Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Über die Reichsverfassung

  • Georg Wilhelm Friedrich Hegel - Über die Reichsverfassung

    ASIN/ISBN: 3406489834



    Zitat

    Die Verfassung ist wesentlich ein System der Vermittlung




    Georg Wilhelm Friedrich Hegel (1770 - 1831) hat sich in seinen Schriften und Vorlesungen immer wieder zur Verfassung eines Staates geäußert, erstmals verwendete er das Wort Verfassung 1798, bevor es in den deutschen Landen überhaupt eine Verfassung gegeben hat. Der Text dieser Denkschrift subsummiert gleichsam die lebenslang gewachsenen Ideen zur Verfassung. Somit hatte die Hegel'sche Verfassungsidee immer auch ein provisorisches, experimentelles, unfertiges Element.

    Dieses Buch, vom Frankfurter Juristen Michael Stolleis herausgegeben, gibt nun erstmals eine Gesamtschau der Verfassungsvorstellung Hegels wieder, deren Texte der historisch - kritischen Ausgabe des Gesamtwerks der Nordrhein-Westfälischen- Akademie der Wissenschaften entnommen sind.


    Das oberste Ziel der Verfassung soll sein:

    a) Verhinderung von Willkür

    b) Das Wissen des Volkes um die eigenen Rechte


    Dazu fordert Hegel:

    - den Rechtsstaat

    - eine geschriebene Verfassung

    - bei einer monarchischen Regierung.

    Das bedeutete konstitutionelle Monarchie, ein Modell, das zu Beginn des 19. Jahrhunderts noch recht modern war.

    Hegel war der Ansicht, daß Gegensätze in einem Gemeinwesen nicht etwa vermieden werden, sondern in Beziehung zu einander gesetzt und somit vermittelt werden.

    In der Diktatur gäbe es nur Herren und Knechte, also Diktatoren und Untertanen. Damit daraus ein Rechtsstaat werde, bedarf es aber des Parlaments um die Willkür der Herrscher zu bändigen.

    Hegel sprach der Verfassung eine eigene Dynamik zu. Die Verfassung müsse sich von Zeit zu Zeit ändern, wenn sich die Strukturen des Gemeinwesens ändern. Hier wird sichtbar, Hegel dachte nicht zuerst an den geschriebenen Text einer Verfassung. Diese wäre ja keinesfalls beliebig zu ändern, wenn sich Aufbau und Struktur des Gemeinschaftswesens verändern.


    Hegel war ein unbedingter Verfechter der Monarchie, in diesem Kontext sind auch seine Anmerkungen zur Verfassung stets zu sehen. Die Gewaltenteilung im Sinne Montesquieus lehnte er ab.

    Die "Subjektivität" als die höchste Willensentscheidung solle beim Monarchen liegen. Unabhängigkeit der Gewalten, wechselseitige Machthemmung und Machtkontrolle erschien ihm nicht wünschenswert.

    Zitat

    Die Vorstellung von der sogenannten Unabhängigkeit der Gewalten hat den Grundirrtum in sich, das die unabhängigen Gewalten dennoch einander beschränken sollen. Aber durch diese Unabhängigkeit wird die Einheit des Staates aufgehoben, die vor allem zu verlangen ist.


    Beurteilung:


    Der vorliegende Text, diese Denkschrift, ich möchte sie eine Sammlung nennen, gibt die wichtigsten verfassungstheoretischen Gedanken aus Hegels Gesamtwerk wieder. Das Verständnis ist hier oftmals erschwert, ist diesen Sentenzen doch eine große Heterogenität gemein. Es sind Versatzstücke, eine durchgewirkte Verfassungsidee Hegels liegt uns nicht vor. Somit sind die Autoren gut beraten, dicht am Text zu bleiben und genauestens zu belegen. Der vorbildlich gestaltete Anhang mit Zitatquellen und Kommentaren ist hier sehr hilfreich.

    Dieser Text ist im ganzen anzusehen als eine Art Hegel'sches Ideenlaboratorium, mit häufigen Zitaten aus seinen Werken zur Geschichtstheorie.

