Beiträge von serpent

    Den Film fand ich auch schon ewig toll, deswegen habe ich mir letztens das Buch besorgt - und wurde nicht enttäuscht!


    Meine Rezension:


    Inhalt
    Deprimierender könnte das Leben für Evelyn Couch nicht sein: sie hat weder den Mut richtig dick zu werden, noch die Willenstärke um ihre überflüssigen Pfunde los zu werden, die ständigen Therapiesitzungen um ihre Ehe zu retten nützen rein gar nichts, da ihr Gatte das Sofa, ein kühles Bier und ein Baseballspiel vorzieht und sie fühlt sich zunehmend zu alt um jung zu sein und zu jung um alt zu sein. Kurzum: sie weiß mit ihrem Leben einfach nichts mehr anzufangen. An dem Punkt, wo sie ernsthaft darüber nachdenkt sich mit einer Pistole aus diesem Elend zu erlösen, trifft sie im Altersheim, in dem ihre Schwiegermutter lebt, auf Mrs. Threadgoode. Die alte Dame beginnt gleich der Fremden ohne Punkt und Komma aus längst vergangenen Tagen zu erzählen. Und was für Evelyn zunächst eher lästig ist, entwickelt sich schnell zu ihrem wöchentlichen Highlight. Denn Mrs. Ninnie Threadgoode erzählt die Geschichte der kleinen Südstaaten-Stadt Whistle Stop, die mittlerweile nur noch an eine Geisterstadt erinnert. Doch um die Zeit des ersten Weltkrieges erblickte dort ihre zukünftige Schwägerin Idgie (Imogen) Threadgoode das Licht der Welt und veränderte mit ihrer unbezähmbaren und herzlichen Art die Geschichte des Ortes für immer.
    Evelyn lauscht so gebannt einer Geschichte über Liebe, Mut, Freundschaft …und einen Mord.



    Bewertung
    Ach, was soll ich groß objektiv sein? Ich liebe dieses Buch! Und wer eine herzerwärmende Geschichte voller wundervoller Charaktere, Witz und Südstaatencharme mag, der wird es auch lieben.


    Denn jede einzelne Person in dieser Geschichte weiß zu bezaubern. Allen voran natürlich die eigensinnige Idgie, die bereits als kleines Kind mürrisch verkündet, dass sie ab dem heutigen Tage nie wieder en Kleid tragen wird – und es auch tatsächlich nicht tut. In den 20er und 30er Jahren des recht prüden amerikanischen Südens eigentlich ein Skandal, wenn eine Frau mit Hosenanzug auf die Straße geht, doch niemand in dem kleinen Städtchen kann ihr etwas übel nehmen.
    Nicht einen einzigen ihrer Streiche, oder eine ihrer gleichsam mutigen und absolut illegalen Machenschaften, nicht, dass sie jahrelang den Pastor ärgert und nicht einmal, als sie beschuldigt wird einen Mord begangen zu haben.


    Doch das alles fing natürlich damit an, dass Ruth damals in ihr Leben trat. Kein frommeres und lieberes Mädchen hatte die Stadt bis dahin gesehen und ausgerechnet die wilde Idgie verliebt sich in sie. Als Ruth dann Whistle Stop wieder verlässt um zu heiraten, bricht für die eigensinnige junge Frau eine Welt zusammen – bis zu dem Tag, an dem sie herausbekommt, dass Ruths Mann sie schlägt und die alte Freundin zurück in das kleine Örtchen kommt.
    Fortan führen die Freundinnen das „Whistle Stop Café“, in dem gebratene grüne Tomaten immer heiß serviert werden, das beste Barbecue der Stadt auf den Grill kommt, keiner wegen seiner Hautfarbe oder Herkunft diskriminiert wird und wo die ganze Stadt ihren Lebensmittelpunkt hat.


    So dreht sich alles um dieses Herzstück von Whistle Stop, in dem einzelne Schicksale sich zu einem Gefüge verweben, das nicht nur die deprimierte Evelyn Couch bewegt und ergreift, sondern auch dem Leser nahe geht und ihn völlig in die kleine Ortschaft hineinzieht.


    Abgesehen von dieser wunderschönen Geschichte, ist auch der Rest des Buches ein kleines Wunder. Da wären zum einen die wechselnden Perspektiven, aus denen alles Erzählt wird. Dort gibt es die Gegenwart, in der Evelyn und Ninnie sich bewegen, wobei man hautnah miterlebt, wie Evelyn langsam neuen Lebensmut fasst. Dann gibt es immer wieder Berichte von damals, welche die Postangestellte Dot Weems (und wohl größte Klatschtante der Stadt) verfasst hat. Diese leiten meistens ganz subtil auf das ein, was danach folgt: ein Rückblick aus den Jahren, in denen etwas passierte. Doch auch diese Perspektivwechsel sind keinesfalls geordnet; vielmehr können zuerst die 40er Jahre und später die 20er beschrieben sein. Es ist erstaunlich, wie man als Leser dennoch in keiner Sekunde den Überblick verliert und sich sogar ganz im Gegenteil dabei ertappt, die bruchstückhaften Erzählungen fasziniert und voller Spannung zu einem Gesamtbild zusammen zu setzten.


    Auch der Schreibstil ist herrlich abwechslungsreich und vermag zu gleichen Teilen aus Freude und aus Trauer zum Weinen zu verleiten. Absolute Highlights sind dabei auf jeden Fall die Stellen, in denen Dot Weems mal wieder öffentlich über ihren trotteligen Mann meckert oder in denen Idgie Lügengeschichten erzählt. Ein winziges Beispiel dafür möchte ich kurz geben, denn es sind wirklich zauberhafte Ideen, die einem auch lange nach dem Lesen noch im Gedächtnis bleiben werden:


    „Sehen Sie das große leere Grundstück da drüben?“ Er schaute hinüber. „Ja, Ma’am.“ „Da war vor Jahren ein wunderschöner kleiner See. Im Sommer schwammen wir da und angelten, und man konnte auch Boot fahren.“ Traurig schüttelte sie den Kopf. „Das alles vermisse ich sehr.“ Smokey betrachtete die Wiese. „Ist der See ausgetrocknet?“ Sie zündete eine Zigarette für ihn an. „Noch schlimmer. An einem Novembertag kam eine große Entenschar, und die Vögel landeten mitten auf dem See. Während sie da saßen, passierte was ganz Komisches. Die Temperatur sank so schnell, dass der ganze See gefror. In wenigen Sekunden war er fest wie ein riesiger Stein.“ „Meinen Sie das ernst?“ fragte Smokey erstaunt. „Klar.“ „Da sind die Enten sicher getötet worden.“ „Nein, verdammt noch mal! Die flogen einfach davon und nahmen den See mit. Jetzt ist er irgendwo in Georgia…“ (S. 28f)


    So ist es wenig verwunderlich, dass man während des Lesens immer mehr in Whistle Stop eintaucht und sich – ehe man sich versieht – gar selber dort zu Hause fühlt. Alle Einwohner mit allen ihren Eigenarten, erscheinen einem wie alte Freunde, die Katastrophen die geschehen, fühlen sich an, als hätte man sie am eigenen Leibe erfahren und sogar all die Landstreicher wirken wie alte Bekannte, deren Namen man vor langer Zeit schon einmal gehört hat. Man verliebt sich selber in Idgie und Ruth, in die Stadt, die Zeit und vielleicht sogar ein bisschen in die gebratenen grünen Tomaten.


    Denn wer nach der Lektüre noch immer nicht genug von Whistle Stop Café hat, der ist herzlich eingeladen die Originalrezepte, die im Anhang des Buches stehen, nachzukochen.
    Meiner Meinung nach ein Buch, das man gelesen haben muss. Es bietet Humor, eine Geschichte über Freundschaft, Toleranz, Trauer, Drama und mehr Lebensmut, als alles, was ich zuvor gelesen habe. Ein richtiger feel good Roman.

    Inhalt
    Die „dunklen Jahre“ sind vorbei, doch die Gegenwart in der David und Juna leben, ist nicht weniger dunkel und gefährlich. Im Jahr 2015 muss die Menschheit vor einem Virus kapitulieren. Alles, was eins selbstverständlich war, kehrt sich in rasender Schnelle in das genaue Gegenteil um: Männer hassen Frauen, die neuste Technologie geht verloren, die Welt liegt in Trümmern. Was bleibt sind zwei verfeindete Lager, deren momentaner Frieden, knapp 60 Jahre nach dem Zusammenbruch der Zivilisation, an einem seidenen Faden hängt: die Männer auf der einen, die Frauen auf der anderen Seite. Als die kriegerische Juna sich in den ruhigen Mönch David verliebt, steht deshalb nicht nur die Welt der beiden Kopf. Sie wissen genau: ihre Gefühle zu einander sind verboten und ihre Seiten stehen kurz vor einem verheerenden weiteren Krieg, der die Menschheit dieses Mal endgültig auslöschen könnte…



    Bewertung
    Auch wenn der Name eine biblische Geschichte vermuten lässt, so ist „Das verbotene Eden“ doch eher eine dystopische Anlehnung an Shakespeares „Romeo und Julia“ – zumindest oberflächlich, denn unter der Oberfläche liegt noch so viel mehr als das.


    Juna ist mit ihren siebzehn Jahren schon eine gefeierte Kriegerin in ihrem Verbund. Mit ihrem Pferd und ihrem Falken Camal schlägt sie eine Schlacht, die sie zur Heldin macht. Doch so kriegerisch und stark die junge Frau auch ist, in ihrer Heimat erfährt der Leser sie ebenso als besonnene und liebevolle Protagonistin. Einzig ihr Tatendrang, ihre Unruhe, fällt immer wieder auf und treibt sie voran, wenn sie mit vollem Eifer für eine Sache einsteht.


    David ist hingegen zunächst ein ruhiger Charakter. Er arbeitet in einem Kloster und hilft beim Instandhalten und Restaurieren von Büchern. Seine große Leidenschaft sind die verbotenen Liebesromane, die er heimlich liest – allen voran „Romeo und Julia“, dessen Geschichte ihn zu gleichen Teilen fasziniert und irritiert.


