Angst vor dem Absturz

  • @ Batcat:


    Da gebe ich dir recht. Die eigene räumliche (und auch zeitliche) Flexibilität hängt von vielen Faktoren ab. Und gerade in einer Familie muß das gut überlegt sein.
    Für manche ist es einfach nicht möglich, die Familienbande zurückzulassen und ein paar hundert km weiter weg ziehen.
    Wiederum andere können in der Familienstruktur, in der sie leben, keinen Schichtdienst arbeiten.
    Das ist alles richtig.


    Ich kann nur von mir ausgehen und meine Situation ist - was das angeht - ideal: kinderfrei, partnerfrei, keine Haustiere, kann ich zur Not auch auf einen anderen Kontinent ziehen, wenn es denn sein muß.


    Solch eine Flexibilität erwarte ich auch von keinem.
    Aber ich würde mir manchmal schon wünschen, daß mancher, die Schranken, die er im Kopf hat, auch mal abbauen könnte.
    Beispiel: Ich fahre täglich 170 km - nur um arbeiten zu gehen. Und habe im Bekanntenkreis hier Menschen, die schon über 80 km jammern und einen Job deswegen ablehnen. Solche Menschen möchte ich mal schütteln.
    Ich möchte aber auch das nicht verallgemeinern und weiß sehr wohl, daß die Schmarotzer unter den Arbeitslosen durchaus nicht die repräsentative Mehrheit sind.


    Ich glaube auch nicht, daß jeder Arbeit findet, der wirklich will. Aber ich glaube, daß es schon einige gibt, die arbeiten könnten, wenn sie nur wollten.

    :lesend
    If you can read, you can empathize, luxuriate, take a chance, have a laugh, hit the road, witness history, become enlightened, turn the page, and do it all again
    Oprah Winfrey

  • Also entweder wohne ich in einer Gegend wo es Arbeit en masse gibt, oder warum kenne ich KEINE Menschen, die dauerhaft arbeitlos sind?? ausser solche, die schon hinlänglich beschrieben wurden?


    Ich spreche von Leuten mit Ausbildung, im handwerklichen oder eben Dienstleistungsbereich, ordentliche Menschen.
    Liegst doch an der Gegend?? :gruebel


    Ich hab einige Bekannte aus dem ehemaligen Osten, die den Rest der Familie und auch Bekannte hierherholen und ALLE bekommen Arbeit..hm

  • Zitat

    Original von Alexx61
    Kannste machen, dein Jüngelchen ist ja genügsam, man braucht nur einen großen Zettelblock :grin


    :lache Und viel zu essen. ;-)

    _______________________
    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

  • Zitat

    Also entweder wohne ich in einer Gegend wo es Arbeit en masse gibt, oder warum kenne ich KEINE Menschen, die dauerhaft arbeitlos sind?? ausser solche, die schon hinlänglich beschrieben wurden?


    @ Alexx
    Genau die Frage hab ich mir grad auch gestellt.... :lache


    @ Doc
    Ich habe nie behauptet, daß mein Blickwinkel nicht subjektiv ist. Das liegt bei meinem Blickwinkel in der Natur der Sache, sonst wäre es nicht MEIN Blickwinkel.
    Ich sehe allerdings nicht nur meine "Kunden".
    Sondern z.B. meinen Vater, der mit mehr als 60 Jahren und nach div. Schlaganfällen noch einen Job gefunden hat, der ihn erfüllt und von dem er leben könnte, wenn er müßte.
    Oder meinen Bruder der sich nach der Pleite seiner Firma nicht wimmern zu Hause verkrochen und den Weg in die Arbeitslosigkeit geflüchtet hat, sondern sich eine neue Firma aufgebaut hat und anstatt zu Jammern, das Risiko mit großem Erfolg noch mal eingegangen ist.
    Oder meine Schwester, die nach langem Ringen merkte, daß ihr Ausbildungsberuf "Krankenschwester" nichts für sie ist und die nach gerade mal 2 (!!) Bewerbungen einen wunderbaren neuen Job hatte, für den sie zwar 90 km (einfache Strecke) fahren muß, der ihr aber Spaß macht und bei dem sie gut verdient.
    Oder meinen Kumpel, der aufgrund der Pleite seiner Firma plötzlich auf der Straße stand, als KFZ-Mechaniker nichts gefunden hat und sich vom kleinen "Handlanger" in einer Firma zum besten Verkäufer gemausert hat und Prämien absahnt, von denen ich nur träumen kann.
    Und schließlich ich selbst, als ich mit der Realschule fertig war, hab ich mich einfach überall beworben: Sparkasse, Versicherungen, Arbeitsamt, Gericht, Rechtsanwälte, BGS, Polizei, Zoll.... weil ich überhaupt keine Ahnung hatte, wo ich hinwollte.
    Ich hatte am Ende mehr als 20 Zusagen und konnte wählen, wo ich hingehen möchte, während meine Freunde kämpften auch nur eine Lehrstelle zu bekommen, eben weil sie das Ganze als Spiel sahen und sich selbst nicht präsentieren konnten.


