Lyneham - Nils Westerboer

  • Lyneham

    Nils Westerboer

    Klett Cotta

    ISBN: 3608987231

    496 Seiten, 18 Euro


    Henry Meadows und seine Geschwister gehören zu den Menschen, die das Glück hatten, die sterbende Erde mit einem Raumschiff zu verlassen, um auf dem urzeitlichen Mond „Perm“ ein neues Leben zu beginnen. Mildred, die Mutter von Henry und seinen Geschwistern, war Wissenschaftlerin auf der Erde und entschied sich, noch auf ein schnelleres Raumschiff zu warten, um die langsamer reisenden Schiffe zu überholen und die Lebensumstände auf Perm schon für die neuen Bewohner optimal zu gestalten.


    Als die Familie eintrifft, sind sie fasziniert von Perm, jedoch können sie nur in Biosphären überleben, da die äußeren Bedingungen überlebensfeindlich sind. Die Atmosphäre hat noch nicht genug Sauerstoff, es gibt gefährliche Tiere, die unsichtbar sind und eine Anomalie arbeitet sich über das Land und zerstört alles, was sie wahrnehmen kann.


    Der Leiter des Unternehmens für das Mildred arbeitet, hat für die Menschen bestimmte Pläne und erwartet, dass alle seinen Forderungen entsprechen, doch Mildred kann das nicht akzeptieren und geht ihren eigenen Weg. Dieser Weg wird das Schicksal ihrer Familie beeinflussen und ernste Folgen für die Besiedelung Perms nach sich ziehen…


    Vorab der Hinweis; wer Chemie und Physik liebt, der wird hier voll auf seine Kosten kommen. Die Schilderungen von Perm und die Art, wie Mildred wissenschaftlich an ihre Projekte herangeht, setzen voraus, dass man Naturwissenschaften zumindest ein wenig mag. An manchen Stellen hätte ich mir ein paar Erklärungen durch den Autor gewünscht. So habe ich bis zum Schluss kein Bild von der immer wieder genannten „Windleite“ gehabt, aber das tat meinem Lesevergnügen keinen Abbruch.


    Ich war fasziniert von der fremden Welt und den beschriebenen Lebensumständen auf Perm. Wissenschaft, Intrigen, neue Welten, viel Technik und mitten darin Henry und seine Familie, mit deren Augen wir das Ganze sehen dürfen, haben dies Buch so faszinierend für mich gemacht.


    Und ich denke, ich verrate nicht zu viel, wenn ich sage, dass man sich auf einen außergewöhnlichen Showdown und ein überraschendes Ende freuen kann.

    Mein Fazit: Ein sehr guter und kluger Science-Fiction-Roman, dessen Bilder ich noch lange in Erinnerung behalten werde…


    ASIN/ISBN: 3608987231

  • Ein Science Fiction, der alles hat, was ein gutes Buch dieses Genres ausmacht: Menschen auf der Suche nach einer neuen bewohnbaren Welt; ein unbekannter und fremdartiger Himmelskörper irgendwo in den Weiten des Weltraums; futuristische Zukunftstechnologien, fantasievolle Geschöpfe und vielseitige Charaktere. Dazu kommen ethische Fragestellungen, die unaufdringlich aufgeworfen werden. Mit dem Buch zeigt Westerboer, dass auch deutsche Autoren gelungene SF schreiben können! Leider gibt es aber auch einige Kritikpunkte.


    Das Buch beginnt sehr spannend mit der unsanften Landung des zwölfjährigen Henry auf dem Mond Perm in einem fernen Sonnensystem. Sofort war ich mittendrin in der Geschichte und wollte das Buch gar nicht mehr aus der Hand legen. Leider bleibt die Spannungskurve aber nicht so, denn es folgt ein langes und manchmal auch etwas langatmiges Kennenlernen von Henry und Perm. Erst gegen Ende überschlagen sich die Ereignisse, es kommt zu völlig unerwarteten und fantasievollen Wendungen und wird nochmal sehr nervenaufreibend.