    Die Welt, in die beide Protagonisten geboren wurden, ist bedrohlich und fremd. Während sie in der Obhut der Frauen aufwächst und ein naturverbundenes Leben führt, ist er sein Leben lang von Männern umgeben. Auf seiner Seite wird das Wort Gottes gepredigt und der Hass gegenüber den Frauen, den „Hexen“, geschürt. Er kennt es nicht anders als in einer Gesellschaft zu leben, die sich in den Ruinen alter Städte breit gemacht hat, umgeben von Relikten aus früheren Zeiten, mit einem gut gehüteten Arsenal der letzten Waffen und Autos, welche die „dunklen Jahre“ überstanden haben. Der Friede, den die Männer mit den Frauen geschlossen haben, basiert auf einem Abkommen, dass auf wackeligen Beinen steht. Umso mehr, als sich herauskristallisiert, dass auf beiden Seiten Leute in den Vordergrund drängen, die sich nicht mehr mit den bestehenden Verhältnissen zufrieden geben und bereit sind für ihre Seite in den Krieg zu ziehen.


    Die „Romeo und Julia“-Geschichte ist in sofern recht offensichtlich: dadurch, dass Juna und David sich verlieben und verfeindeten Lagern angehören, ist ihre Liebe eine Verbotene und steht unter keinem guten Stern. Doch im Laufe der Erzählung wird deutlich, dass es hier nicht bloß eine Nacherzählung der altbekannten Geschichte ist, sondern lediglich mit einigen offensichtlichen Anspielungen darauf beruht. Alle im Buch erwähnten Charaktere sind äußerst komplex gezeichnet und ergeben ein dicht verflochtenes Muster, welches „Das verbotene Eden“ zu einem Unikat macht.


    Als besonders faszinierend empfand ich, mit welcher Detailverliebtheit Thomas Thiemeyer diese uns fremde Welt erschaffen hat. Man merkt deutlich, dass alles bis hin zum unwesentlich erscheinenden Fakt genau durchdacht ist. Um ein Beispiel zu nennen: die Männer glauben an Gott und leben demnach eine patriarchalisch geprägte Religion aus (heißt: die Religion wendet sich an eine Vaterfigur als Gott, jemanden, dessen Wohlwollen man sich erarbeiten muss und der genauso grausam und rachsüchtig sein kann, wie er bisweilen schützende Funktion einnimmt) während die Frauen sich auf mehrere Göttinnen berufen, die einem naturverbundenem, matriarchalischem Muster folgen (heißt: die Göttinnen sind wie Mütter, eher gütige Figuren).
    Hinzu kommen die äußerst genau geplanten und logischen Hintergründe der Gesellschaftsstrukturen. Denn manchmal fragt man sich unweigerlich während des Lesens: aber wie soll das System funktionieren wenn Männer und Frauen komplett getrennt leben? Und ehe man sich versieht, gibt Thiemeyer darauf eine einfache und einleuchtende Erklärung. So macht es Spaß sich in diese fremde Welt fallen zu lassen: man bemerkt mit einem Schaudern und einer Faszination zu gleich, dass dieses dystopische Szenario möglich wäre.


    Als ich schrieb, dass diese Geschichte noch viel tiefer geht als eine oberflächliche Dystopie oder Neuerzählung von Romeo und Julia, dachte ich dabei an viele Themen, die versteckt angesprochen und kritisiert werden. Da wären zum einen das typische Rollendenken von Mann und Frau, Religion und, was ich auch besonders interessant fand, die Kritik an unserer heutigen Gesellschaft, die sich um jeden Preis vom Geld abhängig macht. Dazu wird in einer Passage das Verhalten von Pharmakonzernen, die ein Geschäft aus Krankheit machen, besonders hinterfragt (S. 54).


    Es bleibt nun abzuwarten, wie Juna und David ihre eigene Geschichte fortführen. Denn, so viel möchte ich verraten: das Muster kommt einem, von anderen Charakteren im Buch, bekannt vor, doch beide scheinen ihren eigenen Weg gehen zu wollen um alles zu verändern. Da passt ein Zitat von George Bernard Shaw ganz gut, welches die beiden Protagonisten wohl mit einem entschlossenen Lächeln kommentieren würden:
    „Wenn die Geschichte sich wiederholt und immer das Unerwartete geschieht, wie unfähig muss der Mensch sein, durch Erfahrung klug zu werden.“


    „Das verbotene Eden“ ist auf jeden Fall der Auftakt zu einer Trilogie, die es in sich hat. Beängstigend, faszinierend und gefährlich ist es alle male für das Liebespaar, das aus „unheilvollem Schoß entsprungen“ ist und genauso spannend und romantisch wird ihre Geschichte erzählt. Ein absolutes Lesehighlight für Fans von düsteren Dystopien, mitreißenden Liebesgeschichten und Büchern, die mehr als bloße Unterhaltung bieten.

    Ich hab jetzt "Ruht das Licht" auch gelesen und fands super :) Will jetzt für die deutsche Ausgabe kein neues Thema erstellen - deswegen packe ich meine Rezension mal hier drunter.


    Achtung: Die Rezension kann Spoiler enthalten, wenn man den 1. Teil der Reihe nicht kennt!
    Inhalt


    Der Winter ist schon fast vorbei, die knisternde Kälte macht zumindest an manchen Tagen den ersten Sonnenstrahlen platz. Für Sam ist dies der erste Winter seit er denken kann. Denn jetzt, wo er die erzwungenen Verwandlungen in einen Wolf unterdrücken kann, genießt der Junge mit den gelben Augen seine neu gewonnene Freiheit und kostet jedes Minusgrad aus, als wäre es ein kostbares Geschenk.
    Doch den Wechsel der Jahreszeiten kann er mit Grace nicht in Frieden verleben. Immerhin gibt es nun neue Jungwölfe im Rudel und seit Beck sich das letzte Mal gewandelt hat, ist es Sams Aufgabe sich um die Zufluchtsstätte der Wölfe zu kümmern. Diese Aufgabe wird auch nicht einfacher, als er dahinter kommt, dass das gesamte Rudel in großer Gefahr schwebt und das gut gehütete Geheimnis vielleicht nicht mehr so sicher ist, wie es sein sollte. Zudem scheint eine schwere Krankheit an Grace zu nagen und wenn die Temperaturen wieder fallen und die Wölfe im Wald heulen, rufen sie nach seinem Sommermädchen…
    Bewertung


    Die Fortsetzung von „Nach dem Sommer“ führt die Geschichte um den Wolfsjungen und sein Mädchen genauso poetisch und wunderschön fort, wie sie begonnen hat.


    Genau wie Isabel auf den ersten Seiten prophezeit: „In Mercy Falls war es nie vorbei“ (S. 25). Denn wer gedacht hat, dass damit, dass Sam seine Verwandlungen unterdrücken kann, der ganze Ärger vorbei ist, wird hier eines Besseren belehrt.


    Zunächst einmal wäre da einer der neuen Jungwölfe: Cole. Er wünscht sich nichts sehnlicher als seine Erinnerungen und seine Geschichte gleichzeitig mit seiner menschlichen Gestalt hinter sich zu lassen, doch eine dauerhafte Verwandlung in einen Wolf scheint ihm selbst bei niedrigen Temperaturen nicht vergönnt zu sein. So taucht er immer wieder in Sams Haus auf und stiftet Unruhe. Erst langsam scheint er sich ein wenig zu fangen – und das liegt daran, dass seine Vergangenheit ihn einfach nicht loslassen will.


    Sam und Grace sind zum Glück beinahe noch die Alten. Es ist merkwürdig anrührend von diesem jungen Paar zu lesen, wo sie ganz das nüchterne Mathegenie ist und er für Lyrik und Musik lebt. Aber gerade in ihren Gegensätzen scheinen sich beide perfekt zu ergänzen und so ist es nicht verwunderlich, dass sie immer enger zusammenwachsen. Sogar so sehr, dass sie den Bogen überspannen und sich damit in Schwierigkeiten bringen, die von Grace verlangen eine harte Entscheidung zu treffen.


    Während Grace also ganz mit der Gegenwart beschäftigt ist, werden die anderen Charaktere scheinbar immer wieder von ihrer Vergangenheit eingeholt. Besonders Cole und Sam. Gerade, Sams Geschichte einmal tatsächlich zu lesen, seine Erinnerungen hautnah verfolgen zu können, bringt einem seine Person noch einmal viel näher.


    Davon abgesehen habe ich mich gleich wieder in die Sprache des Buches verliebt. Beschreibungen, die so wunderschön anklingen, lassen einen verträumt in die Geschichte eintauchen. So wird aus einem langweiligen Regenschauer gegen Ende des Winters eine Beschreibung, die dafür sorgt, dass man sich die Decke enger um die Schultern zieht und ganz und gar bei den Protagonisten in Mercy Falls ist: „Ich beobachtete, wie ein Regentropfen vor dem Fenster niederfiel und dann, zu Eis erstarrt, auf dem Gehsteig landete.“ (S 11)
    Und wie auch schon in „Nach dem Sommer“ fügen sich Fetzen aus Gedichten genauso wie Zeilen aus Sams Songtexten ergänzend in den Text ein und machen ihn zu etwas Besonderem.


    Hinzu kommt, dass die Geschichte nicht an Spannung und Intensität verliert, wie es ja leider in zweiten Teilen einer Trilogie normalerweise oft der Fall ist. Hier werden neue Personen eingeführt, ergeben sich neue Probleme und verändert sich so viel, dass die ruhige Erzählung von der ersten bis zur letzten Seite fesselt. Mit dieser Steigerung beendet man den zweiten Band mit gemischten Gefühlen. Froh, dass Maggie Stiefvater einem wieder wunderschöne Lesestunden bereitet hat, etwas melancholisch, dass das Buch schon wieder durch ist und sehnsüchtig auf den Abschluss der Reihe wartend.

