Der Sprung in ein Becken voller Haie

  • Ich sehe das wie Tante Li - er diskreditiert seine Idee mit seiner Aktion selbst und verhindert damit eine mögliche Debatte, statt sie anzustoßen.

    Aus rationaler Sicht stimme ich dir zu.

    Aus Sicht meines Protagonisten muss er so handeln. Er gibt der Gesellschaft die Mitschuld an seinem eigenen Versagen und findet in einer linken Journalistin der 68er eine würdige Gegnerin.

    Leseprobe:

    „Aber doch nicht so!“ Ursula hob die Hände. „Glauben Sie wirklich, die Menschen ändern sich? Sie sind längst Beute von Politik und Medien. Da wird Meinung gemacht – und bestimmt, wer, was, wann zu denken hat.“


    „Ach ja? Wie…“ begann Sebastian, doch Ursula ließ ihn nicht zu Wort kommen.


    „Nein, Sie hören mir jetzt zu! Ich war schon vor
    vierzig Jahren auf der Straße. Wir haben Plakate geklebt, Flugblätter verteilt,
    uns mit der Polizei geprügelt. Wir haben Autos angezündet, weil wir glaubten,
    etwas bewegen zu können. Und? Hat sich die Gesellschaft mit unseren Themen
    befasst?“ Sie wedelte mit der Kladde. „Einiges, was Sie hier fordern,
    unterschreibe ich. Dafür habe ich mein Leben lang gekämpft. Aber das hier…“ –
    sie ließ die Kladde wie ein benutztes Taschentuch auf den Tisch fallen – „…das
    bewirkt gar nichts.

  • Die Todesstrafe ist abgeschafft (Art. 102 Grundgesetz). Und sie kann auch weder durch Volksentscheid oder Verfassungsänderung wieder eingeführt werden. Denn das Grundgesetz kann in seinem Wesensgehalt nicht geändert werden.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Die Todesstrafe ist abgeschafft (Art. 102 Grundgesetz). Und sie kann auch weder durch Volksentscheid oder Verfassungsänderung wieder eingeführt werden. Denn das Grundgesetz kann in seinem Wesensgehalt nicht geändert werden.

    Ich widerspreche dir ungern, da ich ganz klar gegen die Todesstrafe bin.

    Jedoch gebe ich zu Bedenken, dass das Grundgesetz kein "heiliger Gral" ist.


    Das Grundgesetz (GG) der Bundesrepublik Deutschland wurde am 23. Mai 1949 von dem Parlamentarischen Rat verabschiedet und trat noch am selben Tag in Kraft. Es wurde nach dem Zweiten Weltkrieg und der Teilung Deutschlands entwickelt, um die Grundlage für eine demokratische und föderale Ordnung im westlichen Teil des Landes zu schaffen. Am Ende waren es Menschen, die das GG schufen und Menschen sind es, die es auch wieder ändern können.


    Wenn ich deiner Argumentation folge, würde dies bedeuten, dass uns mit dem GG ein Gesetz an die Hand gegeben wurde, das – wie die 10 Gebote – in Stein gemeißelt ist. Dem ist zum Glück nicht so.

  • Ewigkeitsgarantie


    Die Todesstrafe ist abgeschafft (Art. 102 Grundgesetz). Und sie kann auch weder durch Volksentscheid oder Verfassungsänderung wieder eingeführt werden. Denn das Grundgesetz kann in seinem Wesensgehalt nicht geändert werden.

    Wir Juristen sprechen von der sogenannten Ewigkeitsgarantie. Das ergibt sich aus Art. 79 Abs. 3 GG.

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Denn das Grundgesetz kann in seinem Wesensgehalt nicht geändert werden.

    Das ist meiner Meinung nach so nicht richtig. Es gibt einige Elemente, die durch die so genannte"Ewigkeitsklausel" geschützt sind, dazu allerdings die Todesstrafe bzw. ihre Unmöglichkeit nicht (Art. 102 fällt nämlich nicht unter die Ewigkeitsklausel). Sie ließe sich theoretisch durch eine Grundgesetzänderung mit Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat wieder etablieren, müsste anschließend aber noch ganz erhebliche internationale Hürden überwinden (etwa die EMRK).


    Zuletzt ist in Deutschland im Jahr 1951 jemand hingerichtet worden (Ausnahmerecht).