    Dieser Experimentalcharakter macht das Denken in Zusammenhängen oft nicht ganz leicht, ist aber vom Herausgeber in einen schlüssigen und rational nachvollziehbaren Kontext gebracht worden.

    Die Kritik der Verfassungsideen Hegels muß sicherlich dort ansetzen, wo andere politische Denker vor ihm schon wesentlich weiter gingen und über die Reflektion bestehender Verhältnisse hinaus gingen.

    Beispiele, wie etwa Locke, Montesquieu, Rousseau,etc., hätte ich hier gerne im Resümee gefunden.

    Andererseits stimme ich dem Herausgeber darin zu, daß Hegel in der Tat schon weiter dachte, als die

    Verhältnisse in Deutschland es im allgemeinen zuließen. Die Polemik von Hegel als "Preußens Staatsphilosoph" mag in sofern stimmen, als er sich in nichts weiter hinein dachte, als in die Staatsform der Monarchie.

    Das trifft aber sicher nicht zu auf Hegels Forderung nach Konstitution. Die konstitutionelle Monarchie war in Deutschland noch lange nicht politische Wirklichkeit, wovon auch die bürgerliche Revolution 1848, lange nach Hegels Tod, zeugte.

    Abschließend halte ich dieses Buch für geglückt und wichtig, auch weil es das erste ist, das sich explizit mit Hegels Verfassungsideen befasst.

    Nicht nur für den Rechtshistoriker, sondern für jeden Interessierten (m/w/d) eine Bereicherung und ein Einblick in ein interessantes Stück unserer Rechtsgeschichte.



    Georg Wilhelm Friedrich Hegel wurde 1770 in Stuttgart geboren und studierte Philosophie und Theologie am Tübinger Stift.

    Seine akademische Laufbahn begann mit 30 Jahren als Dozent für Philosophie in Jena und führte ihn über Heidelberg nach Berlin, wo er von 1818 bis zu seinem Tod 1831 Professor für Philosophie und Rechtsgeschichte war. Er gilt als einer der einflussreichsten deutschen Philosophen bis in die Gegenwart.

  • Hegel kam eines Abends besoffen ins Internat (studierte am Tübinger Stift). Zimmerkamerad meinte zu dem großen Philosophen und Dialektiker: "Mensch, Hegel, du saufscht dir noch das letzte bissel Verstand weg."

    Schopenhauer, der ihn hasste, bestand darauf, in Berlin parallel zu Hegel zu lesen. Resultat: Schopenhauer hatte keine Handvoll Zuhörer, während Hegels Vorlesungen voll waren. Die Zeit war noch nicht reif für Schopenhauer.

  • Hegel kam eines Abends besoffen ins Internat (studierte am Tübinger Stift). Zimmerkamerad meinte zu dem großen Philosophen und Dialektiker: "Mensch, Hegel, du saufscht dir noch das letzte bissel Verstand weg."

    Schopenhauer, der ihn hasste, bestand darauf, in Berlin parallel zu Hegel zu lesen. Resultat: Schopenhauer hatte keine Handvoll Zuhörer, während Hegels Vorlesungen voll waren. Die Zeit war noch nicht reif für Schopenhauer.

    Ich stand dem Kauz Schopenhauer immer näher als Hegel, der gesamte Idealismus ist ja wohl kaum eine Philosophie zu nennen.

    Schopenhauer hat es allerdings ein bißchen übertrieben:

    "Hegel, ein platter, geistloser, ekelhafter, unwissender Scharlatan..." :teufel

  • Hegel selbst ist kaum lesbar, und aus der Biographie, die ich vor 1000 Jahren las, blieben mir nur diese Anekdoten im Gedächtnis. In der DDR galt er als Begünder der Dialektik und Vorläufer von Karl Marx. :)

    Und natürlich steht mir Schopenhauer näher, aber sowas von dermaßen ... Schopenhauer ist auch ein "Sprachmeister". Es macht großen Spaß, den "witzigen Waisen" zu lesen, er weitet den Bick ungeheuer.