    Die Schattenritter #5 (Ewige Versuchung) von Kathryn Smith



    Inhalt:
    Ihr Leben lang hat Vivian geglaubt, dass Vampire die Ausgeburt des Bösen sind. Doch als sie nun über den eingekerkerten Temple wacht, kommt sie ins Grübeln. Der Vampir scheint ein gebildeter und faszinierender Mann zu sein. Aber eins ist sicher: Er ist gefährlich – und zwar gefährlich verführerisch.


    Zustand:
    neu und ungelesen, von Außen leicht nachgedunkelte Seiten.


    Preisvorstellung:
    4€ + Porto oder Tausch

    Inhalt
    Sie ist der Pharao Ägyptens. Die Herrscherin über das Ptolemäerreich am Nil.
    Gemeinsam mit Marcus Antonius und ihren Kindern steht sie dennoch vor einer unlösbaren Aufgabe: der machtgierige Römer Augustus steht mit seinen Armeen kurz vor den Toren der Stadt. Ihr Reich, ihre Familie und ihre Kultur stehen kurz vor dem Untergang. Als auch noch ihr Mann im Sterben liegt, greift die stolze Herrscherin zu einem verzweifelten Mittel um alles zu retten, was ihr wichtig ist. Sie ruft die Kriegsgöttin Sachmet herbei und fleht um Antonius Leben und Beistand gegen Augustus. Doch das dunkle Ritual hat einen hohen Preis, denn Sachmet möchte sich der Königin nicht unterwerfen – die Göttin zürnt aus einer alten Fehde heraus allen Menschen und will nichts mehr als Tod und Verderben über die Welt bringen. So macht sie sich Kleopatra zum Untertan und verwandelt die Schönheit in ein Geschöpf der Nacht mit einem Blutdurst, der Chaos über die Welt bringen soll…



    Bewertung
    Obwohl ich kein Fan historischer Romane bin und mittlerweile vor Vampirbüchern etwas zurückschrecke, war ich von Kleopatras Geschichte mehr als fasziniert – denn so groß der Mythos um die letzte Königin des alten ägyptischen Reiches auch ist, genauso eindringlich und überwältigend erzählt Maria Dahvana Headley ihre eigene Version der Geschichte.


    Kleopatra ist durch und durch eine Herrscherin, aber auch eine Mutter und Ehefrau. Sie weiß, was sie zu tun hat um ihr Land zu verteidigen doch wird gleich zu Anfang ihre unerschütterliche Liebe zu „ihrem Römer“, zu Marcus Antonius, eindringlich beschrieben. Ohne dabei kitschig zu sein, wird das starke Band, das das Ehepaar verbindet, deutlich gemacht. „Tu meus es“ – du bist mein – ist dabei ihr Erkennungssatz, der sie die gesamte Geschichte hindurch begleitet.
    Dementsprechend außer sich ist Kleopatra, als sie Antonius sterbend vorfindet und das Ritual zur Beschwörung der Göttin nicht so funktioniert, wie es soll. Sie schwört Rache an allen, die ihr Leid zugefügt haben: allen voran an Augustus, der seine Armeen nach Ägypten geführt hat und somit für den Tod Antonios verantwortlich ist.
    Zunächst begreift die Herrscherin allerdings gar nicht, was mit ihr geschehen ist. Dass die Anrufung Sachmets nicht richtig funktioniert hat, merkt sie schnell, aber welche Konsequenzen daraus folgen, erschließt sich ihr erst nach und nach. So ist sie zu Beginn verwundert über ihren Blutdurst, ihre Verletzlichkeit im Sonnenlicht und die Unzerstörbarkeit ihres Körpers. Als Leser erlebt man hier hautnah die Verzweiflung und Angst der Königin mit und knüpft erstmals starke Bande der Sympathie zu ihr. Letztendlich wird dieses Band im Laufe der Geschichte auch nur stärker denn Maria Dahvana Healey versteht es, ihre Protagonistin authentisch und lebensnah zu zeichnen. Kleopatra mag nun im Auftrag Sachmets die Welt ins Chaos stürzen, doch ihre Familie vergisst sie dabei nicht und kämpft wie eine Löwin – wie eine Mutter – um etwas das unmöglich scheint: sich wieder von der Göttin loszusagen. Dass ihr dabei der römische Kaiser Augustus mit seinen Heeren und mit mächtigen Hexen dicht auf der Spur ist, verkompliziert alles noch mehr.


    Ein ebenso interessanter, allerdings lange nicht so sympathischer und starker Charakter war Augustus selber. In der Geschichte wird recht früh darüber berichtet, dass ihn und Kleopatra ein lange zurück liegendes Ereignis verbindet. Dennoch führt seine Machtgier ihn vor die Tore der Stadt. Er mag sich als Held feiern lassen und seine Truppen befehligen, doch im Verlauf der Handlung wird sein wirklicher Charakter deutlich: schwach, launisch, wahnsinnig. Nicht umsonst sagt er von sich selber: „Er hatte nie jemand anderes geliebt als Rom, und Rom brauchte ihn.“ (S. 287) Während man seinen hasserfüllten Gedanken und wahnwitzigen Plänen lauscht, entwickelt man als Leser eine Abneigung gegen den römischen Kaiser, die höchstens einmal durch Mitleid ersetzt wird. Ein stereotyper Bösewicht ist er dennoch nicht, denn auch ihn beschreibt Headley geradezu greifbar und vielschichtig, sodass man sein Handeln – zumindest aus seiner Sicht – nachvollziehen kann.
    Immer wenn er und Kleopatras Gedanken so in der Geschichte wiedergegeben werden, erhält man einen Einblick in die Gefühlswelt einer Seite in diesem Kampf… und kann sich letztendlich ein Gesamtbild schaffen, dass den Reiz der Handlung ausmacht. Man erkennt deutlich wie konträr die beiden Seiten denken, wie sie, getrieben durch unterschiedliche Motivationen, in einen Krieg geraten, der sie wirklich alles kosten könnte.


    Da das gesamte Buch nicht bloß aus einer Perspektive erzählt wird, sondern beinahe alle der handelnden Charaktere auch zu Wort kommen, ergibt sich insgesamt ein Überblick über das Geschehen, der für Spannung sorgt, obwohl die Geschichte eher mit dem tragenden Tempo eines historischen Romans erzählt wird. Ein besonderer Reiz war einfach zu lesen, welche Gedanken die Charaktere vorantreibt. Die Hexen und Magier verfolgen eigenständige Ziele, genauso wie der Kaiser, Kleopatra, die Göttin Sachmet und sogar der Historiker Nikolaus von Damaskus, der uns Lesern die Rahmenhandlung für die Geschichte bietet.


    Unterstützt wird diese vielschichtige (und tiefgängige) Erzählung durch einen außergewöhnlichen Sprachstil, mit dem uns die Autorin immer wieder fasziniert. Mit ihren poetischen Beschreibungen versteht man die Nähe zum historischen Roman, denn man hat beinahe das Gefühl mit den Protagonisten gemeinsam über einen vollen Marktplatz im alten Ägypten zu schreiten, sich im Circus Maximus in Rom zu befinden oder eingeschlossen in einer stickigen Grabkammer zu sein. Insgesamt sehr bildlich und ausgeschmückt wird so eine Atmosphäre geschaffen, die Altertum, Exotik und Mystik verbindet. Eins meiner liebsten Beispiele aus dem Buch möchte ich deshalb kurz zitieren um einen Einblick darein zu verschaffen, was ich damit meine:
    „Über der Arena flatterte ein blasser Nachtfalter, der vom Licht der Fackeln angezogen wurde. Er drehte sich und streckte seine Fühler aus, stemmte sich gegen die Strömungen des Windes und schwebte frei und voller Verlangen über dem Chaos der Menge.“ (S. 289)
    Ich könnte in der Tat noch ewig weiter zitieren und auf wundervolle Beschreibungen der wilden Tiere unter der Arena des Circus Maximus hinweisen (S. 183) oder mir unendlich viele weitere Stellen raussuchen – doch was ich eigentlich damit ausdrücken möchte ist, dass Headleys Schreibstil einer der bildhaftesten und verwunschensten ist, die ich bis jetzt kennen lernen durfte. Diese Geschichte braucht keine atemberaubende Spannung von Anfang bis Ende – die Atmosphäre raubt einem auch so schon die Luft.
    Hinzu kommen Ideen, die sich aus historischen Fakten, alten Mythen und neuen Aspekten zu einer Legende zusammensetzen. Hier betreten Götter die Erde, gehen Menschen in die Unterwelt, wird die Pest zu einem Pfeil, den eine wütende Göttin mit einem goldenen Bogen abschießt und so über die Welt bringt und hier gibt es Frauen, die am Tuch des Schicksals weben können. Geschickt verknüpft die Autorin eine unfassbare Vielfalt – sowohl ihrer Charaktere, als auch der Handlungen – so, dass man beim Lesen das Gefühl bekommt, eine wahrhaftig alte Sage in der Hand zu halten. Die Einleitung, die von Nikolaus von Damaskus bereits wie ein Tatsachenbericht daherkommt, unterstützt dieses Gefühl noch.


    Gegen Ende ist man richtiggehend enttäuscht, dass jetzt Kleopatras Geschichte aufhört. Zum Glück besänftigt einen das grandiose Ende mit einem filmreifen Abschlusssatz dann soweit, dass man mit einer leichten Gänsehaut das Buch zuklappt und sich diebisch darüber freut, eine solche Perle unter den aktuellen Fantasyromanen gefunden zu haben. Viel erwachsener, ernsthafter, verwunschener, düsterer und einzigartiger als das, was man ansonsten häufig in die Hände bekommt. Keine Geschichte voller Action und Vampire, sondern eine langsame und intensive Erzählung, die es vermag einen in eine Zeit zu versetzen, in der eine starke Frau mit einem außergewöhnlichen Schicksal um ihre Liebe und ihr Land kämpft.


