "Jenseits von Eden", "Jenseits von Afrika" und was es da sonst noch so gibt mit. "Beyond the Pale" heisst, dass es nach den Schrecken des Pogroms doch noch etwas gibt, etwas "darüber hinaus". Hoffnung. Zukunft. Geographisch, aber nicht nur. Eine neue Generation (= Töchter). Und zwar von Juden. Genauer gesagt, von jüdischen Frauen, die in ihrer Heimat verfolgt wurden. Was sagt klarer "verfolgte jüdische Frau" als der Name "Sarah" (den Jüdinnen im 3. Reich als Zweitnamen tragen mussten)? Also "beyond" - "Töchter", "Pale" - "Sarah", Übersetzung fertig, und eine legitime noch dazu. Deshalb finde ich den Titel genial.


    Noch so ein ähnliches Beispiel. Eins von den James-Herriott-Büchern heisst auf Deutsch "Ein jegliches nach seiner Art". Einen "genau entsprechenden" Titel wirst du unter den englischen Büchern nicht finden. Die heissen:
    "All things bright and beautiful"
    "All creatures great and small"
    und so weiter, denn es gibt ein Kirchenlied, das genauso geht und weiter heisst:
    "All things wise and wonderful
    The Lord God made them all" (womöglich sind das auch noch Herriott-Titel, das weiss ich gerade nicht).


    Das deutsche "Ein jegliches..." ist ein Bibelzitat, soviel ich weiss. Das ebenfalls vom Leser erwartet, den Zusammenhang herzustellen, das Zitat zu vervollständigen, und dann kann der Leser sich dran freuen, wenn er es gemerkt hat. Die Konnotation ist ähnlich (ehrfürchtig, Tierliebe) - perfekte Übersetzung, auch wenn es "eigentlich" keine ist.

    Der Originaltitel wird auch nicht vom Autor entschieden, sondern vom Verlag.


    Ich muss ehrlich sagen, dass mir ein guter "neuer" Originaltitel lieber ist als ein wörtlicher, der nach Übersetzung "riecht". Und gerade bei kurzen, knappen Titeln, die womöglich noch ein Wortspiel oder sonst irgendeine Anspielung beinhalten, ist eine Neubildung oft die bessere Lösung.


    Ein Beispiel für einen genialen neuen deutschen Titel ist "Sarahs Töchter" für "Beyond the Pale". Wer weiss denn, was "Pale" ist - jener jüdische Landstrich in Russland, wo Pogrome die Menschen zwangen, in die "Neue Welt" zu fliehen. "Sarahs Töchter" erzählt die Geschichte einer Jüdin, die flieht und ihren Platz in der beginnenden Frauenbewegung in New York findet - da ist im Titel fast alles drin.


    Originaltitel für englische Bücher sind über Amazon relativ leicht zu finden - ich suche da nach dem Autorennamen und vergleiche die Inhaltsangaben. Wenn es auf Amazon.de keine gibt, gehe ich zu Amazon.com, dort findet man oft noch mehr Infos zum englischen Original.


    Ist aber ein interessantes Thema, dazu fallen mir sicher noch mehr - positive und negative - Beispiele ein!

    *winkt mal kräftig zurück*
    Herzlich willkommen, @kerie, schön, dass du den Weg gleich gefunden hast! :)
    *bibber vor den vielen Buchvorschlägen, die nun bestimmt auch von kerie kommen werden* :write

    Ich habe mir mal meine eigenen Hörbücher gemacht... selbstgeschriebene Geschichten auf MiniDisc gesprochen und dann angehört, wenn mir danach war.... Andere, "richtige" Hörbücher habe ich bisher keine


    @kerie, ich vermute, wir kennen uns? ;)

    Das Gefühl, Bücher kaufen zu "dürfen" oder gar zu "müssen", weil ich sonst bald nichts mehr zu lesen habe... *seufz*.... das hatte ich schon lange nicht mehr! Gerade erst habe ich mein RUB wieder aufgeräumt, damit alle Bücher dort Platz haben... obwohl ich im Moment wirklich ziemlich viel lese und auch vom RUB aufs "richtige Regal" umschichte, aber irgendwie ist Amazon mit dem Nachliefern trotzdem schneller! *g*

    Mein jüngstes Leseerlebnis gehört unbedingt auch auf diese Liste: Stephanie Sellier, "Frisch aus der Hölle". Schon 1998 erschienen, aber rätselhafterweise erst jetzt auf meinem SUB gelandet und zum Glück nicht sehr lange dort geblieben.


    Das Buch nennt sich "Episodenroman". Was heisst das? Es heisst, dass man für sein Geld nicht eine durchgehende Geschichte bekommt, die mehr oder weniger in einem Stil geschrieben ist, sondern viele kleine Appetithäppchen, jeweils unterschiedlich gewürzt, mit denen die Autorin uns die Lebensgeschichte der stinknormalen Szenenlesbe Susanne Schumacher anrichtet. Ein Stückchen Krimi, ein Stückchen Vampirgeschichte, mehrere Stückchen humorvolle leichtfüssige Erzählung, ein Stückchen Gruselmärchen, und vieles mehr. Und zwar überzeugend - Stephanie Sellier kann all das schreiben.