    Menschen sollten Menschen nicht zur Bestrafung töten dürfen, das ist weit jenseits der Barbarei. Deshalb ist es auch nur noch in barbarischen Ländern oder Staaten Praxis (zu denen auch einige Staaten der U.S. of A. gehören, im Prinzip derzeit aber das gesamte Land).

  • Indirekt ergibt sich die Nichtwiedereinführung der Todesstrafe aus Art. 1 GG. So hat das Bundesverfassungsgericht das einmal in einer Entscheidung begründet. Nur finde ich diese Entcheidung momentan nicht - die entsprechende Literatur steht mir im Ruhestand leider nicht mehr zur Verfühung - auf JURIS habe ich leider keinen Zugang mehr.

    JURIS privat zu abnonnieren ist mir schlichtweg zu teuer.:grin

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • So oder so, durch die Ewigkeitsklausel ist die Abschaffung der Todesstrafe jedenfalls leider nicht geschützt.

    Muss die Abschaffung denn zwingend geschützt werden?

    Ist es nicht, ungeachtet meiner persönlichen Meinung, das Wesen einer Demokratie, wenn Mehrheiten entscheiden? Wenn die Mehrheit, entgegen meiner persönlichen Überzeugung, ein Gesetz ermöglicht, wäre ich kein Demokrat, wenn ich dies nicht akzeptieren würde.

  • Nein. Wir haben erkannt, dass Mehrheiten außerordentlich dumm entscheiden können, wovor nicht nur die Minderheiten, sondern alle geschützt werden müssen. Demokratie heißt keineswegs, einfach alles zu dürfen, das eine Mehrheit (die aus Idioten bestehen kann) gerade wünscht. Du missverstehst da was. Aber Du bist damit nicht allein.

  • Hallo zusammen,


    ich möchte die Gelegenheit nutzen, mich ebenfalls als Autor vorzustellen. Mein Verhältnis zur Literatur ist in etwa das der Bundesregierung zu klaren Ansagen.


    Trotzdem habe ich nach 15 Jahren intensiver Forschung (hauptsächlich bestehend aus Kaffee, Prokrastination und dem Versuch, Quantenphysik in Drei-Sätzen-Erklärvideos zu verstehen) endlich mein erstes Buch geschrieben.


    Der Titel lautet: »Multiversale Redewendungsresonanz«


    Ich habe das Werk selbstverständlich in der Library of Babel archiviert, weil ich der festen Überzeugung bin, dass etwas von solcher Tragweite es verdient, zwischen ungefähr acht Trilliarden sinnlosen Zeichenketten zu ruhen.

    Für die, die es lesen wollen (oder mutig genug sind), hier der Link:


    Worum geht es in meinem Buch?


    Ich habe mich seit Jahren gefragt, ob es ein Universum gibt, in dem Politiker ausschließlich in Redewendungen sprechen.
    Nicht aus stilistischen Gründen, sondern aufgrund eines quantensemantischen Zungenschlag-Determinismus. Ein Phänomen, das so klingt, als könnte es in einer Doktorarbeit vorkommen.


    Beispiele aus meinen Feldstudien:


    • Im Universum R-17 sagen alle Parlamentarier grundsätzlich nur »Das ist ein heißes Eisen«. Selbst wenn es um Kühlschränke geht.
    • In Parallaxis K-88 enden sämtliche Haushaltsverhandlungen mit »Oida…« (was dort als offizielle Schlussformel gilt).
    • Im berüchtigten Universum Z-3 besteht die gesamte Regierung aus Witzfiguren, die sich in endlosen Debatten über »des Pudels Kern« streiten. Ich habe lange vermutet, dass dies ein Fehler meiner Geräte war, bis ich feststellte, dass Z-3 vermutlich unser eigenes Universum ist.

    Ich habe mein Buch geschrieben, weil ich das Gefühl hatte, dass noch niemand diese wichtige Frage hinreichend verarbeitet hat.


    Mein Protagonist, ein Quantenlinguist, behauptet, er könne politische Redewendungen auf subatomarer Ebene messen. Seine Kollegen halten das für sein wissenschaftliches Leitmotiv, ich für eine Art Nervenzusammenbruch.


