'Jane Eyre' - 1. Band, Kapitel 01 - 08

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    Original von taki32
    Bei dem Gespräch zwischen Jane und Helen in Kapitel 6 hatte ich das Gefühl, dass Helen Burns im Roman auftaucht, um ein programmatisches Gegengewicht zu Jane Eyre bezüglich des Umgangs mit den Widrigkeiten des Lebens darzustellen.


    Dieses Gefühl hatte ich auch. Es hat mich aber nicht gestört. Helen spielt ja auch weiterhin eine Rolle und verkörpert die ganze Zeit "die andere Möglichkeit" mit Ungerechtigkeit und Autorität zu leben (oder zu sterben), was Jane offensichtlich ins Grübeln bringt.

  • Zitat

    Original von Primavera
    Ich bin geschockt über die Verhältnisse damals, frage mich aber dennoch, ob es heute recht viel anders ist. Das klingt jetzt hart,
    aber
    damals: waren Waisenkinder ausgestossene, die auf nichts hoffen durften,...
    Heute: Waisenkinder werden in Heimen versorgt. Sie werden nicht als minderwärtig angesehen, aber ist die Versorgung wirklich so optimal wie sie 2007 sein sollte. Ist das Essen wirklich ausgewogen? Ich unterrichte immer wieder Kinder, die im Heim leben (keine Waisen). Da fehlt es oft an materiellen Dingen (Kleidung uralt, kein Bleistift, etc.), aber auch die Wärme und Geborgenheit fehlt häufig. Natürlich nicht immer, aber doch häufig sind diese Kinder sehr anhänglich und bräuchten mehr Geborgenheit.


    @ Primavera


    Das überrascht mich. Ich hätte gedacht, dass die heutigen Heimkinder zumindest materiell ganz gut versorgt sind. Dass die Liebe der Eltern durch keine/n Betreuer/in zu ersetzen ist, ist nach wie vor das große Elend von Heimkindern, weshalb sie sich auch so schwer tun, in der Gesellschaft Fuß zu fassen. Die Vorurteile gegenüber Heimkindern (die ja meist keine Waisen sind) sind heute mindestens ebenso groß wie früher - was wohl an ihrer emotionalen Verwahrlosung und deren Folgen liegen dürfte.


    Allerdings denke ich, dass es zu Jane Eyres Zeiten im Gegensatz zu heute recht viele Waisenkinder gab, weil die Menschen einfach jünger und häufiger schweren Krankheiten erlegen sind. Umso schlimmer, dass es keine besseren Lösungen für diese Kinder gab - und auch, dass sie gesellschaftlich so geächtet wurden.

  • Man kann nicht sagen, dass Heimkinder heutzutage schlecht versorgt sind, auf keinen Fall. V. a. kenne ich nur wenige aus einem Heim. Aber es ist leider schon häufig so, dass etwas fehlt... Aber dennke schon, dass sie im großen und ganzen gut versorgt werden... - Wollte ich nur mal so sagen!!

  • Zitat


    Zitat chiclana
    Zum Beispiel in Kapitel 8 die Einleitung dazu, dass Helen Burns krank ist: "Und wo war Helen Burns geblieben? Warum verbrachte ich diese goldenen Tage der Freiheit nicht mit ihr? Hatte ich sie vergessen? Oder war ich so unwürdig, daß ich ihres reinen Wesens überdrüssig geworden war und sie nicht mehr mochte?"


    Das verwirrt mich etwas, dieser Teil kommt bei mir erst in Kapitel 9. Also im nächsten Leserundenabschnitt.


    Zitat

    Zitat taki32
    Bei dem Gespräch zwischen Jane und Helen in Kapitel 6 hatte ich das Gefühl, dass Helen Burns im Roman auftaucht, um ein programmatisches Gegengewicht zu Jane Eyre bezüglich des Umgangs mit den Widrigkeiten des Lebens darzustellen.