    In Sternen: 5/5

    Auch hier noch einmal: Anlässlich der neuen Präsenz meines Blogs bei Facebook veranstalte ich dort/auf meinem Blog ein Gewinnspiel. Als Preis winkt ein Exemplar des Buches "Before I Fall" von Lauren Oliver, das hier in Deutschland unter dem langen Titel "Wenn du stirbst, zieht dein ganzes Leben an die vorbei, sagen sie" erschienen ist.


    Informationen zum Gewinnspiel: http://www.serpensortia.de/wordpress/?p=4222

    So, ich habe heute mein allererstes Gewinnspiel gestartet :) Und um das gleich vorweg zu nehmen: natürlich lösche auch ich alle Emails und Adressen nach Ablauf des Gewinnspiels.


    Verlost wird ein Exemplar der LeseBlüten Fantasy Anthologie, die auch heute erst veröffentlicht wurde!


    Wo? Hier!

    Meine Meinung:
    Sie sagt, sie könne sich an den Unfall nicht erinnern. Das ist besser, als zu erzählen, welche Qualen sie in ihrem brennenden Auto erleiden musste, eingeklemmt und hilflos.


    Lia Kahn, wie ihre Freunde sie kannten, hörte an jenem Tag auf zu existieren. Als sie nach dem Unfall erwacht, erwacht sie als ein Skinner: eine Maschine – ein Computer – in menschlicher Gestalt. Um sie zu retten, wurde ihr Gehirn gescannt und all ihre Erinnerungen, ihre Gedanken – ihre Persönlichkeit, in diesen neuen Körper gespeichert. Und obwohl sie aufs Neue lernt zu laufen, zu sprechen und zu leben, ist alles anders als zuvor, denn ihre Freunde und ihre Familie wenden sich von ihr ab. Ist das der Preis, den Lia führ ihre Unsterblichkeit zahlen muss?



    Selten erwischt man ein (Jugend-)Buch, das so teifgründig ist, wie Skinned es schafft. Wer eine fröhliche Science Fiction Geschichte erwartet, wird mit dem Auftakt von Robin Wassermans Trilogie um das 17-jährige Mädchen nicht viel anfangen können.
    Ich selbst war von der ersten Seite an gefesselt und konnte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen.


    Deprimierend kommt Lias neues Leben daher. Natürlich ist sie nun in einem perfekten Körper, kann weiterhin alles tun, was sie vorher getan hat, aber eigentlich ist nichts mehr normal für sie. Als Leser lernt man die Skinnerin vom ersten Tag nach ihrem künstlichen Koma kennen. So nah dran, wie es nur möglich ist, erfährt man ihre Gedanken und Gefühle, kann ihre Ängste und Sorgen nachvollziehen. Denn obwohl sie nun durch und durch ein Computer ist, denkt sie doch wie ein ganz normaler Mensch.
    Und dieser Umstand macht es ihr im Verlauf der Geschichte so besonders schwer. In der Zukunft, in der „Skinned“ spielt, gehört moderne Technologie zum alltäglichen Leben dazu und die neue Generation beginnt ihr Leben, kaum, dass sie aus den Windeln entwachsen sind, bereits im virtuellen Raum. So wird Kleidung nur noch über das „Internet“ bestellt, das halbe soziale Leben spielt sich auf den PivWalls der Freunde und der eigenen EgoZone ab (am ehesten wäre das wohl vergleichbar mit StudiVZ oder Facebook) und sogar die Autos fahren ferngesteuert und von ganz alleine. An Menschen in Computergestalt hat sich aber noch niemand gewöhnt und die MechHeads (oder verachtend „Skinner“ genannt) bilden eine verpönte Randgruppe:
    So ist es auch für Lia erschreckend mitzuerleben, wie ihre besten Freundinnen ihr argwöhnisch gegenübertreten, ihr Freund plötzlich Angst hat sie zu berühren und sogar ihre Schwester ihr gegenüber offensichtlich feindlich eingestellt ist.


    Durch die knapp 375 Seiten muss man sich als Leser durchleiden. Nicht selten habe ich mich dabei ertappt, mich zu fragen, wie viel schlimmer er für Lia noch werden kann. Und es wird noch schlimmer, ehe sie anfängt für sich zu erkennen, was sie mit ihrem neuen Leben anfangen kann – und sollte.
    Aber egal wie deprimierend die Geschichte sein mag, sie ist auch wunderschön geschrieben. Nicht nur der flüssige Schreibstil trägt dazu bei, dass man das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen möchte, sondern auch die vielen geradezu philosophischen Fragen, die immer wieder auftauchen.
    Wie gut kennen wir unsere Freunde eigentlich wirklich?
    Was macht einen Menschen aus? Sein Denken, Handeln, Fühlen – oder gehört mehr dazu?
    (Bisweilen mutet es gar an die vier kantschen Fragen der Philosophie an: „Was kann ich wissen? Was soll ich tun? Was darf ich hoffen? Was ist der Mensch?“)
    Insbesondere in diesem Kontext schafft Wasserman es das Thema Tod und Leben zu beleuchten, sodass es den Leser wirklich zum Nachdenken bringt. Sogar ganz alltägliche Sachen, die für uns so normal sind, dass wir sie gar nicht mehr registrieren, werden in „Skinned“ beleuchtet und derart entfremdet, dass sie einen stutzig machen. Etwas, über das man niemals vorher nachgedacht hat, sticht einem plötzlich ins Auge.


    Ein Beispiel:
    “Wenn man schläft, spürt der Körper das Vergehen der Zeit. Das Gestern stirbt in der Dunkelheit; der nächste Tag erwacht. Du schlägst die Augen auf und weißt Bescheid. Der Körper altert, das Stundenglas leer sich, der Tod kommt näher, die Zeit vergeht, aber sie geht nicht verloren.“


    Nicht umsonst gibt es bei einer sozialen Plattform im Internet die Gruppe „Morgen ist erst, nachdem ich geschlafen habe“. Wird einem nun die Möglichkeit auf Schlaf geraubt… wie menschlich ist man dann noch?


    Aus diesem Grunde muss man „Skinned“ einfach lieben. Lia selber ist ein ausgesprochen interessanter Charakter und dankbarer Weise nicht so oberflächlich, wie viele andere Romanheldinnen. Auch die obligatorische Liebesgeschichte fehlt in diesem Buch. Und obwohl sie sich durchaus mit schwierigen Themen befasst, ist die Geschichte niemals anstrengend oder langweilig geschrieben. Für mich persönlich definitiv ein Highlight in der Jugendliteratur und eine uneingeschränkte Leseempfehlung wert! Der zweite Band („Crashed“) wurde jedenfalls schon umgehend bestellt und der Dritte lässt hoffentlich auch in der deutschen Übersetzung nicht mehr allzu lange auf sich warten.

    Meine Meinung:
    In der sicheren Dunkelheit wird über das Undenkbare gesprochen. Über das Verbotene, die Rebellion.


    Wie jeder andere Teenager auch, testen Neva und ihre Freunde ihre Grenzen aus und beziehen Opposition zu den vorhandenen Regeln. Nur, dass es im Falle der 16-jährigen wirklich gefährlich ist Kritik zu üben – denn sie lebt in „Heimatland“, einem Land unter einer Glaskuppel, in der nicht hinterfragt werden darf, was vor Generationen beschlossen wurde. Die komplette Abschottung von der Außenwelt wird der heutigen Jugend als Notwendigkeit erklärt. Doch in ihrem geschützten Refugium ist längst nicht alles so perfekt, wie es sollte: Güter werden knapp, die Kindersterblichkeit ist aufgrund der Inzucht hoch und immer wieder verschwinden einfach Menschen… und keiner weiß wohin.
    So auch Nevas Großmutter, die ihr damals den außergewöhnlichen Namen verlieh. Deshalb steht für die 16-jährige und ihre Freundin Sanna fest, dass sie Antworten auf ihre Fragen brauchen, dass sie sehen wollen, ob noch etwas außerhalb der Kuppel über Heimatland existiert.
    Dabei erfährt Neva schnell, dass sie nie wieder in die Unwissenheit zurückkehren kann und manche Wahrheiten nur schwer zu ertragen sind…



    Nachdem die Jugendliteratur die Fantasy für sich entdeckt hatte und geradezu ein Schwall an Neuerscheinungen auf den Markt drängte, gibt es spätestens seit den „Tributen von Panem“ eine neue Nische, die besonders reizvoll scheint: die Dystopien. Auch Sara Grants „Neva“ ist in diese Schublade einzuordnen und beschäftigt sich mit dem Leben eines Mädchens, das unter einem totalitären Regime aufwächst und beginnt, sich gegen die vorgeschriebenen Regeln zu wehren.


    Neva wurde in „Heimatland“ gerade für erwachsen erklärt – was dort automatisch mit einer Zeremonie im 16. Lebensjahr geschieht. Aber nur weil man auf dem Papier als erwachsen gilt, ist man es noch lange nicht. So hat auch das Handelnd der Protagonistin zunächst etwas von typisch jugendlicher Trotzhandlung. Hauptsache gegen die Regeln. Zusammen mit ihrer besten Freundin Sanna scheint ihre Rebellion eine Art aufregendes Spiel zu sein: es wird eine Dunkelparty (inklusive Knutschspielen) veranstaltet und ganz in Geheimagenten-Manier eine illegale Sprayaktion in der Stadt geplant.
    Schnell jedoch wird den Beteiligten klar, dass es viel mehr als ein aufregender Spaß ist, gegen das Regime zu protestieren – es ist sogar bitterer Ernst. Und als Neva beginnt zu verstehen, was hinter der perfekten Fassade der Regierung steckt, stellt sie selber fest, dass Unwissenheit manchmal einfacher ist.
    Ihr Charakter entwickelt sich im Laufe der Geschichte weiter und tatsächlich wird aus ihr eine junge Erwachsene, die für ihre Meinung und ihren Willen eintritt, die die Hoffnung auf ein besseres Leben nicht aufgeben möchte und dennoch mit den Problemen, die auf sie zukommen, überfordert ist.


