Gaea Schoeters - Das Geschenk

  • Klappentext

    Elefanten mitten in der Großstadt, und es werden immer mehr. Was geht hier vor? Rasch muss der Bundeskanzler erkennen, dass die Tiere nicht aus dem Zoo entkommen, sondern ein Geschenk des Präsidenten von Botswana sind. 20 000 Elefanten hat er nach Deutschland geschickt, nachdem die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen beschlossen und damit den armen Regionen Botswanas die Lebensgrundlage entzogen hat. »Ihr Europäer wollt uns vorschreiben, wie wir zu leben haben. Vielleicht solltet ihr es einmal selbst versuchen …«


    Über die Autorin

    Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 hat sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache gewonnen. Für »Trophäe« wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet. 2024 ist ihr Roman »Trophäe«, aus dem Niederländischen von Lisa Mensing, bei Zsolnay erschienen.


    Mein persönliches Fazit

    Schon Schoeters erster Roman hat mich völlig aus den Socken gehauen. Und auch der Nachfolger hat mich begeistert. Damit wandert die Autorin definitiv auf meine persönliche "Must Read"-Liste. Ihr ist auch beim zweiten Buch eine nachdenklich machende und Grenzen auslotende Geschichte gelungen.


    Deutschland beschließt ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen und erhalt das "Dankeschön" 20.000 Elefanten aus Botswana. Über Nacht tauchen die majestätischen Tiere in Berlin auf und versetzen die Berliner Bevölkerung in Staunen und die Politiker in Entsetzen. Was ist jetzt zu tun? Die Probleme erstrecken sich von der Unterbringung der Tiere bis zur Entsorgung ihrer Ausscheidungen. Die Elefanten stellen ein ganzes Land sprichwörtlich auf den Kopf und tragen sogar entscheidend zum Wahlausgang bei.


    Ein großartiges Buch! Modern und das aktuelle politische Geschehen pointiert auf den Punkt gebracht, ergänzt durch einen leisen aber schon schwarzen Humor. Sehr dezent, nicht aufdringlich - grade dadurch hat es für meinen einen ganz eigenen Charme entwickelt und man sich unweigerlich beim Lesen amüsieren muss. Etwa, wenn der Elefantendung kurzerhand zum Staatseigentum erklärt wird oder psychologisch ausgleichende Effekt der Anwesenheit der Elefanten beim Yoga im Stadtpark. Schoeters gefälliger und sehr präziser Stil passt einfach perfekt. Sie kann mit wenigen Worten einen Elefanten in der Spree so gut beschreiben, dass man ihn bildlich vor Augen hat, wie eine bissige Kabinettssitzung vor dem inneren Auge entstehen lassen.

    Zwischen politischen Entscheidungen, die wirtschaftliche, gesellschaftliche und ökologische Belange betrachten und auch den wachsenden Unmut der Bevölkerung abfedern müssen, stellt sich, fast schon versteckt, die Frage, wie sehr ein hochverdichtetes Industrieland sich in die Lebensweise und die Belange eines Landes in Afrika einmischen kann bzw. darf.


    Trotz des Gedankenexperiments hat die Geschichte etwas erschreckend realistisches und man erkennt unschwer alle aktuellen Parteien. Manchmal möchte man laut lachen, manchmal die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Eine wirklich gut und auf den Punkt erzählte Politsatire, die sich für mich zu einem Lesehighlight in diesem gemausert hat und die ich auf jeden Fall in meinem Bekanntenkreis auf Wanderschaft gehen lassen werde.


    ASIN/ISBN: 3552075747

  • Politsatire um tierische Willkommenskultur

    Von Gaea Schoeters Roman "Die Trophäe" war ich sprachlich und inhaltlich begeistert - die Spannung auf ihren neuen Roman "Das Geschenk" war also groß. Vergleichen lassen sich beide Bücher nicht, Schoeters hat sowohl einen anderen Stil als auch ein anderes Thema gewählt (auch wenn es in gewisser Weise durchaus um Afrika geht). Aber auch diesmal wieder großes Lesevergnügen, diesmal mit einer etwas heitereren und zugleich bissigen Note und scharfsinnigem Blick der flämischen Autorin auf den (Berliner) Politikbetrieb.

