Wintertöchter Trilogie - Gesamtausgabe - Mignon Kleinbek

  • Wintertöchter Trilogie – Mignon Kleinbeck

    Gesamtausgabe

    Pinguletta Verlag

    ISBN: 3948063214

    1234 Seiten, 43 Euro


    Ich weiß gar nicht, wie ich diese drei Bücher beschreiben soll. Als ich jemandem versucht habe, die Handlung auch nur ansatzweise zu schildern, sagte er: „Ups, du liest einen Heimatroman“? Auf die Grundzutaten heruntergebrochen könnte man das tatsächlich so sagen, doch diese Trilogie in die Ecke der Trivialliteratur zu schieben, wäre ein Vergehen. Ich habe mich so gut unterhalten gefühlt und die Handlung ist wirklich alles andere als trivial…


    Es geht um Anna, deren Geburtsumstände schon dramatisch sind, denn als der Vater die Hebamme aus dem Dorf zum einsamen Hof holen will, auf dem seine schwangere Frau Maria kurz vor der Entbindung steht, verunglückt er tödlich. Maria muss Anna alleine zur Welt bringen und merkt sofort, als sie ihr Baby in den Armen hält, dass es die Gabe der Frauen der Familie trägt. Dies macht Anna zu einer besonderen Frau, die sich mit dieser Fähigkeit tief in die Vergangenheit und in die Gegenwart eines Menschen spüren kann. Doch nichts im Leben ist umsonst und so spielt sie jedes Mal mit ihrem Leben, wenn sie solche „Reisen“ unternimmt. Allein ihre Tante Barbara, die Heilkundige des Dorfes, hilft ihr, mit der Gabe umzugehen.


    Das klingt ziemlich mystisch, doch als Gegensatz steht die Schilderung des ärmlichen und entbehrungsreichen Lebens der Bewohner der Forstau, dem österreichischem Bergdorf, in dem die Geschichte spielt. Es finden sich authentische Landschaftsbeschreibungen und immer wieder hochspannende Erlebnisse.

    Als Maria sich endlich nach langer Zeit der Trauer wieder einem Mann zuwendet, beginnt ihr Unglück und das von Anna, denn Roman Wojtek ist das personifizierte Böse. Nicht nur die beiden Frauen leiden unter dem gewalttätigen Mann. Es trifft auch Barbara und viele andere Menschen im Dorf und so liest man sich gebannt durch dieses Buch und kann es gar nicht fassen, wie heftig es im Leben kommen kann…


    Ich habe diese Trilogie förmlich verschlungen. Jeden Abend habe ich mich auf die Lesezeit mit den Frauen der Forstau gefreut und konnte es nicht erwarten, zu erfahren, wie es mit ihnen weitergeht. Erst lauscht man den Erzählungen der alt gewordenen Anna und dann begleitet man ihre Töchter auf dem langen Weg zu sich selbst und ihrer Familie.

    Die mystischen Elemente, die Kräuterkunde, die Ortskenntnis der Autorin und ihre „Gabe“, uns mit in das Geschehen zu zaubern, haben für mich die Magie dieser Trilogie ausgemacht. Lange habe ich kein Buch mehr gelesen, das mich so fasziniert hat. Von mir Daumen hoch und eine absolut begeisterte Leseempfehlung!

    ASIN/ISBN: 3948063214

  • Meine Rezension:


    In der Forstau


    Anna ist vierundsechzig und erinnert sich an ihr Leben in der Forstau, nahe Radstadt in Salzburg. Wehmütig schreibt sie auf, wie sie mit ihrer Mutter Marie am Julianenhof aufgewachsen ist und von klein auf mitgeholfen hat bei der Almwirtschaft, weit weg vom Dorf und dessen Bewohnern. Ihre besondere Gabe, Dinge zu sehen, welche anderen verborgen bleiben, begleitet sie von Geburt an und bringt nicht nur Positives, sondern auch eine Menge an Schwierigkeiten mit sich, auch wenn Tante Barbara Erklärungen liefert. In drei überaus bewegenden Teilen dürfen wir Annas Geschichte mitverfolgen und teilhaben an aufwühlenden Ereignissen.


    In der wunderschönen Forstau spielt sich der Großteil der Handlung ab und führt uns weit zurück ins Jahr 1940, in dem am Dreikönigstag Anna das Licht der Welt erblickt. In einer gelungenen Abwechslung aus tagebuchähnlichen Erinnerungen und einer romanhaften Erzählung sind wir hautnah dabei, wie sich dunkle Wolken über dem Tennengebirge zusammenbrauen und einen Schatten werfen auf Annas Schicksal, das geprägt ist von Niederlagen und Rückschlägen. Mit ihrer bildhaften und detailreichen Schreibweise fesselt Mignon Kleinbek ihre Leser von der ersten Seite an, zuweilen stockt einem der Atem, was Marie und Anna an Bürde zu tragen haben. Die Liebe zur Natur und die Ruhe auf der Alm können nur zum Teil ausgleichen, was das Leben für Mutter und Tochter vorgesehen hat. Mit eindringlichen Worten bringt die Autorin eine sehr berührende Geschichte zu Papier, die sich über viele Jahrzehnte spannt, bis hin ins Jahr 2004. Dabei bleibt die Spannung auf hohem Niveau, die gesamte Trilogie extrem kurzweilig. Wer anfangs im dritten Band meint, der große Zeitensprung kopple die Ereignisse zu stark ab vom bisherigen Geschehen, der wird bald eines Besseren belehrt und begegnet einigen Überraschungen, die das Ende dieser schönen Trilogie bereithält. Allerlei Interessantes über Kräuterkunde, besondere Sinnesempfindungen, Ausgrenzung von Menschen, die auf irgendeine Art „anders“ sind, fließt nach gewissenhafter Recherche in die drei Bücher ein, die Kulisse der abgelegenen Bauernhöfe passt bestens zur Atmosphäre, welche überwiegend vorherrscht. Wer Lust hat, kann auch heute noch zu jeder Jahreszeit auf Annas Spuren wandeln, im Nachwort werden Originalschauplätze genannt.