    Laut dem Nachwort in meiner Ausgabe stellt Helen ein ziemlich getreues Abbild von Charlotte Bronte`s jüngerer Schwester Anne dar, welche sie für ihre Persönlichleit geliebt und bewundert hat.

  • off topic


    Zitat

    Original von Waldfee
    ...George Sand ... Hat sie besseres geschrieben?


    Für mich war ein besonders schönes Buch Ein Winter auf Mallorca
    Es beschreibt den Winter des Jahres 1838 als George Sand mit Frederic Chopin und ihren beiden Kindern dem Klatsch der Pariser Gesellschaft entfliehen :wave

  • Zitat

    Original von Joschi
    Laut dem Nachwort in meiner Ausgabe stellt Helen ein ziemlich getreues Abbild von Charlotte Bronte`s jüngerer Schwester Anne dar, welche sie für ihre Persönlichleit geliebt und bewundert hat.


    Ach ja. Interessant. Danke, Joschi!

  • Ich habe bisher Kapitel 1 bis 4 in Englisch hinter mich gebracht und muss sagen, es ist sehr gut verständlich.


    Zitat

    Waldfee: Die Verbannung aus dem Familienkreis über einen Zeitraum von einem Vierteljahr ist unfassbar. Sogar an Weihnachten muss Jane allein in ihrem Zimmer sitzen. Ihr bleibt nichts übrig, als dem aufgeregten Treiben zu lauschen.


    Über die Verbannung von Jane aus dem Familienkreis um Weihnachten herum war sie glaube ich nicht so unglücklich. Vielleicht aus Trotz. Ich habe aber den Eindruck, sie verbrachte ihre Zeit lieber in Ruhe mit sich selbst als unter dauerndem Beschuss ihrer hartherzigen Tante und des noch übleren Sohnes. Blasierter kleiner A... Sorry. Wie kann eine Mutter nur so blind gegenüber ihren eigenen Kindern sein, die sie weder schätzen noch mögen. Ist es, weil sie sie nur in guten Zeiten um sich duldet und den Rest der Zeit Gouvernanten und Ammen übergibt? Er wird sie abservieren, sobald er im Erb-alter ist, ganz sicher.


    Zitat

    Waldfee: Dass solche dicken und dabei stilistisch erstklassigen Romane früher mit der Hand geschrieben werden mussten, geht manchmal über meine Vorstellungskraft. All die Überarbeitungen ohne PC.


    Ich denke, das ist der Grund, warum nicht alle zwei Jahre ein neues Machwerk herauskam. Mein Buch sagt etwas davon, dass die Autorin als Lehrin tätig war bevor sie heiratete. (siehe Frühlingsfee) Und dann denke ich auch, man schreibt bewusster mit der Hand. Langsamer aber überlegter. Oder?


    In einem Film über Virginia Woolf mit Nicole Kidman hat jemand das sehr schön in Bilder gepackt.


    Zitat

    Joschi: Hier zeigt sich ja schon eine Weiterentwicklung Jane Eyre`s, denn im Hause ihrer Tante hat sie noch gegenüber dem Apotheker gesagt, dass sie sich nicht vorstellen kann in Armut (bei der Familie ihres Vaters) zu leben. Ihr fehlte völlig die Vorstellung das menschliche Wärme und wahre Zuneigung nicht von materiellen Werten abhängt.


    :write Sehr schön formuliert.

  • Hmm ... Bin grad echt langsam mit Lesen.
    Aber auch ich habe nun die ersten 8 Kapitel geschafft :grin .
    Ich lese die Ausgabe des "dtv"-Verlags, habe von daher auch die Einteilung in mehrere Bänder.


    Ich hätte ebenfalls gedacht, dass das Buch schwieriger zu lesen sein würde und war von daher sehr positiv überrascht!
    Janes Kindheit ist mir sehr zu Herzen gegangen - die Zustände in ihrer Schule sind wirklich grauenhaft. Vor allem Die Schilderungen vom Winter :wow !
    Ansonsten ist mir Helen Burns irgendwie unsympathisch.
    Ich finde es nicht gut, dass die Schulleiterin Helen lieber mag als Jane - aber irgendwie macht es die Geschichte auch realistischer.
    Mir gefällt auch, dass Jane nicht sonderlich hübsch ist - das macht sie irgendwie menschlicher.
    Auf ihre ursprüngliche Familie bin ich richtig wütend; irgendwie erinnert sie mich an Aschenputtel :gruebel .


