Beiträge von Wiebke

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    Original von Michi M.
    Ehrlich gesagt habe ich das jetzt gedanklich nicht so komplett auseinandergepflückt beim Lesen und bin jetzt etwas verwirrt wegen dieser Zahlengeschichte :gruebel


    Das ist GENAU die richtige Einstellung! :lache Lesen soll ja Spaß machen und nicht zur analytischen Schwerstarbeit ausarten. Das ist der Job von uns Autoren, aber natürlich stelle ich mich mutig jeder Kritik :-)


    Ja, ja, ich weiß, es ist GEMEIN, Marie so eine Mutter zu geben, die sie letztlich noch tiefer in die Erkrankung treibt ... Aber hätte sie eine, die einfach sagt: "Ohweh, Du musst Dir schnell Hilfe holen, ab zum Psychiater!" - dann wäre das Buch damit zu Ende.


    Außerdem: Es ist ja eben die GRÖSSTE ANGST von Zwangserkrankten, dass das Umfeld etwas merkt. Die Angst, die Scham, sogar vor sich selbst ... Niemand gibt das zu, NIEMAND. Und umso leichter hat es die Erkrankung, sich zu manifestieren, sie hat mit ihren Opfern leichtes Spiel.

    Ja, es ist wohl nicht ganz einfach, den Roman einzuordnen. Denn ich denke, einfach nur "Roman" triff es irgendwie auch nicht richtig. Ich kann aber auch Verstehen, wenn Verlage/Buchhändler eine eindeutige Zuordnung brauchen, um ein Buch auf den richtigen Tisch zu legen. Sie wäre es mit Psycho-Suspense? Aber ob das dann noch einer kauft ...? :grin

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    Original von Mulle
    Ja, aber der Plan steht ja schon lange bevor Marie Dr Falkenhagen kennenlernt. Vera benutzt entweder absichtlich ganz einfache Kombinationen, bzw. lässt das System deshalb einbauen, weil sie es da schon darauf anlegt, dass Marie später ins Haus kommt. Da kann sie aber nicht sicher sein, dass Marie auch von ihrer "Code-Macke" erfährt, das hätte sie ihr dann selbst sagen müssen. Aber das sagt Patrick Marie ja unter vier Augen; Vera erfährt erst nach dem Mord, dass Marie es auch wirklich wusste.
    Der Plan hat da sehr gewackelt. Patrick hätte ihr das nicht erzählen müssen - und schon hätte das alles nicht mehr geklappt.


    ODER sie kann sich wirklich keine Zahlen merken und das ganze ist Zufall, den Vera und Falkenhagen später nutzen, aber das ist ja hinfällig, da sie die Telefonnummer ihres Intendanten sehr wohl kennt, diese Zahlen-Nichtmerkenkönnen-Nummer also ein Fake war. Und nee, wenn man sich wirklich keine Zahlen merken kann, dann ist eine Handynummer un-denk-bar. Ich kenne nicht mal meine eigene geschweige den die meines Mannes, meiner Kinder ... :lache


    Uff, Leute, ist das anstrengend. In der nächsten Leserunde wieder einen Anne-Hertz, okay? :grin


    Aaaaalso: Genau das ist der Punkt, es ist lange, lange, LANGE geplant. So auch, dass Marie bei Jan Falkenhagen landet, denn sie wohnt im Zuständigkeitsbereich eben jeder forensischen Psychiatrie, in der Jan arbeitet. Wer z. B. südlich von Hamburg lebt, landet in Lüneburg, aber das nur am Rande. Jedenfalls war immer klar, dass Marie unter Jans Einfluss gerät. Also konnte er sich in Ruhe anhören, was sie weiß und was nicht. Vera ist an dem Abend absichtlich zu spät gekommen und hat ihren Bruder angerufen in dem Wissen, dass Marie bei ihm sein würde. Da ist es nicht sooo unwahrscheinlich, dass Patrick Marie gegenüber den Zahlencode thematisiert. Und selbst, wenn nicht: Dann hätten Falkenhagen und Vera ihren Plan geändert, wie sie es durch das unverhoffte Auftauchen von Christopher ja auch schon mal getan haben. "Play it by the ear" nennt man das in der Musik, sie richten sich immer nach Marie aus, denn sie steht ja unter Jans Kontrolle.