    Ich bestreite wie gesagt nicht, daß es die Pechlieseln gibt, die einfach kein Glück haben, ich sage aber, wer hartnäckig, bemüht und FLEXIBEL ist, der findet meiner Meinung nach etwas, vielleicht nicht sofort den Traumberuf, aber etwas, daß ihn oder sie über Wasser hält.
    Könnte natürlich sein, daß auf mich und meine Lieben einfach nur ein Strahl der Glückseligkeit gefallen ist.... und ich daher verwöhnt bin, könnte aber auch anders sein. :grin


    Mir fällt grad noch was ein.
    Mein Vater ist in der glücklichen Position dem ein oder anderen weitläufigen Bekannten einen Job verschaffen zu können, das hat er jetzt mehrmals getan, mit dem Ergebnis, daß er es nie wieder tun wird.
    Weil der eine als er merkte, daß es sich bei der Arbeit um körperliche harte Arbeit handelte, einfach nicht mehr kam.
    Der nächste sich ständig krank meldete, damit er nebenher sein Haus fertig bauen konnte.
    Der übernächste heimlich ein paar Produkte mitgehen ließ....

  • @BJ


    mag ja sein, dass du 20 Angebote hattest, aber sicher weder eine fünf in Mathe noch ne vier in Deutsch- das Problem der Arbeitslosigkeit fängt im Kindergarten an, mit der Förderung von Freude am Lernen und Neuorientieren, statt konsumieren und wenns nicht passt per Fernbedienung das Programm zu wechseln.

  • Das ist wieder mal ein Thema, bei dem man gerne zum Pauschalisieren neigt - es aber keinesfalls tun sollte.


    Jeder Arbeitslose ist ein Einzelschicksal für sich mit unterschiedlichen Grundvoraussetzungen, Vorbildung, Talenten, Absichten.... auch wenn sich natürlich viele in Grüppchen zusammenfassen lassen ;-) ("die Glücklosen", "die Chancenlosen", "die Faulen" etc.pp.) - man darf sie nicht über einen Kamm scheren.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Hallo Sisi,


    nein ich mache mir keine Sorgen mehr.


    Ich habe gute zwanzig Berufsjahre hinter mir, bin für meine Branche zu alt, zu überqualifziert, und zu teuer.


    Das habe ich alles durch Personalstrukturierungen kennengelernt. Ich bin dann in einen schlechter bezahlten Job gewechselt . Ja ,da war der Wunsch zurückzukehren, und was kam in den Nachrichten: " auf Dauer wird aus den Tarifverträgen ausgestiegen.."


    Erstmal ein Glückwunsch an die jenigen die rund um die Uhr einkaufen wollen. Endlich können die Konzerne usw. ihre Personalkosten reduzieren.


    Ich denke hier in Deutschland gibt es ein grundlegendes Problem. Das festmachen an einem Vollzeitjob und was du bist, das Materielle wird mehr bewertet als das Innere.


    Klar braucht der Mensch gewisse Grundlagen,doch wir zeigen im ganzen eine Unflexibilität, was das arbeiten angeht.
    Im Zuge der Globalisierung wird sich der Mensch umstellen müssen. Die Zeiten zwischen festem Job, freelancer und Arbeitslosigkeit werden sich abwechseln.
    Ich sehe Aufgaben für den Menschen darin, das er sich nicht mehr an das Unternehmen klammert, offen bleibt für Möglichkeiten. Auch das Denken das der Staat sorgt , sollte sich in eine selbstständigere Denkweise ändern.


