Kristin Harmel - Das letzte Licht des Tages

  • "Das letzte Licht des Tages" von Kristin Harmel erschien in Übersetzung (aus dem amerikanischen Englisch) von Veronika Dünninger im Knaur Verlag (Paperback, 2020, ISBN 978-3-426-22712-1).

    Frankreich, Ville-Dommange, (Champagne), 1940:

    Die Deutschen besetzen Frankreich und auch Michel und Inés, seit 2 Jahren ein Ehepaar und Besitzer eines Weinguts in der Champagne, befürchten Schlimmes: Sie produzieren seit Generationen Champagner; unterstützt von Théo, dem Kellermeister und Céline, seiner Ehefrau, die Halbjüdin ist. Céline macht sich große Sorgen um ihre Eltern, von denen sie lange nichts hörte...

    Während Michel und Théo alte Freunde sind und sich im Berufsalltag ohne Worte verstehen, tun sich Inès und Céline eher schwer, eine Freundschaft aufzubauen. Der "Winzerführer" Klaibusch und seine Nazi-Kumpanen plündern alle Weingüter und erlegen den Winzern auf, dass sie fortan eine gewisse Menge des edlen Gebräus nach Deutschland zu entsenden haben. Zu dieser Zeit haben sich bereits Widerstandszellen gebildet und auch viele Winzer gehören der Résistance an, die versuchen, die Ziele der Nazis zu durchkreuzen. So erfährt eines Tages auch Inès davon, dass Michel Waffen und auch jüdische Flüchtlinge in den weitverzweigten Kellern des Gutes versteckt und muss sich für eine Seite entscheiden. Sie wirkt, kaum über zwanzig, sehr naiv auf mich und ist nicht glücklich in ihrer Beziehung zu Michel: Daher sucht sie ab und andas Weite, um ihre Freundin in Reims zu besuchen, die dort mit ihrem Mann das"Moulin Rouge", ein Restaurant mit Bar, betreibt. Édith ist ebenfalls dem Widerstand angehörig und gibt wichtige Informationen an die Netze der Résistance weiter, die sie von den betrunkenen deutschen Soldaten erlauscht.

    Dort lernt Inès einen Franzosen kennen, der ihr Komplimente macht und sie in ihrem mangelnden Selbstwertgefühl und ihrem Unglück tröstet: Ein fataler Fehler, wie sich später herausstellen sollte....

    Liv, die nach einer gescheiterten Ehe Jahrzehnte später ihrer exzentrischen Großmutter zurück nach Frankreich folgt, wundert sich über die Rätsel, die ihre Großmutter verschweigt und die in deren Vergangenheit führen: Als Èdith, die Großmutter Liv's, mit ihr Reims und das frühere Weingut der Familie Chauveau besucht, überschlagen sich die Ereignisse und der junge Anwalt Julien Cohn wird von Èdith beauftragt, ihr "reinen Wein einzuschenken"; ihrer Enkelin das zu sagen, was sie selbst nie konnte....

    Meine Meinung:

    In diesem Roman, den Kristin Harmel vorlegte, ist gekonnt und auf bewährte Art eine Liebesgeschichte mit Zeitgeschichte verwoben; der Zeit des 2. Weltkrieges, in der Frankreich (abgesehen von der Zone libre im Süden) von Nazideutschland besetzt war. Der zweite Erzählstrang ist in der Gegenwart angesiedelt: Édith Thierry ist inzwischen fast 100 Jahre alt (dabei jedoch sehr agil und trinkfest; was für mich etwas unrealistisch dargestellt war, aber lustig) und möchte ihrer Enkelin sagen, was sie ihrem Sohn zeitlebens verschwieg: Die Wahrheit über die tragische Vergangenheit, die sich in Reims und auf dem Weingut der Familie Chaveau abspielte. Harmel gelingt es, zum Einen die Herstellung von Champagner zu beschreiben, zum anderen die schöne Landschaft der Champagne mit Reims, dessen Kathedrale sich mit Notre Dame de Paris durchaus messen kann. Charaktere wie Édith und Céline waren mir sehr sympathisch; mit Inès und Édith hatte ich meine Probleme, da die Verwandlung einer Hauptprotagonistin auf mich etwas hölzern und nicht authentisch wirkte. Aus einer naiven und wenig selbstbewussten Inès wurde später eine Résistance-Kämpferin, die im Süden gar ein Messer nutzte, um einen Gegner auszuschalten. Letzteres von dem Gefühl abhängig, etwas wieder gut zu machen, was unumkehrbar war.

