Christoph Elbern - Hafenmörder

  • „Hafenmörder“ von Christoph Elbern, Herausgeber: Rütten & Loening, habe ich als ebook mit 312 Seiten gelesen, diese sind in 42 Kapitel eingeteilt.

    Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Carl-Jakob Melcher, der 1904, nach seinem Studium der Bakteriologie, zu seinem Onkel Wilhelm Knudsen und Tante Isolde nach Hamburg zog und eine Stellung am Tropeninstitut bekam. Da es im Hafenviertel mehrere Morde gab und ein Opfer mit der Cholera infiziert war, wurde er hinzugezogen. Mit seinem alten Schulfreund, Martin Bucher, der Kriminalassistent bei der Polizei ist, beginnt Carl die Ermittlungen. Nachdem es weitere Morde an Kaufleuten und Geschäftsmännern gibt, führt die Suche nach dem Täter Martin und Carl bis in die Armenviertel von Hamburg und nach Stettin, wo sie eine Spur verfolgen. So manches Mal geraten die Beiden dabei in Gefahr.

    Da der Täter in der unteren Bevölkerungsschicht gesehen wird, bekommt man Einblicke in das schwere und raue Leben der ärmeren Leute. Historisch fand ich es sehr interessant, es war eine Zeit des Umbruches, nicht nur politisch, sondern auch in vielen anderen Bereichen. Die teils sehr aufgeladene Atmosphäre ist sehr gut dargestellt. Ab und zu gab es Details zu Carl’s Arbeit am Tropeninstitut und z.B. der Untersuchung von Mücken aus aller Welt, um Krankheitserreger zu erforschen. Ebenso konnte er schon forensische Untersuchungen anstellen, die natürlich nicht mit den heutigen Methoden vergleichbar sind. Auch andere Neuerungen wurden erwähnt, wie die ersten Automobile.

    Die Charaktere waren sehr authentisch beschrieben und gut vorstellbar. Ebenso das standesgemäße Verhalten der oberen Gesellschaftsschichten. Wobei im Hause von Onkel Wilhelm das Personal noch ganz gut behandelt wurde. Carl selbst ist sehr sympathisch dargestellt, er ist nicht arrogant anderen Menschen gegenüber und versucht sich aus politischen Diskussionen herauszuhalten. In Martin hat er einen sehr guten Freund, der auch neuen Ermittlungsideen gegenüber aufgeschlossen ist. Die beiden vertrauen und ergänzen sich. Carl wäre auch ein guter Polizist geworden. Er denkt logisch und handelt nicht unüberlegt.

    Ich finde es immer interessant, über das Leben der Menschen in einer anderen Zeit zu lesen und noch interessanter, wie damals Morde aufgeklärt wurden. Es war ein wirklich sehr spannendes Buch mit vielen detailreichen Beschreibungen der damaligen Untersuchungsmethoden, der Arbeit der Polizei und dem Leben der verschiedenen Bevölkerungsschichten. Die Erwähnung des Kohlepapiers fand ich lustig, damit habe ich auch bis Ende der 80er gearbeitet.

    Das Buch hat mir sehr gut gefallen, es war spannend, interessant und mitreißend geschrieben und ich möchte noch sehr viel mehr über Carl-Jakob und Martin erfahren und neue Fälle mit ihnen lösen. Auch das Cover passt wunderbar in die Zeit und zum Ort der Handlung.

  • Bekanntlich stehe ich ja auf Bücher, die zur Jahrhundertwende 1800/1900 spielen und die in Deutschland angesiedelt sind. Da „Hafenmörder“ ein Krimi ist, der in dieser Zeit und an diesem Ort spielt, dachte ich, es könnte ganz gut passen.


    In Hamburg des Jahres 1904 geschehen in unterschiedlichen Abständen Morde an hoch angesehenen Bürgern. Der erste Tote zeigt Anzeichen von Cholera, daher schaltet Martin Bucher, der ermittelnde Beamte, seinen Freund Carl-Jacob Melcher ein, der als Bakteriologe am Hamburger Tropeninstitut arbeitet. Die beiden können die Ungereimtheiten des Falls nicht auf sich beruhen lassen und ermitteln zum Teil eigenmächtig und meiner Meinung nach äußerst leichtsinnig diesen Fall.