    Dass sie sich immer mehr von ihrer besten Freundin Sanna entfernt, erschwert das Vorgehen für die 16-Jährige. Aber während sie schon den Ernst der Lage erkannt hat, scheint Sanna noch immer alles als einen Nervenkitzel zu sehen… bis sie die Konsequenzen ihres Handelns selber erfahren muss. Ich fand es etwas schade, dass man als Leser von Sanna so wenig erfährt. Sie handelt manchmal widersprüchlich und bleibt einem leider relativ fremd, sodass man kaum Mitgefühl für sie hat. Sogar als sie gegen Ende eine große Entscheidung trifft, fragt man sich unweigerlich warum sie nicht den Schritt nach Vorne wagt – so, wie es Neva stattdessen tut.


    Die weiteren Charaktere des Buches waren eine Überraschung – mal positiv, mal negativ. Besonders Nevas Mutter und ihr Vater nehmen im Verlauf der Geschichte eine interessante Rolle ein. Ihre Entwicklung wird zwar nur am Rande, dafür aber umso spannender gezeichnet. Sowohl die unscheinbare Mutter als auch der regelkonforme Vater – der übrigens gleichzeitig der Minister für Altgeschichte von Heimatland ist! – sorgen für Wendungen, die viel Potential für einen Ausbau bieten würden. Umso mehr hat mich enttäuscht, dass es bei einer oberflächlichen Erwähnung der Familie der 16-Jähirigen bleibt und kein weiterer Einblick in das Denken und Handeln, die Beweggründe und das Leben der Eltern gewährt wurde.
    Genauso ein Rätsel bleibt mir der männliche Part im Buch: Braydon. Der Junge wird als ein Mysterium mit roten Stiefeln vorgestellt – und genau das bleibt er auch. Als Freund von Sanna tritt er eher unauffällig in Erscheinung, nimmt aber im Laufe der Geschichte eine wichtige Nebenrolle ein. Letztendlich kommt allerdings auch sein Charakter auf den knapp 350 Seiten viel zu kurz und es bleibt dem Leser kaum die Gelegenheit ihn richtig kennen zu lernen um sein Handeln nachvollziehen zu können.


    Das ist es schlussendlich auch, was mich hauptsächlich dazu verleitet „Neva“ mit nur drei von fünf möglichen Sternen zu bewerten. Die Geschichte ist ohne Frage interessant und spannend geschrieben. Durch den flüssigen Schreibstil und die angenehme Satz- und Kapitellänge ist der gesamte Text einfach zu lesen und verleitet dazu, beim Schmökern die Zeit zu vergessen. Leider passiert auf den wenigen Seiten aber so viel, dass dem Leser keine Zeit bleibt wirklich in der Geschichte abzutauchen. Zu viele Fragen bleiben ungeklärt, zu viel Thematik wird nur oberflächlich angekratzt. So wird zwar immer wieder in kleinen Bruchstücken geklärt was es mit „Heimatland“ auf sich hat, doch hätte mir gut gefallen noch mehr darüber zu erfahren warum eine ganze Bevölkerung überhaupt unter einer Kuppel sitzt. Es wird angedeutet, doch direkt ausgesprochen wird es nicht. Insgesamt pickt sich Sara Grant nur wenige Aspekte der Regierung heraus, die dann beleuchtet werden und stellvertretend für die Grauen der gesamten Machenschaften dort stehen. Als Leser würde man gerne mehr erfahren um sich ein besseres Gesamtbild über die Situation zu machen und ein feineres Gespür dafür zu bekommen, was letztendlich hinter Nevas Kampf für Freiheit steht. So jedoch rast man durch die Handlung und wird auf den wenigen Seiten mit einer Fülle von Vorkommnissen überschüttet, die dazu führen, dass man immer eine gewisse Distanz zu den Charakteren und deren Geschichte bewahrt. Dafür, dass der Schwerpunkt in „Neva“ nicht auf der Liebesgeschichte liegt, sondern viel mehr auf der Dystopie, erfährt man meiner Meinung nach zu wenig.


    Nichtsdestotrotz hat Sara Grant eine durchaus interessante Zukunftsgesellschaft gezeichnet, deren Prinzip gar nicht so fern liegt. Mit ein bisschen mehr Raum für Erklärungen und Details wäre das Buch ein Paradebeispiel für eine gelungene Dystopie – so ist es immerhin ein leicht zu lesendes und unterhaltendes Buch, das noch Platz für Spekulationen bietet. Da es keine Fortsetzung zu „Neva“ geben wird, bleibt mit Spannung abzuwarten, was der nächste Roman der Autorin bietet.

    Rezension
    Letztes Jahr erst hat Ellie sich in einen Nachtmahr verliebt. Sie hat um ihn gekämpft, hat sich selber fast verloren… nur um am Ende erst ganz sie selbst zu sein und dafür Colin, den Nachtmahr, zu verlieren.
    Mittlerweile sind mehrere Monate vergangen und nach einer schweren Krankheit, die sie fast den ganzen Winter über beschäftigt hat, erkennt die Abiturientin nun, dass etwas unternommen werden muss. Ihr Vater, ein Halbblut, ist ebenso verschwunden wie Colin und da ein erwartetes Lebenszeichen ausbleibt, beschließt Ellie, den gut gehüteten Tresor in ihrem Keller zu öffnen. Was sie dort findet, stellt sich als eine Aufgabe heraus: hol deinen Bruder Paul zurück aus Hamburg. So macht sie sich auf den Weg in die Stadt an der Elbe und bemerkt schnell, dass etwas nicht stimmt. Paul verhält sich merkwürdig, ganz anders, als sie ihn sonst kennt und bald schon steckt sie tiefer in Schwierigkeiten, als sie geahnt hätte. Eine Bedrohung ist ganz in ihrer Nähe und diesmal ist nicht nur sie in Gefahr, sondern auch ihre Familie…


    An die Lektüre von „Scherbenmond“ bin ich gleich mit gemischten Gefühlen heran gegangen weil ich sowohl überschwängliche Lobeshymnen, als auch sehr harte Kritik im Vorfeld gelesen habe. Leider muss auch ich sagen, dass der Zauber des ersten Bandes hier auf sich warten lässt und die Geschichte sich relativ schleppend entfaltet.


    Zunächst aber einmal zu den Charakteren:
    Ellie war schon in „Splitterherz“ ein relativ schwieriger Charakter. Nicht unbedingt das, was man als Romanheldin vor Augen hat und dennoch absolut passend und vielleicht gerade deswegen so reizvoll in ihrer Rolle. Nun, in „Scherbenmond“, ist sie deutlich gereift. Beschäftigte sich der erste Band noch damit, wie sie ihre Ängste überwindet und zu sich selber findet – gar eine eigene Persönlichkeit entwickelt – so merkt man ihr mittlerweile an, dass sie viel miterlebt hat. Sie ist härter geworden, aggressiver und abwehrender. Gerade auf der Grundlage, dass ihr schon viele unfassbare und schlechte Dinge widerfahren sind, kann man als Leser diese Entwicklung nachvollziehen. Dennoch hat sie mit ihrem aggressiven und oft kindisch-motzigem Verhalten mehrmals in meinen Augen die Grenze des Erträglichen überschritten. Obwohl man beim Lesen immer danach giert sich mit der Protagonistin identifizieren zu können, bleibt gerade das leider in „Scherbenmond“ aus. Ellie ist anstrengend – nicht nur für ihre Mitmenschen in der Geschichte, sondern auch für den Leser. Das eine ums andere Mal möchte man sie am liebsten packen und schütteln um sie zur Besinnung zu bringen oder sie zumindest auf die stille Treppe schicken, bis sie ihre Wut in den Griff bekommen hat.


    Diese emotionale Kälte und Zerschlagenheit setzt sich auch fort, als sie Colin wieder begegnet. War Ellies Beziehung zu dem Nachtmahr zuerst noch zart und von einer gewissen Magie umgeben, so wird der Leser nun auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt. Es geht um Disziplin, Sex und Gewalt. Die kleinen Momente, in denen die Liebe der beiden zueinander deutlich wird und sich leise und unterschwellig bemerkbar macht, fehlen beinahe gänzlich. Für meinen Geschmack tritt der Nachtmahr dieses Mal auch zu sehr als Lehrer, denn als Freund auf und man hat zu wenig Einblicke in seine Gedanken- und Gefühlswelt, als dass man sowohl für ihn, als auch für die Beziehung zwischen ihm und Ellie Sympathien entwickeln könnte.


    Besonders zermürbend empfand ich auch die Entwicklung, die Tillmann vollzogen hat. War er in „Splitterherz“ noch der etwas absonderliche und rotzfreche Bengel, den man einfach lieben musste, so ist er jetzt nur noch sonderbar. Damals war er mein Lieblingscharakter und der heimliche Held der Geschichte – mittlerweile ist er mir zu machohaft, zu experimentell und zu abgebrüht. So greift er schon mal zu illegalen Aufputschmitteln um wach zu bleiben, verteilt eindeutige Angebote und lenkt sich hauptsächlich mit Liebschaften von unerwünschten Gedanken ab. Sein Kleiner-Junge-Charme ist irgendwie dahin.


    Somit bleiben nicht mehr viele Charaktere, zu denen man während der Lektüre Sympathien aufbauen kann. Erstaunlicherweise findet man gerade diese viel vermissten Sympathien in einer völlig neuen Figur – der Journalistin Gianna. Dass sie dafür nur eine sehr kleine und randständige Rolle übernimmt, ist schade und es bleibt zu hoffen, dass sie im dritten und letzten Teil erheblich mehr in die Geschichte verwoben sein wird. Immerhin wird in „Scherbenmond“ bereits der Grundstein dafür gelegt und die Entwicklung der Geschichte lässt einen interessanten Weitergang erhoffen.


