Claire Winter las am 15.05.2025 in Kerpen-Horrem aus "DIe Erbin"

  • Die Buchhandlung WortReich ist eine kleine, aber offenbar sehr feine Buchhandlung im Herzen von Kerpen-Horrem. Hier fand am 15.05.2025 eine Lesung mit Claire Winter statt, die aus ihrem neuesten Roman „Die Erbin“ las.


    Es waren schon jede Menge Leute vor Ort, als ich dort eintraf. Vor dem Einlass blieb noch ausreichend Zeit, das Sortiment der Buchhandlung zu durchstöbern oder den Roman des Abends für eine spätere Signatur zu erwerben.


    Dann wurde auch schon die Treppe zum „Wohnzimmer“ der Buchhandlung freigegeben. Hierbei handelt es sich um einen eigens hergerichteten Raum für Veranstaltungen, der sich schnell füllte. Das Ambiente war perfekt für einen Roman der zu einem großen Teil in den 1950er Jahren spielt, schließlich fanden sich an den Wänden Bilder aus dieser Zeit und auch das Mobiliar war passende Dekoration dazu.


    Pünktlich um 19:30 Uhr ging es los. Zunächst sprach Herr Witton von der Buchhandlung einige Begrüßungsworte und auch die zuständige Dame von der örtlichen VHS, in deren Kooperation die Veranstaltung stattfand, begrüßte die anwesenden Zuhörer. Dabei blieb nicht unerwähnt, dass Claire Winter bereits vor zwei Jahren aus ihrem Buch „Kinder des Aufbruchs“ in der Buchhandlung WortReich gelesen und damals versprochen hat, mit ihrem neuen Roman wiederzukommen. Zur Lesung von „Die Erbin“ hatte sie sich also quasi selbst eingeladen.


    Dann begann die Lesung. Claire Winter schilderte zunächst einleitend den Hintergrund der Geschichte und stellte die handelnden Personen ein wenig vor, erwähnte hierbei auch insbesondere das Rollenbild der Frau in den 1950er Jahren, bevor sie mit der ersten Passage, der Begegnung Cosima Liefensteins mit dem Journalisten Leo Marktgraf, begann. Claire Winter hat eine sehr angenehme, warme Erzählstimme und so lauschten wir der Erzählung, die einen guten Einblick in Cosimas Welt gab, aber noch nicht zu viel verriet.


    In den Überleitungen zwischen den gelesenen Abschnitten erzählte Claire Winter von der Geschichte im Roman und ordnete diese in den zeitlichen Kontext ein. Es kam dabei auch zur Sprache, dass ursprünglich angedacht war, die Geschichte auf Basis einer real existierenden Unternehmerfamilie zu erzählen. Dies wurde jedoch wieder verworfen, da zum einen die künstlerische Freiheit beschränkt worden wäre und zum anderen juristische Gründe dagegen sprachen. So blieb es bei der fiktiven Familie Liefenstein, deren Handeln während der Kriegsjahre jedoch stark an die realen Begebenheiten angelehnt ist.


    Claire Winter verstand es gekonnt, ihre Zuhörer in den Bann zu ziehen. Die Geschichte spricht für sich, aber auch die sympathische Art der Autorin tat ihr Übriges dazu. Da ich den Roman schon kannte, fand ich persönlich es sehr faszinierend, wie einzelne Sätze im Nachhinein eine wichtigere Bedeutung einnehmen, als sie das beim ersten Mal lesen taten. Insgesamt waren die Passagen gut gewählt, denn sie gaben einen guten Einblick in die Welt der Liefensteins ohne zu viel von den spannenden Inhalten zu verraten oder vorweg zu nehmen.


    Im Anschluss an die Lesung wurde noch Gelegenheit gegeben, Fragen zu stellen, was von den anwesenden Zuhörern rege in Anspruch genommen wurde. Die Fragen waren vielfältig und drehten sich einerseits generell um den Schaffens- und Entstehungsprozess eines Buches und andererseits speziell um den historischen Kontext des Romans. Claire Winter nahm sich Zeit, jede Frage ausführlich zu beantworten. So erfuhren wir zum Beispiel, dass sie eine eher emotionale Autorin ist, welche sich Geschichten beim Schreibprozess visuell vorstellt und sie vor Fertigstellung eines Skripts regelrecht in einen Schreibrausch verfällt.


    Betroffen machte die Einschätzung einer Zuhörerin, dass sich Geschichte stets wiederholt und die Menschen nichts daraus gelernt haben, woraufhin Claire Winter erzählte, dass sie vor zehn Jahren, als sie an „Die verbotene Zeit“ schrieb, noch dachte, wie glücklich sie darüber ist, dass solche Zeiten weit entfernt sind. Beim Schreiben von „Die Erbin“, so sagte sie, war es genau umgekehrt.


    Der Abend endete nach zwei Stunden, die wie im Flug vergangen waren. Es war eine sehr lohnende Lesung und eine sehr gute Ergänzung zur Leserunde. Ich konnte auch ein paar Worte mit Claire Winter wechseln und freue mich über die persönlichen Worte auf meiner Eintrittskarte, die ich gerne zurückgebe: „Schön, dass wir uns kennenlernen….“ [durften].

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