    Ich kann nur aus Erfahrung sagen, Offenheit und ein Netzwerk an Kontakten eröffnet viele Möglichkeiten Jobs, auch für nebenbei etwas zufinden.
    Und Idee gibt es genug.


    Übrigens sollen die niederen Jobs so gut wie nicht mehr angeboten werden.


    Zum Schluß fehlt mir noch ein Zitat vom Dalai Lam ein:
    "Der Mensch braucht zum Leben Wasser und Brot, ein Bett und ein Dach über dem Kopf. Alles andere ist Luxus." ;-)


    Zofie :wave

  • Heute kommen auf eine Stelle in meinem Beruf bis zu 200 Bewerbungen. Und da sollen die ausgerechnet eine 52jährige aussuchen?


    alex
    In deiner Gegend schliessen anscheinend keine größeren Firmen, dort sind Mittel- und Kleinbetriebe angesiedelt und die Leute arbeiten da schon jahrelang. Schau mal über den Rhein nach Krankfurt....


    @BJ
    genauso wie du es schilderst ging es mir früher auch. Ich konnte wählen, ich konnte pokern um das Gehalt. Ich ging hin und hatte den Job. Aber da war ich eben auch jung. Und Arbeit war genügend da.
    Teilweise bettelten die Firmen um Lehrlinge. Es waren keine da. :grin

  • mal ein kleiner exkurs zum thema "wer arbeiten will, findet auch einen job"


    da saß ich also und war arbeitslos.


    nach dem ersten jobverlust im rheinland hatte ich eine gegen den widerstand des für mich zuständigen sachbearbeiters vom arbeitslosenamtes durchgeboxte fortbildung (zur kulturmanagerin) absolviert, danach eine abm-stelle (nicht verlängerbar) ergattert und anschließend eine von einem anderen, mittlerweile für mich zuständigen sachbearbeiter eines anderes arbeitslosenamtes als für mich ideal bezeichnete anpassungsfortbildungsmaßnahme für ingenieure mit ddr-ausbildung (oder war ich ideal für den kurs, der sonst nicht zustande gekommen wäre mangels ausreichender teilnehmendenzahl?) abgesessen.


    und dann saß ich da.
    schrieb bewerbungen.
    standardantwort: sie sind überqualifiziert.


    wer arbeit will, der kriegt auch welche?
    klar. vorausgesetzt: man kann/darf in der gastronomie arbeiten. dann geht das schon.
    aber auch dort gilt: handelt es sich aber auch nur im entferntesten um eine stelle, in der ich mehr als nur die "basics" einbringen muss/kann/darf, geht das kopfkino los. und nicht nur ibei mir, sondern auch bei den eventualarbeitgebenden.


    dann stellt sich nämlich sofort die frage nach aufwand und ertrag:
    es bewirbt sich jemand mit guten qualifikationen.
    aber es ist eine völlig andere arbeit als bisher.
    was passiert, wenn diese person nun plötzlich ein stellenangebot bekommt, das der eigentlichen qualifikation entspricht?
    warum soll sich eine firma die mühe machen, personal einzustellen und anzulernen, das bei der nächsten möglichkeit wieder abspringen wird?
    da nützen natürlich auch beteuerungen von bewerbender seite, völlig überzeugt zu sein, sich auch bei abknickender vorfahrt auf dem richtigen karriereweg zu befinden, wenig.


    resultat: ich war 14 monate lang arbeitslos.


    gut, die sache ist mittlerweile 10 jahre her.
    der unterschied ist wohl der, dass es in der zwischenzeit nicht mehr viele fortbildungen gibt, die über ein jahr dauern dürfen und voll vom arbeitslosenamt übernommen werden, dass es wohl noch mehr bürokratische hürden gibt und es ein schon ein paar monate arbeitslosigkeit sein dürfen, bevor man wieder in eine maßnahme (sei sie nun fortbildung oder abm oder sonstwie überschrieben) rutschen darf.


    aber das kopfkino in den chefetagen, das hat sich nicht geändert.


    grüssli, blaustrumpf

    Wer einmal aus dem Schrank ist, passt nicht mehr in eine Schublade.
    Aber mein Krimi passt überall: Inge Lütt, Eine Bratsche geht flöten. ISBN: 978-3-89656-212-8. Erschienen im Querverlag

