Was du siehst - Laura Maaß

  • Was du siehst von Laura Maaß


    Hardcover, 352 Seiten

    Gutkind, Berlin, August 2025


    Das Buch (Buchrückseite)


    Achtung; die Buchbeschreibung nimmt meiner Meinung nach viel zu viel vorneweg!


    Wie weit muss man gehen, um zu erkennen, wo man hingehört?


    1967: Als der Mann, den sie liebt, spurlos verschwindet, verlässt die schwangere Ruth Ost-Berlin und macht sich auf in eine ungewisse Zukunft. In einem kleinen Dorf in Mecklenburg, nahe der Elbe, findet sie ein neues Zuhause. Ihre Tochter Jule wächst gemeinsam mit ihrem besten Freund Andi auf, sie laufen durch die Kiefernwälder und träumen von der Zukunft. Als sie sich endlich ihre Liebe gestehen, scheint ihr Leben perfekt. Bis ein lang gehütetes Geheimnis Jule nach dem Mauerfall in die Welt zieht, während Andi auf seine große Liebe wartet.


    Eine warme Geschichte über die vielen Farben des Glücks – und über das, was passieren kann, wenn das lange Warten endlich ein Ende hat.


    Die Autorin (Klappentext)


    Laura Maaß, aufgewachsen in Schwerin, arbeitet in der Unternehmenskommunikation. Das Schreiben ist für sie die schönste Möglichkeit, sich mit ihren familiären Wurzeln und den zwischenmenschlichen Herausforderungen des Alltags zu beschäftigen. Was du siehst ist ihr erster Roman.


    Meine Meinung


    Das Buch erzählt ruhig und unaufgeregt mehrere Jahrzehnte des Lebens der Hauptprotagonisten Jule und Andi und ihrem Umfeld, angefangen vor ihrer Geburt.


    Am Anfang hat mir diese langsame Erzählweise sehr gefallen, ich bin mit den beiden in dem abseits gelegenen Dorf im Grenzgebiet der DDR aufgewachsen und habe die kleinen Anekdoten genossen. Ich mochte die liebevollen Details und vor allem die vielen eingeflossenen Farben und war immer ganz gespannt, wann und wie die Farbe der Kapitelüberschrift im Text auftaucht.


    Allerdings ist dieses positive Gefühl im letzten Drittel des Buches ins Gegenteil gekippt. Zum einen hat sich die Geschichte irgendwann sehr gezogen, zum anderen hätte ich mir – gerade als es in der Beziehung von Jule und Andi zu Differenzen kommt - mehr Emotionalität und mehr Spannung gewünscht. Aber auch diese entscheidenden Jahre werden sehr beiläufig erzählt und die (eigentlich dramatische) Handlung plätschert vor sich hin. Das hat mich zunehmend gestört und teilweise richtiggehend geärgert. Hier wurde für mich sehr viel Potenzial verschenkt.


    Auch aus den Figuren hätte man meiner Meinung nach mehr machen können. Angelegt sind sie gut, sie sind eigenständig und individuell, aber dann kommt nichts mehr oder nur wenig. So wie Ruth, Jules Mutter, die zu Beginn des Buches im Mittelpunkt steht – dann aber im Rest des Buches nur noch als Randfigur auftaucht. Auch eine Weiterentwicklung der Charaktere habe ich vermisst. Die Entscheidungen, die getroffen werden, sind für mich wenig nachvollziehbar, weil entweder zu plötzlich oder zu klischeehaft.


    Schön fand ich die Atmosphäre im Dorf in der Griesen Gegend und wie sie sich im Lauf der Zeit wandelt. Der Alltag in der DDR wird dabei immer wieder eingeflochten, steht aber nicht im Mittelpunkt.


    Fazit: Schöne Idee, aus der für mich viel zu wenig gemacht wurde. Schade. Das letzte Drittel hat sich für mich sehr gezogen und so kann ich nur sechs Eulenpunkte (von zehn) für ein gerade noch ok-Buch vergeben.


    ASIN/ISBN: 3989411063

    „Wer nur Menschen um sich herum haben will, die einem in allen gleichen, lebt bald schon in einer verdammt kleinen Welt.“ Nicole Wellemin, Das Echo der Moore, Piper 2025

  • Alle Farben der Welt


    Was du siehst, Roman von Laura Maaß, EBook Gutkind-Verlag


    Ich sehe was, was du nicht siehst….