    Vermutlich war es eine kleine Zeitungsnotiz, die Schoeters zu ihrem neuen Roman inspirierte, als nämlich der Präsident Botswanas nach deutscher Kritik am geplanten Abschuss tausender Elefanten damit drohte, einfach die Elefanten stattdessen ins ach so besorgte Deutschland zu schicken. Genau dies geschieht in "Das Geschenk" - plötzlich baden Elefanten in der Spree, grasen im Berliner Tiergarten und wandern über Autobahnen.

    Bundeskanzler Hans Christian Winkler, der gerade erst ein Elfenbeingesetz verabschiedet hatte, ist nicht amused über die 20.000 Dickhäuter. Ein rechtspopulistischer Politiker, der ohnehin schon immer gegen Migration gewettert hat, wittert Morgenluft für einen politischen Umschwung, der ihn an die Macht bringen soll. Winkler verbreitet "Wir schaffen das!"-Optimismus und beruft als Plan B eine kompetente, aber bisher immer wieder gegen die Männerbünde der Partei gescheitete Politikerin zur Elefantenministerin - wenn etwas schief geht, hat sie die Verantwortung zu übernehmen, während selbstverständlich er die Lorbeeren für eine gelungene Integration der tierischen Einwanderer einzuheimsen gedenkt. Deutschland, ein Elefantenmärchen?

    Naturschutz, Willkommenskultur, politische und mediale Aufgeregtheiten und Intrigen - Schoeters holt in ihrer Politsatire zum großen Wurf aus. Unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich, habe ich beim Lesen gedacht. Denn der Umgang mit anderen Krisen lässt vieles von dem, was in "Das Geschenk" geschieht, irgendwie vertraut wirken. Schoeters hat ein Buch geschaffen, dass selten ist: Es vereint Unterhaltung mit viel Stoff zum Nachdenken. Großartig.

  • Von Menschen und Elefanten


    Noch während der Scholz-Regierung hatte die Bundesregierung beschlossen, die Einfuhr von Jagdtrophäen und Elfenbein zu beschränken, beziehungsweise zu erschweren. Dieses Gesetz wurde zwar von den Grünen sehr begrüßt, stieß aber auf wenig Gegenliebe bei den afrikanischen Ländern. Der Präsident Botswanas bot an, 20.000 Elefanten nach Deutschland zu senden. Aus dieser kleinen Randnotiz hat Gaea Schoeters einen herrlichen Roman gemacht!

    Allein schon der Gedanke von 20.000 Exemplare einer invasiven Art in Berlin lässt allen Nicht-Berlinern das Herz höher schlagen. Aber im Buch taucht auch der Gedanke der Umverteilung auf, und sofort sind Baden-Württemberg und Bayern auf den Barrikaden und verweigern den Elefanten den Zutritt. Spannend (oder eigentlich nicht) war auch die Haltung der Parteien zu beobachten. Anfangs waren die Grünen voll dafür und verteidigten die Rechte der Elefanten, nahm die Zustimmung ab, in den Maßen in denen die Elefanten immer lästiger wurden. Die AfD blieb ihren Leitsätzen treu. In diversen hetzerischen Artikeln ziehen sie über die afrikanischen Elefanten her, die den Deutschen Lebensraum wegnehmen, die deutschen Äcker, den deutschen Wald, die deutschen Flüsse, die deutschen Vorgärten betreten und vor allem DEUTSCHE Autos zerstören. (Der ahnungslose Deutsche rast halt mit seinem deutschen Wagen auf einer deutschen Autobahn in eine Elefantenkuh die die Fahrbahn überqueren wollte) Aber außer den hetzerischen Artikeln und Reden trägt die AfD mit keinem Jota oder Gedanken zur Problemlösung bei. Es geht um den “totalen” Wahlkampf. Denn natürlich stehen Wahlen bevor. Und pünktlich zur Wahl gelingt das Wunder: die Bundesregierung findet einen Abnehmer in Afrika für alle Elefanten.

