'Der Pfaffenkönig' - Seiten 132 - 280

  • Guten Morgen!
    Iris, Du bist schuld - ich sitze hier mit steifem Nacken vor dem PC, völlig gerädert...und warum? Weil ich gestern Abend auf dem Sofa gelesen habe und heute Morgen bin ich aufgewacht, das Buch lag auf dem Boden, der Hund auf meinem Bauch...
    Mein Eindruck bisher von Teil 2 (bin noch nicht durch):
    Es geht so spannend weiter, wie bisher. Ein wenig fehlt mir der Zugang zu Elisabeth, ich würde mir mal einen intensiven Blick in ihr Innenleben wünschen, aber das kömmz sicher noch, wie ich Iris kenne.
    Heinrich wird mir immer sympathischer, gerade weil er Ecken und Kanten hat.
    Athmosphärisch ist es so dicht geschrieben wie in Teil 1 schon.
    Ein wenig Probleme habe ich mit den Battenburgern, Treffurtern usw...mag aber an meiner Müdigkeit gelegen haben (um halb eins nachts ist mein Hirn nicht mehr ganz klar... :grin). - dennoch hier die Frage, ob es nicht Sinn gemacht hätte, ein kleines Personenregister einzubauen? Da ich zu den Menschen gehöre, die sich auch im wahren Leben keine Namen merken können, mag ich das in Büchern sehr.
    Liebe Grüße!!!
    Silke

  • Ich habe in diesem zweiten Teil das Lesetempo erheblich angezogen und war gerade in einem kleinen Leserausch. :grin
    Damit werde ich Heinrich besser gerecht, der sich innerlich fast am Rande des Nervenzusammenbruchs befindet.
    Äußerlich lässt er sich meist nichts anmerken. Die Erziehung und Position verhindern wohl zu offensichtliche Gefühlsausbrüche.

  • Seite 145


    "Vor langer Zeit schrieb ein heidnischer Philosoph..."


    War das Platon in "Phaidon"? :gruebel


    [108a]
    Die gesittete und verständige Seele folgt nun und versteht, was sich abspielt. die Seele aber, die sich begierig am Leibe festhält, bewegt sich, wie ich früher erklärt habe, die längste Zeit angstvoll um ihn herum und um die sichtbaren Stätte herum, und erst nach langem Sträuen und vielen Leiden wird sie mühsam und mit Gewalt von dem ihr zubestimmten Daimon weggeführt.


    :wow

  • Ich glaube, dass Heinrichs Fixierung auf Elisabeth auch eine Folge seiner Isolierung und seines entfremdeten Verhältnisses zu seinen Geschwistern ist.


    - Zu Ludwig ist der Altersunterschied zu groß.
    - Zu seiner Schwester Agnes hat er kaum ein Verhältnis, spricht er doch einmal zu ihr, versucht er, sie zu bevormunden.
    - Die Halbschwester Juditha ist eher Konkurrenz und gilt nicht.
    - Selbst Konrad, der ihm altersmäßig nahe steht und mit dem er viel zusammen ist, ist ihm teilweise fremd. So erfährt er erst spät von dessen Homosexualität.
    - Nur zur Mutter Sophia hat Heinrich noch ein innigeres Verhältnis.


    Somit blieb nur Elisabeth, der sich Heinrich nahe fühlte und nach ihrem Tod ist er gefühlsmäßig wie von der Welt verlassen. Ich glaube auch nicht, dass seine Ehen ihm ein Ersatz sind. Bei seiner ersten Frau, wo Heinrich auch noch die Wahl hatte, wählt er eine Frau, die auch Elisabeth heißt. Irgendwie schwer zu glauben, dass das Zufall ist.

  • Also ich glaube, Heinrich (zumindestens der dem wir bei Iris begegnen) hat seine Frauen alle drei geliebt. Auf eine andere, weniger verzweifelte Weise als Elisabeth, aber eben auch geliebt. Er geht mit ihnen auf eine für die Zeit durchaus untypische liebevolle Art um, sorgt nicht nur für sie (seine Pflicht), sondern sorgt sich auch um sie. Es gibt eine Stelle im Buch, in der die Stellung der Frau im Verhältnis zu Kaiser Freidrich II, stupor mundi, beschrieben wird- so ist Heinrich mit keiner seiner Frauen umgegangen.