    In diesem Sinne nun zur „Story“ selber:
    Hatten wir Leser uns gerade an die Einöde des Westerwaldes gewöhnt, so finden wir uns plötzlich in der pulsierenden Großstadt Hamburg wieder. Diese Ortsveränderung bietet neue Möglichkeiten und könnte neuen Schwung in das Geschehen bringen – entfremdet aber letztlich etwas. Während ich beim Lesen von „Splitterherz“ den Wald, durch den Ellie immer wieder streift, geradezu bildlich vor Augen hatte, schafft Bettina Belitz diesen Sprung in „Scherbenmond“ nicht. Die Speicherstadt in Hamburg, in der de Großteil der Geschichte sich abspielt, ist mir genauso fremd wie zuvor und auch die Abstecher nach Sylt, die kurz auftauchen, konnten mir kein Bild der Umgebung vermitteln (und das, obwohl ich persönlich Sylt sehr gut kenne).
    Was ich hingegen sehr gut gelungen finde, ist die Art und Weise, wie stetig über einen langen Zeitraum Spannung aufgebaut wird. Gleich recht früh zu Beginn der Geschichte werden Anzeichen gemacht, dass etwas mit Paul und seiner Umgebung nicht stimmt. Als Leser fragt man sich beständig was da überhaupt los ist die immer größer werdende Bedrohung, die aus dem Unbekannten herüberschwappt, lässt einen unruhig und gebannt weiter lesen. Da ich beim Lesen diese Bedrohung und das nahende Unheil als dominanten Teil de Geschichte wahrgenommen habe, erstaunt es mich auch nicht weiter, dass alles in „Scherbenmond“ düsterer erscheint als noch in „Splitterherz“ – angefangen beim Cover, das nicht mehr in blütenweiß sondern grau daher kommt, über die Entwicklung der Charaktere bis hin zum Gefühl, das einem vermittelt wird.
    Insofern hoffe ich inständig, dass meine Kritikpunkte mit voller Absicht in die Geschichte eingebaut wurden. Vielleicht muss es einen Dämpfer geben, bevor das fulminant Finale der Trilogie erscheint. Vielleicht soll ein Tiefpunkt erreicht werden, damit es nur noch bergauf gehen kann.


    Fest steht: „Scherbenmond“ konnte mich keinesfalls so sehr begeistern wie „Splitterherz“. Beinahe wehmütig erinnere ich mich daran, welche Gefühlsachterbahnen ich damals beim Lesen durchlaufen habe, denn dieses Mal blieb kontinuierlich ein etwas bitterer Geschmack leider das Hauptmerkmal. Zudem ergaben sich einige Handlungsstränge, die weder weitergeführt wurden, noch so subtil angebracht wurden, dass ihr nicht-weiter-Verfolgen nicht stören würde. So zum Beispiel ein Jobangebot an Ellie und nicht zuletzt die Frage, was mit ihrem Vater geschehen ist. Rekapituliert man „Scherbenmond“, bleiben für den letzten Teil noch sehr, sehr viele Fragen zu klären. Wo ist ihr Vater? Was tut er eigentlich? Nimmt Ellie den Job an? Oder was wird überhaupt aus ihr? Und Colin? Werden die beiden wieder auf Colins „Erschafferin“ Tessa treffen und wenn ja: wird es einen Weg geben, damit sie von den beiden ablässt?

    Kreischende Sägen und schwere Holzplatten sind eigentlich Aileens Element. Das siebzehnjährige Mädchen lebt in Berlin und macht eine Ausbildung in einer Schreinerei. Ihr normales Leben gerät aber an dem Tag völlig aus den Fugen, an dem sie mit ihrem Schwarm und Arbeitskollegen ein Konzert besucht, denn auf dem Rückweg wird sie von mehreren Schlägern angegriffen.
    Dass sie den vier bulligen Männern gerade noch entkommen kann, weiß sie sich selbst nicht zu erklären bis plötzlich ein Mann in ihrem Apartment steht und ihr eröffnet, dass sie die wohlmöglich letzte Banshee auf der Erde ist. Und, dass ihr irgendjemand nach dem Leben trachtet.
    Plötzlich findet sich Aileen in einer Welt wieder, in der nicht nur Menschen leben, sondern auch Götterkinder und allerhand Wesen, die für sie vorher in das Reich der Fabeln und Märchen gehörten. Zu allem Überfluss muss sie schnell lernen ihre neuen Fähigkeiten zu kontrollieren, denn unter den Götterkindern braut sich ein Krieg zusammen, der für alle Beteiligten den Tod bedeuten kann…


    Das orange leuchtende Cover zieht sofort alle Blicke auf sich. So stolperte auch ich in der Buchhandlung über „Das Lied der Banshee“. Eine Fantasy-Geschichte aus deutscher Feder – beinahe eine Seltenheit!
    Glücklicherweise konnte das Buch fast vollkommen überzeugen und hat Spaß gemacht gelesen zu werden.


    Aileen selber ist ein sehr sympathischer Charakter. Sie ist sehr vorlaut und frech, reißt manchmal den Mund auf bevor sie nachdenkt und gibt gerne zu allem sarkastische Kommentare ab. Das und die Tatsache, dass sie keinesfalls übermäßig mädchenhaft wirkt, geben ihr eine besondere Note. Allein schon die Tatsache, dass sie eine Schreiner-Lehre macht und nicht ständig über Klamotten und Make-Up sinniert, vermitteln ein bodenständiges Bild von ihr.
    So verfolgt der Leser ihre Entwicklung hin zu einer vollwertigen Banshee mit Spannung und kann immer wieder darüber schmunzeln, welche Gedanken ihr durch den Kopf (und aus dem Mund) gehen.


    Ebenfalls sehr gut gefallen haben mir die wichtigsten Nebencharaktere, allen voran das „Trio Infernale“: Macius, Aiko und Pheme, welche ebenso wie Aileen zu den Götterkindern gehören aber keineswegs Banshees sind. Lustigerweise habe ich mir Macius zu Beginn der Geschichte als einen älteren Mann vorgestellt (immerhin ist er an die tausend Jahre alt…), aber letztendlich stellte sich heraus, dass er noch recht jung aussieht. Auch Pheme, die anfangs eher ruppig und unsympathisch erscheint, kann den Leser auf Dauer überraschen und für sich einnehmen. Auf diese Weise gelingt es der Autorin ihre Protagonisten lebendig und greifbar wirken zu lassen. Mehr als einmal hatte ich beim Lesen wortwörtlich ein Bild vor Augen, das deutlich macht, dass man es hier nicht nur mit Romanfiguren, sondern mit „richtigen“ Charakteren zu tun hat. Etwas schade war, dass Macius letztendlich etwas kurz gekommen ist in „Das Lied der Banshee“, aber da alle Protagonisten sich stetig entwickelt haben und immer wieder für Überraschungen gut sind, hoffe ich darauf, vielleicht in einer Fortsetzung noch mehr über die während der Lektüre lieb gewonnenen Götterkinder zu erfahren.


    Die Geschichte selber ist ebenfalls für mich etwas ganz Neues gewesen. Es kommen allerhand bekannte Gestalten wie Vampire (nun ja, Lamien), Gargoyles, Dämonen, Nymphen und Harpyien vor, doch erzählt Janika Nowak ihre Geschichte auf ganz ungewöhnliche und neue Art, sodass man sich nicht in Klischees und altbekannten Handlungssträngen wieder findet. Besonders interessant und mitreißen fand ich persönlich die Idee, dass alle diese Wesen die Kinder der vier Götter sind, welche aus der Verbindung mit Menschen hervorgingen. Die Götter sind mittlerweile nicht mehr auf der Erde anzutreffen, doch ihre Kinder führen parallel zu den Menschen (und manchmal auch mitten unter ihnen) ein magisches Leben. Zwischen Göttern und Götterkindern sind nur noch die so genannten Wächter geschaltet – Kinder der Götter, die aus Verbindungen mit anderen Göttern entstanden. Das hierarchische System wird glaubhaft und logisch erklärt, sodass es Spaß macht in diese unbekannten Gefilde ab- und neue Welt einzutauchen.
    Gestört haben mich hier höchstens Kleinigkeiten, die eigentlich keine große Erwähnung wert sind – wie zum Beispiel eine Fehde unter zwei Gruppen von Götterkindern, die doch etwas abrupt und sehr einfach beigelegt wird.


    Die insgesamt schlüssige und spannende Geschichte wird durch Janika Nowaks Schreibstil unterstützt. Viele flapsige Kommentare von Aileen lockern brenzlige Situationen gekonnt auf und ihre ungefilterten Gedankengänge sind bisweilen kleine Highlights. Allerdings muss ich sagen, dass ab und zu offensichtlich wird, dass sich dieses Buch an ein etwas jugendlicheres Publikum wendet. Die Sprache ist (bis auf einige französische Schimpfwörter – danke dafür, endlich habe ich mal etwas Sinnvolles in der Sprache gelernt!) recht einfach gehalten und wirkt leider manchmal etwas kindisch. Als Beispiel: „Hä, seit wann wusste er denn darüber Bescheid?“ (S. 386) und „Och nö.“ (S. 33). Ebenso verfällt Aileen gerne in „Schwärmereiattacken“ – aber im Großen und Ganzen kann man auch als etwas ältere Leserin mit diesem Schreibstil gut zurechtkommen und stört sich, dank der tollen Geschichte, nicht wirklich daran.
    Beinahe lustig waren hingegen einige Rechtschriebfehler, die bei der Korrektur wohl durchs Raster gefallen sind. So wurden aus „Nachbarn“ schon mal die „Nachtbarn“ und anstatt auf der „Haut“, hat Macius ein Tattoo auf seinem „Haus“ (S.372).


    Ganz besonders erwähnenswert finde ich zum Schluss nur noch die wirklich wunderschönen Illustrationen, die das Buch begleiten. Mal nur als kleine Verzierungen am Beginn eines neuen Kapitels und mal über eine ganze Seite bilden sie ein weiteres Highlight, das die Lektüre zu etwas Besonderem macht.


