Schrecklich amüsant - aber in Zukunft ohne mich (David Foster Wallace)

  • ... - aber in Zukunft ohne mich


    Herrlich !!!!!!!!!!!
    Wer sich mal wieder so richtig schön über Touristen amüsieren will, sollte dieses Büchlein auf jeden Fall lesen!!!
    Wallace hat einen teilweise ziemlich ätzenden Humor, das muß man mögen... :grin


    Inhalt:
    Eine Luxuskreuzfahrt in der Karibik - David Foster Wallace hat das Experiment gewagt und sich an Bord der Zenith begeben. Eine Woche lang hat er alles mitgemacht, was das Bordleben für den erholungsbedürftigen Urlauber bereithält - von der Singleparty, zu der nur Paare kommen, bis hin zum Tontaubenschießen.
    Er hat im Glashaus gesessen, alles genau beobachtet und seine Schlüsse gezogen - sehr zur Freude des Lesers, der sich dabei schrecklich amüsiert.
    »Ich habe erwachsene US-Bürger gehört, erfolgreiche Geschäftsleute, die am Info-Counter wissen wollten, ob man beim Schnorcheln nass wird, ob das Tontaubenschießen im Freien stattfindet, ob die Crew an Bord schläft oder um welche Zeit das Midnight-Buffet eröffnet wird.«
    Ein Buch, das aus lauter Lieblingsstellen besteht.


    P.S.: Mich wundert nur, das die Betreiber der Schiffslinie nicht gegen die Veröffentlichung dieser Reiserecherche (Wallace war im Auftrag von Harper's unterwegs) protestiert haben... Oder haben sie einfach keinen Erfolg gehabt ? :grin

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Der amerikanische Schriftsteller David Foster Wallace hat sich zu einer ungewöhnlichen Feldforschung aufgemacht: Eine Kreuzfahrt in der Karibik, auf dem Luxuskreuzer «Zenith».
    Im Auftrag des Harper-Magazin war Wallace eine Woche lang an Bord des Luxusliners und hat von der Singleparty, zu der nur Paare kommen, bis zum Tontaubenschießen keines der Angebote für die erlebnishungrigen Reisenden ausgelassen.


    David Foster Wallace' literarische Reportage ist bis ins kleinste nautische und gruppenpsychologische Detail recherchiert. Den Leser erwartet eine bunte Collage des American Way of Life, wobei er uns zudem seine Landsleute in den uns bekannten Klischees vorstellt: «Ich habe erwachsene US-Bürger gehört, erfolgreiche Geschäftsleute, die am Info-Counter wissen wollten, ob man beim Schnorcheln nass wird, ob das Tontaubenschießen im Freien stattfindet, ob die Crew an Bord schläft oder um welche Zeit das Mitternachts-Buffet eröffnet wird.»


    Ungewöhnlich und nicht selten auch ein wenig lästig für den Leser sind die unendlichen Fußnoten, in denen Wallace sich in breiten Erklärungen und Beschreibungen erschöpft, die anfangs, der technischen Details wegen, überflüssig erscheinen, aber sich im weiteren Verlauf wie ein Parallelbuch entpuppen und durchaus lesenswert, da komisch, sind.


    Mehr als von der Geschichte lebt dieses Buch von der facettenreichen Sprache. Wer sich also für Sprache begeistern kann, wen unbekannte Adjektivbildungen nicht abschrecken, sondern beflügeln, darf, wenn ihn auch die Geschichte nicht Zeit und Raum vergessen lässt, zumindest davon ausgehen, dass er seinen Wortschatz bereichert und sein Auge für Details geschult hat.


    Hier wird man weder in die Phantasie abgeholt noch nimmt man einen anderen Charakter an. Vielmehr bereitet man sich indirekt darauf vor, dem eigenen alltäglichen Wahnsinn eine Note des Komischen abzugewinnen.


    Trotz seiner nur 185 Seiten lese ich noch immer an diesem Buch.


    ;) Via

  • Zitat

    Original von Wolke
    Hi Via,
    ich habe das Hörbuch vor mir liegen, gesprochen von Dietmar Bär(...)


