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Original von MaryRead
"Ich bin in einem Science-Fiction-Film", fängt dieser Teil an - und genau das passiert dann auch, auf einmal, ohne Netz und doppelten Boden. Huch!
Wo bin ich denn auf einmal hingeraten!
Ein ganzes Drittel des Buchs ist eine total normale moderne Frauen-Geschichte, und jetzt geht's auf einmal mit sowas los..... ich glaube, ich hätte mir im ersten Teil den einen oder anderen Hinweis darauf gewünscht. Oder hab ich das verpasst?
Ja, Du hast was verpasst, es gibt durchaus Hinweise, wenn man genau hinguckt:
S. 19 f., Georg philosophiert über den FC St. Pauli:
"Was wäre eigentlich", fragt Georg, sobald wir uns niedergelassen haben, "wenn sich für St. Pauli kein Finanzier mehr gefunden hätte?" Tim zuckt mit den Schultern. „Dann würden sie schätzungsweise demnächst in der Regionalliga kicken. Zwangsabstieg nennt man das wohl.“
„Das meine ich nicht.“ Georg legt seine Stirn in Falten, er scheint über irgend etwas schwer nachzugrübeln. „Was ich damit sagen wollte ist, wieviel doch von einer einzigen Entscheidung einer einzigen Person abhängt.“
„Hä?“ Ich kann nicht mehr ganz folgen, aber es ist ja auch schon ziemlich spät. Ich gehe rüber zur Theke und zapfe Tim und mir noch ein Bier, klingt fast so, als würde das hier noch etwas länger dauern.
„Es ist doch so“, fährt Georg fort, als ich zurückkomme, „daß da ja eine ganze Menge Leute mit dranhängen. Wenn der Club kein Geld hat, spielt er nicht mehr in der Bundesliga. Das bedeutet für die Mannschaft weniger Werbeeinnahmen, also weniger Geld, und zu den Spielen kommen natürlich auch weniger Fans. Was machen dann aber die Fans, die früher samstags immer zu St. Pauli gegangen sind, statt dessen? Und was hat das wiederum für Auswirkungen?“ Jetzt guckt Tim ähnlich schlau wie ich aus der Wäsche. Aber dann findet er doch zu seiner gewohnten Schlagfertigkeit zurück.
„Gott behüte!“ entfährt es ihm und er reißt entsetzt die Augen auf. „Am Ende gehen die dann alle zum HSV!“
Das ist ein deutlicher Hinweis auf das Thema, den man natürlich erst rückwirkend versteht. Aber das ist ja auch bei Filmen oft so, bei denen man erst später die Anspielungen merkt, die schon vorher da waren (siehe "The 6th Sense"). Solche Hinweise kommen öfter, und ansonsten war es auch Absicht, den Leser auf einmal rasant in etwas völlig anderes stolpern zu lassen. Ich persönlich mag so etwas, wenn ein Roman oder auch ein Film auf einmal eine vollkommen andere Wendung nimmt.
Auf dem Klappentext (darüber redet Ihr hier später noch), wird es zwar auch schon halbwegs verraten, aber darauf hätte man meiner Meinung nach verzichten können. Wie gesagt, wer ganau hinsieht, findet schon einige Anspielungen im Text.
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Original von MaryRead
Wieso muss Charly eigentlich so viele Episoden löschen lassen? Hätte es nicht gereicht, die Moritz-Episode rauszuschmeissen? Denn danach wäre doch ohnehin alles anders geworden. Und von den positiven Dingen, die in ihrem "richtigen" Leben passiert sind, d.h. denen, die sie dringelassen hat, hat sie ja im "neuen" Leben im Nachhinein auch nichts mehr. 
Ts, ts, ts, richtig lesen!