    Zwar ist „Das Lied der Banshee“ eine in sich abgeschlossene Geschichte, die eigentlich keiner Fortsetzung bedarf, doch wie ich erst letztens gelesen habe, arbeitet Janika Nowak wohl schon an einer. Da die Charaktere noch viel Spielraum für weitere Entwicklungen und eine neue spannende Handlung bieten, lasse ich mich da gerne erneut positiv überraschen und warte gebannt darauf, ob man bald mehr dazu erfahren wird.


    4/5 Sternen

    Die Rose von Arabien von Christine Lehmann
    544 Seiten (Hardcover)
    Verlag: Planet Girl Verlag
    ISBN: 978-3522502177
    19,90€


    Rezension:
    Mit sechzehn glaubt man an die ganz große Liebe. So ist Finja hin und weg als sie auf dem Stuttgarter Weihnachtsmarkt auf märchenhafte Weise dem acht Jahre älteren Chalil begegnet: er hält den Dieb fest, der ihr Portemonnaie klaut.
    Wie sich herausstellt, ist der junge Araber das ganze letzte Jahr über Student bei ihrem Vater gewesen und ist der Sohn eines Scheichs in Dubai. Genau dort soll er auch wieder hin, zwei Tage nachdem er und Finja sich erst kennen gelernt haben.
    Eine Liebesbeziehung zwischen den beiden scheint von vornherein ausgeschlossen, aber das sturköpfige deutsche Mädchen ergreift ihre Chance als ihr Vater auf eine Geschäftsreise in das Haus des Scheichs über Weihnachten eingeladen wird und sie die Gelegenheit hat mitzufahren.


    Finjas Traum von einem Märchen aus 1001 Nacht gestaltet sich aber schwieriger, als sie erwartet hätte, als sie gleich am ersten Tag in Dubai begreift, wie unterschiedlich die Kulturen und Gebräuche der Moslems und ihr – einer deutschen Christin – sind.
    In den folgenden zwei Wochen werden Finja und Chalil Abenteuer erleben, die ihre Gefühle zu einander auf die Probe stellen und schließlich in einer einzigen Frage enden: Hat ihre Liebe überhaupt eine Chance?


    Ich muss zugeben, dass ich die Sprache des Buches zunächst etwas gewöhnungsbedürftig fand. Die gesamte Geschichte wird aus Finjas Sicht erzählt und gibt auch ihre Gedankengänge direkt und ungefiltert wieder. So merkt man gerade zu Beginn ihre naive und noch recht kindliche Weltanschauung, ihre Vorstellung von einem romantischen arabischen Märchen.
    Bald jedoch gerät sie in Situationen, die verdeutlichen wie die Denkweise der Araber sich von ihrer unterscheidet. Ehrenmord, Bevormundung von Frauen, die strengen Regeln des Korans – all das wird auf spannende Weise in die Geschichte verwoben.
    Besonders schön ist dabei aber, dass Christine Lehmann in ihrem Text nicht wertet und sich nicht bloß auf die negative, aus den Medien bekannten Aspekte stürzt, sondern auf der anderen Seite auch den wunderbaren starken Familienzusammenhalt und den Hang zu fantastischen Erzählungen in den Wüstenländern wiedergibt.
    Dadurch, dass Finja in der Familie des Scheichs lebt und sogar aus der Stadt Dubais direkt in ein Beduinenzelt mitreist, bietet sich hier eine Fülle von Bildern an, die Lehmann ausgesprochen gut nutzt. Ihre ausschmückenden Beschreibungen verzaubern beim Lesen und lassen immer wieder die Wüste und deren Bewohner wie ein fremdländisches Märchen erscheinen – man denkt bisweilen tatsächlich in einer Geschichte aus 1001 Nacht gelandet zu sein.


    Die Szenen, in denen Chalil oder seine etwas rebellische Schwester Funda alte Geschichten aus dem Koran zum Besten geben oder einfach auf märchenhafte Weise ihre eigenen Erlebnisse verarbeiten, sind definitiv ein Highlight des Buches.
    Im extremen Gegensatz dazu stehen die beängstigenden Regeln und Sitten, mit denen wir als Europäer, die meist zumindest in den Grundzügen christlich aufgewachsen sind, wenig anfangen können und uns sogar eine gewisse Empörung beim Lesen entlocken.


    So wird die Situation der beiden Jugendlichen zwischen Liebe und Pflicht, Tradition und Umbruch ergreifend deutlich. Finja wandelt sich innerhalb von nur zwei Wochen von einem naiven Mädchen zu einer starken und mutigen jungen Frau. Dies ist auch mein erster Kritikpunkt an der Geschichte: denn meiner Meinung nach ist das mit sechszehn einfach nicht in so einem Maße möglich. Tatsächlich glaubt man in diesem Alter noch an die alles überstehende Liebe ohne die man nicht mehr leben möchte, aber selbst das hätte mich damals nie dazu bewogen gleich an Heirat (und noch dazu nur als Zweitfrau) und die Aufgabe aller meiner Freiheiten und vertrauten Sitten zu denken.


    Letztendlich war mir die Liebesgeschichte im Buch etwas zu übertrieben dargestellt – zum Einen, da die Entwicklung der beiden Charaktere Finja und Chalil zu schnell geschieht und zum Anderen, da gerade das Ende an Kitsch kaum noch zu überbieten ist. Was mir aber überaus positiv im Gedächtnis bleiben wird, ist der wunderschöne Einblick in eine fremde Kultur, den Christine Lehmann uns hier ermöglicht. So lernt man ganz nebenbei arabische Begriffe, Ehrentitel und sogar die genauen Bezeichnungen für die Kleidung der Beduinen kennen, kann in verzauberte Geschichten über List, Mut und Liebe abtauchen und schlägt dabei auf raffinierte Weise einen Bogen zur Entwicklung in der Gegenwart. Mit diesem fundiert recherchierten Fakten, die uns ganz ohne Wertung präsentiert und bei denen immer beide Seiten beleuchtet werden, wird ein Interesse für Sitten und Gebräuche, für andersartig Denkweisen geweckt, wie ich es bis jetzt noch bei keinem Buch erlebt habe.


    Das ist es wohl auch, was “Die Rose von Arabien” zu einem besonderen Lesevergnügen macht und weshalb ich die Geschichte um eine Liebe, die nicht sein dürfte, gerne empfehle. Selbst wenn man mit der Kultur und Religion der Moslems also nichts anfangen kann (wie es bei mir bis jetzt immer der Fall war), ist dieses Buch ein echter Schatz – denn es klärt über das gefährliche Halbwissen, das wir ja leider oft durch die negativ belegten Nachrichten erhalten, gründlich auf und fordert zum Selberdenken, zum selber eine Meinung bilden, auf.

    Hab das Buch die Tage auf englisch gelesen. War nicht schlecht aber hat mich nicht so sehr überzeugt wie "Shopaholic".


    Rezension:
    Das Leben kann so ungerecht sein.
    Die 25-jährige Lexi hat am Vorabend der Beerdigung ihres Vater so einiges zu Meckern: ihr Freund hat sie versetzt, sie hat keinen Gehaltsbonus bekommen (anders als alle ihre Freundinnen) und über ihre schiefen Zähne und widerspenstigen Haare mag sie gar nicht erst reden. Als sie auch noch auf dem Sprung zu einem Taxi ausrutscht und im Krankenhaus landet, ist der Tag für sie definitiv gelaufen.


    Als die Ärzte ihr aber erklären, dass sie mittlerweile nicht mehr 25, sondern 28 und sie nicht durch einen Sturz sondern einen Autounfall im Krankenhaus gelandet ist, beginnt für sie ein völlig neues Leben. Okay, sie hat Amnesie und kann sich an die letzten drei Jahre ihres Lebens einfach nicht mehr erinnern… aber dafür scheint sie jetzt eine erfolgreiche Geschäftsfrau zu sein, einen irre sexy Ehemann (und Millionär!) zu haben und obendrein im coolsten Loft aller Zeiten mit einem riesigen begehbaren Kleiderschrank – voll mit ihren teuren Designerklamotten – zu leben.
    Lexi fühlt sich in ihrem neuen, perfekten Leben ganz wohl obwohl sie ihren Mann und neuen Freunde allesamt dank der Amnesie nicht kennt.


    Bald aber beginnt die schöne Fassade zu bröckeln: ihre alten besten Freundinnen hassen sie, ihr Ehemann ist ein penibler Perfektionist und dann taucht auch noch ein Typ auf, der behauptet eine Affäre mit ihr zu haben…


    „Remember Me?“ ist nun das 3. Buch, welches ich von Sophie Kinsella gelesen habe. Wie auch schon ihre anderen Bücher handelt es sich hier um eine locker-flockige Frauenlektüre. Sehr vorhersehbar, aber dennoch amüsant.


    Der Einstieg in die Handlung zieht sich etwas und war stellenweise sogar langweilig. Als Leser erlebt man mit Lexi gemeinsam ihre Verwirrung und anschließend ihre Freude über ihr „neues“ Leben. So wird detailliert beschrieben wie ihre gemeinsame Wohnung mit ihrem Ehemann aussieht, was für ein unglaublicher Luxus sie umgibt und wer all diese Menschen sind, die Lexi eigentlich kennen sollte, an die sie sich aber nicht erinnern kann. Es gibt zwar hier und dort schon Andeutungen davon, dass ihr perfektes Leben gar nicht so perfekt ist… aber meiner Meinung nach wurde ihre Situation zu langatmig beschrieben. Zumal ich nicht nachvollziehen konnte, wie passiv Lexi sich in ihr neues Umfeld hineinfallen lässt. Wenn ich Amnesie hätte und mich nicht an die letzten drei Jahre erinnern könnte und merke, dass sich aber in dieser Zeit verdammt viel verändert hat… dann würde ich vermutlich Himmel und Hölle in Bewegung setzten um zu verstehen, was passiert ist. Nicht so Lexi. Sie merkt, dass sie nicht mehr mit ihrem Ich der letzten drei Jahre zusammenpasst und fühlt sich befremdlich in ihrer Rolle als kaltherzige Chefin und Luxus-Ehefrau auf Dauerdiät, aber dennoch nimmt sie alles gelassen hin – findet es nicht einmal merkwürdig als ihr Mann ihr ein „Ehe-Handbuch“ gibt in dem detailliert so ziemlich alles von „Frühstück“ bis hin zu „Vorspiel“ für sie erklärt wird.


