Der Junge im gestreiften Pyjama – John Boyne (Ab 12 Jahren)

  • Ich habe das Buch gerade ausgelesen und mir persönlich hat es gut gefallen. Es ist mal was anderes die Judenvernichtung aus der Sicht eines naiven 8-jährigen Jungen zu lesen.
    Natürlich fragt man sich manchmal beim Lesen, warum Bruno nicht weiß, was hinter all dem steckt bzw. nur das Gute sieht und denkt, dass die Leute im Konzentrationslager glückliche Bauern sind. Aber, wie hier auch schon gesagt wurde, ist er wohlbehüted aufgewachsen und er hat ja noch nichts von den schreklichen Dingen gehört, weil seine Eltern bestimmt nicht wollten, dass er etwas von diesen grausamen Dingen weiß und ihn somit davon ferngehalten haben.
    Zudem denke ich, dass es dem Autor eher darauf ankam, aus dem Buch ein persönliches Fazit zu ziehen, sich Gedanken zu machen und was daraus zu lernen. Und nicht alles detaillgetreu wiederzugeben und sehr logisch :-)


    Meiner Meinung nach ist das Buch lesenswert, wenn auch eher für Leser, die sich schon mit der Thematik auskennen, ansonsten versteht man nicht so viel aus dem Buch.

    Von allen Welten, die der Mensch erschaffen hat, ist die der Bücher die Gewaltigste. (Heinrich Heine)


    :lesend Jeffery Deaver: Allwissend

  • Ein sehr bewegendes Buch, das einem zum Nachdenken bringt. Auf ungewöhnliche Weise nähert sich der Autor dem Thema Holocaust und läßt einen 9jährigen als Hauptfigur agieren. Natürlich kann man an dieses Buch nicht die üblichen Maßstäbe anlegen wie Unterhaltungswert, Ausgefeiltheit der Sprache, Spannung und dgl.; ich fand es einfach nur gelungen. Meines Wissens nach wurde es ursprünglich (und vielleicht immer noch?) als Kinderbuch vertrieben, wobei ich mir nicht sicher bin, wieviel Kinder ohne jede Vorkenntnisse dieses beklemmenden Themas von diesem Buch verstehen werden. Insgesamt ein ergreifendes, ungewöhnliches Leseerlebnis.

  • Ich kann mich den so positiven Rezis leider nicht anschließen. Mir war das Buch dann doch zu naiv oder auch zu sehr mit dem Schluss auf die Tränendrüse gedrückt.


    Vielleicht liegt es auch daran, dass wir zu gut informiert sind (nicht nur bezüglich der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart), dass es mir schwer fällt, zu glauben, dass es einem 9jährigen nicht auffällt, was in seiner Welt passiert.


    Ich werde mir den Film nicht anschauen, denn der kann für mich nur noch schlechter sein.


    3 von 10 Punkten

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  • Zitat

    Vielleicht liegt es auch daran, dass wir zu gut informiert sind (nicht nur bezüglich der Vergangenheit, sondern auch in der Gegenwart), dass es mir schwer fällt, zu glauben, dass es einem 9jährigen nicht auffällt, was in seiner Welt passiert.


    Ja das stimmt schon. Vorallem weil der Vater ja so ein eingefleischter Nazi war. Der Junge müsste die Ideologie eigentlich schon mit der Muttermilch aufgesogen haben.


    Aber der Autor erzählt die Geschichte - und in diesem Zusammenhang finde ich die Naivität von Bruno nicht weiter störend. Naja irgendwie manchmal doch.



    Am mulmigsten war mir beim letzen Absatz zumute.



    Nicht in diesen Tagen. Nicht in diesem Zeitalter.