    So. Und als nächstes lesen wir alle "Wunschkonzert" von Anne Hertz, ja? :lache

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    Original von arter
    Nein, diese ganze Felix-als-Möder-Hinstellen-Geschichte ist überflüssig. Marie ist ja offiziell die Mörderin und sicher unter Kontrolle von Falkenhagen. Statt dessen hätte Vera "nur" irgendwas konstruieren müssen, was den Ermittlern eine mögliche Suizidgefährdung Felix' plausibel macht.


    DAS sehe ich ja nun GANZ anders! Zum einen, weil es die ganze Geschichte natürlich spannender macht, wenn es da noch die ein oder andere Wendung mehr gibt (wie gesagt: sonst könnte ich eine Polizeiakte abtippen). Zum anderen, und das ist der WESENTLICH wichtigere Aspekt: In Jans und Veras extrem verquerer Gedankenwelt wollen sie am Ende niemandem schaden, der unschuldig ist. Also ist es ihnen wichtig, dass Marie letztlich freigesprochen wird. Sie haben sie benutzt, aber sie soll am Ende nicht die Schuldige bleiben. Dass sie mit ihrem Plan de fakto Maries LEben in Schutt und Asche gelegt haben, kommt ihnen ja nicht einmal in den Sinn, so wahnsinnig, wie die beiden sind.

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    Original von arter


    Aber er ist sich schon bewusst, was Vera von ihm verlangt... Er reitet sich da ohne Not in eine Sache rein. Liebt er seine Schwester so bedingungslos? Dafür fehlten mir auch die Anhaltspunkte. Eher hielt er sich doch für das verkannte Genie, dem Andere ziemlich egal waren.


    Neee, was soll ihm denn da bewusst sein? Er kommt mit seiner Schwester im Auto bei sich zu Hause an, die Polizei steht vor der Tür und sie stachelt ihn dazu an, Gas zu geben, weil die Bullen angeblich da sind, um sie, Vera, wegen des Mordes an Patrick zu verhaften. Felix' Entscheidung fällt in Sekunden, da ist ihm sicher nicht klar, dass Vera ihn in Wahrheit gerade in etwas reinreiten will.

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    Original von Groupie
    Ja, das habe ich schon verstanden. Ich meinte auch, dass ich es komisch fand, dass Marie das nicht aufgefallen ist bzw. komisch vorgekommen ist.


    Hm, mir wäre es im Leben nicht komisch vorgekommen, wenn jemand die Nummer eines Regisseurs/Theaters, mit dem er oder sie häufig zu tun hat, auswendig kann. Erst recht nicht, wenn ich überhaupt keinen Anlass habe, zu denken, dass da was nicht stimmt. Klar hätte Vera zu Marie am Ende noch so etwas in der Art sagen können wie: "Ist es Dir nicht komisch vorgekommen, dass ich mir die Nummer meines Regisseurs merken kann aber nicht den Türcode?" Aber das wäre wohl ein bisschen viel des Guten gewesen :-)

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    Original von arter
    Ich bin mir immer noch nicht so ganz schlüssig darüber, ob ich die Konstruktion, dass laut Plan Marie (später dann durch Christopher ersetzt) dazu auserkoren war, Felix zu enttarnen, wirklich gut finde. Der Plan geht davon aus, dass Felix panisch die Flucht ergreift und sich dadurch verdächtig macht, dass er angesichts der Tatsache, dass der Verdacht auf ihn fällt nicht einmal auf die Idee kommt, Vera hätte etwas damit zu tun. War das alles wirklich so zwangsläufig vorhersehbar? Wäre es nicht ein ebenso plausibles Szenario, dass Felix hinschmeißt, gesteht und damit Vera mit in den Verdacht zieht?