  • Hegel selbst ist kaum lesbar, und aus der Biographie, die ich vor 1000 Jahren las, blieben mir nur diese Anekdoten im Gedächtnis. In der DDR galt er als Begünder der Dialektik und Vorläufer von Karl Marx. :)

    Und natürlich steht mir Schopenhauer näher, aber sowas von dermaßen ... Schopenhauer ist auch ein "Sprachmeister". Es macht großen Spaß, den "witzigen Waisen" zu lesen, er weitet den Bick ungeheuer.

    Wiesner19 ,ich habe Hegel noch als Schüler gelesen und fand die "Phänomenologie des Geistes" sogar recht eingängig, wenn auch in dem typisch verquasten Deutsch der Gelehrten dieser Zeit. Schopenhauer und Nietzsche hat mir erst mein Vater nähergebracht, von denen war ich dann gleich angetan, die stehen meinem Weltbild nahe.;) Ansonsten bin ich eher bei den Stoikern Epiktet und Epikur angesiedelt, auch die Römer mag ich natürlich ob ihrer Rationalität. Mein Lieblingsphilosoph aber ist und bleibt Baruch de Spinoza, er hat uns heute noch viel zu sagen.:wave

  • Schopenhauer und Nietzsche galten als erzreaktionär, so dass sie in der DDR (meine Jugend) natürlich nicht verlegt wurden. Interessant das mit deinem Vater. Dito. Bei mir war es so, dass einer Tages aus dem Nichts heraus mein Vater am Küchentisch Nietzsche zitierte. - Boah eh, wer zum Teufel ist das? :grin

    Verbotene Früchte sind süß, ich besorgte mir über Umwege die Lektüre und war begeistert.

    Spinoza habe ich noch nie gelesen. Wird wohl mal Zeit.

    Und natürlich mag ich auch die Stoiker. Epikur, Seneca, und Mark Aurels "Selbstbetrachtungen" schleppe alle paar Jahre wieder ein Weilchen mit mir rum. :wave

  • Schopenhauer und Nietzsche galten als erzreaktionär, so dass sie in der DDR (meine Jugend) natürlich nicht verlegt wurden. Interessant das mit deinem Vater. Dito. Bei mir war es so, dass einer Tages aus dem Nichts heraus mein Vater am Küchentisch Nietzsche zitierte. - Boah eh, wer zum Teufel ist das? :grin

    Verbotene Früchte sind süß, ich besorgte mir über Umwege die Lektüre und war begeistert.

    Spinoza habe ich noch nie gelesen. Wird wohl mal Zeit.

    Und natürlich mag ich auch die Stoiker. Epikur, Seneca, und Mark Aurels "Selbstbetrachtungen" schleppe alle paar Jahre wieder ein Weilchen mit mir rum. :wave

    Da haben wir einiges gemeinsam, der Marc Aurel ist bei mir auch in Köln und Würzburg doppelt vorhanden.

    Der liebste Spruch meines Vaters von Schopenhauer war:

    "Alle Geister sind dem unsichtbar, der keinen hat".

    Den haben wir sehr oft zu hören bekommen. :wave

  • By the way: Wenn ich meinte „kaum lesbar“, so meinte ich natürlich nicht, dass er nicht zu verstehen wäre. Auf keinen Fall! Es geht einfach um das, was der geniale Schopenhauer bemängelte: verquastes, gestelztes Deutsch, mit dem Hegel simple, banale Gedanken – ganz im Geiste seiner Zeit – in möglichst umständlichen Satzkonstruktionen versteckt. Wir haben das auch heute noch. Die „Geisteswissenschaften“ haben den Naturwissenschaften nichts Substanzielles entgegenzusetzen, so flüchten sie sich zuweilen in möglichst unverständliches Kauderwelsch (damit meine ich jetzt nicht Heidegger, den ich sozusagen in extremer, außerordentlicher Situation gewissermaßen "erfahren" habe). Hochintelligente Naturwissennschaftler schauen auf viele dieser Ergüsse wie auf die Manifestationen von Geisteskranken - .