    Die Probleme, die während des Aufenthaltes der Elefanten in Deutschland entstehen, wie z.B. das Futter für die Elefanten, tausende von Tonnen Dung, die täglich anfallen, durchwühlte Äcker, usw., werden auch angesprochen, mehr oder weniger elegante Lösungen, sogar Export von Dünger, gefunden. Aber der Abtransport nach Afrika löst alle Probleme, die bestehende Regierung gewinnt knapp die Wahlen, zweitstärkste Kraft ist die AfD, Und die kleine Notiz in der Zeitung auf eine der hinteren Seiten geht unter, in der Euphorie der Wahlen.

    Satire in Reinstform, ich habe jede Seite einzeln genossen, wohlwissend, dass 20.000 Elefanten wohl nie in Deutschland Fuß fassen werden.

  • Mitten in der Spree nimmt ein Elefantenbulle ein Bad. Doch schon bald ist da mehr als nur ein Tier und die afrikanischen Elefanten sind nicht mehr nur in Berlin anzutreffen. Bundeskanzler Hans Christian Winkler ist überfordert und ratlos: Wo kommen die wilden Dickhäuter her? Und wie wird man sie wieder los? Das Chaos nimmt seinen Lauf…


    „Das Geschenk“ ist ein satirischer Roman von Gaea Schoeters.


    Der kurze Roman gliedert sich in vier Teile mit mehreren knappen Kapiteln. Erzählt wird im Präsens und in chronologischer Reihenfolge, aber mit größeren Zeitsprüngen und wechselnden Perspektiven. Dabei deckt die Handlung einen Zeitraum von 434 Tagen, also mehr als ein Jahr, ab.


    Der Schreibstil ist - trotz des eher gehobenen Sprachniveaus - wunderbar leichtfüßig und zugleich anschaulich. Die Dialoge wirken durchaus authentisch. Die Übersetzung von Lisa Mensing kommt angenehm unauffällig daher.


    Trotz der bloß knapp 140 Seiten ist das Personal überraschend umfangreich, jedoch nicht zu überladen. Die Figuren sind an reale deutsche Politiker angelehnt, dabei aber nicht komplett mit den tatsächlichen Persönlichkeiten identisch.


    Bei dem Kurzroman handelt es sich um eine Politsatire. Die Geschichte geht auf eine wahre Begebenheit zurück. In Botswana gibt es zu viele Elefanten: rund 130.000. Im Sommer 2025 hatte ein Ex-Präsident des Landes die Legalisierung des Elfenbeinhandels gefordert und Deutschland 20.000 Tiere angeboten. Was wäre, wenn die Bundesrepublik wirklich so viele Elefanten aufnehmen müsste? Dieser Frage geht die Autorin nach.


    Dabei beleuchtet der Kurzroman problematische Tendenzen, insbesondere die Panikpolitik, Populismus, Globalisierung und Neo-Kolonialismus. Immer wieder gibt es Vergleiche zur Asyl- und Flüchtlingspolitik. Strategien und Mechanismen wie das Shifting Baseline Syndrome werden beiläufig und anschaulich erklärt. So werden die wirklichen Hintergründe und Motive politischer Entscheidungen entlarvt. Gleichzeitig ist die Geschichte ein Plädoyer für mehr Klima- und Naturschutz.


    Der kurze Roman ist durchweg unterhaltsam. Auf der inhaltlichen Ebene haben mich nur kleinere Details gestört, auf die ich nicht eingehen kann, ohne zu viel zu verraten.


    Der Titel der deutschen Ausgabe wurde wortgetreu aus dem Niederländischen („Het geschenk“) übernommen. Der imposante Elefant auf dem Umschlag passt gut zur Geschichte. Leider wurde das Covermotiv von einer KI generiert.


    Mein Fazit:

    Mit „Das Geschenk“ ist Gaea Schoeters ein gehaltvoller Literatur-Snack gelungen. Eine kurzweilige, empfehlenswerte Satire.


    Ich vergebe 4 von 5 Sternen.

