'Werte' - Leben und Sinn

  • Zitat

    Apropos Sisyphos: Wie wäre es eigentlich, wenn der Stein auf der anderen Seite des Berges herunter rollen würde?


    Hm... davon bin ich immer ausgegangen... ist das nicht so? :wow


    Also ein zurück rollen an der gleichen Bergseite würde ja aufzeigen, daß er der Aufgabe nicht gewachsen ist. Er schafft es also nicht den Stein zu bremsen.
    Ein Herabrollen auf der anderen Seite würde für mich zeigen, daß er eine Aufgabe hat, die er auch erfüllen kann, die aber dann durch zu viel Schwung eben wieder vereitelt wird.


    Puh.. schwer in Worte zu fassen.
    Also einmal schafft er es nie so richtig und einmal schafft er es zu gut, als das der Stein liegen blieb...

  • Zitat

    Original von Peter Prange
    Apropos Sisyphos: Wie wäre es eigentlich, wenn der Stein auf der anderen Seite des Berges herunter rollen würde?


    Das kommt drauf an. Wenn er auf der anderen Seite wieder runterfallen würde, weil der Fels nie auf der Spitze des Berges liegen bleiben kann, weil dort z.B. nicht genug Platz ist oder die Neigung zu steil ist und es eine wirkliche Spitze wäre, dann würde sich an der Situation im Grunde nichts ändern, weil es ja wieder nie passieren würde, dass der Stein oben liegen bleiben kann. Ob ihm jetzt die Götter jedesmal die Spitze zerbröseln lassen oder ob der Stein aufgrund der natürlichen Begebenheiten jedesmal wieder runterrollt, spielt ja für das Endergebnis keine Rolle.


    Könnte der Stein allerdings oben liegen bleiben und er rollt nur aufgrund des Unvermögens des Sisyphos wieder auf der anderen Seite runter, dann haben wir eine andere Situation. Dann weiß er, dass er es schaffen könnte. Wenn wir dann noch annehmen, dass das raufrollen auf den Berg für eine sinnvolle Aufgabe steht, dann würde sich die Situation verändern.

  • Zitat

    Original von Peter Prange
    Apropos Sisyphos: Wie wäre es eigentlich, wenn der Stein auf der anderen Seite des Berges herunter rollen würde?


    Also für mich würde das keinen Unterschied machen, außer dass sich dich Position von Sisyphos ändert. Aber mehr Sinn oder mehr Hoffnung oder mehr Glück bedeutet es meiner Meinung nach nicht, denn er hat zwar den Gipfel erreicht, aber muss ja trotzdem immer weiter machen :gruebel

  • Zitat:
    Original von Peter Prange
    Apropos Sisyphos: Wie wäre es eigentlich, wenn der Stein auf der anderen Seite des Berges herunter rollen würde?


    Dann hätte er es ja wenigstens bis zur Spitze geschafft, aber der Stein rollt ja immer kurz vorher wieder runter. Wenn ich etwas in meinem Leben einmal schaffe, und dann nie mehr wieder, dann habe ich es doch trotzdem geschafft.
    Und das ist im Leben auch so, manche Dinge sind aussichtslos, und trotzdem versuchen wir es immer und immer wieder. Am Ende steht die Hoffnung es doch irgendwann mal zu schaffen.


    Ich lese das wunderbare Buch quer. Da ich auch nicht in Bücher reinschreibe habe ich mir auf Haftzettel Notizen gemacht und auf die jeweilige Seite angebracht.


    Muss jetzt leider zur Arbeit und kann nicht weiterlesen.


    Kati

  • In der Gefahr, dass ich jetzt etwas wiederhole, was in dem Forum schon angesprochen wurde, äußere ich mich auch mal zu dem Leben & Sinn Kapitel. Ich habe keine Zeit vorher den gesamten Verlauf der Beiträge zu verfolgen. Habe jetzt gerade nur die ersten und letzten gelesen.


    Das ganze Kapitel ist für ein Buch in dieser Art denke ich grundlegend. Und verdient damit absolut den Platz zu Beginn des Werkes. Es gibt eben Fragen, mit denen sich jeder Mensch beschäftigen sollte. Ich stimme an dieser Stelle Viktor E. Frankl zu, wenn er die Frage nach dem Sinn des Lebens als Beweis für die Menschlichkeit sieht und es abstreitet, damit eine Krankheit zu äußern.
    Ist man nicht viel kränker, wenn man sich sein Leben lang nie auf die Sinnsuche begibt? Vielleicht - nein wahrscheinlich - können die wenigsten Menschen irgendwann von sich behaupten IHREN Sinn gefunden zu haben. Denn die Frage taucht ja doch früher oder später wieder in einem auf. Vielleicht bloß immer anders... mal voller Verzweiflung, mal nur zur Versicherung, dass das, was man tut, richtig ist...


