Beiträge von Buchdoktor

    "Das macht Sinn" und "eine Dusche nehmen" sind Anglismen? 8|

    Es sind zu wörtliche Übersetzungen. Ich gehe unter die Dusche, gehe duschen, brauche eine Dusche.

    Mein derzeitiger Hass-Ausdruck ist "sie wurde mit Krebs diagnostiziert" (she was diagnosed with cancer).

    Ist mir nicht aufgefallen. Momentan kann ich mich nur an eine Stelle erinnern und die empfand ich nicht als störend.

    (In den Vorgängerbände wird auch schon geglotzt, deshalb fällt es mir sicher stärker auf.) In dieser Serie frage ich mich, ob aus der Perspektive des männlichen Autors oder seiner lesbischen Protagonistin geguckt wird und ob Hamilton die Sichtweise einer lesbischen Frau überhaupt einnehmen kann. "Für eine Asiatin war XY auffallend groß" wäre eine neutrale Sicht, die kann Ava auch als körperlich kleine Frau einnehmen. Wird auf Busen oder Hintern geguckt, finde ich das zu oberflächlich, weil wir ja nicht wissen, was Ava erotisch findet. Was hat sie z. B. an Maria angezogen?

    ... Außerdem habe ich das Gefühl, dass sie diesmal nicht mit voller Konzentration bei dem Fall ist, weil sie sich Sorgen um "Onkel" macht und sich dadurch ablenken lässt. Und weil sie den Fall nicht so ganz ernst nimmt, weil er ihr eigentlich von ihrer Mutter aufgedrängt wurde und sie ihn eigentlich gar nicht übernehmen wollte. ...

    Das finde ich sehr plausibel. Sie will den Fall durchziehen. Auch dass jemand 100x überlegt handelt und beim 101. Mal einen fatalen Fehler macht, wirkt auf mich realistisch.

    ASIN/ISBN: 3959170130

    Ian Hamilton: Der schottische Bankier von Surabaya (Ava Lee 5.)

    Verlag Krug & Schadenberg 2018. 448 Seiten

    ISBN-10: 3959170130

    ISBN-13: 978-3959170130.19,90€

    Originaltitel: The Scottish Banker of Surabaya

    Übersetzerin: Andrea Krug


    Verlagstext

    Eine faszinierende Heldin: Ava Lee, die kanadische Wirtschaftsprüferin mit chinesischen Wurzeln, ist so schön wie scharfsinnig und verfügt über ein Charisma, das Frauen wie Männer in Bann schlägt. Sie ist in der Welt des großen Geldes zu Hause und darauf spezialisiert, veruntreutes Vermögen wiederzubeschaffen. Der anfangs wenig lukrativ erscheinende Auftrag einiger Geschäftsleute aus der vietnamesischen Community in Toronto führt die toughe Ermittlerin nach Surabaya und entwickelt sich dort rasant zu ihrem bislang persönlichsten Fall ... Dem kanadischen Erfolgsautor Ian Hamilton ist mit dem temporeich erzählten neuen Band der Ava-Lee-Serie ein brillanter Page-Turner gelungen.


    Inhalt

    Ava Lee hatte nicht vor, in Kanada nach veruntreuten Geldsummen zu suchen, schließlich könnten hier, anders als in einigen asiatischen Ländern, betrogene Kanadier den juristischen Weg beschreiten. Doch Theresa Ng stammt wie Avas Mutter aus Shanghai und ist wie sie katholisch. So nimmt Ava notgedrungen relativ kurz nach ihrem letzten Abenteuer in Macao die Suche nach dem Schwarzgeld des vietnamesisch-chinesischen Familienclans auf. Die Spur führt Ava über Vietnam nach Indonesien, während ihr Geschäftspartner Onkel Chow sie, wie bisher in jedem Band, mit seinem Rat und einer ortskundigen Kontaktperson unterstützt. Ava kann sich inzwischen auf ein eigenes Netz von „guanxi“ in chinesischer Tradition stützen. Sie hat zuverlässige Kontakte aus der Zeit ihres Studiums und sie schafft in jedem ihrer Fälle wertvolle Verbindungen zu Personen, auf die sie sich verlassen kann.


    „Der schottische Bankier von Surabaya“ ist der 5. Ins Deutsche übersetzte von bisher 12 Bänden der Reihe um das lesbische Wonderwoman Ava Lee, mit dem Krug & Schadenberg die verwaiste Serie wieder aufnimmt. Ein 2013 in Kanada erschienenes Prequel erzählt die Vorgeschichte von Onkel Chow, Ava Lees Mentor und Geschäftspartner. Hamiltons Serie um eine kämpferische Wirtschaftsprüferin thematisiert das Netz der „guanxi“ unter Chinesen in aller Welt. Die Reihe entwickelt sich von Band zu Band wie eine komplexe Netzstruktur aus Kontakten, die Ava mit der Zeit aufbaut.