    Aber zusammenfassend kann ich sagen, dass mich das Buch jetzt schon fesselt und ich unbedingt schnell weiterlesen will!

  • Zitat

    Original SweetCherry
    Ich finde es nicht gut, dass die Schulleiterin Helen lieber mag als Jane - aber irgendwie macht es die Geschichte auch realistischer.


    Dieses Gefühl hatte ich noch nie, für mich war Miss Temple immer eine Lehrerin der alle Schüler wichtig sind und die sich für die Probleme aller gleichermaßen interessiert.

  • Klar, alle Schüler sind Miss Temple wichtig und ich finde sie auch wirklich beeindruckend, aber als Helen und Jane bei ihr Teetrinken und sie beide dann ins Bett müssen, sagt Jane doch, dass Miss Temple Helen länger umarmt und wegen ihr eine Träne vergießt (soweit ich das noch in Erinnerung habe).

  • Denkst Du nicht, dass Miss Temple zu diesem Zeitpunkt bereits die Erkrankung Helens und somit deren begrenzte Lebenserwartung bewußt war?
    Helen starb schließlich an Schwindsucht ( oder Tuberkulose), eine Erkrankung der jahrelanges Siechtum vorausgeht.

  • Zitat

    Original von SweetCherry
    Ich finde es nicht gut, dass die Schulleiterin Helen lieber mag als Jane - aber irgendwie macht es die Geschichte auch realistischer.


    Ich glaube nicht, dass Miss Temple einen Unterschied zwischen ihren Schülerinnen macht. Im Gegenteil, sie wird von Jane als Güte und Liebe in Person dargestellt.
    Die Szene, die du meinst, spielt schon auf die Krankheit Helens an, denn Miss Temple hatte sie zuvor nach ihrem Husten gefragt. Ich glaube, deswegen umarmt sie sie länger und vergießt sogar eine Träne. Sie ist sich bewusst, dass Helen nicht mehr lange zu leben hat.

  • Ich lese die dtv-Ausgabe und deswegen kommt es zu der für einige merkwürdigen Einteilung... tut mir Leid für diejenigen mit anderen Ausgaben, die jetzt ständig Kapitel zählen müssen :knuddel1


    Mir gefällt Brontes Stil sehr gut. Es liest sich flüssig und an keiner Stelle ist ein Satz zu viel. Gerade für ein Buch von 1847 wirklich, wirklich gut.


    Jane habe ich von Anfang an lieb gewonnen. Die arme Kleine wird von den Reeds nur schikaniert und im Waisenhaus sind auch grausame Zustände. Immerhin wird sie dort besser behandelt, auch wenn das Essen eher spärlich ist, sie kann sich dort bilden, was ihr viel Spaß macht, und sie findet sogar Freunde.


    Bronte stellt das Erziehungssystem und die Unterschiede in der Gesellschaft kritisch dar. Bsonders in Erinnerung geblieben ist mir die Szene, als die weiblichen Brocklehursts in das Waisenhaus kamen, bekleidet mit Pelzen und behängt mit Schmuck, und gegenübergestellt die frierenden und hungrigen Mädchen. Da kam mir der Gedanke auf, dass die Brocklehursts von den Spenden vielleicht mehr in ihre eigene Tasche fließen lassen als für die Kinder zu sorgen.

  • [quote]Original von Morgaine
    Ich lese die dtv-Ausgabe und deswegen kommt es zu der für einige merkwürdigen Einteilung... tut mir Leid für diejenigen mit anderen Ausgaben, die jetzt ständig Kapitel zählen müssen :knuddel1


    das Addieren bis Kapitel 38 geht grade noch :knuddel1