  • Ich bin nach der Lektüre dieses Buches hin und her gerissen. Ich fand, dass der eigentlich wichtige Teil erst zu spät eingesetzt hat. Die Freundschaft mit Schmuel begann ja erst zur Mitte des Buches hin und bis zu diesem Zeitpunkt tat sich eigentlich nicht sehr viel in der Geschichte. Brunos grenzenlose Naivität fand ich unglaubwürdig. Ich denke, dass ein 9-jähriges Kind deutlich besser über sein Umfeld Bescheid weiß als man es Bruno hier attestiert. Dass er nicht i der Lage war, die Wörter Auschwitz und Führer richtig auszusprechen und es selbst nach mehreren Korrekturen seitens seiner Schwester oder anderen Personen nicht auf die Reihe bekommen hat, fand ich überzogen.
    Dieses Bild wird für mich noch unglaubwürdiger, wenn ich an die Erzählungen meines Vaters denke, der Jahrgang 1932 ist und damit zur Zeit, in der dieses Buch spielt, zwei Jahre älter als Bruno. Kein Kind war zu dieser Zeit so blauäugig wie Bruno, jedes Kind kannte den Unterschied zwischen Juden und "der Gegenseite", wie es hier im Buch ausgedrückt wird. Des Weiteren fällt es mir schwer mir vorzustellen, dass Bruno nicht erkennt, dass er ein hungerndes Kind vor sich hat und sich statt dessen fragt, warum Schmuel so grau und so dünn aussieht.


    An der Art des Erzählens haben mich die ständigen Auslassungen geärgert. Als hätte der Autor Angst gehabt, die bösen Wörter zu nennen. Ich denke, dass man auch Kinder, die ja Zielgruppe dieses Buches sind, für solche Dinge sensibilisieren kann. Wie will dieses Buch etwas vermitteln, wenn die Dinge, um die es geht, nicht ausgesprochen werden?


    Highlight dieses Buches war für mich Schmuel, der trotz der unerträglichen Situation, in der er sich befindet, nie verzweifelt oder sich aufgibt. Den Schluss fand ich überraschend und hätte ein solches Ende nicht vermutet.


    Die singende Oma, deren Lieblingslied "La vie en rose" ist, ist ihrer Zeit übrigens weit voraus - das Lied ist von 1945 und existierte damit zum Zeitpunkt der Geschichte noch gar nicht.


    Edit:


    Hat mir ja keine Ruhe gelassen, dieser Aspekt, dass Bruno nicht weiß, was Juden sind. Die Kinder sind doch in Berlin zur Schule gegangen. Rassekunde war im 3. Reich Bestandteil des Schulunterrichtes. Es wurde keine Gelegenheit ausgelassen, das Feindbild aufzubauen.


    http://www.planet-wissen.de/po…/ns_rassenlehre/index.jsp

  • Gefallen hat es mir. Die Geschichte es sprachlich gut und wurde auch gut umgesetzt.


    Allerdings kann ich mir nicht vorstellen, dass Bruno mit seinen 9 Jahren nicht weiß: was Krieg ist, was Nazis sind, wer der Furor ist und vor allem was Juden sind.


    Ich kann einfach nicht glauben, dass ein neunjähriger Junge gerade zu dieser Zeit, so blauäugig durch Leben gehen kann.


    Deshalb gibt es 8/10 Punkten.

  • Die Geschichte "Der Junge im gestreiften Pyjama" beschreibt die Ereignisse um 1942 in Berlin und Auschwitz aus der Sicht eines sehr naiven neunjährigen Jungen, der nicht begreift was um ihn herum geschieht.


    Beim Lesen des Buches wurde ich sehr daran erinnert, wie ich in der fünften Klasse Bücher wie "Damals war es Friedrich" gelesen habe und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass dieses Buch ebenfalls in Zukunft oft als Unterrichtslektüre herhalten wird. Zurecht.


    Ja, das Buch beschreibt die Geschehnisse sehr naiv, aber gerade das finde ich für die Zielgruppe, für die es ja geschrieben wurde, absolut passend, denn so fangen auch Kinder an sich Gedanken zu machen. Ich halte es auch für sehr gut möglich, dass ein Junge wie Bruno damals wirklich so naiv war, aber selbst wenn nicht, finde ich dieses Stilmittel dennoch sehr passend, denn es zeigt meiner Meinung nach sehr schön, dass solche Geschnisse einfach nicht zu begreifen sind. Selbst für uns Erwachsene heute ist es schwer nachzuvollziehen, wie es soweit kommen konnte, wie sollen Kinder so etwas verstehen, selbst wenn sie dabei waren?
    Mir hat das Buch jedenfalls sehr gut gefallen, vor allem für die Zielgruppe ist es optimale Lektüre.