    In der gar nicht so guten alten Zeit hätte ein wohlhabender chinesischer Geschäftsmann wie Maurice Lee mit Hauptfrau, Nebenfrauen und den gemeinsamen Kindern in einem Vierseiten-Anwesen gelebt. Seine Frauen hätten ihm Gehorsam geschuldet, Söhne zur Welt bringen müssen und jeweils in einem eigenen Hausbereich ein geringes Maß an persönlicher Freiheit genossen. Diese Lebensweise spiegelt Ian Hamilton in einer wohlhabenden Familie der Gegenwart, deren Frauen höchst aktuell auf drei Kontinenten leben und damit das finanzielle Risiko des Patriarchen streuen, nach der Rückkehr Hongkongs in die VR China (1997) evtl. Vermögensanteile einzubüßen. Ava ist eins der 8 Kinder, die der wohlhabende Hongkonger Geschäftsmann Maurice Lee mit 3 Frauen hat. Die Familienaufstellung hat mich vom ersten Band der Reihe gefesselt; denn darin spiegelt sich Hamiltons umfangreiches Wissen über Wertvorstellungen asiatischer Gesellschaften. Neben der spannenden Frage, was Onkel Chow und Ava einmal zusammengeführt hat, rätsele ich seitdem darüber, ob der leichtsinnig wirkende Michael ein angemessener Nachfolger für Vater Maurice als Familienoberhaupt sein wird – und wie sich die die jüngeren Frauen des erweiterten Clans noch entwickeln werden.


    Avas Mutter, eine einflussreiche Dame der chinesischen Community Torontos, lebt ihrer Tochter beständig vor, wie Verbindungen, Einfluss und Wohlstand zusammenhängen. Für Ava stellt sich an einem Scheideweg ihres Lebens nun die Frage, ob sie den bevorstehenden Generationswechsel nutzen, sich aus den erstickenden konfuzianisch geprägten Sitten ihres Clans lösen und etwas Eigenes auf die Beine stellen wird.


    Dass Ava offen lesbisch lebt, blieb bisher weitgehend im Hintergrund. Wie sich ihre Beziehung zu ihrer kolumbianischen Liebsten Maria weiter entwickeln wird, darauf bin ich nach einem fiesen Cliffhänger in diesem Band sehr neugierig.


    Kann man mit Band 5 noch in die Serie einsteigen?

    Da sich im fünften Band für Ava einige neue Wege abzeichnen, eignet er sich sogar sehr gut zum Einstieg. Ian Hamilton nennt zu jeder für Serien-Einsteiger neuen Figur kurz den Anlass, zu dem Ava diese Person kennengelernt hat.


    Fazit

    Der Fall des veruntreuten Schwarzgelds entwickelt sich in Surabaya selbst für ein kampfsporterprobtes Wondergirl wie Ava spektakulär. Die Suche nach dem Geld und mögliche Elemente von Wirtschaftsthrillern wirken hier jedoch wie eine Kulisse, vor der Ian Hamilton sein umfangreiches Wissen über chinesisch-stämmige Communities und deren Sitten demonstrieren kann.


    Insgesamt würden der Krimi-Reihe ein Glossar chinesischer Begriffe und ein Personen-Verzeichnis gut zu Gesicht stehen.


    8 von 10 Punkten

    Andy wird so schnell keine Frau mehr vergewaltigen können, ganz schön grausam, wie sie mit ihm umgeht, aber Mitleid fällt mir grad sehr schwer.

    Und ich bin echt gespannt wie es weitergeht. Im Moment scheint Andy nicht unbedingt die treibende Kraft hinter dem ganzen Schlammassel zu sein.

    Im Roman darf es fiesen Typen gern rachsüschtig an die Kronjuwelen gehen. Zur Not sind ja Beweismittel gesichert worden, falls noch jemand auf der Unschuldsvermutung beharren sollte ...

