'Ben Hur' - 8. Buch

  • Das Ende, zumindest meiner gekürzten Version lässt mich etwas ratlos zurück. Der letzte Teil war einfach nur eine Nacherzählung der Passion Christi und noch nicht mal eine wirklich gute und berührende.

    Noch dazu passt es nicht wirklich zum Rest des Buches, das hier einfach nur ein locker flockiger Abenteuerroman war.

    Da muss ich dir recht geben, der letzte Teil des Buches war nicht sehr zufriedenstellend und fühlte sich irgendwie an, als wollte der Autor jetzt auch mal fertig werden und noch schnell alles auflisten, was noch rein muss.

  • Der Abschnitt hat es dann ja in sich! Er setzt rund drei Jahre nach dem Ende des vorigen Abschnitts ein, also zu Ende von Jesu öffentlichem Wirken.


    Ben Hur hat sein väterliches Haus zurück, Balthasar und seine Tochter leben anscheinend auch darin - aber Ben Hur und Iras sind nicht verheiratet. Ich frage mich schon das ganze Buch über, ob der Name für die Ägypterin bewußt gewählt ist, bedeutet das lateinische „ira“ auf Deutsch schlicht „Wut / Zorn“. Nomen est Omen? Jedenfalls wird gleich zu Beginn klar gestellt, daß Esther in Ben Hur verliebt ist, aber gegen Iras keine Chance hat.


    Ich nehme an, daß in den gekürzten Ausgaben von den (fast schon philosophischen bzw. theologischen) Überlegungen Balthasars nichts enthalten ist? Schade, die sind ziemlich gut und bilden insgesamt mit seinen Ausführungen zu Beginn des Buches eine sehr anschauliche und gute theologische Erklärung für Jesu Königreich, das Ben Hur wie auch die meisten seiner Zeitgenossen falsch verstanden haben.


    Die Mutter Ben Hurs und seine Schwester werden durch Jesus geheilt, das wußte ich noch vom Film her, so daß ich das erwartet habe.


    Ein großer Teil besteht aus der Nacherzählung der Passionsgeschichte, da will ich nur auf einige Einzelheiten eingehen. So liest sich (S. 404 und andere) der Begriff „Osterfest“ ziemlich seltsam - damals gab es noch kein Osterfest, und auch „Osterlämmer“ gab es seinerzeit nicht. Die Juden feierten das Pessachfest.


    So, so, Ben Hur war also der Jünger, der seiner Kleider beraubt vom Ölberg weglief?! ;-) Aber gut in die Geschichte eingeflochten.


    Die Kreuzigung selbst wird dann mit den üblichen Fehlern beschrieben. Das fängt damit an, daß die Delinquenten nicht das Kreuz, sondern nur den Querbalken trugen. Das ganze Kreuz war zum Schleppen schlicht und einfach zu schwer, auch war der senkrechte Stamm in der Regel fest in den Boden eingelassen. Die Unglücklichen wurden am den Querbalken befestigt und dann mit diesem auf den senkrechten Stamm quasi „hochgezogen“.


    Ben Hur und seine Familie werden zu Christen, auch wenn es zu der Zeit diese Bezeichnung noch gar nicht gab. In den ersten Jahren nach Jesu Tod sprach man schlicht vom „Weg“ und den Anhängern des Weges. Aber auch das ist vermutlich der Lesbarkeit und Verständlichkeit geschuldet.


    Ganz seltsam wird es dann aber gegen Ende des Buches, fünf Jahre nach der Passion. Iras taucht nochmals auf und bestätigt aufs Neue ihr Verhältnis zu Messala, den sie getötet hat (also war das seinerezeit im Palast mit dem Mordanschlag auf Ben Hur doch mit ihre Schuld). Zwischen ihrem Verschwinden und dem Auftauchen des Briefes von Scheik Ilderim müssen dann über 25 Jahre liegen, denn die Neronischen Christenverfolgungen waren um 64 n. Chr. Aber das darf man wohl nicht so eng sehen.


    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, wenngleich es qualitätsmäßig bei weitem nicht an „Quo Vadis?“ herankommt. Besonders angetan bin ich von den (theologischen) Überlegungen Balthasars, der besser als mancher Theologe das „Köngigreich, das nicht von dieser Welt ist“ erklären. Die Stellen, die alleine schon das Lesen des Romans wert waren, werde ich mir sicher nochmals in Ruhe durchlesen.


    Und ihr habt recht: gegen Ende (also ab etwa nach der Passion) ging es dann wirklich sehr schnell.

    Unter den Büchern finden wir wieder, was uns in der Fremde entschwand, Frieden im Innern und Frieden mit unserer Umgebung.
    (Gustav Freytag, 1816 - 1895, aus "Die verlorene Handschrift")

  • Über den Begriff "Osterfest" bin ich auch jedesmal gestolpert, Jesu Auferstehung feiern, bevor er überhaupt gestorben ist, ist schon komisch.

    Alle Gedanken und Überlegungen von Balthasar fehlen bei meiner Ausgabe leider komplett.


    Quo vadis? steht auch auf meiner Leseliste, da werde ich auf jeden Fall auf eine ungekürzte Ausgabe achten.