  • Ich fand das Buch grauenhaft schlecht. Es tut mir leid, aber ich kann es einfach nicht anders sagen. Es ist eine Verarschung von Kindern, wenn man meint für Kinderbücher müsse man nicht recherchieren und das hat der Autor offensichtlich nicht getan. Seine Vorstellungen vom Nationalsozialismus scheint ausschließlich auf Hollywood-Filme und sensationslüsterne Zeitungsartikel zu fussen. Ich bin nicht der Meinung, dass historische Romane in jedem Detail der historischen Wirklichkeit entprechen müssen. Wofür sind es denn Romane? Ein Autor hat durchaus das Recht, die Realität zu verschieben, wenn es der Erzählung dient. Eine solche Fiktion könnte der Fakt sein, dass Schmuel und Bruno sich jeden Tag am Zaun treffen und Bruno sogar ins Lager kommt - obwohl man sich schon ein wenig fragt, warum die Menschen den alle im Lager bleiben, wenn man so mir nichts dir nichts rein und raus schlendern kann...Unterträglich fand ich jedoch die bereits angesprochene Naivität Brunos. JEDER 9-jährige im NS-Regime wüßte wer der Führer ist, was das Vaterland und was Juden sind (natürlich nur in der verzerrten Darstellung der Nationalsozialisten) - erst recht der Sohn eines hohen Parteifunktionärs. Sehr problematisch fand ich auch die Aussage in Auschwitz-Birkenau (den um Birkenau geht es ja offensichtlich) seien hunderte Kinder. Es gab in Birkenau keine jüdischen Kinder. Aus dem einfachen Grund, dass alle Kinder am Tag ihrer Ankunft ermordert wurden. Anzudeuten, dass Kinder in Birkenau eine Überlebenschance gehabt hätten, verniedlicht die Situation im Vernichtungslager. So könnte ich noch eine Reihe von Beispielen nennen.
    Dazu kommen handwerkliche Mängel, wie dass die Erzählperspektive nicht durchgehalten wird, Namen von angeblich vergessenen Freunden erwähnt werden, Unlogischkeiten in der Handlung (Brunos Familie zieht direkt neben ein KZ und dann wundern sich die Eltern, dass die Kinder von den Vorgängen dprt etwas ahnen und wollen sofort wieder weg ziehen...). Das Buch ist nicht nur übelster Holocaust-Kitsch, sondern wirkt auch noch schlampig gemacht.
    Wenn meine Kinder dieses Buch in der Schule lesen müßten, würde ich protestieren!
    P.S. Sehr aufgestossen haben mir auch die letzten Sätze, die Leseratte ja schon erwähnt hatte. Was soll das den heißen, das ist alles schon ganz lange her und wird nie wieder passieren? ist das jetzt sarkastisch gemeint? Mir klang das so nach: Jetzt habe ich euch mal eine kleine Gruselgeschichte erzählt, aber keine Sorge, so schlimm ist das doch alles nicht.

    :lesend Walter Kempowski "Das Echolot"

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  • Es gab ein paar Kinder im sehr kleinen Familienlager für Sinti und Roma, wo für einige Zeit aus unerklärlichen Gründen die Familien nicht getrennt wurden. Kinder gab es nur ein ganz paar (die für die bekannten Experimente von Mengele) im Stammlager. Ich bin mir ziemlich sicher, dass zu keinen Zeitpunkt ein paar hundert Kinder im Gesamtkomplex Auschwitz gelebt haben.

  • Ich bin mir auch nicht sicher und die kleinen Kinder bis 5 Jahre wurden sofort ermordet, aber gerade für Hilfsarbeiten und die Mengele-Greueltaten gab es schon einige Kinder, die sich in diesem KZ aufhielten. Wo kommen denn sosnt die Kinder auf den Bilder von der Befreiung Ausschwitz her?


    Aber ich kann mich auch irren! Muss ich baldmöglichst nachschlagen!

