Ulrich Greiners Leseverführer

  • Eine Gebrauchsanweisung zum Lesen schöner Literatur


    Klappentext:


    Was Geschieht mit uns, wenn wir lesen, und warum tun wir es so gern? Muss man alles zu Ende lesen und was sollte man wirklich über den Autor wissen? Und wo liest man am besten? Fragen, die jede leidenschaftliche Leserin und jeden Leser, der es werden will, umtreiben und die Ulrich Greiner in seinem intelligenten und unterhaltsamen Buch behutsam und sehr persönlich beantwortet.
    Sein Leseführer ist kein Kanon, sondern eine passionierte 'Gebrauchsanweisung' für den Weg durch das schöne Labyrinth der Literatur.


    Autor:


    Ulrich Greiner, 1945 geboren, ist seit 1998 verantwortlicher Redakteur des Ressorts Literatur bei der ZEIT. Gastprofessuren in Hamburg, Essen und St. Louis. Mitglied des P.E.N.-Zentrums Deutschland. Er veröffentlichte u.a. „Gelobtes Land – Amerikanische Schriftsteller über Amerika“ (1997) und „Mitten im Leben – Literatur und Kritik“ (2000).


    Meine Meinung:


    Es war wohl das erste mal, dass ich nach meiner Schulzeit wieder ein Buch in die Hand nahm, das Literatur bespricht, interpretiert, Romane seziert, Formen analysiert und so weiter und so fort. All die Dinge, welche ich gehasst habe, verleideten sie doch mehr und mehr meine Leselust im jungen Alter...aber wie immer im Leben, stellt man irgendwann fest: es kommt auf das WIE an. Denn dieses Buch hat mir gezeigt, dass es furchtbar interessant sein kann...mehr zu erfahren, zu entdecken, was ein Autor da mit bestimmten Erzählweisen bezweckt hatte, wie er den Lesenden aufs Glatteis führt, auf welche großen Romane er verweist mit bestimmten Andeutungen.


    Sicher wusste ich, dass Lesen etwas mit Eskapismus zu tun hat. Aber dass der Herr Enzensberger ein wunderbares kleines Gedicht zu dem Thema verfasst hatte ("Der fliegende Robert" - übrigens in Anlehnung an den Robert aus Hoffmanns "Struwwelpeter"), war mir neu!
    Natürlich war mir klar, dass ich kein Buch bis zum Ende lesen muss, wenn es mir nichts bringt. Oder die Frage: Müssen gute Romane ein schlechtes Ende haben?
    Ich weiß natürlich, dass Winnetou und Old Shatterhand fiktive Gestalten sind, aber sie haben seit meiner Jugend einen Platz in meinem Herzen. Wie ist das mit der Wahrheit in der Geschichte? Erzählhaltungen und Erzählperspektiven - was bewirken diese? Literatur als Erziehung oder als Mittel, "der nachtschwarzen Fantasien und Ängste...auf künstlerische Weise Herr zu werden."


    Viele Fragen werden gestellt und beantwortet, auch einiges an Theorie erklärt. Und diese geballte Ladung an Wissen verlangt auch einiges vom Leser ab (sicher! für viele Büchereulen ist das nichts neues! :grin )


    Aber warum ich das Buch wirklich empfehle, das sind die vielen Beispiele, Auszüge aus großen Romanwerken und Erzählungen in der Literaturgeschichte, die jede Erklärung lebendig werden lassen.


    Der Lernprozess des Parzival, diese "Mischung aus Rechtsschaffenheit und Wahnsinn" eines Kohlhaas, die Gretchenfrage, Emma Bovary "als Schutzheilige aller jener armen Seelen, in denen die Hoffnung auf das unbezweifelbare Glück noch nicht erloschen ist." Tragikkomische Helden wie Don Quijote, oder der große böse Vertreter namens Kapitän Ahab. Ich will hier beim besten Willen nicht alle aufzählen - die Liste ist lang! Aber das sind Namen, die jeder kennt!


    Was mich persönlich sehr erschreckt hat, waren die vielen Romane, von denen ich noch nichts gehört hatte, wie z. B.:


    - "Tristram Shandy" von Laurence Sterne
    - "Oblomow" von Iwan Gontscharow
    - die Romane von Italo Calvino
    - "Das Leben. Eine Gebrauchsanweisung" von Georges Perec (hier ein Hallo an Bartlebooth!)


    Insofern ist dieses Buch schon ein Leseverführer! Bestimmt werde ich mir noch einige der angesprochenen Romane zu Gemüte führen. Aber Kleist und Kafka werden auch weiterhin nicht dazugehören!


    bo :-]

    Es gibt nur einen Weg das herauszufinden...

    Dieser Beitrag wurde bereits 2 Mal editiert, zuletzt von bogart ()

  • Hallo,


    ich habe mir den "Leseverführer" auch gekauft und relativ schnell durchgelesen (man muss dazu sagen, dass er als Zweit-Buch neben meiner normalen Leselektüre gedient hat, wofür er sich aufgrund seines Genres auch gut eignet).


    Ich mag solche Bücher über Literatur, die das Lesen an sich eher spielerisch und leicht geschrieben aufgreifen und sich nicht als dicke Wälzer für ein Literaturwissenschaftsstudium präsentieren...


    Wie bogart schon erwähnt hat, findet man darin auf jeden Fall noch einige interessante Lesetipps, auf die man im normalen Lesealltag eher weniger gestoßen wäre. Vielleicht ergibt sich ja aus dem ein oder anderen Buch auch eine zukünftige Leserunde, da Herr Greiner auch einige Bücher vorstellt, denen eher außergewöhnliche Erzählweisen oder Inhalte zugrunde liegen und die daher Spaß machen würden, in der Gruppe zu erforschen...


    Da ich das Buch leider im Moment nicht greifbar hier habe, kann ich aus dem Stehgreif leider keine Titel nennen, ich weiß nur noch, dass sich "Oblomow" von Gontscharow sehr gut angehört hat und ich sehr an einem Roman, der von den einzelnen Parteien eines mehrgeschössigen Mietshauses erzählt (und dabei wird auf jeden Raum bezug genommen!!!) interessiert war...
    ( bogart : Kannst du mir da mit dem Autor + Titel aushelfen??? :-))

    Viele Grüße,Eure SUB-Priesterin :wave


    "Der Kopf ist rund, damit die Gedanken auch mal die Richtung ändern können" (Picabia)


    Zur Zeit lese ich gerade: Jane Bowles - Zwei sehr ernsthafte Damen