    Überhaupt finde ich, dass der Text "Der Wille zum Sinn" überaus beeindruckend ist. Dass ein Mensch, der so schreckliche Dinge erlebt hat, wie Frankl, sich über den Sinn des Lebens Gedanken macht, scheint ja auf der Hand zu liegen. Aber dass er zu gerade diesen Ergebnissen kommt, finde ich absolut faszinierend. Das Leiden als Anlass innerlich zu wachsen! Schon die Tatsache, dass ein Mensch, der selbst mehr gelitten hat als manch einer es sich vorstellen kann, in genau diesem Leiden einen Sinn findet. Beeindruckend.
    Das zeigt doch ganz deutlich, wie wichtig es ist, sich mit der Sinnsuche zu beschäftigen. Wie sonst hätte er sein Schicksal hinnehmen und so optimistisch denken können?
    Ich bewundere das sehr. Und auf der ewigen Suche nach meinem Sinn, habe ich den Text jetzt schon wiederholte Male gelesen - immer wieder mit größter Hochachtung.


    Über Sisyphos muss ich erst noch nachdenken.
    Wie überhaupt jeder Satz des "Werte"-Buches zum Nachdenken anregt. Was es so unglaublich wertvoll macht. Und auch wenn ich nicht quer durchs Buch von einem Kapitel zum anderen blättere - ich habe auch schon oft Texte darin nochmal gelesen und wieder neue Dinge darin entdeckt. Die Vielfältigkeit ist einfach einzigartig!
    Wie das Buch eine Art Lebenswerk für den Autoren ist, so ist es auch für mich als Leserin ein Buch, das mich sicherlich in meinem ganzen Leben begleiten wird. Als noch sehr junger Mensch, hat es mich schon sehr geprägt, wofür ich sehr dankbar bin.


    Also entschuldigt, wenn ich eure Sisyphos-Diskussion hier mit Frankl unterbrochen habe.


    Liebe Grüße,
    Anna

    "Wer Angst vor Büchern hat, hat in Wirklichkeit Angst vor dem Leben."
    - Peter Prange in "Die Philosophin"

  • Zitat

    Original von madita23
    Überhaupt finde ich, dass der Text "Der Wille zum Sinn" überaus beeindruckend ist. Dass ein Mensch, der so schreckliche Dinge erlebt hat, wie Frankl, sich über den Sinn des Lebens Gedanken macht, scheint ja auf der Hand zu liegen. Aber dass er zu gerade diesen Ergebnissen kommt, finde ich absolut faszinierend. Das Leiden als Anlass innerlich zu wachsen! Schon die Tatsache, dass ein Mensch, der selbst mehr gelitten hat als manch einer es sich vorstellen kann, in genau diesem Leiden einen Sinn findet. Beeindruckend.


    :write :write :write

  • Herrjeh, nachdem ich leider erst verspätet einsteigen konnte, mußte ich mich erst durch diesen Thread graben - das passiert mir nicht nochmal! ;-)


    Ich fand den Einstieg schon sehr gelungen und habe auch mit großem Interessie die meisten Texte verschlungen. Einiges kannte ich schon, anderes nicht und ich nehme mir angesichts der Fülle der dargebotenen Texte auch die Freiheit, die eine oder andere Passage, die mich nicht so interessiert, nur querzulesen.
    Der Text von Seneca oder die Fabel z.B. haben mir sehr gut gefallen, der Augustinus weniger.


    Was mir dabei sehr gut gefällt ist die bunte Mixtur an Schriften aus dem Altertum bis in die Zukunft. Das Ganze bietet einen bunten Strauß an Meinungen, über den man sich wahrlich ausgiebig den Kopf zerbrechen kann. Ich habe schon mit großem Interesse die bisherigen Statements gelesen, denke mir aber, daß dies auf jeden Fall ein Buch ist, das sich erst "setzen muß" in meinen Gedanken.