    Für mich kommt er vor allem als ziemlicher Depp in Frage. Der Mann ist Wirtschaftsprüfer und bringt es fertig, über 30 Mio. kanadische Dollar bar an einen "Freund" weiterzureichen, der sie angeblich in einen Fond einzahlt, ohne dass dieser Fond mal genauer überprüft wird!? Das kann ich mir nur schwer vorstellen. :pille


    Es sieht ja nun sehr danach aus, dass der so mysteriös aus Toronto verschwundene Bankdirektor das Geld hat. Der schien sich über diese Story ja sehr zu freuen und hat offenbar nicht lange gefackelt. Gruselig. :wow Bin schon gespannt, welche Rolle jetzt der Schotte mit den aufplatzenden Hemden spielt. :chen


    :lesend

    Grundlage dazu ist, dass die Leute aus ihrer Heimat her Banken von jeher nicht trauen und diese Einstellung in Kanada ungeprüft behalten. Das ging Deutschen sicher nicht anders, die in zwei Währungsreformen 2x ihre Ersparnisse verloren haben.


    Und wenn du dein mehr oder weniger unversteuertes Geld im Koffer unterm Bett hast, bist du vermutlich irgendwann für brandheiße Anlagetipps anfällig. Ich fand die Szene sehr eindringlich, als klar wurde, dass nicht alle aus der Familie Ng ohne Dolmetscher klarkommen. Das macht einige von ihnen vermutlich abhängig von vermeintlichen Vertrauenspersonen, die man eben nicht überprüfen kann, wenn man dazu zu schlecht Englisch spricht.

    Konfuzianismus oder Kapitalismus, das ist die Frage und das generelle Problem asiatischer Volkswirtschaften.

    Unsere westliche Wirtschaftsweise sieht vor, dass ein Unternehmen Experten von außen einstellt und dadurch wachsen kann. In konfuzianischer Tradition kannst du niemandem von außen trauen. Das Unternehmen kann nicht wachsen und geht im Zweifelsfall baden, wenn der Nachfolger die nötigen Kompetenzen nicht erwirbt. Dass Michael in Australien studiert hat, heisst ja nicht, dass er seinen Stoff auch beherrscht ... :(

    Vermutlich ist eine Korrektur immer eine Fehlerquelle. Du glaubst, die neue Variante ist besser und baust stattdessen etwas Schlechteres ein ...


    Ich weiß von einigen Fehlern, die ich als Leserin bequengelt habe, dass die Autoren den Sachverhalt im Text instinktiv richtig hatten und der lektorierte Text dann falsch war.

    Ich denke Jennie akzeptiert die Partnerschaft Ava/Maria überhaupt nicht. Der Schwiegersohn wird nach meinem Anschein nicht ernst genommen, er verschwindet eigentlich im Nichts.

    Für mich ist das alles noch sehr offen. Michaels geschäftliche Eskapaden haben ja die Verletzlichkeit des Clans gezeigt. Das Modell "ältester Sohn" wird Familienoberhaupt hat sich dadurch überlebt, dass heute jeder lebenslang lernen muss. Und Michael hat m. A. noch nicht gezeigt, dass er flexibel genug ist, um diesen Familienkonzern zu führen. Die Offenheit, ob evtl. Ava und Amanda eine völlig neue Unternehmensform finden werden, macht für mich den hauptsächlichen Reiz der Reihe aus. Ob die Eltern in der Lage sind, zu erkennen, dass alte Normen nicht unbedingt für neue Herausforderungen taugen, und sich aus den alten Werten das heraussuchen, was für die Gegenwart taugt.


    Jennie ist ja vom Stamm "in Shanghai ist alles besser". Vielleicht ist inzwischen in Kanada alles besser. Jedenfalls für Chinesen. Für Kanadier ist das Leben durch die vielen reichen chinesischen Investoren einedeutig schlechter geworden, weil sie sich keine normalen Wohnungen mehr leisten können.

    Zwischen Band 4 und 5 hat sie ihre Schussverletzung auskuriert und ist sich vermutlich bewusst geworden, wie schwer Maria in ihren Clan zu integrieren ist mit seinen unausgesprochenen Regeln. Maria und Jennie in einem Haushalt/Ferienhaus "geht" irgendwie nicht, weil sich vermutlich beide ihrer nonverbalen Kommunikationsprobleme nicht bewusst sind. Der nicht-chinesische Schweigersohn ist ja ausgelagert und abgehakt. Bzw. wir wissen nicht, ob es da einen Austausch darüber gab, was von ihm erwartet wird ...

    Ja, mir fällt auf, dass die Wörter häufiger synonym verwendet werden, damit eine falsche Bedeutung bekommen und der Text eine falsche Erzählperspektive. Es geht ja um etwas, das der Erzähler weiß oder annimmt.


    Es ist ein Zeichen für mangelhaftes Lekorat und sollte in Buchform mit dem Warnhinweis kommen "Unlektorierter Text, Lesen auf eigene Gefahr". :P