Die Madonna von Murano, Charlotte Thomas, Ehrenwirth Verlag, 2007, ISBN-10 3-4310-3699-6, ISBN-13 978-3-4310-3699-6, 19,95 €
Zur Autorin: (lt. Verlag)
Charlotte Thomas war Richterin und Rechtsanwältin, bevor sie sich ganz ihrer Leidenschaft, dem Schreiben, widmete. Fasziniert von der aufregenden Historie Venedigs und dem prächtigen Stadtbild, hat sie mit "Die Madonna von Murano" einen großen historischen Roman geschrieben, der mitreißender und beeindruckender nicht sein könnte. Die Recherche dafür hat viele Jahre in Anspruch genommen, in denen die Autorin sich intensiv mit der Geschichte der venezianischen Renaissance beschäftigt hat. Charlotte Thomas lebt mit ihren Kindern am Rande der Rhön in Hessen.
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Leserunde mit Autorin bei den Büchereulen (ab 20.03.07)
Meine Meinung:
Als süffig bezeichnet man umgangssprachlich einen gut trinkbaren, angenehm schmeckenden, spritzigen und erfrischenden Wein. Ein derartiger Begriff müßte für den ersten historischen Roman „Die Madonna von Murano“ von Charlotte Thomas noch erfunden werden!
Venedig, 1475. Eine junge, hochschwangere Frau versucht in den verwinkelten Gassen der Stadt verzweifelt ihren Verfolgern zu entkommen, aber ihre Häscher holen sie ein. Bevor sie stirbt, bringt sie noch eine Tochter auf die Welt, Sanchia, die von einem zur Hilfe herbeigeeilten Glasmalermeister nach dem Tod der jungen Mutter an Kindes statt aufgenommen wird. Früh muß Sanchia feststellen, dass ein dunkles Geheimnis auf ihrer Herkunft liegt. Als sie den jungen Patrizier Lorenzo kennen und lieben lernt, holt sie die Vergangenheit ihrer Mutter wieder ein und die Situation spitzt sich dramatisch zu.
Der Klappentext verspricht zunächst einen historischen Roman, der das derzeit gängige Motiv einer starken Frau, die sich trotz großer Widerstände im Leben durchsetzen muss, thematisiert, scheint also nicht viel Neues zu bieten. Dennoch hat mich der Roman in kürzester Zeit in seinen Bann gezogen und ich habe die über 1000 Seiten geradezu verschlungen. Charlotte Thomas verfügt über ein erzählerisches Talent das selbst alltäglichste Verrichtungen in einem Leben zur Zeit der Renaissance interessant macht. Hinzu kommt, dass sie auch ihren Nebenfiguren Raum und damit Lebendigkeit gibt, so dass es neben der Protagonistin Sanchia eine Vielzahl interessanter Figuren und Charaktere gibt, ähnlich einem Gemälde der Renaissance. Die Schicksale von Adligen, Klerikern, Kaufleuten, Handwerkern, Künstlern, Kurtisanen und Heilkundigen hat die Autorin geschickt verwoben und so mit der Serenissima des ausgehenden 14. Jahrhunderts verknüpft, dass ein farbenprächtiges, üppiges Bild des Venedigs der beginnenden Renaissance entsteht. Einer Zeit der Lagunenstadt, die geprägt ist vom aufstrebenden Seehandel, Kunst, Pracht aber auch von polititschen Intrigen, Krieg, Sklaverei, Gewalt, Pest, Elend, Glaube und Aberglaube. Gepaart mit dem spannungsgeladenen und geheimnisvollen Familiengeheimnis, das Charlotte Thomas uns erzählt, erlebt der Leser einen regelrechten Leserausch.
Charlotte Thomas Roman ist in einer angenehm, flüssigen Sprache geschrieben, die mich ebenso wie die Erzählkraft der Autorin sehr an die Romane von Rebecca Gablé erinnert hat.
Zu bemängeln habe ich lediglich, dass das Familiengeheimnis für mich nicht ganz so dramatisch und reißerisch hätte sein müssen, um „Die Madonna von Murano“ zu genießen, was aber der Lesefreude auch nicht abträglich war. Nicht unbedingt notwendig ist meines Erachtens auch, dass Sanchia sehr vielen historischen Figuren zum Teil auch nur kurz begegnet.
Charlotte Thomas hat mit ihrem ersten historischen Roman ein prächtiges Bild der Serenissima der beginnenden Renaissance entwickelt, das sich wie im Flug liest, kaum aus der Hand zu legen ist und die Leser mit Haupt- und Nebenfiguren mitleben, -lieben und –leiden lässt. Ich wünsche der Autorin viel Erfolg mit diesem historischen Roman und das nicht uneigennützig – ich hoffe jetzt schon auf einen weiteren Roman. Wer weiß, vielleicht ist die Geschichte von Sanchia ja noch nicht zu Ende erzählt und wir dürfen uns auf eine Fortsetzung freuen?