  • Seite 140


    "Ihr meint, cum tacent, clamant?"


    Alle werfen mit Bibelzitaten nur so um sich, aber ein Mönch zitiert Cicero. Der Mann gefällt mir. Er scheint ja auch als Arzt fähiger zu sein als dieser Quacksalber mit seinen Aderlässen.


    Seite 209 ff



    Also, wenn ich gewusst hätte, was noch kommt, hätte ich die kleine Bettszene im ersten Abschnitt gar nicht erwähnt. Ich lese da was von "fleischigen Blüten" und dem "schlammigen, schlüpfrigen Weg zur Hölle". Nachdem da auch noch irgendwelche Säfte an Schäften herabtrieften, hab ich die nächsten Seiten nur noch überflogen.


    Aber hat die Positionierung der Szene genau in der Mitte des Buches eine tiefere Bedeutung? Ich kann mich erinnern, dass die Szene im Tribun zwischen Cinna und Rhaban am Fluss (meine Lieblingsszene :anbet) einen Wendepunkt in Cinnas Einstellung bedeutet haben. Ist hier auch ein Wendepunkt in Heinrichs Leben? Ok, Elizabeth stirbt, aber sie war ja auch schon vorher für ihn verloren. Die Beziehung erschliesst sich mir sowieso nicht ganz. Auf seinem Krankenlager verehrt er sie ja fast wie eine Heilige, aber aus seinen Handlungen heraus vorher wird mir das irgendwie nicht so klar. :gruebel

  • Wenn ich mich hier als Zaungast kurz unterstützend einbringen darf. Ich fand die Sexszenen auch schrecklich, muß ich leider sagen. Gut, ich bin da sowieso eigen und mag es bei solchen Dingen am liebsten ohne Details. Aber vor allem die Ausdrücke fand ich, äh, eigen. Bei der Szene mit der Hure habe ich mich nur noch geekelt. Mag sein, daß das beabsichtigt war, weil es Heinrich auch so ging, ist bei mir aber auch nicht so angekommen. Mich haben diese Szenen leider vor allem geärgert, gerade weil Iris bis dahin auch ohne sowas ausgekommen ist, dankenswerterweise.

  • Zitat

    Original von Grisel
    Bei der Szene mit der Hure habe ich mich nur noch geekelt. Mag sein, daß das beabsichtigt war, weil es Heinrich auch so ging, ist bei mir aber auch nicht so angekommen.


    Was willst du damit sagen? :wow


    Du schreibst, dass die Autorin möglicherweise wollte, dass man diese Szene ekelhaft findet und dass du sie tatsächlich ekelhaft fandst, dass das aber bei dir nicht ankam? Äh ... was jetzt?



    Abgesehen davon. Klar ist diese Szene eklig, aber ich denke es handelt sich um eine Schlüsselszene des Buches, und daher ist es m.E. völlig unmöglich, zu Beginn der Szene diskret den Vorhang fallen zu lassen. Aus der Sicht seiner Liebe zu Elisabeth ist es der ultimative Treuebruch in ihrer Todesstunde. Wenn das nicht eklig ist ...


    Grüße


    Rabarat

  • Zitat

    Original von Rabarat


    Was willst du damit sagen? :wow
    Du schreibst, dass die Autorin möglicherweise wollte, dass man diese Szene ekelhaft findet und dass du sie tatsächlich ekelhaft fandst, dass das aber bei dir nicht ankam? Äh ... was jetzt?


    Ich denke, daß damit nicht beabsichtigt war, den Leser zu ärgern, aber ich habe mich über die Szene geärgert, eben weil sie mich angeekelt hat.
    Daß sich Heinrich ekelt, heißt nicht, daß ich mich auch ekeln muß. Außerdem mochte ich bereits die Schilderung der Hochzeitsnacht nicht sonderlich, mir ging es da ähnlich wie Delphin. Und die hat ihn ja wohl hoffentlich nicht angewidert.
    Ist halt eine Frage der Gewohnheit, ich fand es gerade erfrischend anders, daß Iris' Szenen dieser Art bislang eben anders geklungen haben.

