Ich war heute den ganzen Tag auf der Autobahn und komme daher erst jetzt zum Antworten 
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Original von Torshavn
Vielen Dank für den Link. Das Interview ist recht aufschlussreich.
Du spielst ja auch Rollenspiele (DSA) und schreibst Fantasy. Wie wird das denn von den Lesern historischer Romane aufgenommen, wenn sie hören, das Du von der Fantasy herkommst? Mußt Du dich dafür rechtfertigen?
Bislang noch nie. Bei meinen historischen Sachen ist mir eine fundierte Recherche sehr wichtig, auch und vor allem, was die Mentalitäten der Zeit angeht. Auf der anderen Seite sind Fantasy und Historischer Roman m.E. aber auch zwei verwandte Genre. Nicht, dass ich Fantasyelemente in meine historischen Romane übertragen wollte - dazu bin ich als Historikerin viel zu pingelig
Aber umgekehrt sind für Fantasy gute Geschichtskenntnisse, Wissen um Staatstheorien, Soziologie, Mentalitäten etc. sehr hilfreich, um Fantasywelten glaubhaft und in sich schlüssig zu gestalten.
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Das ist ein Phänomen, das man ja öfter findet. Was meinst Du ist der Grund dafür, das sich Geistesgrößen zu bestimmten Zeiten am selben Ort treffen? Hast Du für Marburg speziell eine Antwort darauf?
Um 1800 war Savigny die Figur, um die sich alles drehte und die die Leute zusammenzog - sei es, dass sie mit ihm befreudet waren (wie Clemens Brentano), sei es, dass sie als Schüler zu ihm kamen (wie die Grimms). Brentano brachte seinerseits seine Freunde mit, und in einer kleinen Stadt wie Marburg spricht sich das natürlich auch herum, wenn man sich abends zu interessanten Gesprächen trifft. Das zieht wiederum Ortsansässige an, die den Kreis erweitern. Dazu kommt, dass Marburg eine Universitätsstadt ist.
In diesem Fall haben die Marburger Jahre Freundschaften geformt, die über Jahrzehnte hielten - obwohl die gemeinsame Zeit recht kurz war. Die Grimms unterhielten aber zeitlebends einen sehr regen Briefwechsel mit verschiedenen Leuten aus diesem Kreis, und als sie 1837 als "Mitglieder" der "Göttinger Sieben" eine neue Anstellung brauchten, hat Bettine Brentano (dann von Arnim) ihnen geholfen, in Berlin Fuß zu fassen.
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Gut gefällt mir beim Lesen, wenn immer mal wieder Wissen einfließt, das für die eigentliche Geschichte nicht relevant ist, wie z.B. im Gespräch zwischen Dr. Hinrichs und Julius am Frühstückstisch über Kaffee. Hast Du Spaß an solchen Szenen?
Ich mag diese Anekdoten. Häufig stolpere ich bei der Recherche darüber und notiere sie mir, um sie vielleicht irgendwo einzubauen. Das gelingt nicht immer und wäre auch nicht immer sinnvoll, aber wenn es passt, mache ich das gerne. Ansonsten bemühe ich mich, historisches Wissen nicht oberlehrerhaft in Exkurse zu verpacken, sondern in die Geschichte beiläufig einzuweben - wie z.B. den korsischen General/ Konsul, der immer mal wieder Erwähnung findet 
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Schön fand ich auch, etwas über den familären Hintergrund von Julius zu erfahren. Auch wenn mir die Szene beim Abendessen im Elternhaus zu kurz war. Sie ist meines Erachtens zu schnell eskaliert. Da hätte ich gerne noch mehr erfahren. Vielleicht noch eine intensivere Szene mit der Mutter.
Ich glaube, da saß mir das "du hast nur 300 Seiten"-Teufelchen im Nacken
Ich neige dazu, Szenen lang auszugestalten, und das habe ich bei diesem Buch bewusst versucht zu vermeiden - einmal, um mehr Tempo reinzubringen, und dann auch, weil ich nicht am Ende 200 Seiten rauskürzen wollte, wenn es zu lang geworden wäre. Letztendlich sind es mehr als 300 Seiten geworden, aber zumindest das mit dem Tempo hat geklappt
Ich glaube, bei einer Familiensaga hätte ich der Szene mehr Raum gegeben.

Heike