Petra Mattfeldt - München 72 - Der Tag, an dem die Spiele stillstanden.

  • ASIN/ISBN: 3764508086


    Die Olympischen Sommerspiele 1972 in München sollten heitere und unbeschwerte Spiele werden. Daher war die Polizei im olympischen Dorf auch nicht bewaffnet. Man wollte vergessen machen, unter welchen Umständen die letzten Olympischen Spiele in Deutschland stattgefunden hatten. Der Polizeipsychologe hatte eine Reihe von Szenarien aufgezeichnet, was passieren könnte. Doch die führenden Personen wischten diese Bedenken beiseite, nichts sollte die freudige und unbekümmerte Stimmung stören und so konnte das Schreckliche geschehen.


    Ich kann mich noch erinnern, wie erschüttert wir alle waren, nachdem wir erfahren haben, was dort geschehen war. Die Autorin Petra Mattfeldt greift dieses Thema auf und erzählt anhand von unterschiedlichen fiktiven Charakteren, die aber auf realen Personen beruhen, wie es zu dem Anschlag kommen konnte. Sie erzählt einfühlsam und packend.


    Die neunzehnjährige Bogenschützin Angelika Nowak aus Leipzig hat es geschafft. Sie darf dabei sein und ist von der Atmosphäre in München beeindruckt. Sie möchte so viel erleben, steht aber unter ständiger Kontrolle ihres Co-Trainers. Als sie den achtzehnjährigen Roman Gagarin, einen Ringer aus der israelischen Mannschaft, kennenlernt und sich mit ihm anfreundet, wird ihr der Umgang verboten. Angelika denkt plötzlich kritischer über das Leben in der DDR und überlegt, sich abzusetzen. Der Polizist Manfred Hofmann genießt die Zeit im Dorf, sorgt sich aber um die Sicherheit. Auch der Journalist Robert Goldmann, der die israelische Mannschaft betreut, eckt bei seinem Redakteur an, weil sein kritischer Artikel nicht zum gewünschten Image der Spiele passt. Der Palästinenser Djamal Rahman glaubt den Geschichten, die er gehört hat. Für sich selbst sieht er keine Zukunft und ist froh, dass er für eine besondere Aufgabe ausgewählt wurde, um seinem Land zu helfen. Er ist bereit, alles zu tun, was ihm gesagt wird.


    Dann geschieht das, was nie hätte passieren dürfen. Es ist erschreckend, wie unvorbereitet die Polizei damals von der Geiselnahme überrascht wurde. Man hatte es nicht sehen wollen und war der Sache dann nicht gewachsen. Dazu war man dann auch noch zu stolz, um die von Israel angebotene Hilfe anzunehmen. Durch das dilettantische Vorgehen kam es zur Katastrophe und viele Menschen starben.


    Erst nachdem das alles geschehen ist, hat man sich entschlossen, die GSG9 zu gründen, um für solche und ähnliche Fälle gerüstet zu sein.


    Es ist ein bewegender und erschütternder Roman, der einen so schnell nicht loslässt. Ich kann ihn nur empfehlen.


    10/10

  • Danke, dass du uns auf das Buch aufmerksam machst, Buchregal123. Ich werde es lesen.


    Ich war seinerzeit als junger 22-Jähriger Mann Mitglied im Organisationsteam (Siegerehrungsteam) und somit mitten drin im Geschehen. Diese Spiele, das Vorher und das Nachher (nach dem Anschlag, von dem ich - einschließlich der Nacht in Fürstenfeldbruck - einiges selbst miterleben musste) sind eine tief sitzende Erinnerung, eine in jeder Hinsicht berührende und damit unvergessliche Erfahrung für mich, was mir gerade wieder anlässlich des fünfzigsten Jahrestages bewusst geworden ist.


    Auf die großartige Idee, das alles in einem Roman zu verarbeiten, bin ich dennoch nie gekommen. Vielleicht, weil das alles tatsächlich noch heute für mich zu nah ist. Lediglich eine Kurzgeschichte als literarische Begleitung zur Lithografie "Olympia-Plakat 1972" von Josef Albers habe ich geschrieben, die im Kunstband "Die Reise ins Bild" erschienen ist.

    https://www.hdieterneumann.de/literatur-trifft-kunst

    (Übrigens ist das - keineswegs allein wegen meines Textes darin :lache - ein wunderbarer Bildband, der sich vorzüglich als Geschenk an Menschen eignet, die literarische Kunst ebenso schätzen wie bildliche. Aber das nur nebenbei.

    ASIN/ISBN: 3861247534

  • Das ist meine erste Erinnerung an olympische Spiele... ich durfte natürlich gucken und war begeistert: Mark Spitz (natürlich :lache), Heide Rosendahl, Ulrike Meyfarth... das waren damals meine Sportidole. Und dann die Geiselnahme und alles weitere. Ich habe natürlich nicht viel mitbekommen - aber das, was ich als 7-jähriger Knirbs aufgeschnappt habe, hat ausgereicht, um mich zu verängstigen und zu verunsichern.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)