    Hochinteressanter Einstieg auf jeden Fall und ich hoffe, es geht auch in den weiteren Kapiteln so weiter - so ist jede Menge Stoff für Diskussionen und auch Expeditionen in die eigene Gedankenwelt geboten.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Bin gerade beim Durchblättern dieses Forums darauf gestoßen, dass fast alle Querlesen, und dass dies auch im Sinne des Verfassers zu sein scheint.
    Ich hab das Bisher nur eingeschränkt getan, d.h. ich bin die Kapitel schon der Reihe nach durchgegangen, wie sie im Buch stehen, habe aber immer wieder in dem Teil, den ich schon gelesen hatte hin und her geblättert.
    Mein Problem beim vollkommenen Querlesen, d.h. wirklich das ganze Buch durchblättern ist, dass ich mich - wenn ich mit einem Thema anfange - innerlich so sehr damit beschäftige, dass ich nicht einfach auf ein anderes umschalten könnte.
    Wenn dann etwas wie Leben & Sinn in mir herumwühlt, dann muss ich schon die weiteren Texte zu diesem Thema lesen um mir klarer über alles zu werden - was sicher ein ständiges Wüten in meiner Seele darstellt, weil die Texte schließlich so verschieden sind und was auch ganz sicher nicht immer einfach oder gar entspannend ist. Nun bin ich auch nicht der Mensch, der ein Buch in die Hand nimmt um sich zu amüsieren, abzuschalten. Das könnte ich gar nicht, weil mich Worte, Bücher, Literatur so sehr berühren, dass immer auch in mir drin irgendetwas aufgewühlt wird.
    Nun weiß ich nicht, was genau ihr unter "Querlesen" versteht. Mich würde es glaube ich noch viel mehr verwirren, als ich sowieso schon bin.
    Gerade bei Leben & Sinn - ich verliere mich in diesem Thema, egal wie oft ich mich damit beschäftige. Ich denke Tage, Wochen, Monate darüber nach - egal ob in der Schule, abends im Bett oder morgends unter der Dusche. Und - so wertvoll es ist solchen Gedanken nachgehen zu können - ich denke es belastet mich auch schon das ein oder andere Mal. Was ich nicht als negativ ansehe. Ich bin nun einmal emotional und da auch schon einiges gewohnt.


    Ich glaube ICH könnte nicht zwischen den Themen hin - und her springen. Vielleicht bin ich noch zu jung, vielleicht kann ich es eines Tages. Aber im Moment bin ich noch gut damit beschäftigt eins nach dem anderen zu verdauen. Was auch daran liegen mag, dass ich im Bereich der Philosophie ersteinmal die Orientierung finden muss.


    Ich hoffe hier habt annähernd verstanden, worum es mir geht.
    Gute Nacht,
    Anna

    "Wer Angst vor Büchern hat, hat in Wirklichkeit Angst vor dem Leben."
    - Peter Prange in "Die Philosophin"

  • Zitat

    Ich glaube ICH könnte nicht zwischen den Themen hin - und her springen. Vielleicht bin ich noch zu jung, vielleicht kann ich es eines Tages. Aber im Moment bin ich noch gut damit beschäftigt eins nach dem anderen zu verdauen. Was auch daran liegen mag, dass ich im Bereich der Philosophie ersteinmal die Orientierung finden muss.


    Genauso geht es mir auch, ich lese auch brav nach der Reihe... wobei ich sagen muß bei Innozenz war ich schon etwas abgelenkt und nicht so bei der Sache..

  • Hmm also QUER lese ich nur insofern, dass ich mich nicht an die Reihenfolge der Kapitel im Buch halte - innerhalb eines Kapitels lese ich schon alles und auch in der Reihenfolge, nur wenn ich ein Kapitel beendet habe, schaue ich, wohin es mich danach zieht ;-) :-] Aber ich denke es soll jeder so wie er am liebsten möchte! :-)

  • Mir ist gerade nochmal sehr deutlich geworden, wie viel mehr Beiträge dieses Thema hat im Vergleich zu den anderen.
    Gut - das ist das erste Kapitel im Buch und vielleicht fangen doch viele vorne an zu lesen. Aber wie ich es bisher mitbekommen habe, gibt es hier auch etliche Querleser und dann kommt ja noch dazu, dass das Buch schon ein paar Tage auf dem Markt ist - man kann also selbst mit wenig Zeit schon weiter vorgedrungen sein.


    Also denke ich, dass dieses Thema wohl auch die Meisten berührt, bzw. zum Nachdenken bringt. Es ist einfach so grundlegend im Menschen verankert nach dem Sinn zu suchen. Und da diese Suche alles andere als einfach ist, spricht das Thema wahrscheinlich auch so viele an.
    Was denkt ihr?
    Ich kann mir nicht vorstellen, dass nur theoretische Gründe wie die STellung im Buch diese ganzen Beiträge hier hervorgerufen haben.
    Und wenn ich nach mir selbst gehe, kann ich mir nur zu gut vorstellen, wie sehr das Thema berührt - einfach berühren MUSS.