    Wäre es angesichts dieser Gefahr nicht einfacher gewesen, sich Felix ohne Christophers bzw. Maries Zutun zu entledigen? Ich denke, ihn im besoffenen Zustand auf irgendwelche Gleise zu werfen wäre jederzeit drin gewesen. Auch hätte Vera recht einfach plausible Anhaltspunkte für einen Selbstmord konstruieren können. Dann wäre das Zutun von Marie gar nicht erforderlich gewesen und der eigentlich abgeschlossene Fall Patrick wäre das auch geblieben.
    :wave


    Wie gesagt: Felix ist sich ja gar keiner Schuld bewusst, sondern wird von Vera angestachelt, Gas zu geben, weil sie ihm "gesteht", Patrick ermordet zu haben. Und Felix ist ja froh, dass Vera Patrick für den Missetäter hält und will sie natürlich nicht darauf hinweisen, dass er das eigentliche Schwein war.


    Felix einfach ohne Maries Hilfe umbringen und als Selbstmord darstellen: Klar, hätte man machen können. Aber zum einen: Warum? Warum hätte Felix erst seinen Bruder töten, dann ein Buch darüber schreiben sollen - und dann packen ihn aus dem Nichts plötzlich das schlechte Gewissen und die Skrupel und er bringt sich um?


    Und insgesamt: In meinem Roman geht es ja auch ganz viel um die Frage, was eigentlich "verrückt" ist und was "normal", damit wollte ich ein bisschen spielen. Deshalb hat Marie ja auch immer wieder Gedanken wie "Muss jemand, der freiwillig in der Psychiatrie arbeitet, nicht eigentlich auch verrückt sein"? Es ist eine Geschichte über zerrissene Seelen und gebrochene Charaktere, so richtig "gesund" ist da keiner. Na ja, Christopher vielleicht :-)

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    Original von Mulle
    Marie weiß ja, dass Vera sich angeblich keine Zahlen merken kann und immer nur ganz einfache Codes benutzt. Aber das weiß sie ja von Patrick und Vera weiß nicht, dass sie es weiß, oder? Das hat Patrick ihr doch verraten, als sie allein vor dem Haus standen.


    Vera weiß ALLES, was Marie weiß - denn Jan Falkenhagen sagt es ihr.

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    Original von Eskalina
    Und noch etwas fiel mir auf: Marie wirkt in ihrer Trauer um Patrick nicht echt, Trauergedanken um ihn macht sie sich kaum, sondern sie denkt immer nur an ihre Tat, das hat sie mir irgendwie nicht so sympathisch gemacht.


    Och, nun tu mal meiner armen Marie nicht unrecht! :-) Da steht schon, dass sie ihn vermisst und dass sie nachts, als sie von ihm geträumt hat, weinend aus dem Schlaf fährt. Aber ich denke, der Schock über das, was alles passiert ist, überschattet ihren Kummer.

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    Original von Groupie
    Was die Zahlen angeht, da hab ich mich eher ein bisschen gewundert, dass sie die Nummer ihres Theater-Menschen auswendig kannte. Ich mein, im Zeitalter des Handys/Smartphones kann ich kaum noch eine Nummer auswendig. Aber sie - die angeblich keine Zahlen behält - kann sie spontan anrufen? :gruebel


    Du vergisst, dass das alles geplant war. Darüber hätte Marie sich wundern können, aber auf die Idee ist sie natürlich nicht gekommen, denn sie wusste ja nicht, dass Vera ABSICHTLICH ihr Handy benutzen will. Wäre das nicht Teil des Plans gewesen, hättest Du Recht - so aber war das natürlich in aller Ruhe vorbereitet :-)

    Also, erst einmal zur Felix' panischer Flucht: Dazu hat Vera ihn getrieben, sie hat ihn aufgefordert, Gas zu geben und ihm "gestanden", dass sie Patrick ermordet hat.