  • Genauso ist es Blaustrumpf.
    Ich war immer in der Buchhaltung. In Deutschland. Hier in Österreich musste ich überzeugen, dass da kein allzugroßer Unterschied besteht und dass man die kleinen Unterschiede schnell erlernt, begreift.
    Dazu kamen die Buchhaltungsprogramme. Was nützte es mir, dass ich in 2 Firmen eben jene mitaufgebaut hatte (nach Datevsystem, welches in Ö nicht verwendet wird)? Inzwischen gab es BMD, SAP, RZB ...etc...
    Bei der Lohn- und Gehaltsabrechnung musste ich passen. Also: Kurs über 4 Monate. Ich hab mich beworben wie verrückt -aber ohne Praxis - keine Chance...
    Ein Headhunter meinte: Sie sind in ihrem Alter (damals 48 ) mit DEN Vorraussetzungen (keine Buchhalterprüfung nach Ösi-Recht) usw. usw. nicht vermittelbar.
    Ich hab dann als Sekretärin angefangen. Mit kleinen Buchhaltungsaufgaben wie Kasse usw.
    Die Fa. ging nach Budapest.
    Durch einen Bekannten fand ich wieder einen Sekretärinnen-Job. Als eine OP anstand und ich das der Chefin mitteilte, dass ich in ein paar Monaten mal für 14 Tage ausfalle bekam ich die Kündigung. Seit April habe ich ca. 120 Bewerbungen geschrieben, war 5 mal in der engeren Auswahl, aber schlussendlich hat den Job immer eine 10 Jahre jüngere Frau bekommen.


    Mittlerweile habe ich 144 Stunden Business-Englisch-Kurs absolviert, den kann ich mir auch in die Zeugnismappe heften...


    Nun habe ich einen Saison-Job in Aussicht für den Sommer - von MItte März bis 30. September in unserem Thermalbad an der Kasse. Mit 700 Euro weniger Gehalt als ich in meinem Beruf früher verdient hab.
    Den werde ich nehmen, wenn sie mich wollen.
    6 Tage Arbeit - einen Tag in der Woche frei - nicht am WE - und 500 Umkleidekabinen sind von März bis Ende April zu putzen. Dafür bekomme ich ab Okt. wieder Arbeitslosengeld und nächstes Jahr März werde ich dann (hoffentlich) wieder eingestellt.....


    Montag schreie ich dann HURRA... oder auch nicht. :lache

  • Zitat

    Original von Tom


    Mmh. 3,9 Millionen Arbeitslose und 0,6 Millionen gemeldete offene Stellen. Damit stünden, milchmädchengerechnet, 15 Prozent der Arbeitslosen Arbeitsplätze zur Verfügung. 85% aber nicht, selbst, wenn sie wollten. Natürlich könnten sie sich noch selbständig machen, wahrscheinlich brauchen wir noch mindestens zehntausend Nacktputzdienste, Dönerbuden und ähnliches.


    Die Produktivität steigt an, und sie wird immer weiter ansteigen, was letztlich bedeutet, daß man die gleiche Produktmenge mit immer weniger Arbeitskräften herstellen kann. Anders gesagt: Viele Arbeitsplätze werden überflüssig sein. Arbeitslosigkeit ist kein Problem des Arbeitenwollens mehr, sondern ein Ergebnis des dramatisch sinkenden Bedarfs an Arbeitskräften. Deshalb glaube ich auch niemandem, der behauptet, er hätte ein Patentrezept dafür, die Arbeitslosenzahlen zu senken. Sie werden wieder steigen, definitiv.
    Natürlich gibt es das tolle US-amerikanische Modell, wo Leute vier Dollar die Stunde dafür bekommen, an einer Rolltreppe im Flughafengebäude zu stehen und "This way" zu sagen.


    Schade, daß Toms Antwort hier anscheinend von einigen überlesen wurde.


    Auch wenn alle Arbeitslosen arbeitswillig, selbstverständlich um die 30, realistische 10 Jahre Berufserfahrung, kinderlos und deshalb flexibel einsetzbar wären, hätten wir immer noch knapp 4 Millionen Arbeitslose. ES SIND NICHT GENUG ARBEITSPLÄTZE VORHANDEN.


    Und es ist wohl richtig: Wer Arbeit sucht, findet tatsächlich auch meistens einen Job (400 Euro oder schwarz) aber nicht zwangsläufig eine „richtige“ Arbeit.
    Und diese suche ich (und wahrscheinlich auch viele andere) nun mal.