    Ein weiterer Kritikpunkt ist das Alter von Henry. Anfangs war ich mir nicht sicher, ob die Zielgruppe nicht doch eher Jugendliche sind. Sind sie wohl nicht, dafür ist das Buch deutlich zu komplex und mit zu vielen naturwissenschaftlichen Details gespickt. (Ich sage nur Entropie!). Nachträglich verstehe ich zwar, warum der Autor einen Heranwachsenden in das Zentrum seiner Geschichte gestellt hat, für mich persönlich hätte es aber doch weniger Coming-of-age sein dürfen.


    Neben Henrys Geschichte gibt es auch Kapitel über Henrys Mutter, die zu einer anderen Zeit als eine der ersten auf Perm versucht, die Besiedelung der neuen Welt für die nachfolgenden Menschen vorzubereiten. Als Forscherin und Biologin finden sich hier die angesprochenen naturwissenschaftlichen und auch technischen Einzelheiten. Auch wenn ich solche Infos in Romanen meist gerne lese, waren es mir hier stellenweise doch zu viele (und zu wenig vorstellbare) Details.


    Fazit: Ein fantasievoller und stellenweise sehr spannender Science Fiction. Ich habs trotz einiger Kritikpunkte gerne gelesen und vergebe acht gute Eulenpunkte (von zehn).

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • In einer nicht näher bezeichneten Zukunft müssen die Menschen die Erde verlassen, da sie unbewohnbar wurde, nur noch in wenigen Biomen warLeben möglich gewesen. Ziel ihrer Reise ist Perm, ein Mond, der sich nur begrenzt als habital erweist.


    Erzählt wird aus zwei verschiedenen Perspektiven und in zwei Zeitebenen jeweils in Ich-Form. Der zwölfjährige Henry ist mit seinem Vater und zwei Geschwistern gerade im Anflug auf Perm, als es Probleme gibt, die zu einem Absturz führen. In kursiv erzählt eine Forscherin, die mit der sogenannten Impulsmission mit als Erste auf Perm gelandet ist, über ihre Bemühungen, Perm bewohnbar zu machen.


    Nils Westerboer konnte mich schon mit „Athos 2643“ überzeugen, mit „Lyneham“ hat er bei mir sogar ein regelrechtes Wow-Gefühl ausgelöst. Der Roman ist vielleicht nicht immer leicht zu lesen, man muss sich schon ein bisschen darauf einlassen, auch auf die wissenschaftlichen Hintergründe, im Anhang gibt es übrigens ein Glossar, aber zu wissenschaftlich wird es meiner Meinung nach nicht, und ist auch leichter zu lesen als der oben schon erwähnte Roman.


    Einen zwölfjährigen als Protagonisten in einem Science Fiction-Roman für Erwachsene zu wählen, ist schon ein bisschen mutig, aber aus Henrys kindlicher Sicht, und im Kontrast zu der anderen Perspektive, passt das ganz gut. Nicht immer konnte ich die Gedanken und Handlungen der Protagonist:innen gutheißen, aber verstehen, warum sie so handeln, schon.


    Nils Westerboer hat die fremde Welt interessant, phantasievoll und bildreich gestaltet, zu Beginn gibt es zwei Karten, so dass man Wege nachvollziehen kann. Die Charaktere empfinde ich als gelungen, auch die nicht-menschlichen. Es gibt spannende Momente, ein paar Überraschungen und Aha-Effekte. An einem gewissen Punkt war ich kurz davor enttäuscht zu sein, die weitere Entwicklung passte dann doch gut, so dass ich auch mit dem Ende zufrieden war.


    Der Roman hat mich nicht nur gut unterhalten, ich bekam auch Gründe zum Nachdenken geliefert, er hatte sogar schnell einen Wow-Effekt auf mich. Welt und Charaktere sind gelungen, gerne empfehle ich den Roman Science Fiction Fans und freue mich auf weitere Werke des Autors.