    Ich freu mich unglaublich auf Glück & Askese, weil ich eine - man könnte sagen Neigung - zu dem Thema "Glück" habe. Vielleicht wird die SEhnsucht nach diesem Kapitel mein Querlesen dann auch mal fördern. ;)


    Liebe Grüße,
    Anna

    "Wer Angst vor Büchern hat, hat in Wirklichkeit Angst vor dem Leben."
    - Peter Prange in "Die Philosophin"

  • Seneca ist mein "No-go"-Philosoph. Ich hab ihn schon in der Schule öd und larmoyant gefunden. Ein Stänkerer, der moralinsauer über die upper class predigt, während er mit der Mutter seines Zöglings, des Kaisers ...
    Lassen wir das! In dem Punkt, daß man den Sinn des Lebens leben muß, hat er ja recht. :grin


    Zu Augustinus ist mein Verhältnis gespalten. Seine Auffassung von der freien Urteilskraft/Entscheidung (liberum arbitrium) teile ich, sein Gnadenbegriff grenzt m.A.n. allerdings an bloße Willkür. Da frage ich mich natürlich, ob aus dieser Vorstellung heraus seine Unentschlossenheit rührt, weil er insgeheim befürchtet, er könne diesen Schritt tun, ohne Gnade vor Gott zu finden. Er braucht also das Zeichen, das ihm seiner Ansicht nach beim "ziellosen" Aufschlagen der Heiligen Schrift gegeben worden sei, um sich der Gnade versichert zu wissen ....


    Hamlet ist ein exemplarischer Fall -- das Scheitern am selbstgewählten (negativen) Lebenssinn (Rache), weil man alles beiseiteschiebt, um dieses Ziel zu erreichen.


    Fontaines Fabel gibt mir nichts -- Binsenweisheiten über die Ungewißheit des Daseins ...


    Dafür ist der Faust natürlich ein Hammer! Ein wahres Lebenswerk, in dem Goethes Denken zusammenfließt in all seinen Widersprüchen. Puh ... Da spricht Goethe ja eigentlich selbst, wenn er den Faust danach dürsten läßt, nicht nur seine Wißbegier zu stillen, sondern auch seinen Hunger nach Erlebnissen und Erfahrungen!


    Schopenhauer führt das Leben wieder auf seine Bedeutungslosigkeit zurück ... Der Einzelne ist nichts, seine Erfahrungen völlig irrelevant (außer für ihn selbst).


    Bei Tomasi di Lampedusa wird das Leben zu einem Sammelsurium aus Erinnerungen; es existiert eigentlich nur in der Erinnerung! Doch untr diesen Erinnerungen gibt es eine einzige, die zunächst vollkommen bedeutungslos erschienen doch wie eine flüchtige Begegnung mit etwas, das über sie selbst hinausweist, erscheint ...


    Frankl konfrontiert und mit dem Wahnsinn der Shoah, aber vor allem damit, daß sich jemand nicht zerstören läßt. Selbst das schlimmste Leid gewinnt dadurch Sinn, daß der Leidende durch ihm durch eine Metamorphose seiner selbst Sinn verleiht -- er verleibt es sich ein und wächst daran.


    Camus auf der anderen Seite repräsentiert die Lust an der Resignation ...


    Monty Python und Douglas Adams führen die Sache mit dem "Sinn" auf britische Weise ad absurdum ...


    ... und Andrzej Szczypiorski schließt wieder an Tomasi di Lampedusa an ...



    Man sieht, wir beschäftigen uns sehr viel mit dem Irrsinn des 20. Jhs., wenn es um Leben und Sinn geht. ;-)
    Seit Schopenhauer wird der Sinn des Lebens im Leben selbst gesucht, also quasi als ein Bestandteil des Lebens. Wie immer man darüber denken mag, wirft diese Auffassung Probleme auf. :-)

  • Zitat

    Original von Herr Palomar
    Der Ausschnitt aus Der Leopard von Giuseppe Tomasi di Lampedusa fand ich sehr gut gewählt.
    Eigentlich habe ich die Verfilmung von Visconti aufgrund der opulenten Bilder künstlerisch immer höher eingeschätzt als den Roman, aber diese Sterbensszene mit Innenansicht ist literarisch stärker auszudrücken als durch eine visuelle Form.


    Bin mir nicht sicher, aber könnte es sein, dass
    DER LEOPARD am Donnerstag 02.11. um 0.20 Uhr auf ZDF läuft?!


    Der Leopard
    Drama I/F 1962
    Mit Burt Lancaster,Alain Delon, Claudia Cardinale


    Wenn es sich um den genannten Film handelt würde ich ihn mir mal ansehen.

    Gern lesen heißt, die einem im Leben zugeteilten Stunden der Langeweile gegen solche des Entzückens einzutauschen.
    (C.-L. de Montesquieu)