Tom Wolfe - Ich bin Charlotte Simmons

  • Charlotte stammt aus einer 900-Seelen-Gemeinde in North Carolina und hat ein Stipendium an der traditionsreichen Dupont-Universität erhalten. Sie freut sich auf den Olymp der Gelehrsamkeit.
    Aber schnell wird ihr dann klar, was wirklich zählt. Schicke Klamotten, Besäufnisse und natürlich Sex.
    Drei Männer bemühen sich um ihre Gunst. Der Basketballstar JoJo, sowie der "coole" Hoyt und dann Adam, ein verkappter Intellektueller.
    Charlotte steht auch in Dupont unter dem Einfluß ihrer religiösen Mutter.


    Sie erwählt dann von den drei männlichen Wesen den Falschen und braucht lange um anschließend ihren Selbstverlust zu kompensieren.


    Tom Wolfe wird auch als "Amerikas Zeitgeist" bezeichnet. Sein Campusroman hält leider nicht ganz das was man von Wolfe erwartet. Das Buch geht in rasantem Tempo los verliert dann aber nach zwei Dritteln dieses Tempo. Der Schluß des Buches ist banal aber vielleicht musste ja ein Happy End her.


    Es ist kein schlechtes Buch, leicht zu lesen - aber man hat im Leben nichts versäumt, wenn man es nicht gelesen hat.


    Aufgrund seines Umfanges leider nicht für die U-/oder S-Bahn geeignet. :grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Morgana
    Ich habe Deinen Beitrag mal um die ISBN-Nr. ergänzt... ;-)


    Danke. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Ich hatte schon einen Beitrag im Fernsehen gesehen und in der FAZ(war es die?) eine Kritik gelesen,bei denen das Buch schlecht wegkam und nun noch diese Rezi :-(
    Schade,Fegefeuer der Eitelkeiten und Ein ganzer Kerl sind mE nach beides hervorragende Bücher,die ich bestimmt noch ein zweites mal lesen werde.
    Aber dieses werde ich mir dann wohl ersparen...

  • Ich habe das Buch - mein erstes von Tom Wolfe - sehr gern gelesen. Seine Sprache gefällt mir über die Maßen gut. Er findet Metaphern, die wirklich neu sind. "Ihr Haar war scheuerlappenfarben."
    Auch die Schilderung seiner Charaktere finde ich sehr gelungen. Am besten aber gefiel mir die Darstellung des Prozesses, in dem Charlotte "die Provinz abstreift". Mein Gott, da beschreibt ein älterer Herr den Vorgang des erwachsen Werdens aus der Sicht eines Mädchens!!


    Gleich habe ich mir Fegefeuer der Eitelkeiten gekauft und warte nun auf den Urlaub.

  • Hm. Ich war von "Fegefeuer der Eitelkeiten" begeistert und von "Ein ganzer Kerl" sehr enttäuscht. Ich warte mal noch ein paar Kritikerstimmen ab, ehe ich mich an dieses Buch heranwage...

  • Alsoooo,
    gestern habe ich das Buch zu Ende gelesen und ich fand es eher langweilig. Zum Teil war es so langatmig, dass ich die Stellen quergelesen habe. Andere Stellen haben mich andererseits so fasziniert, dass ich das Buch nicht aus der Hand legen konnt.
    Ich denke mal, dass es ganz schlau wäre das Buch erstmal aus der Bücherei zu leihen und wenn es einem nach ca. der hälfte immer noch gefallt zu kaufen.

    ... Liebe, die, weil sie nie genung bekommt,
    stets schon im Augenblick lebt, der noch kommen wird.
    Marcel Proust

  • Hallo zusammen,


    ich habe das Buch in den Weihnachtsferien gelesen und war begeistert. Es ist eines meiner drei persönlichen Highlights aus 2006.


    Schon das "Fegefeuer der Eitelkeiten" fand ich überragend und genau so ein pointiertes Abbild der (amerikanischen?) Gesellschaft liefert "Charlotte Simmons". Ich finde es toll beschrieben, wie Charlotte nur durch ihr Nachgeben gegenüber dem Grupenzwang von einer erstklassigen zu einer mittelmäßigen Studentin wird. Zu Anfang ihres Studiums ist es ihr noch wichtig, vor ihrem Prof zu brillieren, später dann, dass sie die richtige Jeansmarke trägt und und mit den richtigen Leuten gesehen wird.


    Wäre ich Deutschlehrer, würde ich das Buch mit meinen Schülern im Unterricht lesen!
    .

    Zitat

    Original von Voltaire


    Der Schluß des Buches ist banal aber vielleicht musste ja ein Happy End her.