    Warum ich diesen Text schreibe


    Ich wollte damit einfach eine wertvolle Diskussion anstoßen.
    Allerdings nicht über Staatsform oder Terror, sondern über die wirklich relevanten Themen unserer Zeit:

    • Was passiert mit einem Staat, dessen Politiker ausschließlich in Redewendungen kommunizieren?
    • Wie regiert man ein Land, wenn der Finanzminister nur »Das wird man ja wohl noch sagen dürfen« sagt?
    • Und lässt sich ein gesamtes politisches System durch die Einführung eines Metaphernfilters stabilisieren?

    Ich bin mir sicher, irgendein Paralleluniversum hat darauf eine Antwort, und ich hoffe, dass wir hier im Forum gemeinsam darüber spekulieren können.


    Ich freue mich darauf, euren Input wissenschaftlich auszuwerten und anschließend zu interpretieren.


    Liebe Grüße
    Smorph
    (Verfasser des Werkes »Multiversale Redewendungsresonanz« — erhältlich überall, wo es keine Bücher gibt)

  • Nein. Wir haben erkannt, dass Mehrheiten außerordentlich dumm entscheiden können, wovor nicht nur die Minderheiten, sondern alle geschützt werden müssen.

    Guter Ansatz, der jedoch bedeuten würde, dass es Menschen gibt, die entscheiden, was eine "dumme" und was eine "richtige" Entscheidung ist. Wenn man bereit ist, auch mal abstrakt zu denken, könnte man vielleicht damit beginnen, das gesamte Wahlrecht zu ändern und das Führerschein-Prinzip einführen.


    JEDER ab 18 Jahr hat das Recht zu wählen, muss aber zuvor belegen, es zu können.

    Einfach irgendwo sein Kreuz auf dem Wahlschein zu machen, wäre mir da zu wenig. Nein. Wie beim Führerschein müsste man belegen, Sachverhalte und sich daraus ableitende Konsequenzen zu verstehen. Fängt ja schon bei Erst- und Zweitstimme an. Die meisten kennen die Unterschiede nicht.


    Noch deutlicher wird es, wenn man die Leute fragt, wen sie bei einer Bundestagswahl wählen.

    Dann hörst du immer wieder.. "Ich wähle Merz, Scholz, Habeck, Weidel"

    Und diesen Leuten müsste man schon einmal klar machen, dass sie nur den Kandidaten aus ihrem Wahlkreis wählen können, mehr nicht.


    Aber das würde jetzt zu weit führen....

  • Nur weil diese Leute am Endergebnis interessiert sind und nicht an den Zwischenkandidaten heißt nicht, dass sie unser Wahlsystem nicht kapiert hätten.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens

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  • Nur weil diese Leute am Endergebnis interessiert sind und nicht an dem Zwischenkandidat heißt nicht, dass sie unser Wahlsystem nicht kapiert haben.

    Guter Punkt. Könnten wir uns dann nicht diese "Zwischenkandidaten" sparen und den/die Bundeskanzler direkt wählen?

  • Guter Punkt. Könnten wir uns dann nicht diese "Zwischenkandidaten" sparen und den/die Bundeskanzler direkt wählen?

    Nein, dann würden ja all die Kreisabgeordneten im Bundestag fehlen, die unsere heimischen Interessen vertreten.

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens

  • Nein, dann würden ja all die Kreisabgeordneten im Bundestag fehlen, die unsere heimischen Interessen vertreten.

    Ganz genau und deshalb finde ich enorm wichtig, dass den Leuten klar ist, dass sie eben nicht direkt den Bundeskanzler wählen.

  • Warum sollte es ihnen nicht klar sein?

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    Von den vielen Welten, [...] ist die Welt der Bücher die größte. (Hermann Hesse)


    :lesend Ulrich Schnabel: Die Vermessung des Glaubens

  • Das ist Unsinn, dass man nur die Wahlkreiskandidaten wählt. Mit der Zweitstimme wählst Du die Partei und damit die Spitzenkandidaten und -innen. Deshalb werden die auf Parteitagen nominiert. Und genau das meinen viele Menschen auch, wenn sie davon sprechen, XY zu wählen.

  • Das ist Unsinn, dass man nur die Wahlkreiskandidaten wählt. Mit der Zweitstimme wählst Du die Partei und damit die Spitzenkandidaten und -innen. Deshalb werden die auf Parteitagen nominiert. Und genau das meinen viele Menschen auch, wenn sie davon sprechen, XY zu wählen.

    Wir beide wissen das. Viele Wähler aber nicht.