    Ich bin jetzt 42 – alleinstehend und Mutter von einem Kind - , habe also noch 25 Arbeitsjahre vor mir, und die möchte ich mich, wenn möglich, nicht mit Jobs über Wasser halten. Zumal man bei diesen Jobs immer noch ergänzend Arbeitlosengeld II bekommen muß, um überleben zu können. Das ist eine Zwischenlösung, aber bestimmt keine Perspektive. Es sei denn, man hätte 4 solcher 400 Euro-Jobs (wenn das rechtlich überhaupt möglich ist). Dann würde man 1600 Brutto verdienen, bei einer ungefähren Arbeitswoche von 60-70 Stunden (4 verschiedene Arbeitsanfahrtszeiten kämen dann noch hinzu). Also kaum machbar - zumindest nicht, wenn man "nebenbei" noch Mutter ist.


    Und diejenigen, die hier THEORETISCH jede Arbeit annehmen würden, möchte ich gern mal erleben, wenn sie WIRKLICH arbeitslos sind. Da kann man dann schlecht sagen, ich will arbeiten, aber auf Verkäufer hab ich keinen Bock, Alterpfleger ist nicht so mein Ding und Toilettenfrau ist sowieso weit unter meinem Niveau.
    Solches darf man als Hartz-IV-Empfänger nur noch denken, aber niemals öffentlich sagen ;-)


    Und bei der Entfernung gibt es auch bei mir Grenzen. Mein letztes Praktikum war etwas über 20 km entfernt. Das war ok und durchaus machbar mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ich war 11 Stunden außer Haus. Grob hochgerechnet wäre ich bei 40-50 km wohl jeden Tag gute gute 13 Stunden außer Haus. Mit einem minderjährigen Kind zu Hause auch nicht gerade erstrebenswert aber evtl. noch machbar. 70 km wären für mich indiskutabel und auch ein Umzug mit einem schulpflichtigen Kind, das die letzten 2 Jahre vor sich hat, sollte gut überlegt sein.


    P.S. ich wünsche allen Arbeitssuchenden hier viel Glück und Erflog
    :wave
    Charlotte

  • Charlotte - du hast völlig Recht! Ich habe übrigens Toms Antwort sehr wohl gelesen und er hat es auf den Punkt gebracht.
    Meist gehen die Leute von ungelegten Eiern aus und dann lässt sich herzlich leicht über Entfernungen, Flexibilität und niedrigem Lohn/Gehalt reden... Vor allem wenn man jung ist. Genauso habe ich nämlich früher auch dahergeredet.


    Ich möchte diejenigen mal sehen, wenn sie mit akademischer Ausbildung sich dann an einer Hofer-Kasse wiederfinden. Und das für den Rest ihres Berufslebens.


    Ich selbst habe 1,5 Stunden Fahrzeit (eine Richtung) in Kauf genommen. Ich habe keine zu versorgenden Kinder und muss sagen, da wirds hart, wenn man 12 Stunden ausser Haus ist.
    Wenn man in Ö keine Arbeit mehr findet, dann eben in GB oder D oder CH oder Timbuktu... Ich würde das sogar machen. Wenn es was nützen würde. Aber auch da bin und bleibe ich 52 Jahre alt. Und genau da beisst sich der Hund in den Schwanz und es regt mich so tierisch auf, dass man einfach dazu verdammt wird elendige Arbeit für elendiges Geld annehmen zu müssen.
    Man fühlt sich wie ein Mensch 2ter Klasse und das ganze Selbstvertrauen, der Optimismus und die Unbeschwertheit gehen flöten.

  • Hallo sisi,


    zuerst einmal habe ich wahrscheinlich etwas off-topic geantwortet, da mich die Antworten einiger teilweise verärgert haben.


    Bei deiner Überschrift - Angst vor dem Absturz - dachte ich naiverweiser erst einmal: nö, hab ich nicht ...Flüge kann ich mir eh nicht mehr leisten ;-)


    aber Spaß beseite: Ich kann deine Ängste sehr sehr gut verstehen. Auch ich habe früher (ist noch gar nicht so lange her) auch gedacht: wer arbeiten will und kann, findet schon irgend etwas.