    Spannend wurde die Geschichte erst im letzten Drittel, als die langwierigen Erklärungen von Lexis Lebensumständen endlich abgehakt waren und die Geschichte mit dem Auftauchen ihres angeblichen Lovers in Fahrt kam.
    Nun beginnt die 28-jährige auch nachzuforschen was ab dem Tag der Beerdigung ihres Vaters schief gelaufen ist und beginnt ihre Ehe und ihre Entscheidungen zu überdenken.


    Mir hat an dem Buch wirklich gefallen, dass es im Prinzip ein recht interessantes Thema behandelt: wie schnell Menschen sich verändern können. Lexi „vermisst“ nur drei Jahre ihrer Erinnerung und muss dennoch feststellen, dass sie mittlerweile ein völlig anderer Mensch ist. Oder zumindest zu sein scheint.


    Voller Wärme erzählt Sophie Kinsella so eine Geschichte, die trotz anfänglicher Längen für ein nettes Frauenbuch zum zwischendurch Lesen steht. Anders als bei der „Schnäppchenjägerin“ oder „Can you keep a secret?“ gab es nicht so viele Lacher und gezwungen komische Szenen aber dafür eine interessante Idee für eine Geschichte, eine schöne Umsetzung und zum Schluss sogar das obligatorische flauschig-rosa Happy End.


    Zu empfehlen für Fans von feel-good-Literatur und alle, die gerne nebenher eine leichte Lektüre wollen.

    Ich bin durchaus sehr positiv überrascht von dem Buch! :)



    Meine Rezension:
    Eigentlich wäre schon der Umstand in einer Schule für schwer Erziehbare mit Unterrichtsfächern wie „Abwasserrohre reinigen“ gelandet zu sein genug um jemanden in die Verzweiflung zu treiben. Aber Edward hat es noch viel schlimmer erwischt: seine Mutter ist tot, seine Tante hat ihn abgeschoben, er gilt mit seinen beinahe zwei Metern Körpergröße und dem Stottern als Freak.
    Und als würde das noch nicht reichen, gibt es da diese Stelle an seinem Rücken – genau dort, wo man mit den Händen nicht dran kommt – die juckt und juckt und juckt.


    Umso erstaunter ist der 14-jährige, als er während einer äußerst unangenehmen Strafstunde feststellen muss, dass ihm an dieser juckenden Stelle Flügel wachsen.
    Von da an gerät er von einem Schlamassel in den Nächsten: der bösartige Lehrer Whiplash Scruggs entpuppt sich als „Gefallener“, der nach Edwards Flügeln trachtet… und dann gibt es da noch den mysteriösen Mr. Spines.
    Der kleine Mann taucht urplötzlich auf, befreit Edward aus seiner Gefangenschaft bei Whiplash und faselt für den Jungen nur unverständliches, kryptisches Zeug.


    Er macht sich auf der Suche nach seiner Mutter in die Welt nach dem Tod auf und muss immer wieder neu entscheiden: wer ist Freund und wer ist Feind?


    Bei „Wings“ handelt es sich ganz klar um ein Kinder- und kein Jugendbuch. Die Geschichte ist schnell erzählt und erstreckt sich in diesem ersten Band über (leider) gerade einmal 193 Seiten.
    Dennoch muss ich sagen, dass mich der leichte und schöne Schreibstil sofort gefangen genommen hat. Edward wird dem Leser gleich sympathisch wenn man liest, was ihm alles widerfährt. Auch sein einziges Hobby und riesiges Talent, das Kartenhaus-Bauen, machen aus dem Jungen eine einzigartige Romanfigur.


    Über den mysteriösen Mr. Spines und seine Wegbegleiter (ein Hermelin und eine fliegende Kröte) erfährt man in diesem Band noch nicht so viel – aber dass sie eine wichtige Rolle in Edwards Leben spielen und ihm bei seiner Flucht vor den bösartigen Gefallenen helfen wollen, wird schnell klar.


    Insgesamt ist die Geschichte um den Jungen, dem plötzlich Flügel wachsen und der fortan von gruseligen Feinden verfolgt wird, sehr schön zu lesen. Das „Leben nach dem Tod“ wird hier zum Glück nicht religiös oder verkitscht dargestellt, sondern mit ganz eigenen Ideen und Leben ausgefüllt und beschrieben.
    Für den Einstieg in die Reihe ist das Buch durchweg toll gelungen – auch, wenn es mir persönlich noch etwas zu kurz war.


    Auf die folgenden Bände („Flight“ und „Song“) kann man noch gespannt sein. Für alle jungen und jung gebliebenen ( ;) ) Leser eröffnet sich hier jedenfalls eine schöne und liebevoll gestaltete Geschichte, die zum selber lesen und Vorlesen einlädt.

    Ich will auch mal meine Rezi mit euch teilen :) Fand das Buch übrigens überaus gut und kann es nur weiter empfehlen!


    Rezension
    Frauen hatten es im viktorianischen England nicht leicht. Erst recht nicht, wenn sie eine große Nase hatten, nicht über die vornehme Blässe verfügten und noch dazu ein loses Mundwerk pflegten.
    So ist auch niemand in ihrer Familie erstaunt darüber, dass Alexia Tarabotti mit 26 Jahren noch unverheiratet ist. Dabei wissen ihre Mutter und ihr Stiefvater nicht einmal, dass sie neben ihrer frechen Art und für eine Frau unziemliche Cleverness auch noch einen weiteren Mangel hat: sie ist seelenlos. Was für ein Skandal das wäre!
    An die Werwölfe und Vampire, vielleicht sogar an die Geister, hat man sich in den oberen Kreisen der Londoner Gesellschaft immerhin schon beinahe gewöhnt – aber eine gänzlich seelenlose Dame aus gutem Hause wäre eine Sensation.
    Nicht, dass dieser Zustand Alexia irgendwie behindert – sie muss nur aufpassen, dass ihr Geheimnis nicht bekannt wird. So täuscht sie in Situationen, in denen richtige Damen in Ohnmacht fallen würden, einfach eine Ohnmacht vor und achtet peinlich genau darauf keinem übernatürlichen Wesen zu nahe zu kommen. Das ist nämlich eine der Begleiterscheinungen der Seelenlosigkeit: ihre Berührung raubt Vampiren und Werwölfen die übernatürlichen Fähigkeiten… und die Fangzähne.


    Trotz allem weiß Alexia natürlich was Manieren sind und ist zutiefst erschüttert als ein Vampir sich auf einem Ball auf sie stürzen will. Man beachte: ganz ohne zumindest vorher den üblichen Vorstellungsfloskeln genüge zu tun!
    Als im folgenden Handgemenge ein kleiner Unfall mit Alexias liebstem Regenschirm geschieht und der Vampir daraufhin endgültig das zeitliche segnet, muss das BUR (Bureau of Unnatural Registry)-Oberhaupt Lord Maccon die Situation retten. Seines Zeichens adeliger Werwolf, Alphatier und seit dem Zwischenfall mit dem Igel nicht mehr besonders gut auf Alexia zu sprechen.


    Als sich jedoch aus ganz England Vampire und Werwölfe in Luft aufzulösen scheinen und auch bei Alexia einen hartnäckiger (und gruseliger) Verfolger auftaucht, müssen die beiden zusammen arbeiten um herauszufinden, was die Londoner Übernatürlichen bedroht…


    Die Geschichte klingt von Anfang an abgedreht und ziemlich schräg – und das ist sie auch! Mit herrlichem englischen Humor, frechen Sprüchen und skurrilen Charakteren schreib Gail Carriger ein Buch, das irgendwo zwischen Steampunk, Fantasy und Liebesgeschichte anzusiedeln ist.


    Mit bildhaften Beschreibungen ersteht das viktorianische England vor den Augen des Lesers auf und lässt von schweren Kleiderstoffen, monströsen Zeppelinen und unbequemen Pferdekutschen träumen.
    In amüsantem Gegensatz dazu steht die schnoddrig-freche und überaus direkte Miss Alexia Tarabotti, die immer wieder für Lachmuskeln-strapazierende Momente sorgt. So ist sie weniger geschockt über das Ableben eines Vampirs als darüber, dass er währenddessen die gute Zuckertorte platt gemacht hat.
    Zu Höchstformen schaffen es der Wortwitz und beinahe sarkastische Schlagabtausch wenn Alexia und der ruppige Alphawolf Lord Maccon aufeinander treffen.


    Allein diese Tatsache lässt die Geschichte natürlich etwas vorhersehbar werden, aber da “Soulless” nicht den Anspruch hochgeistiger Literatur erhebt, sondern “nur” unterhalten möchte, tut das dem Lesevergnügen keinen Abbruch. Und Spaß macht dieses etwas skurrile Buch alle Male.


    Mit erfrischend direkten und wenig zimperlichen Charakteren, einer spannenden Geschichte, viel (Wort-)Witz und einem Hauch Erotik im viktorianischen England unterhält Gail Carriger ihre Leser vorbildlich und macht neugierig auf die Fortsetzungen Changeless und Blameless. Vermutlich erscheinen 2011 sogar der 4. (Heartless) und 2012 der finale fünfte Band (Timeless).

    Hab das Buch gestern Abend beendet und finde es bis jetzt als bestes von den Büchern, die ich bisdato von Fitzek gelesen habe. Hat richtig Spaß gemacht (schon der außergewöhnliche Aufbau), war sehr spannend und bis zum Schluss überraschend.