  • Zitat

    Original von Clio
    Ich fand das Buch grauenhaft schlecht. Es tut mir leid, aber ich kann es einfach nicht anders sagen. Es ist eine Verarschung von Kindern, wenn man meint für Kinderbücher müsse man nicht recherchieren und das hat der Autor offensichtlich nicht getan. Seine Vorstellungen vom Nationalsozialismus scheint ausschließlich auf Hollywood-Filme und sensationslüsterne Zeitungsartikel zu fussen. ....... Verzicht auf Vollzitat.



    Clio
    Deine Stellungnahme kann ich nur voll unterschreiben. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.

  • Zitat

    Original von Foer
    Wo kommen denn sosnt die Kinder auf den Bilder von der Befreiung Ausschwitz her?


    Wie gesagt im Stammlager gab es vereinzelt Kinder. Zu Arbeiten sind meines Erachtens Kinder nicht eingesetzt worden. Ruth Klüger (die zu den jüngsten Überlebenden gehört) beschreibt beispielsweise, dass sie sich älter gemacht habe und Glück hatte, das sie älter aussah und der SS-Mann bei der Selektion in diesem Moment unaufmerksam gewesen sei. Sie war allerdings "schon" 12 und nicht 9!
    Was die Bilder angeht, ist es sehr schwer aus denen viel zu schließen. Ich schreibe gerade meine Magisterarbeit unter anderem über die Bilder der Befreiung. Seitdem fällt mir auf in wie vielen Filmen und Publikationen die Bilder falsch zugeordnet sind. Da werden alle Lager wild durcheinander gewürfelt und im Zweifelsfall Auschwitz oder Buchenwald druntergeschrieben, weil Natzweiler oder Hinzert ja eh keiner kennt.... Bilder von befreiten Kinder kommen am ehesten aus Theresienstadt, was nicht heißt das es aus Auschwitz keine gibt. Zumindest die Experimente von Mengele sind gut dokumentiert.

  • Zitat

    Original von Clio


    Wie gesagt im Stammlager gab es vereinzelt Kinder. Zu Arbeiten sind meines Erachtens Kinder nicht eingesetzt worden. Ruth Klüger (die zu den jüngsten Überlebenden gehört) beschreibt beispielsweise, dass sie sich älter gemacht habe und Glück hatte, das sie älter aussah und der SS-Mann bei der Selektion in diesem Moment unaufmerksam gewesen sei. Sie war allerdings "schon" 12 und nicht 9!
    Was die Bilder angeht, ist es sehr schwer aus denen viel zu schließen. Ich schreibe gerade meine Magisterarbeit unter anderem über die Bilder der Befreiung. Seitdem fällt mir auf in wie vielen Filmen und Publikationen die Bilder falsch zugeordnet sind. Da werden alle Lager wild durcheinander gewürfelt und im Zweifelsfall Auschwitz oder Buchenwald druntergeschrieben, weil Natzweiler oder Hinzert ja eh keiner kennt.... Bilder von befreiten Kinder kommen am ehesten aus Theresienstadt, was nicht heißt das es aus Auschwitz keine gibt. Zumindest die Experimente von Mengele sind gut dokumentiert.


    Ok, sehr interessant das mal zu erfahren.


    An die Stelle bei Ruth Klüger kann ich mich auch erinnern...aus "weiter leben", oder?

  • Ja, das ist ein sehr gutes und besonderes Buch!



    Was gibt es denn sonst noch für Bücher über Kinder im KZ?


    (Auto-)Biographisch fällt mir gerade keines ein.


    Nackt unter Wölfen von Bruno Apitz und Ein Garten Eden inmitten der Hölle von Alice Herz-Sommer ein, aber das sind ja immer Ausnahmesituationen. Zudem Nackt unter Wölfen ja fiktiv ist.

  • Gute Frage!
    Mir fällt auch kein weiteres ein. In den Kinderbücher zum Thema Judenverfolgung geht es ja meist eher um die Ausgrenzungen im Alltag. Das ist auch noch so eine Frage an Boynes Buch: Müssen man Kinder bis in die Gaskammern führen?
    Das Buch von Herz-Sommer kenne ich gar nicht. Kannst du da was zu sagen? Und Apitz ist ja nicht nur fiktiv, sondern auch ein ziemliches Propaganda-Buch...

    :lesend Walter Kempowski "Das Echolot"

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