    Man findet vielleicht auch irgendetwas. Aber oft es ist sehr unterbezahlt.


    Ich z. B. habe eine Familienpause hinter mir. Danach nur Jobs, mit denen ich mich eben über Wasser gehalten habe, die aber nichts mit meiner ursprünglichen Ausbildung zu tun hatten. Dann habe ich über das Arbeitsamt eine sogenannte "Wiedereinführung-in-den-Beruf" gemacht. Unter anderem wurde uns dort beigebracht, uns nicht unter Wert zu verkaufen.
    Aber was hieß das in meinem Beruf und in meiner Lage?? Tariflich steht jeder Arzthelferin ca. 1500 Euro Brutto im ersten Berufsjahr zu.
    Nun gut, ich hatte ca. 10 Jahre Berufserfahrung hinter mir...allerdings schon ewig lange her. Wo also sollte ich mich einstufen??


    Ich hab mich erstmal theoretisch ganz niedrig eingestuft....bei 1500 Brutto Euro.
    Das erste Angebot lag bei 1100 Euro Brutto / 39 Std. pro Woche. Nicht direkt in meinem erlernten Beruf, aber berufsnah. Von diesem Gehalt kann ich nicht mal allein einigermaßen leben, geschweige denn zu zweit.

  • Zitat

    Original von Sisi
    alex
    In deiner Gegend schliessen anscheinend keine größeren Firmen, dort sind Mittel- und Kleinbetriebe angesiedelt und die Leute arbeiten da schon jahrelang. Schau mal über den Rhein nach Krankfurt....


    Ja das tue ich, es arbeiten ja viele "drüben"


    Ich will nicht, dass sich mein Geschreibsel anhört, als ob JEDER die Arbeit bekommt, die er gerne hätte, und das am besten von 20 bis zur Rente beim gleichen AG
    Diese Zeiten sind definitv vorbei.


    Aber sich hinsetzen und schon im VORFELD jammern, wie u.a. in dem Bericht des Sterns, den ich jetzt gelesen habe, das stinkt mir, das ist irgendwie eine deutsche Eigenschaft oder?? Panikschieberei!


    Es wird immer Arbeitlsose geben, vor allem in der Zukunft, man kann sich nicht mehr auf seinen Ausbildungsberuf ausruhen und drauf hoffen dass man genau den Job bekommt.
    Berufe kommen und gehen.
    Um nochmal auf den Titel des Freds zurückzukommen
    Angst vor dem Absturz, für mich würde das bedeuten, auf der Strasse ohne Dach überm Kopf zu leben und der Weg dorthin ist sehr, sehr weit.
    Alles andere, auf Urlaub verzichten, eben nicht jeden Tag Fleisch zu essen, Klamotten auch mal länger als ein Jahr zu tragen u.u.u das ist i. m. Augen KEIN Absturz.
    Und bevor ich in meinem Kämmerlein heulend vor mich hinvegetiere und mit meinem Schicksal hadere, ja dann würde ich Klos putzen...ehrlich.

  • Zitat

    Um nochmal auf den Titel des Freds zurückzukommen
    Angst vor dem Absturz, für mich würde das bedeuten, auf der Strasse ohne Dach überm Kopf zu leben und der Weg dorthin ist sehr, sehr weit.



    Genauso sehe ich das auch. :write

  • Die Frage ist natürlich auch die: wo beginnt für den einzelnen der Absturz? Freilich, solange man ein Dach über dem Kopf hat und keiner hungern muß, geht es schon noch irgendwie.


    Aber viele Menschen haben sich doch in mühevoller Arbeit und Eigenleistung unter vielen Einsparungen ein Häuschen gebaut. Wenn der Ernährer ausfällt, ist es oft unmöglich, die Raten an die Bank zu zahlen. Also muß man sich was deutlich billigeres suchen, was meist natürlich auch viel kleiner ist, ungünstiger gelegen etc. Umzug bedeutet natürlich auch erst einmal wieder viel Arbeit und viele Kosten. DAS ist für viele schon mal ein Absturz, obwohl es objektiv gesehen natürlich keiner ist.