  • @ Grisel


    Jetzt habe ich dich verstanden. Danke.


    Ich kenne das natürlich auch. Wenn man einen Autor oder eine Autorin mag, dann geht man mit einer gewissen Erwartung an das nächste Buch. Und die Bewertung hängt dann oft weniger davon ab, wie gut das Buch ist, sondern inwieweit es der eigenen Erwartung entspricht. Ich glaube, das ist ganz normal. Für den Autor ist das sicher schwierig.


    Grüße


    Rabarat

  • Ich finde solche Szenen dann peinlich und unschön, wenn sie in die Geschichte "hineingepasst" werden, also nicht zum Ablauf der Geschichte gehören und diesen nicht voranbringen. Iris Sexszenen sind jeweils für die Entwicklung der Geschichte wesentlich. Ohne die Hochzeitsnacht bliebe der Tod der ersten Frau unverständlich, ohne die Geschichte mit der Hure ein wesentlicher Aspekt des "Verhältnisses" zwischen Heinrich und Elisabeth und der weiteren Verhaltensweise, die ja auch lebenslang von der Buße beeinflusst wird.

  • @ Grisel


    Ich glaube, für Autoren ist diese Erwartungshaltung ein großes Problem und sie ist möglicherweise der Grund dafür, warum manche Erfolgsautoren im Grunde immer nur noch leicht modifizierte Kopien ihres ersten großen Erfolges schreiben.


    Wenn beispielsweise Dan Brown als nächstes einen einfühlsamen Liebesroman schreiben würde, wären alle Illuminati-Fans bitter enttäuscht, und würden sich richtig ärgern darüber, selbst dann wenn es vielleicht ein sehr gutes Buch wäre (auch wenn ich mir das bei dem Autor nicht vorstellen kann).

  • Zitat

    Original von Rabarat
    @ Grisel


    Ich glaube, für Autoren ist diese Erwartungshaltung ein großes Problem und sie ist möglicherweise der Grund dafür, warum manche Erfolgsautoren im Grunde immer nur noch leicht modifizierte Kopien ihres ersten großen Erfolges schreiben.


    Wenn beispielsweise Dan Brown als nächstes einen einfühlsamen Liebesroman schreiben würde, wären alle Illuminati-Fans bitter enttäuscht, und würden sich richtig ärgern darüber, selbst dann wenn es vielleicht ein sehr gutes Buch wäre (auch wenn ich mir das bei dem Autor nicht vorstellen kann).


    :write :write :grin

  • Rabarat :
    Ich glaube, wir reden ein bißchen aneinander vorbei. Alles, was ich von Iris' Büchern nach Erfahrung mit den ersten grundsätzlich "erwarte" ist, daß sie gut sind, themenunabhängig, und daß sie nicht in die Klischeekiste greifen muß. Von daher bin ich bislang nicht enttäuscht worden, auch ohne daß sie "gezwungen" ist, von nun an "Cinnas" in allen Epochen und Variationen zu schreiben. Was sie ja, wie man sieht, nicht tut, sondern sich mit Heinrich an ein ganz anderes historisches Thema und Perspektive gewagt hat.
    Ich kenne genug Autoren, die ich leidenschaftlich gern lese und die auch gut sind, die aber, sobald es ums Thema Sex geht, auf einmal so klingen, daß ich schreiend davonrennen will, weil mich das gute alte Rein-Raus-Spiel in allen Variationen einfach nicht beschreibend interessiert. Ich will bei solchen Szenen die Gefühle der Personen, nicht ihre Tätigkeiten und Reaktionen ihrer Körperteile. Eine Eigenheit von mir.
    Wie man sieht, stehen Delphin und ich bislang alleine mit der Skepsis. Trotzdem hoffe ich egoistisch, daß zukünftige Szenen dieser Art wieder etwas mehr unbeschreibend stattfindet. Jedoch, das liegt bei Iris.