    Themen des Romans sind u.a. Liebe, Freundschaft, Kinderlosigkeit, in Zeiten desKrieges Liebe und Verrat, Denunziantentum, die Verfolgung der Juden auch in Frankreich; tragische Schicksalsverknüpfungen während der Zeit der Résistance, die viele Opfer forderten. Der Schreibstil ist flüssig zu lesen und die Rück- und Einblicke in die französische Geschichte, besonders während der Nazidiktatur, flossen in den Roman ein. Das letzte Romandrittel war berührender als der Beginn und hier klärt sich auch das Rätsel, das Édith enthüllt. An überraschenden Wendungen und einem tragischen Ende fehlt es dem Roman nicht; auch die Beschreibungen der "caves", der Weinkeller und der Kelterei sind interessant, jedoch am Ende, als eine silbergrauhaarige Frau auf die Bühne tritt, war mir dies dann doch ein "zuviel desGuten"; es wirkte konstruiert und weniger wäre hier mehr gewesen, um die Geschichte abzurunden.

    Fazit:

    Ein flüssig geschriebener und leicht lesbarer Roman, der in zwei Zeitebenen erzählt wird und die tragische Geschichte der französischen Winzerfamilie Chaveau aus der Zeit des 2. Weltkrieges und der Résistance lebendig beschreibt. Leider fand ich trotz recht gutem Unterhaltungswert die Personenzeichnung und zuweilen auch den Romanverlauf nicht ganz überzeugend. Der Hauptprotagonistin konnte ich mich nicht wirklich nähern (am ehesten der 99jährigen Édith und ihr Verhalten wie auch ihre charakterlichen Kontraste und Veränderungen wirkten auf mich etwas konstruiert. Interessant und gelungen fand ich hingegen das Einfließen historischer Fakten der "Grande Nation" in der besetzten Champagne in den Kriegsjahren des 2. Weltkrieges. Von mir erhält der Roman 3* und 85° auf der "Histo-Couch".


    ASIN/ISBN: 3426227126

  • Den Roman fand ich auch mal wieder wunderschön von ihr, so etwas richtiges was einem berührt.

  • "Das letzte Licht des Tages" nimmt seine Leser mit nach Frankreich, in die Champagne, in die Zeit des Zweiten Weltkrieges. Sie werden Zeuge dessen, wie die Deutschen das Land besetzt und kontrolliert haben. Und wie sich Widerstand geregt hat. Mutig hat sich die Bevölkerung zur Wehr gesetzt, um ihr Land und ihr Leben zu verteidigen.

    Die Handlung springt zwischen der Gegenwart im Jahr 2019 und der Vergangenheit in den Jahren 1940 bis 1945 mit jedem neuen Kapitel hin und her. In der Gegenwart lernt der Leser Liv kennen, deren Schicksal unmittelbar mit dem der Weinbauern verknüpft ist.

    Leider war die Handlung des Romans ziemlich vorhersehbar. Mit ein paar Wendungen konnte die Autorin mich überraschen, aber der Großteil der Entwicklungen hat sich leider ziemlich eindeutig abgezeichnet und so hat dem Buch einiges an Spannung gefehlt. Dazu empfand ich den Erzählstil als kitschig. Um einen Einblick in die Zeit des Zweiten Weltkrieges in der Region der Champagne zu bekommen, um zu verstehen, was der Krieg für die Weinbauern bedeutet hat, lohnt sich das Lesen des Buches dennoch für Leser von Familien- und Frauenromanen.