    Vor allem: Das Häuschen, das Lebenswerk (und eigentlich auch die Altersvorsorge!) sozusagen, will natürlich auch keiner aufgeben - denn es könnte ja sein (und darauf hofft doch jeder), daß es sich nur um einen temporären Engpaß handelt, daß man bald wieder einen Job findet und so ein Umzug nicht nötig wäre.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Bedeutet Angst vor dem Absturz nicht auch Angst vor dem Absturz ins Unbekannte- Verlust der sozialen Bezüge, Trennung vom Partner, Familie, Freunden? Einsamkeit, Ungewissheit? Nicht nur der reine Bargeldverlust und der damit verbundene soziale Abstieg?

  • Hier geht irgendwie immer jeder davon aus, dass das Arbeitlosenamt der Herr über alle offene Stellen wäre. Meine sämtlichen bisherigen Stellen habe ich bislang ohne der Truppe bekommen. Und sämtliche Stellen, die ja offensichtlich offen waren (sonst hätte ich sie ja nicht bekommen können...) gab es beim Arbeitslosenamt nicht. Da wohl jeder Arbeitslose dort registriert ist (wenn er denn an Stütze interessiert ist), aber nicht wirklich jede offene Stelle dort gemeldet wird. gehe ich einfach davon aus, dass das weiter oben dargestellte Verhältnis zwischen offenen Stellen und Arbeitslosen so nicht wirklich passt.


    Das gilt nicht nur für Deutschland, sondern auch für Österreich.


    Um hier gleich noch Fragen entgegen zu wirken. Hier gerne die Auflistung, wie ich meine Stellen bekommen habe.


    1983 Lehrstelle. Ich wollte Technischen Zeichner lernen. Hab ich letztendlich auch. Die Arbeitsämter Nürnberg und Ansbach hatten genau drei Stellen im Angebot. (Komisch. In der Berufsschule waren wir 60 Lehrlinge in zwei Klassen...) Ich hatte seinerzeit die Telefonbücher der betreffenden Regionen (gelbe Seiten) durchforstet. Nach elf Bewerbungen hatte ich eine Lehrstelle. :-)


    2003 Anstellung als Maschinenbautechniker. Nach einer gewissen Zeit als Technischer Zeichner habe ich mich zwei Jahre Vollzeit auf der Rudolf-Diesel-Fachschule in Nürnberg weitergebildet. nach der Schulzeit sah es am Arbeitsmarkt in Sachen Maschinenbau sehr flau aus. (Ähnlich wie 1983, als Helmut Kohl sein leichtfertiges Versprechen gab, dass jeder Bewerber auch eine Lehrstelle bekommen würde.) Damals stand ich als Einpersonenhaushalt vor der Wahl, in Nürnberg zu bleiben und irgendeinen Job anzunehmen. Oder flexibel zu sein und einen Wunschjob zu nehmen. Da damals das Internet noch nicht wirklich weit verbreitet war, habe ich tagelang in der Nürnberger Bücherei in der Schwarte "Wer liefert was" geschmökert und Adressen gesammelt. Die 13. Bewerbung brachte Erfolg und ich bin im Schwarzwald gelandet. :-)


    Vor einigen Jahren habe ich aus privaten Gründen eine neue Stelle gesucht. Via Internet exakt zwei (!!!) Blind(!)bewerbungen rausgelassen und eine Stelle bekommen. Ich sollte allerdings fairerweise dazusagen, dass ich vorher monatelang den Stellenteil der örtlichen Zeitung gesammelt habe um Adressen zu bekommen. ;-)


    Dass ich eine absolut krisenfreie Stelle hier habe, das war um ehrlich zu sein ein Glücksgriff erster Güte. Müsste ich um meine Stelle bangen, würde ich ja wohl kaum derzeit ein Haus bauen. ;-)


    Diese drei Beispiele aus meinem Leben habe ich nur eben mal angeführt, um aus eigener Erfahrung darzulegen, dass das Arbeitsamt bzw auf Neudeutsch die Bundesagentur für Arbeit zwar recht gut verwalten kann. Aber auch nicht mehr. Die verwalten eingehende Stellenangebote. (Die aber nur ein Bruchteil der tatsächlich offenen Stellen darstellen...) Und die verwalten Arbeitslose.


    Aber es schadet eben nicht, sich nicht nur auf die große Behörde zu verlassen, sondern auch selber die Initiative zu übernehmen.


    So. Nun warte ich auf Protest einiger Eulen. ;-)


    PS: Ich habe keine Angst vor einem Absturz. :-]