    In Sachen Felix spielen die beiden "über Bande", das heißt, erst werden sie Patrick los, dann erst Felix.


    Was die ganze Sache mit den Zahlencodes betrifft: Marie erzählt ja alles Jan Falkenhagen, nicht ahnend, dass er die Strippen zieht. Er wusste also die ganze Zeit, was sie weiß und was nicht - und so konnte er sie in seinem Sinne lenken. Dass Marie am Ende durch Patricks Todesdatum ins Haus kommt, dass wollten die beiden ja eben gerade NICHT.


    Was das "am Ende alles gestehen" betrifft: Da habe ich mich mit mehreren Ermittlern unterhalten, die mir sagten, dass ohne jeden Zweifel enttarnte Täter dazu neigen, dann auf einmal ohne Punkt und Komma zu reden. Eine Art Bekenntniszwang. Aber ich verstehe durchaus, wenn das nicht jedem gefällt, ist eben Geschmackssache.


    Tja, und das Thema "konstruiert": Klar ist es das! Und unser Täterpärchen ist unterm Strich komplett verrückt. Aber die Geschichte ist ja ein Roman, keine Polizeiakte. Im wirklichen Leben steht da nämlich meistens: Ehemann hat Frau im Suff nach Streit erschlagen. Punkt. Das wäre ein kurzes Buch :-)

    arter: In diesem Fall gestehe ich frei heraus: Da bin ich überfragt. Ich habe zu dem Thema auch viel recherchiert (ein besonders interessantes, wenn auch grauenhaftes Buch dazu ist "Vater unser in der Hölle"), aber diese Frage habe ich mir dabei gar nicht gestellt. Und sie deshalb auch nicht für mich geklärt. Wenn Du da was rausfindest, freue ich mich, wenn Du es postest! :-)

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    Original von beowulf
    Du merkst an diesem Thriller, dass die Autorin sonst äusserst qualitative humorvolle Chicklit schreibt ?( ?(


    Beo - Du nimmst mir die Frage aus dem Mund, darüber habe ich mich gerade auch ein bisschen gewundert :gruebel


    Also, nix gegen Anne Hertz - aber damit hat dieser Roman - zumindest meiner Meinung nach - GAR NICHTS zu tun.

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    Original von Fay
    Allerdings frage ich mich: Wann passiert endlich etwas gruseliges? :wow Also, unter Thriller verstehe ich etwas spannendes, erschreckendes. Etwas bei dem ich mir die Fingernägel abkaue. Bis jetzt trifft das auf diesen durchaus unterhaltsamen Roman nicht zu. Vielleicht bin ich auch auf dem falschen Dampfer.


    Also, wenn Du darauf wartest, dass ein verrückter Serienkiller mit gezackter Klinge hinter einem Busch hervorspringt oder man knietief durch Blut watet - nein, das wird bei mir nicht passieren. Ist es deshalb kein "Thriller"? Ich weiß es, ehrlich gesagt, nicht, Genre-Einteilungen sind nicht einfach. Stünde "Krimi" drauf, würde man ermittelnde Kommissare oder einen klassischen "Who-done-it" erwarten. Für "Roman" ist mein Buch eindeutig zu düster. Tja, schwierige Sache das. Ich denke, jeder Leser hat so seine Erwartungshaltung, bei dem einen wird sie erfüllt, bei dem anderen nicht.


    In jedem Fall hoffe ich, dass der Roman trotzdem "thrillt" ;-) Bei meiner Lesung in Berlin sind immerhin drei Leute rausgegangen, weil sie es "zu hart" fanden :lache

    Arter: Na ja, zum einen liebt Patrick sie, zum anderen erklärt er ja, dass ihm als Autor auch viele Dinge durch den Kopf gehen, die beängstigend sind. Er ist einfach aufgeschlossen und reflektiert, nicht jeder reagiert auf das Geständnis einen Zwangserkrankten mit Angst und Unverständnis.