    Zu Beginn fand ich den Schreibstil richtig gut und mal etwas anderes zu dem, was ich sonst so lese. Die Geschichte wird von Carl-Jacob im Rückblick erzählt und zwar so, als würde mir davon berichten, während wir uns gegenüber sitzen und gemütlich einen Kaffee trinken. Die Hintergrundinformationen zu den Figuren und Geschehnissen konnten so perfekt in die Erzählung eingebunden werden. Mit der Zeit ist mir der Inhalt aber sehr in die Länge gezogen vorgekommen. Zeitweise war ich ziemlich gelangweilt und habe schneller gelesen als ich wollte. Die Spannung kam allerdings immer mal wieder zurück. Es war ein ewiges Auf und Ab. Die Figuren blieben mir während des Lesens bis zum Ende fremd. Wobei ich nicht so richtig beurteilen kann, ob es an einer fehlenden Tiefe der Charaktere lag oder weil ich ab einem bestimmten Punkt zu schnell und zu oberflächlich gelesen habe. Die Auflösung des Falls hat am Ende Sinn gemacht und war nachvollziehbar, war aber mit einem Showdown verbunden, der meiner Meinung nicht notwendig gewesen wäre.


    Wenn Du Bücher magst, die dich nicht vor Spannung die Wände hoch gehen lassen und die in besagter Zeit an besagtem Ort spielen, ist „Hafenmörder“ genau das richtige für dich.

  • Ungewöhnlicher Genremix, der mich sehr gut unterhalten hat


    Buchmeinung zu Christoph Elbern – Hafenmörder


    „Hafenmörder“ ist ein historischer Kriminalroman von Christoph Elbern, der 2022 bei Aufbau digital erschienen ist.


    Zum Autor:

    Christoph Elbern, Jahrgang 1960, hat Germanistik und Anglistik studiert und lange als Journalist gearbeitet. Er war in leitenden Positionen bei verschiedenen Magazinen tätig – unter anderem „Prinz“ und „TV Movie“. Seit 2010 leitet er eine Agentur für Unternehmenskommunikation in Kassel. Unter dem Pseudonym Klaas Kroon hat er bereits zahlreiche Kriminalromane veröffentlicht. Er lebt in Hamburg.

    Klappentext:

    Mysteriöse Mordfälle im Hamburg von 1904

    Hamburg in Aufruhr. Am Hafen werden mehrere Männer ermordet und mit einem in die Stirn geritzten Zeichen markiert aufgefunden. Weil eines der Opfer offenbar an Cholera erkrankt ist, wird der junge Bakteriologe Carl-Jakob Melcher hinzugezogen. Die Atmosphäre in der Stadt ist aufgeheizt: Die Cholera-Epidemie liegt noch nicht lange zurück, und die Wahl zur Bürgerschaft steht an. Carl-Jakob Melcher sucht mit seinem Polizistenfreund Martin Bucher zwischen reichen Kaufleuten, Ganoven und Anarchisten nach dem Täter und stößt auf einen erschreckenden Verdacht.


    Meine Meinung:

    Dieses Buch ist eine ungewöhnliche Mischung aus Historie, Sittengemälde, Liebesroman und ein wenig Kriminalroman. Carl-Jakob Melcher ist ein junger Bakteriologe, der mit dem Polizisten Martin Bucher befreundet ist und wohnt in der Villa der verwandten Reederfamilie Knudsen. Melcher ist noch auf der Suche nach seinem Platz in der Welt und wirkt manchmal recht naiv. Er wird von seinem Freund Bucher zeitweilig in die Ermittlungen eingebunden, meist um gemeinsam einer abenteuerlichen Spur zu folgen. Im Hause Knudsen lernt er das Dienstmädchen Clara kennen und verliebt sich in die ungewöhnliche junge Frau. Eine faszinierende Figur ist Emma Neumann, eine streitbare Sozialdemokratin, die Carl-Jakob viele Informationen zukommen lässt. Im Laufe der Monate sterben etliche Geschäftsleute unter verdächtigen Umständen, aber dies spielt lange Zeit nur eine Nebenrolle. Das Leben im Hause Knudsen mit seinen Konventionen, dem machthungrigen und zügellosem Sohn Adolph, den kleinen und großen Geschichtchen und die Entwicklung der Stadt Hamburg sind die unterhaltsamen Triebfedern des Buches. Erst im letzten Drittel nimmt der Kriminalfall Fahrt auf und Carl-Jakob gerät in große Gefahr. Am Ende ist (fast) alles nachvollziehbar aufgeklärt, aber viele Figuren müssen ihre Wunden lecken.



    Fazit:

    Für mich war dieses Buch nicht in erster Linie ein Kriminalroman sondern eine genreübergreifende Mischung, die mir sehr gut gefallen hat. Deshalb bewerte ich das Werk mit vier von fünf Sternen (80 von 100 Punkten) und spreche eine Leseempfehlung aus.

    :lesend James Lee Burke - Die Tote im Eisblock

    hörend: Hanna von Feilitzsch - Bittersüße Mandeln