    Wer sich einlassen kann auf ein entbehrungsreiches Leben am Berg, wer Einklang sucht bei Tieren und in der Natur, daraus Zuversicht und Überlebenswillen schöpfen kann, wer malerische Eindrücke von Österreichs Bergwelt schätzt, tief verschneite Winterlandschaften und anstrengende Sommer als Senner auf der Alm, darüber hinaus eine überwältigende Familiensaga mit ungewöhnlichen „Gaben“ sucht, der ist mit der Wintertöchtertrilogie von Mignon Kleinbek bestens beraten. Ich empfehle diese drei Bücher (in einem Band) jedenfalls sehr gerne weiter!



    Titel Wintertöchter Trilogie

    Autor Mignon Kleinbek

    ISBN 978-3948063214

    Sprache Deutsch

    Ausgabe Taschenbuch (1234 Seiten), ebenfalls erhältlich als Einzelbücher (Taschenbuch, ebook, Hörbuch)

    Erscheinungsdatum 1. August 2021

    Verlag Pinguletta


    ASIN/ISBN: 3948063214


  • Teil 1 und 2 fesselten mich total, Teil 3 kam leider überhaupt nicht an die Vorgänger heran

    * * *

    Im letzten NetGalley Adventskalender fand ich die gesamte Wintertöchter-Trilogie der mir bislang unbekannten Autorin Mignon Kleinbek. Obwohl ich das Rezensionsexemplar bestellt hatte, weil mich die Inhaltsangabe reizte, dauerte es eine ganze Weile, bis ich mit der Lektüre begann. In den letzten Tagen las ich nun alle Teile. Ursprünglich hatte ich nicht vor, die drei Bücher gleich hintereinander weg zu lesen. Allerdings fesselten mich die ersten beiden so sehr, dass ich jeweils sofort wissen wollte, wie es mit der Geschichte weitergeht.


    Teil 1 und 2 spielen in den Jahren von 1940 bis 1957 und sind in einer der damaligen Zeit angepassten schönen, einfachen und trotzdem sehr bildhaften Sprache geschrieben, abwechselnd in der dritten Person aus verschiedenen Perspektiven und in der ersten Person aus der Perspektive der Ich-Erzählerin Anna. Diese schreibt als 64-jährige Frau ihre Geschichte nieder und das ist immer kursiv dargestellt. Beide Erzählweisen ergänzen sich dabei hervorragend und ich war jeweils von Anfang bis Ende in der Geschichte gefangen.


    Die Hauptfiguren eroberten mein Herz jeweils in kürzester Zeit, ich litt oder freute mich mit ihnen und konnte mir sowohl die Personen, als auch die Örtlichkeiten richtig gut vorstellen. Längen empfand ich nie. Das Kopfkino war von Anfang bis Ende vorhanden und auch den etwas mysteriösen Teil um die Gabe der Frauen mochte ich sehr. Im zweiten Teil empfand ich im Nachgang zwar handlungstechnisch einige kleine Unstimmigkeiten und es blieben für mich auch ein paar wichtige Fragen offen. Dennoch war ich immer noch begeistert.


    Leider änderte sich das im dritten Teil dann drastisch. Der spielt hauptsächlich in der Gegenwart der Jahre 2004/2005 und wird, bis auf einige Passagen in der ersten Person, die ich aus den beiden Vorgängern bereits kannte und einem Rückblich in das Jahr 1957, in der dritten Person, meistens aus der Perspektive der mir bis dato unbekannten Helena erzählt.


    In den Vorgängern hatte ich als Leserin durch die Wechsel der Erzählweisen meistens einen doch ganz beträchtlichen Informationsvorsprung und war permanent gefesselt. Das fehlte mir hier vollkommen. In der Einlese Phase freute ich mich zwar noch, denn mir war sofort klar, wer Helena ist, doch schon kurze Zeit später gingen mir sie und ihre Schwester Christina mit ständigen Streitereien gehörig auf die Nerven. Hätte ich nicht dagestanden, dass die beiden Frauen 48 Jahre alt sind, hätte ich sie, wegen ihrer, aus meiner Sicht oft unpassenden Dialoge mit sich ständig wiederholenden Mustern, für pubertierende Teenager gehalten.


    Weiterhin empfand ich handlungstechnisch etliche Unstimmigkeiten zu den Vorgängern. Auch viele der Beschreibungen um die eher fantastischen Geschehnisse mit der Gabe, kamen bei mir diesmal gar nicht gut an. Sie wirkten auf mich teilweise wirr, überladen mit bildhaften Vergleichen und trotzdem oder gerade deshalb irgendwie überhaupt nicht mehr verständlich und fassbar. Im Vergleich zu den beiden ersten Teilen war das für mich ein total harter Bruch.


    Ich quälte mich diesmal regelrecht durch das Buch und war total traurig darüber, dass mir selbst die in den ersten beiden Teilen so lieb gewonnenen Figuren diesmal fremd wurden und mir die neu Hinzugekommenen nicht näherkamen. Es wurden zwar die Fragen beantwortet, die für mich nach dem Lesen des zweiten Teils offengeblieben waren. Trotzdem empfand ich Handlung insgesamt überhaupt nicht mehr authentisch, sondern eher als wild zurechtkonstruiert und das Friede-Freude-Eierkuchen Ende empfand ich als schnulzig. Schade!


    ASIN/ISBN: 9783948063214