"Schau der Welt direkt in die Augen" von Eva Grübl

  • 416 Seiten


    Über die Autorin

    Eva Grübl studierte Grundschullehramt und Gehörlosenpädagogik. Sie unterrichtet in Österreich an einem Landesschulzentrum für Hör- und Sehbildung. Das Schicksal von Helen Keller und Anne Sullivan hat sie so bewegt, dass sie ihnen diesen großen, emotionalen Roman widmet.


    Kurzbeschreibung

    Boston, 1886. Anne Sullivan ist 21 Jahre jung, als sie in den Süden der USA geht, um das taubblinde Mädchen Helen Keller zu unterrichten. Während Anne eine Kindheit voller Entbehrung und Gewalt erleben musste, wächst die kleine Helen in einer reichen und liebevollen Familie auf. Dennoch ist sie unbändig und voller Wut, denn ihr fehlt der Zugang zur Welt. Anne wird Helens Vertraute und Begleiterin. Sie wird ihr Schritt für Schritt ins Leben helfen und ihr ermöglichen, zu strahlen und später als Schriftstellerin der staunenden Welt ihr ganzes unglaubliches Potenzial zu zeigen.


    Anne begleitete Helen vierundzwanzig Stunden am Tag und verzichtete auf konservative Methoden, feste Stundenpläne und Vokabellisten. Sie sprach mit Helen, indem sie Buchstabe für Buchstabe ganze Sätze in ihre Handfläche buchstabierte. Lange verstand Helen den Zusammenhang nicht. Erst als Anne kaltes Wasser über Helens Hand laufen ließ, während sie ihr gleichzeitig das Wort »Wasser« in die Hand schrieb, begriff Helen, dass Dinge einen Namen haben – und lernte perfekt, mit Worten zu kommunizieren.


    Meine Rezension

    Von Helen Keller hatte ich natürlich gehört – aber außer, dass sie taubblind war, wußte ich nur wenig über diese erstaunliche Frau. Doch man kann ihre Vita nicht erzählen, ohne auch auf ihre Lehrerin Anne Sullivan einzugehen, die Helen Keller quasi aus Dunkelheit und Stille befreit hat. Dieser biographische Roman erzählt die Geschichte dieser beiden faszinierenden Frauen.


    Anne Sullivan wuchs in schlimmen familiären Verhältnissen auf und kommt nach dem Tod ihrer Mutter zusammen mit ihrem kränklichen kleinen Bruder ins Armenhaus Tewksbury, in dem unsägliche Zustände herrschen. Durch eine unbehandelte Krankheit ist sie nahezu blind. Doch nachdem sie auch noch ihren geliebten Bruder verloren hat, tritt endlich eine Wende zum Besseren bei ihr ein: so wird ihr ein Besuch der Perkins Blindenschule ermöglicht und sie erfährt endlich Bildung in ihrem Leben, nachdem sie vorher nie eine Schule besuchen konnte. In der Perkins Blindenschule lebt Laura Bridgman, eine taubblinde Handarbeitslehrerin, mit der Anne sich anfreundet und mit der sie über das Fingeralphabet kommuniziert.


    Helen Keller hingegen kommt aus gutem Hause und wächst wohlbehütet in einer liebevollen und wohlhabenden Familie auf. Doch leider ertaubt und erblindet sie als kleines Kind nach einer Krankheit und ist mehr oder weniger gefangen in sich selbst. Ihr Unvermögen, sich mitzuteilen, führt oft zu unkontrollierten Wutanfällen.


    Anne wird zu Helens Lehrerin, doch der Weg bis zu dem Punkt, als Helen versteht, was die Berührungen, die Anne in ihre Hand tastet, bedeuten, ist sehr lang. Doch dann ist es, als würde man die Büchse der Pandora öffnen: Helens Wille sich mitzuteilen und zu lernen, lernen, lernen, ist unerschöpflich. Letztlich kann sogar Anne als ihre Lehrerin nicht mehr mithalten, da ihr hier irgendwann schlicht und ergreifend die entsprechende Bildung fehlt.


    Wir begleiten die beiden Frauen auf ihrem gemeinsamen Weg aus der Dunkelheit und der Stille und erfahren viel aus ihrer beider Leben. Helen Keller wurde eine Schriftstellerin – an ihrer Seite über sehr lange Zeit immer Anne als ihre Lehrerin und Stimme. Es war faszinierend zu lesen, wie talentiert und unermüdlich Helen war – ebenso spannend fand ich es zu erfahren, wie sehr Anne ihr Leben dem von Helen über lange Zeit untergeordnet hat.