    Haha so heißt mein Vater:chen



    Das Buch hört sich richtig gut an muss ich sagen, ich lese sowas ja recht gern.
    Aber im Moment kann ich mir bei bestem Willen nicht noch mehr Bücher kaufen, das muss warten;)

  • Ich hatte dieses Buch ja schon mal in der Hand und wieder hingelegt.


    Aufgrund Eurer Rezis habe ich es neulich noch mal intensiver angeguckt... und wieder zurück gelegt.


    Ich weiß nicht... der Funke ist einfach nicht übergesprungen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Zitat

    Original von Wolke
    Ich habe die erste CD des Hörbuches gehört und bin damit nicht warm geworden. :-(


    Wer spricht die denn ???

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Zitat

    Original von Doc Hollywood
    Danke für's Hochschubsen!
    Das Ding werde ich mir mal näher anschauen. :-)


    Gruss,


    Doc


    Na und ????????????? Schon angeschaut ??

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Mir ist das Buch zufällig in der Mittagspause beim Bücher-Bummel in die Hände gefallen, habe es gleich angefangen und fast noch am gleichen Tag zu Ende gelesen.


    "Eine siebentägige Luxuskreuzfahrt in der Karibik - kann es eine kürzere Definition für die Hölle geben?"


    Wenn man dem Autor glaubt, dann nicht. Wobei er dieser Hölle durchaus auch einige positive Aspekte abgewinnen kann. :grin


    Da ich mich selbst schon einmal in diese Hölle Kreuzfahrt (wenn auch keine Luxus-Kreuzfahrt) begeben habe, kann ich mich darüber im Nachhinein noch sehr amüsieren. Auch wenn vieles vielleicht ein wenig überzogen klingen mag, es ist größtenteils wirklich so.


    Einzig nervige Angelegenheit in dem Buch sind die vielen Fußnoten (auf jeder Seite). Grundsätzlich stört mich so etwas nicht. Schon gar nicht, wenn sie genauso humorvoll sind, wie das Buch. Aber wenn sie auf einer Seite länger als der eigentliche Text sind und sich teilweise sogar noch über mehrere Seiten hinziehen, kann ich eine leichte Gereiztheit beim Hin- und Herblättern nicht leugnen.


    Aber ansonsten ein sehr amüsantes Buch - gerade richtig für ein wenig Aufheiterung zwischendurch.


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • Es ist schon einige Jahre her, seit ich dieses Buch gelesen habe. Ich hatte es mir gekauft, nachdem ich "Was liest du?" gesehen hatte, in der Barbara Schöneberger aus dem Buch vorgelesen hatte.


    Die Auszüge in der Sendung waren ganz amüsant.


    Den Eindruck, den ich bei der Sendung von der Lektüre bekommen habe, war auch anfangs richtig. Das Buch las sich sehr flüssig (die Fußnoten nervten auch erst später), es ist sehr sakastisch, was ich eigentlich sehr mag, aber irgendwie schlug die gute Laune und das Lachen nach und nach um und ich empfand es dann einfach nur als nervtötend!


    Ich hatte den Eindruck, dass Mr. Foster-Wallace dann einfach ALLES und JEDEN scheiße fand und den Frust darüber (und vielleicht nicht nur über diese Schiffsfahrt) einfach ausgekotzt hat. Ich habe es zu Ende gelesen, da es recht kurz ist, aber genervt hat es mich dann doch sehr, vielleicht fast so, als müsste ich selbst eine Kreuzfahrt machen, was der Horror für mich wäre.


    Das Lesevergnügen war durchwachsen, ein bisschen weniger Schwarzmalerei und schlechte Laune des Autors, hätte es noch retten können...schade.


    5 von 10 von mir.



    .

    Jeder Mensch ist nur so glücklich, wie er sich zu sein entschließt. (Irisches Sprichwort)

  • Ich habe von David Foster Wallace bisher noch nichts gelesen, und eigentlich war die gründlich in die Hose gegangene Kreuzfahrt meiner Eltern der einzige Grund, mir dieses Buch zuzulegen. Im Grunde, auch nach den Rezis hier bei den Eulen, habe ich einen Schenkelklopfer erwartet, der seinen Witz in erster Linie aus der Blödheit jener Touristen zieht, von denen auch im Klappentext die Rede ist und zu denen man selbst natürlich nie dazugehört.
    Gefunden habe ich ein überraschend intelligentes Buch über das menschliche Wesen im Allgemeinen und das der Amerikaner im Besonderen, über das Phänomen Luxus und den Zustand der Welt.