Das steht alles drin, auch Charly merkt erst später, dass die NUR die Episode mit Moritz hätte löschen müssen, schon hätte sich ALLES geändert (aber ok, so weit bist Du an dieser Stelle wohl noch nicht). Ja, und leider, leider auch die guten Dinge. Der Preis, den sie dafür zahlen muss, dass sie in ihrem Leben rumgefuscht hat, wird ihr ja eben erst später klar. Das ist ja nun mal die Lektion, die sie lernen muss:
S. 210:
"Plötzlich wird mir etwas klar: Es liegt nicht daran, daß ich diese eine Eskapade habe löschen lassen. Angefangen hat doch alles damit, daß ich in der Garage nicht mit Moritz geschlafen habe. Danach ist mein Leben komplett anders verlaufen, sämtliche Ausfälle sind danach ohnehin nicht mehr passiert, weil ich immer das anständige Mädchen an Moritz' Seite war."
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Original von MaryRead
Nun aber... die vielen, vielen Erklärungen, was in den 14 Jahren seit der Moritz-Garagen-Episode alles passiert ist. Die Dialoge klingen einfach nicht echt. Ja, Moritz wundert sich immer mehr, wieso Charly auf einmal so komisch ist, immerhin das. Aber ständig diese Hinweise
"Immerhin sind wir seit fast 14 Jahren zusammen" (S. 117)
Dass Moritz' Sekretärin Charly erinnern muss, dass sie ihr das Bild für seinen Schreibtisch mit der Bitte um Rahmung geschickt hat. (S. 177)
Und noch sehr viele zwischendurch, die ich jetzt nicht alle mit Fähnchen versehen habe. Das hat bei mir leider dazu geführt, dass dieser Teil für mich so nicht funktioniert hat.
Wie wäre es anders gegangen? Vielleicht, dass Charly ihr Tagebuch früher findet und sich erst mal unauffällig "reinlesen" kann in ihr altes Leben. Oder dass sie eine Vertraute hat, die sie vor den schlimmsten Fettnäpfchen bewahrt (so wie beim Doppelten Lottchen, als die beiden Mädels sich wenigstens gegenseitig Briefe mit Erklärungen schicken konnten). So jedenfalls war es mir zu aufgesetzt. Sehr schade.
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Hm, das ist wohl eine Frage des Geschmacks, und über den lässt sich ja bekanntlich nicht streiten. Ich finde es aber gut so, ich mag die Komik, die darauf entsteht, dass Charly versucht, sich so unauffällig wie möglich in ihr neues Leben einzufinden und dabei immer mal wieder daneben langt.
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Original von MaryRead
S. 119
fragt Charly Moritz nach ihrem "ersten Mal". Ich hätte mir ja einen Ast gelacht, wenn Moritz gesagt hätte "aber Schatz, das haben wir uns doch extra für nach der Hochzeit aufgehoben"

Hätte irgendwie gepasst.
Auch keine schlechte Idee, aber ich musste ja deutlich machen, dass sie ihn hat sitzen lassen und damit erst eine wirkliche Begehrlichkeit bei ihm geweckt hat. UND JETZT SAGT MIR NICHT, DASS ES KEINE MÄNNER GIBT, DIE AUF SO ETWAS ERST RICHTIG ANSPRINGEN!!!! :lache
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Original von MaryRead
S. 180 - à propos Musik... "Alan, Parsons und Project" - ist das ein Insider?? Heissen die nicht "Alan Parsons Project"?
So steht's später ja auch noch mal.
Auch ein kleines Sprachspiel, sie teilt den Bandnamen auf, als wären es drei Personen. Klaus, Störte und Beker 
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Original von MaryRead
Die übrigen Fähnchen stecken im letzten Drittel, also dort weiter. Aber von diesem Teil war ich ein bisschen enttäuscht. Hat auch was damit zu tun, dass mir diese Schickimicki-Gesellschaft sowas von auf den Senkel geht, dass ich nicht so viel darüber lesen mag. Aber vor allem damit, dass ich es nicht wirklich glaubwürdig finde, wie es dargestellt ist, wie Charly ihr neues Leben "lernt".
Finde ich natürlich schade, aber ich wollte es so machen. Denn: Ein probates Mittel der Komik liegt auch in der Übertreibung (Siehe: "Handwerk Humor" von John Vorhaus). Aber wie gesagt: Da geht's halt um Geschmack, der lässt sich nicht objektiv verteidigen.