  • Es gibt Geschenke, die man eigentlich nicht will. Auch die Regierung der Bundesrepublik wird mit einem nicht gewollten Geschenk beglückt. Der Präsident von Botswana hat 20.000 Elefanten nach Deutschland geschickt, weil die deutsche Regierung ein Einfuhrverbot von Jagdtrophäen beschlossen hat. Botswana ist auf diesen Handel, der von anderen Ländern verurteilt wird, aber wirtschaftlich angewiesen.

    Dieser Roman, der nur 144 Seiten umfasst, basiert auf einem realen Angebot von Mokgweetsi Masisi, weil von der deutschen Umweltministerin der Umgang mit den Elefanten und Jagdtrophäen kritisiert wurde. Es ist natürlich aus der Sicht europäischer Länder leicht, die zu kritisieren, die arm sind und ihre Lebensgrundlage verteidigen.

    Diese Geschichte ist ein satirischer Blick auf das Politgeschehen und die herablassende Sicht derer, denen es wirtschaftlich gut geht und die herablassend auf andere schauen.

    Das Geschenk aus Botswana ist nun mitten in der Hauptstadt angekommen und verursacht ein Chaos, da die Tiere nicht erlegt oder weggesperrt werden dürfen. Der Bundeskanzler ist gezwungen, mit diesem Geschenk und den damit verbundenen Problemen zurecht zu kommen, denn er kann den Schenker natürlich nicht brüskieren. Außerdem geht es um seine eigene Position und so holt er sich Rat bei seiner Vorgängerin. Er schafft einen neuen Posten, doch die eigens ernannte Elefantenministerin Hartmann dringt mit ihren konstruktiven Vorschlägen nicht durch, muss aber die Verantwortung tragen. Das Problem lässt sich nicht so leicht lösen, da es auch im großen Zusammenhang betrachtet werden muss, jede Entscheidung hat Folgen. Das nutzen die Rechtspopulistischen erfolgreich um Stimmung zu machen, obwohl sie auch keine Lösung haben. All das ist ein gefundenes Fressen für die Medien.

    Natürlich sind die Figuren stereotyp dargestellt, damit die Satire auch deutlich wird.

    Während es anfangs noch recht vergnüglich für den Leser ist, wird es zum Ende hin recht deprimierend. Es wird ein bedrückendes Bild der Politik gezeichnet, das ein wenig wie ein Abbild der Politik im wahren Leben wirkt. Statt nachhaltig und zukunftsorientiert zu planen und Politik zu machen, hat man oft nur die eigene Karriere im Blick und den nächsten Wahltermin. Verantwortung wird delegiert, damit man später seine Hände in Unschuld waschen kann.

    Eine humorvolle, bitterböse Politik-Satire, die unterhält, aber auch nachdenklich stimmt.


    10/10

  • "Das Geschenk" ist mein erstes Buch der Autorin, an den Vorgänger "Trophäe" habe ich mich bisher nicht rangetraut.


    Ich war sehr gespannt, wie sich die Geschichte entwickeln würde. 20.000 Elefanten in Berlin, was muss das für ein Chaos, ein Lärm und Gestank sein. Woher kommen die Elefanten und warum sind sie überhaupt da?


    Nun, sie sind ein Geschenk aus Botswana, das auf das Elfenbeingesetz reagiert, dass Deutschland am Tag zuvor verabschiedet hat, wonach die Einfuhr von Elfenbein verboten werden soll. Was wiederum in Botswana zu erheblichen Problemen führt, die der Staatschef nun an die Deutschen weitergeben möchte.


    Wie sich das alles entwickeln, die politischen und gesellschaftlichen Folgen, haben mich wirklich gefesselt. Gaea Schoeters scheint die deutsche Politik und Gesellschaft gut zu kennen, dass sie diese Geschichte derart schreiben konnte.


    Anspielungen auf die Flüchtlingskrise und die "Wir schaffen das"-Kanzlerin haben mich zum Schmunzeln gebracht. Lösungsvorschläge der Ministerin für Elefantenangelegenheit waren innovativ, doch manchmal unpraktikabel oder eben zum Nachteil der Einwohner und so ist es kein Wunder, dass die rechte Partei an Stimmen gewinnt.


    Hat mir wirklich gut gefallen.


    8 Punkte von mir