    Dabei war der Roman sehr flüssig und gut zu lesen, ich habe mich bei der Lektüre sehr gut unterhalten. Ganz klare Leseempfehlung für diese wunderbare Romanbiographie und einen herzlichen Dank an die Autorin Fevi für die Begleitung unserer Leserunde. Da Eva Grübl selbst im Bereich der Gehörlosenbildung tätig ist, kann sie natürlich aus erster Hand informatives Wissen vermitteln, das empfand ich als sehr bereichernd.


    Ich kannte Eva Grübl bisher noch nicht als Autorin, aber ich werde sie auf jeden Fall auf dem Schirm behalten, da mir das Buch ausgesprochen gut gefallen hat.


    ASIN/ISBN: 3492073387

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zusammenfassung:

    Taub und blind kommt Helen Keller in Alabama im ausgehenden 19. Jahrhundert zur Welt. Eingeschlossen in stiller Dunkelheit, unfähig mit der Umwelt zu kommunizieren, verbringt sie dennoch 5 relativ freie unbeschwerte Jahre, von ihrer Familie geliebt aber auch missverstanden. Erst als die Lehrerin Anne Sullivan in ihr Leben tritt, kann Helen die wahre Welt begreifen. Sie lernt durch Annes Geduld, dass alles einen Namen hat, dassman über ein Fingeralphabet, das Helen innerhalb kürzester Zeit erlernt, mit anderen "sprechen" kann. Es stellt sich heraus, daß Helen hochbegabt ist und auch die Brailleschrift, die Quadratschrift, mehrere Sprachen und sogar das Sprechen erlernt. All dies verdankt sie aber vor allem Anne Sullivan, die eine regelrechte Symbiose mit ihr eingeht und dadurch an ihrem eigenen, geschwächten, Körper Raubbau betreibt.


    Gleichzeitig erfahren wir nämlich auch ihre Geschichte. Aufgewachsen in ärmlichen Verhältnissen, mit einem trinkenden Vater einer schwachen Mutter und kranken Geschwistern. Durch eine bakterielle Erkrankung an den Augen, einem Trachom, das aus Geldnöten nicht behandelt wird, erblindet Anne fast vollständig. Nach dem Tod der Mutter landet sie im Armenhaus unter menschenunwürdigen Bedingungen. Durch eine glückliche Fügung kommt sie an die Blindenschule nach Boston, an der sie lesen, schreiben und so vieles mehr erlernt. Nach vielen vielen missglückten Operationen gelingt endlich eine und Anne kann wieder sehen. Wenn auch nur schlecht und zum Lesen braucht sie eine Lupe. Eigentlich muss sie ihre Augen schonen, doch für Helen und ihren Ehrgeiz schlägt sie die Warnungen der Ärzte in den Wind.


    Viele glückliche Zeiten, aber auch viele Schwierigkeiten stellen sich Helen und Anne in den Weg. Immer zusammen erleben sie Höhen und Tiefen, die manchmal ihre Freundschaft auf die Probe stellen. Denn Helen bekommt von der Gesellschaft höchste Anerkennung für ihre herausragenden Leistungen, wohingegen von Anne kaum jemand Notiz nimmt. Dabei war es doch sie, die Helen von der Dunkelheit ins Licht der Welt brachte.


    Fazit:

    Eva Grübl beschreibt in wunderbarer, intensiver Sprache die Leben dieser 2 außergewöhnlichen starken Frauen. Da die Autorin selbst in der Gehörlosen-Bildung tätig ist, merkt man, dass sie ihr Wissen nicht nur aus Büchern und Recherchen hat, sondern aus dem realen Leben mitbringt. Ein toller Roman, ich bin sehr froh ihn gelesen zu haben und nun die Leistungen sowohl von Helen Keller als auch von Anne Sullivan würdigen zu können.


    9/10 Punkten


    ASIN/ISBN: B0DHW2ZBKF

  • Manchmal fällt mir die Inhaltsbeschreibung eines Buches in die Hände und ich weiß sofort, dass ist mein Thema, das muss ich lesen. So erging es mir bei "Schau der Welt direkt in die Augen" von Eva Grübl. Ich mag Titel, die etwas aussagen und ich liebe Bücher, in denen reale Personen eine Rolle spielen.