    Ich habe mich beim Lesen gefragt, wie das Buch entstanden sein mag... ich kann mir kaum vorstellen, dass sie alles von vornherein so geplant hat. Ich denke eher, dass sie herumexperimentiert hat, kleine Fragmente geschrieben hat und die dann auf kunstvolle Weise zu einem Roman zusammengefügt. Denn unter dem Strich ergeben die vielfältigen Gänge ein ausserordentlich schmackhaftes Ganzes. Lesen! :)


    Meine vollständige Rezension:


    Der "Episodenroman" ist angeblich eine typische literarische Form der postmodernen Popkultur. Also abgedreht, schräg und im Wesentlichen unverständlich? Keineswegs. "Episodenroman" heißt hier, dass Stephanie Sellier uns für unser Geld nicht eine einzelne durchgehende Geschichte serviert, sondern viele kleine Appetithäppchen, aus unterschiedlichen Erzählperspektiven geformt, stilistisch individuell gewürzt und mit ganzseitigen farbigen Illustrationen von Gudula Hesse aufwändig garniert. So wird die Lebensgeschichte der Szenenlesbe Susanne Schumacher, die eigentlich genauso stinknormal ist, wie sie heißt, zu einem äußerst schmackhaften Menü.


    Da findet sich das peinliche Erlebnis mit der an den Kühlschrank geketteten Gespielin der SM-Mitbewohnerin neben der Sache mit der Voodoo-Puppe, die Gruselgeschichte aus der einsamen Wesermarsch neben dem unverhofften morgendlichen Schäferstündchen mit der besten Freundin, die Begegnung mit der Traumfrau in der Neurologiepraxis neben dem abenteuerlichen Flug mit selbiger nach…? Ausgerechnet Alaska.


    Inhaltlich weniger geglückt sind vielleicht die drei Einsprengsel zum Thema "Lesben und Kinder", besonders gut gelungen dagegen die Fantasien aus der Therapiestunde und - eine Schelmin, die Böses dabei denkt! - Kapiteltitel wie "Geh, wohin dein Herz dich fegt" und "Busreise nach Paris".


    Egal, in welcher Gestalt es daherkommt - ein Tellerchen Krimi, ein edles Tröpfchen Vampirgeschichte, mehrere kleine Gänge humorvolle leichtfüßige Erzählung, ein Happen Jugenderinnerungen am Telefon - Stephanie Sellier meistert sie alle. Angesichts der überaus gelungenen Illustrationen verzeihe ich dem Verlag die überzähligen Trennungen aus einem früheren Setzversuch, und die Rätsel, mit denen mich das Buch am Ende zurückließ, betrachte ich nicht als Ungereimtheiten, sondern als Herausforderungen eines Buches, das man durchaus mehr als einmal lesen kann.


    Wer sich traut, das Buch als Lektüre für den Deutschunterricht vorzuschlagen, beweist dennoch Mut, denn an erotischem Gehalt wird nicht gespart. Begnügen wir uns darum zum Schluss mit Rafael Kuczeras erklärendem Stichwort zum Episodenroman, dessen Anspruch auch dieses Buch erfüllt, ohne dass das Lesevergnügen im Geringsten zu kurz kommt: "Von verschiedenen Standpunkten aus werden Menschen beleuchtet, komplementiert, oft für ihr irrationales Handeln entschuldigt, manchmal aber auch kompromittiert. Hierzu gesellt sich die Mischung von verschiedenen Erzählperspektiven und -strukturen. Dabei wird deutlich, dass der Versuch gestartet wird, sich über die reine Subjektivität und die sich daraus ergebende Reduktion und Unzulänglichkeit der modernen Literatur hinwegzusetzen, indem das subjektive Erleben vieler Protagonisten beschrieben und somit eine neue Art der Objektivität begründet wird."

    Mein bisher einziges Buch von Isabel Allende ist von "Paula" wohl so weit entfernt, wie es nur sein kann, aber es war eine einzige Sinnenfreude, und ich empfehle es wärmstens: "Aphrodite"

    Rückblickend würde ich mir in einer bestimmten Phase meines Lebens mehr Mut wünschen. Aber ich werfe mir nicht vor, dass ich den Mut damals nicht hatte, denn ich konnte damals nicht anders. Ich frage mich jetzt nur manchmal, wie alles gekommen wäre, wenn ich damals schon ein Stückchen weiter/reifer gewesen wäre.

    Eine neue Entdeckung: Die Kolumnen von Martin Suter aus der Schweizer "Weltwoche", zusammengefasst im TB "Business Class". Wer schon mal über seinen Chef gestöhnt hat, wird hier Vergnügliches finden; wer selber schon mal ChefIn war, wird widerwillig schmunzeln und verschämt zugeben, wie nah die Satire doch bisweilen der Wirklichkeit kommt... Ich bin noch nicht durch, aber bisher ist es klasse!