    Dass ausgerechnet Wallace das Experiment dieser Reise unternimmt, ist schon ungewöhnlich genug. Denn er leidet nicht nur unter Agoraphobie und einer ausgeprägten Abneigung gegenüber Menschenmassen, sondern auch an einem tiefsitzenden Unbehagen gegenüber dem Meer, im speziellen gegen die Massen von Haifischen, die sich potentiell unter seiner Oberfläche tummeln.
    Dennoch wagt er eine siebentägige Fahrt mit der Zenith (die er sofort in Nadir umbenennt), deren Werbebroschüre ihm die Erfüllung sämtlicher Wünsche verspricht.
    Und tatsächlich verbringt er die ersten Tage nahezu eingeschüchtert in dieser fremden Welt der totalen Sorglosigkeit. Kaum eine Verpflichtung des Alltags, die einem hier nicht abgenommen wird, ein Heer überaus freundlicher Bediensteter lässt kein Bedürfnis unbefriedigt.
    Erst langsam dämmert ihm, was dieser hemmungslose Luxus mit den Menschen macht. Er weckt das kleine ningelige Kind in ihm, das es gewöhnt ist, alle Wünsche sofort erfüllt zubekommen, es weckt den Neider, der beim Anblick eines noch ein bisschen prächtigeren Schiffes plötzlich Haare in der eigenen Suppe findet.
    Und diese Erkenntnis führt dann dazu, dass er sich noch ein bisschen schlechter fühlt, nicht ohne freilich zu bemerken, dass er in die Falle der haltlosen Versprechungen der Kreuzfahrtindustrie getappt war.


    Doch er wechselt auch die Perspektive, stellt sich vor, wie hart arbeitendes, schlecht bezahltes Drittweltpersonal diese Horde verwöhnter Amerikaner in albernen Klamotten betrachten müssen, die sich über nicht akurat gefaltete Handtücher beschweren. Und er kommt zu dem ernüchternden Schluss, dass es ganz sicher nicht Respekt und schon gar nicht Bewunderung sein kann, die das Personal zu seiner nahezu perfekten Arbeit motiviert.


    Obwohl er sich ganz schön bissig über sich und seine Mitreisenden äußert, wird Wallace nie bösartig, auch wenn einige Passagiere und auch das eine oder andere Mitglied der Crew nicht sonderlich gut wegkommen. Denn im Gegensatz zu etwa Herbst oder Jaud, basiert der Humor von Wallace' Text nicht auf der gnadenlosen Belästerung der Spezies Touristen, zu denen der Autor natürlich nicht gehört, sondern in einer ziemlich amüsanten Analyse des Systems „Massentourismus“, von dem wohl schon jeder Urlauber einmal Bestandteil war. Dass das ganze natürlich auf einem amerikanischen Luxusdampfer stattfindet, mag für uns Europäer vielleicht noch einen zusätzlichen Reiz besitzen, aber das System als solches funktioniert in einer TUI-Hotelanlage auf Mallorca genauso, sowohl was die Erwartungen der Touristen, als auch die Versprechungen der Tourismuskonzerne angeht.


    Dieses Buch ist ein Vergnügen, aber eines, das nachdenklich stimmt. Ist bessere Unterhaltung vorstellbar?


    Edit will noch was zu den Fußnoten sagen. Wallace Text (Essay?) ist ausgesprochen literarisch und gekonnt komponiert. Die Fußnoten sind meines Erachtens Anekdoten, Beobachtungen, aus denen seine Gedanken und Schlussfolgerungen resultieren, die aber im eigentlich Text nichts zu suchen haben. Schön, dass er uns trotzdem daran teilhaben lässt, da lese ich gerne mal über zwei Seiten die Fußnote

    Menschen sind für mich wie offene Bücher, auch wenn mir offene Bücher bei Weitem lieber sind. (Colin Bateman)

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