    Die Lebensgeschichte von Anne Sullivan und Helen Keller ist es wert, dass sie neu erzählt wird. Anne wächst Ende des 19. Jahrhunderts in ärmlichsten Verhältnissen im Nordosten der Vereinigten Staaten auf. Als die Mutter stirbt verlässt der Vater seine Kinder, von denen zwei daraufhin im Armenhaus landen. Die Jahre dort sind für Anne und ihren Bruder nicht nur wegen der unmenschlichen Zustände fürchterlich sondern auch, weil sie ihr Augenlicht verliert und diverse Operationen fehlschlagen. Aber sie hat Glück im Unglück, findet helfende Menschen und schließlich nach langen Jahren der Blindheit einen Arzt, der ihr die Sehkraft weitgehend wiedergibt. Aus dieser harten Zeit erwächst der Wunsch, anderen Kindern zu helfen. Als Lehrerin wird sie von derenen Eltern für die taubblinde sechsjährige Helen engagiert. Mit unglaublicher Geduld und großem Einfühlungsvermögen gelingt ihr ein Zugang zu dem Kind und bald wird klar, dass Helen sehr intelligent und mit einem fotogarfischen Gedächtnis gesegnet ist. Sie überrascht nicht nur Anne und ihre Eltern sondern bald die ganze Fachwelt. Sie erlernt in kürzester Zeit mehrere Blindensprachen, die Blindenschrift zu lesen und später sogar zu sprechen. Helens eiserner Wille und ihre unglaubliche Energie machen es möglich, dass sie mit ihrer Umwelt auf alle nur erdenklichen Arten kommuniziert, Briefe und später sogar Geschichten schreibt, eine Schule besucht und die Aufnahme an einer Universität durchsetzt.

    Anne bleibt ihr Leben lang an Helens Seite als ihre Lehrerin, als ihr Zugang zur Welt, ihre Freundin und Vertraute.


    Mich hat sehr berührt, wie tief man in die Gefühlswelt der zwei Frauen eintaucht. Ihre Schicksale sind teils traurig und dramatisch aber immer wohnt der Geschichte eine zuversichtliche Kraft inne und es ist faszinierend, dass Anne und Helen auch aus tiefen Tälern gemeinsam immer wieder einen Weg finden und dass sich beide durch ihre körperlichen Handicaps nicht einschränken oder beschränken lassen. Der Erzählstil von Eva Grübl ist sowohl eindringlich als auch wahrhaftig und man spürt, dass hinter dem Buch eine sehr umfangreiche Recherche steckt.


    Mit diesem Buch habe ich zwei starke Frauen kennengelernt aber auch ganz allgemein sehr viel über taube und blinde Menschen erfahren und dass man alles erreichen kann, wenn man die Mut und Ausdauer hat es zu versuchen. Und wenn man einen Menschen an der Seite weiß, der die nötige Unterstützung von Herzen gerne gibt. Es war eine große Freude, diese Geschichte zu lesen.

    Hollundergrüße :wave



    :lesend


    Die Hexenholzkrone 2 - Tad Williams

    Die Schwarzgeherin - Regina Denk



    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin,

    daß er tun kann, was er will,

    sondern daß er nicht tun muß,

    was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Anne Sullivan ist 21 Jahre jung, als sie Boston verlässt und in den Süden der USA geht, um das taubblinde Mädchen Helen Keller zu unterrichten. Helen findet keinen Zugang zur Welt, kann sich nicht verständlich machen und hat daher ständig in Wutanfälle. Die Eltern wissen damit nicht umzugehen. Anne jedoch versteht, was in dem Mädchen vorgeht, denn auch sie war oft wütend, weil sie blind und damit sehr eingeschränkt war. Anne setzt sich bei Helen durch und stellt bald fest, dass die Kleine sehr intelligent ist. Sie lernt außergewöhnlich schnell und ihre Wissbegier ist grenzenlos. Anne wird zu ihrer Lehrerin und Begleiterin, der Helen vertraut. So ist es ihr später möglich zu studieren und sich als Schriftstellerin einen Namen zu machen.


    Als sehender und hörender Mensch kann man sich gar nicht in die Situation von Helen und Anne hineinversetzen. Der Autorin Eva Grübl, die an einem Zentrum für hörbeeinträchtigte Kinder unterrichtet, ist es wunderbar gelungen, dem Leser deren Gefühlswelt nahe zu bringen.