    Ich empfand die neue Partnerschaft eher als weiteren intellektuellen Abstieg und von daher keineswegs als Happy End.


    Von mir gibt' s jedenfalls eine uneingeschränkte Empfehlung.


    Grüße
    D

    "Ein Tag ohne Lesen ist wie eine Sünde.
    Ein Tag ohne den Gang in die Wälder ist ein Versäumnis."
    Peter Handke, Schriftsteller

  • OT: "I am Charlotte Simmons"


    Kurzbeschreibung
    (bei amazon geklaut)


    Applaus erfüllt den Saal, als Charlotte zum Podium hochsteigt. Gerade wurde verkündet, dass sie als Erste aus ihrem 900-Seelen-Dorf ein Stipendium für die Dupont University erhält. Endlich wird das hoch begabte Mädchen in den Olymp des Wissens aufgenommen. Doch statt des ersehnten Lebens in einer Welt des Geistes findet sie sich in einem Mahlstrom aus Saufgelagen und sexuellen Ausschweifungen. ICH BIN CHARLOTTE SIMMONS ist ein brillanter Campusroman voller polemischer Spannung, Witz und Verve - und eine aktuelle Bestandsaufnahme des janusköpfigen Amerika, in dem die konservativen Kräfte gegen die liberalen antreten. "Charlotte, du bist dazu bestimmt, Großes zu tun", prophezeit ihr die Lehrerin. Und das hübsche Mädchen vollbringt Großes: Sie schließt die Highschool in ihrem winzigen Nest in den Blue Ridge Mountains als Beste ab und erhält ein Stipendium für Dupont in Pennsylvania. Charlotte ist überglücklich, endlich darf sie in das Paradies der Gelehrsamkeit ziehen. An dieser bedeutendsten Universität des Landes wird sie erstmals auf Gleichgesinnte treffen, die wie sie die Welt zu durchdringen suchen. Doch kaum hat sie voller Idealismus ihr Studium begonnen, wird ihr klar, was an diesem Olymp des Wissens wirklich zählt: schicke Klamotten, sich bis zur Besinnungslosigkeit besaufen und natürlich Sex. In ihrer Naivität hätte Charlotte das nie für möglich gehalten, denn sie - ganz die Tochter ihrer religiösen Mutter - ist selbstverständlich noch Jungfrau. Doch schon bald umwerben sie drei Männer: ein verkopfter "Nerd", der die Welt revolutionieren möchte; ein "Anabolika-Trottel", der einzige weiße Basketballspieler im Uni-Team; und ein auf seinen Vorteil bedachter Schönling. Charlotte erwählt den Falschen - und braucht lange, um wie ein Phönix aus der Asche ihres Selbstverlusts aufzusteigen. Tom Wolfe, Amerikas Mr. Zeitgeist, legt in diesem rasanten und überaus amüsanten Campusroman den gegenwärtig in den USA tobenden Kulturkampf zwischen dem Konservatismus im Süden und dem Liberalismus an der Ost- und Westküste bloß, präzise , schonungslos und voller Allgemeingültigkeit. ICH BIN CHARLOTTE SIMMONS ist nichts weniger als eine "Great American Novel", verfasst in einer atemlos genialischen Sprache.


    Über den Autor
    weil's über Tom Wolfe (*1931) schon einiges zu sagen gibt, verlinke ich hier einfach den entsprechenden wikipedia-Artikel: klick!


    Meine Meinung


    lange hat's bei mir gesubbt; nicht zuletzt aufgrund des beachtlichen Umfangs und weil ich die nicht besonders begeisterten Rezensionen bei Erscheinen der deutschen Ausgabe noch im Hinterkopf hatte.
    Dennoch habe ich das englische Paperback (Ausgabe s.u.; man beachte die ansprechende Gestaltung in den Farben der - fiktiven - Dupont Universität und der Aufmachung eines Shirts bzw. Sport-Trikots derselben :grin ) über den Jahreswechsel in den wenigen freien Stunden förmlich verschlungen.


    Das Buch beginnt sehr clever mit dem fiktiven Eintrag im "Dictionary of Nobel Laureates" über Professor Starling, Psychologie-Professor an der Dupont University, der ein neurologisches Experiment an Katzen durchgeführt hat und nebenbei entdeckte, dass eine starke soziale oder "kulturelle" Atmosphäre mit der Zeit die genetisch bestimmten Reaktionen normaler, gesunder Tiere überlagern kann.