    Ost-Berlin 1967, Ruth ist verlobt aber nicht glücklich, ausgerechnet auf der Verlobungsfeier, verliebt sie sich in den Fotografen Tom. Sie löst ihre Verlobung gegen den Willen ihres despotischen Vaters, sie zieht zu Tom und ehe sie merkt, dass sie schwanger ist, verschwindet Tom spurlos. In ihrer Verzweiflung findet sie ein neues zuhause bei ihrem Onkel, in Mecklenburg an der Elbe im Zonenrandgebiet. Hier ist sie willkommen. Jule, ihre Tochter und Andi der Sohn ihrer Freundin Hannah, wachsen zusammen auf und sind unzertrennlich. Doch nach dem Mauerfall zieht Jule in die Welt, während Andi auf sie wartet.
    Das Buch ist in vier Teile gegliedert. Die einzelnen Kapitel sind mit Farben überschrieben. Die zu den Inhalten passen. Briefe und Kartengrüße sind kursiv gedruckt und somit besonders hervorgehoben. Jeder der schriftlichen Grüße von Jule beginnt mit dem Satz „Ich sehe was, was du nicht siehst ..“ Ein Spiel, das Jule und Andi gerne gespielt haben. Die Gegend, die die Kinder bewohnen nennt sich die griese Gegend, das bedeutet grau, doch für Andi und Jule hatte ihre Jugend viele Farben. Die Menschen hatten nicht viel, doch alles was sie brauchten. Bildhaft und flüssig ist der Schreibstil der Autorin, das Setting ist gut beschrieben, die Landschaft prägt den Charakter der handelnden Figuren. Die Autorin erzählt facettenreich und fesselnd, dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann. Das Ende hat mich sehr berührt.


    Wie die Autorin ihre Figuren in die Handlung integriert hat, so authentisch glaubhaft, dass man meint, genauso wäre es auch passiert. Durch die auktoriale Schreibweise man ist beim Lesen dicht an den Figuren dran und kann sich mit ihnen identifizieren. Die meisten Charaktere waren mir sympathisch, doch Andi der tapfere treue Freund hat mein Herz erobert. Bei allen Figuren konnte ich eine beachtliche Entwicklung feststellen.


    Einfühlsam erzählt Laura Maaß vom Leben in der ehemaligen DDR, sie selbst ist nach der Wende geboren, recherchiert hat sie bei Eltern und Großeltern und das ist ihr gut gelungen.
    Es ist kein lautes Buch, Es gibt keine klassischen Spannungsmomente, nur eine Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden und deshalb habe ich es nicht aus der Hand legen können, ehe die letzte Seite gelesen war. Ein emotionales und angenehmes Buch welches mich hervorragend unterhalten hat. Gesellschaftsbeobachtungen und menschliche Innenansichten sind perfekt herausgearbeitet. Ein Buch fürs Herz, über das Warten können und über die Treue und kein bisschen kitschig.


    Absolute Kauf- und Leseempfehlung und 10 Punkte


    ASIN/ISBN: 3989411063

  • Zwischen zwei Welten


    Jule und Andi wachsen im Westberlin der 60er und 70er Jahre auf. Ein großes Geheimnis entzweit sie- zwischen Fernweh und warten…


    Die Story gefällt mir recht gut. Das Thema ost/west inklusive Differenzen und Familiengeheimnisse ist spannend und ich mag den Schreibstil insgesamt sehr gerne. Die Charaktere und ihre Geschichten sind authentisch und stehen stellvertretend für das Schicksal vieler Deutscher zu diesen Zeitpunkt. Viele Kinder der Nachkriegsgeneration wissen zum Beispiel bis heute nicht, wer exakt ihr Vater war oder kennen ihn nicht.

    Allerdings hat das Buch Passagen, die in die Länge gezogen sind und man inhaltlich nicht voran kommt, etwa die Fußballspiele oder Monologe. Dahingegen werden andere, sehr wichtige Themen (Stasi, RAF…) kaum beziehungsweise nicht thematisiert. Insgesamt bin ich aber zufrieden und gebe vier Sterne.

  • Nachdem ihre große Liebe spurlos verschwunden ist, stellt Ruth fest, dass sie schwanger ist. Sie zieht von Berlin in einen kleinen Ort in Mecklenburg. In Hannah, die ebenfalls schwanger ist, findet sie eine Freundin. Ruths Tochter Jule und Hannahs Sohn Andi wachsen gemeinsam auf. Später verlieben sie sich. Doch dann fällt die Mauer und Jule zieht es hinaus in die Welt, während Andi auf sie wartet.


    Dieser Roman beginnt im Jahr 1967, als Ruth feststellt, dass sie schwanger ist und endet im Jahr 2010. Der DDR-Alltag wird gut dargestellt, ebenso auch die Wendezeit, die große Veränderungen mit sich bringt.


    Die Charaktere sind lebensnah und individuell dargestellt. Jeder hat sein Päckchen zu tragen, aber sie stehen zusammen. Jule möchte mehr über ihren Vater wissen. Ruth hatte immer vermutet, dass sich ihre Liebe in den Westen abgesetzt hat. Nach dem Fall der Mauer bekommt Jule einen Hinweis und macht sich auf die Suche nach ihrem Vater. Der introvertierte Andi bleibt zurück und wartet. Jules Suche dauert Jahre, doch sie und ihr geduldiger Freund bleiben über ihr Kinderspiel „Ich sehe was, was du nicht siehst“ verbunden. Besonders gut gefallen hat mir Frieda, die für die Kinder immer ein Ruhepol ist.


    Das Ende hat mich überrascht, aber dazu will ich nichts verraten.


    Es ist ein leiser, tiefgründiger und ergreifender Roman über Verlust und Liebe, der mir sehr gut gefallen hat.


    10/10