    Helen hatte Eltern, welche die Möglichkeit hatten, ihrer Tochter eine Lehrerin zu engagieren, die Helen fördern konnte. Diese Möglichkeit hatte Anne selbst nicht. Sie wächst in einem ärmlichen Elternhaus auf und erhält nicht die notwendige Behandlung, so dass sie erblindet. Nachdem die Mutter gestorben ist, kommen sie und ihr Bruder ins Armenhaus. Dort muss sie arbeiten und wird ansonsten unter den furchtbaren Bedingungen dort sich selbst überlassen. Aber Anne will lernen und ihrer eigenen Beharrlichkeit ist es zu verdanken, dass sie Unterstützung erhält. Sie muss eine Reihe von Operationen über sich ergehen lassen, so dass sie später mit Einschränkungen sehen und zur Schule gehen kann. So ist es ihr möglich, Helen zu unterrichten.


    Helen ist intelligent und wissbegierig und lernt daher schnell. Immer wieder wird vorgeführt, was sie alles erreicht hat. Dabei ist sie aber auch mitfühlend und nimmt Menschen für sich ein. Nur bei Anne nimmt sie wenig Rücksicht und fordert. Anne lässt sich darauf ein und überfordert sich selbst häufig.


    Der Name Helen Keller ist vielen Menschen geläufig. Von ihrer Lehrerin Anne Sullivan, die die Erfolge letztendlich erst ermöglicht hat, hat wohl kaum jemand gehört. Ihr gebührt aber genauso viel Aufmerksamkeit. Beide Frauen zeigen uns, was alle erreicht werden kann, wenn man sich mit Ehrgeiz und Willen für eine Sache stark macht und sich auch durch Schwierigkeiten nicht entmutigen lässt.


    Dies ist ein intensiver und beeindruckender Roman, den ich nur empfehlen kann.

  • In welch einer dunklen Welt manche Menschen leben müssen ...

    Selbstverständlich hatte ich schon von Helen Keller gehört, besonders in Amerika ist sie immer noch sehr präsent. Aber tiefer in ihr Lebensschicksal und natürlich auch das ihrer Lehrerin Anne Sullivan habe ich mich nie begeben. Wie schön, dass ich das nun durch das wunderbare neue Buch der Autorin Eva Grübl ändern konnte.

    Die junge und doch recht unerfahrene Anne Sullivan stellt sich mit dem Unterrichten der nicht nur blinden, sondern auch tauben kleinen Helen Keller einer echten Mammutaufgabe. Helen, die wie ein kleiner Derwisch durchs Leben wirbelt und eine Spur des Chaos hinterlässt, scheint kaum zu bändigen. Ihre hilflosen Eltern lassen sie gewähren, sie sind hoffnungslos überfordert mit ihrer Tochter. Anne hingegen folgt ihrer Berufung und bringt ihrem Mündel mit viel Geduld und auch einigen Rückschlägen schließlich das Fingeralphabet bei, über das sie kommunizieren lernt. Helen ist ein hochbegabtes Kind und so bleibt es nicht lange „nur“ bei genanntem Alphabet, sondern auch Braille- und Quadratschrift kommen über die Jahre dazu. Doch an Anne gehen diese fast übermenschlichen Anstrengungen nicht spurlos vorbei. Sie selbst verlor in jungen Jahren nicht nur ihre Mutter, sondern auch ihr Augenlicht. Übrig bleibt ihr lediglich ein trinkender Vater und ein kleiner kranker Bruder, mit dem zusammen sie schließlich im Armenhaus landet und dort unter menschenunwürdigen Bedingungen hausen muss. Doch Anne hat das unglaubliche Glück durch einen Gönner an die Blindenschule in Boston gehen zu dürfen. Selbst ihr Augenlicht wird ihr wieder gegeben, das sie jedoch schonen muss. Mit Helen an ihrer Seite schlägt sie jedoch jegliche Warnungen diesbezüglich in den Wind …

    Bei Lesen dieses wunderbaren Buchs wurde mir erst bewusst, wie wenig ich doch von den Nöten einer blinden - und in Helens Fall - zudem noch gehörlosen Person weiß. Eva Grübl ließ mich mit „Schau der Welt direkt in die Augen“ in diese Welt eintauchen und ich habe das vermittelte Wissen wie ein Schwamm aufgesaugt. Mit ihrer bildhaften und sehr anschaulichen Schreibweise konnte mich die Autorin zu 100% abholen und begeistern. Von mir gibt es dafür mit fünf Sternen natürlich die absolute Höchstnote verbunden mit einer überzeugten Leseempfehlung. Ich konnte viele Wissenslücken schließen und habe eine neue Hochachtung für alle diejenigen, die mit diesem Handicap umgehen müssen.