    Dieser einleitende Exkurs ist programmatisch für das Buch und bezieht sich auf die Protagonistin Charlotte Simmons.
    Sie stammt aus ärmlichen Verhältnissen, aus einer Kleinstadt, in der die gleichaltrigen männlichen Mitschüler gerne trinken und Mädchen anmachen. All dem möchte Charlotte, behütet aufgewachsen, von ihrer Mutter auf die Bewahrung ihrer Jungfräulichkeit eingeschworen, von ihrer Lehrerin Miss Pennington gepusht, entfliehen. Ihr Mantra: "Ich bin Charlotte Simmons." - einen Satz, den sie sich immer wieder im Laufe des Buches vorsagt, und der so viel bedeutet wie: "Ich bin etwas Besonderes."
    Ihr Stipendium an der Dupont University scheint ihr dies ermöglichen zu können - ein neues, besseres Leben zu beginnen, nicht mehr die Außenseiterin zu sein.
    Doch die Realität sieht anders aus: in Dupont reagiert mitnichten derjenige, der Leistungen in den Kursen bringt - sondern wer gut aussieht, tolle Klamotten und Geld hat. Wer bei den Jungs guter Sportler, bei den Mädels hübsch ist und einen tollen Sportler als Freund hat.
    Charlotte knickt unter diesem gesellschaftlichen Druck ein und findet sich in einem unlösbaren Konflikt zwischen unvereinbaren eigenen Bedürfnissen und den Erwartungen ihrer Eltern bzw. ihrer Lehrerin und Prof. Starling, bei dem sie einen Kurs besucht, wieder - und dadurch letztlich am Boden.
    Charlotte rappelt sich wieder auf, findet eine Lösung, um allen gerecht zu werden. Doch schließlich - wie wir im letzten Kapitel lesen - zu einem hohen Preis...


    Ich liebe ja Romane, die detailverliebt ganze Welten in meinem Inneren auferstehen lassen, und "Charlotte Simmons" ist ein solches Buch. Ich habe zig-mal darüber gestaunt, wie Wolfe es gelingt, dass ich den Slang der Studenten höre, bis auf die winzigste Nuance eines Halbsatzes oder einer Silbe hin, minimale Gesten noch sehe. Die Charaktere des Romans sind vielschichtig, haben ihre guten und schlechten Seiten, ihre Schwächen, ihre Abgründe und liebenswerten Momente. Jeder einzelne von ihnen "lebt"; Verhaltensweisen sind bis zum Ende des Buches manchmal überraschend, aber trotzdem in sich schlüssig.


    Einen kleinen Kritikpunkt habe ich dennoch:

    aber das ist wirklich nur eine Kleinigkeit, gemessen an der hervorragenden Qualität des gesamten Romans und seines Aufbaus.


    Um es mit "Fegefeuer der Eitelkeiten"/"Bonfire of Vanities" genauer vergleichen zu können, liegt die Lektüre desselben für mich zu lange zurück. Ich kann mich allerdings noch daran erinnern, dass ich mich an der spitzen, schonungslosen Feder Wolfes ebenso erfreut habe wie mich das flaue Gefühl im Magen am Schluss noch lange beschäftigt hat - und genauso ging es mir mit "Charlotte Simmons".
    Bedrückend vor allem, dass die Geschichte wie die geschilderte Universität zwar fiktiv ist - aber deshalb kein bisschen unrealistisch. Im Gegenteil.


    Ein großartiges, wunderbar geschriebenes Buch. :anbet

  • Hmm, ich habe das Buch heute gekauft und den Titel schon vorher einmal gehört gehabt. Aber die Meinungen hier sind nicht so dolle, ich hatte mir eigentlich ziemlich viel von dem Buch erhofft. Mal sehn wie ich es dann empfinden werde :)
    Nach Krabat............

  • Mein erstes Buch von Tom Wolfe und ich bin begeistert! Kaum zu glauben, daß dieses Buch über amerikanische Studenten an einer fiktiven Elite-Uni von einem Mann im fortgeschrittenen Alter geschrieben wurde. Mit einer wunderbar ausformulierten Sprache und glaubwürdigen Beschreibungen der Charaktere erzählt Wolfe die Geschichte der jungen, hochbegabten Charlotte, die in ihrem ersten Semester so einiges erlebt und sich dabei fast selber fremd wird. Im Nachwort erwähnt der Autor, daß er viele Colleges für seine Recherchen besucht hat - was man dem Buch durchaus positiv anmerkt. Das Ende ist vielleicht ein wenig zu rosarot und an einigen Stellen hätte dem Buch durchaus eine Kürzung gut getan, aber ansonsten ein tolles, vielschichtiges Lesevergnügen.