Was haltet ihr von Hermann Hesses Kritik an die Vielleser?

  • Zitat

    Was genau erwartest Du von einem Buch, daß für Dich Qualität hat?


    Interessante Frage.


    Das ist von Genre zu Genre unterschiedlich. Aber eines müssen für mich alle Bücher jedes Genre haben:


    Sie dürfen ja von keinen Klisches handeln, dürfen nicht das sagen, WAS der gängige Leser angeblich laut den Verlagen lesen will.
    Bedient ein Buch plumpe Klisches, (wie zB gute Frau, die die Männerwelt fertig macht, oder umgekehrt, oder Held ist blond, stark und schön usw.), dann ist ein Buch schon für mich unten durch.


    Dann zu den einzelnen Genres:


    Bei Krimis muss eine ordentliche Handlung dahinter stehen. Die Geschichte dahinter muss authentisch sein. Agatha Christie hat es vorgemacht, wie ein guter Krimi zu sein hat. Intelligent, spannend, atemberaubend, nachvollziehbar, logisch, und ohne Klisches. Bei Christie ist es halt nicht immer der Butler oder der Gärtner, der den Mord begeht. ;-)
    Das ist für mich ein optimaler Krimi.


    Bei den Historischen Roman brauche ich nicht viel hinzufügen. Da muss neben der Unterhaltung auch größtenteils das Historische stimmen. Unverständlich ist mir, wieviele Leser diesen Punkt missachten. Oder für was liest man den einen Historischen Roman? Wenn man dieses Genre liest, bekommt man automatisch einige Infos über unsere Menscheitsgeschichte mit, ob man will oder nicht. Und wenn dann falsche Infos drin stehen, und das einen egal ist, dann hat man leider Pech gehabt ...


    Ein Thriller, ja, der sollte spannend sein, aber auch gleich wie bei den Krimis nachvollziehbar. Keine wirren Theorien wie bei Dan Brown, den leider viele preisen, und aus Leichtgläubigkeit seine Theorien über den bösen Vatikan weiterspinnen.


    usw.


    mfg

  • Zitat

    Der interessierte Leser stürzt sich der Bequemlichkeit halber auf den nächsten Reißer, anstatt sein Interesse zu vertiefen, speichert er immer mehr Halbwahrheiten und Halbkenntnisse ab und argumentiert später mit diesen.


    Das ist genau das, was Hesse sagt, und deshalb stimme ich Hesse mit seinem Zitat voll und ganz zu.


    mfg


  • Ebenso interessante Antwort, wodurch sich dann für mich die nächste Frage ergeben würde:


    WANN ist ein Klischee eines für Dich?...Laut Duden ist ein Klischee unter anderem eine eingefahrene, überkommene Vorstellung...


    Ich denk mal, jeder der gerne liest, mag keine Klischees? Nur würde ich mal so weit gehen zu behaupten, daß jeder das individuell für sich entscheidet, wann es eines wird.


    MfG


    Baumbart


  • Bei Krimis geb ich Dir uneingeschränkt recht. Gute, unvorhersehbare Pointen sind da mit Sicherheit das Salz in der Suppe....:-))


    Ist...für mich jedenfalls...auch ein Grund, warum ich mir selbst Krimis nicht kaufe, sondern nur ausleihe, da sich das wiederholte Lesen eines Krimis für mich gesehen meist nicht lohnt, außer es handelt sich wirklich um, um es mal so zu bezeichnen, sogenannte Jahrhundertbücher, die eben wieder aus irgendeinem Grund individuell herausstechen aus der Masse.


    Nur...wie schon gesagt....ich glaube, das ist für jeden ganz individuell verschieden?


    Zu der Gruppe der historischen Romane...hmm....*grübel*...ich hätte gerne das Wissen und die Zeitdafür, um zu verifizieren, ob ein Roman richtig und zuverlässig recherchiert ist.


    Aber bei der ständig steigenden Informationsflut ist das in meinen Augen schwierig.


    MfG


    Baumbart

  • Hi Baumbart,


    Zitat

    WANN ist ein Klischee eines für Dich?...Laut Duden ist ein Klischee unter anderem eine eingefahrene, überkommene Vorstellung...


    Der Dudendefinition stimme ich uneingeschränkt zu. Man könnte auch sagen, jene Bücher mit Klischees befriedigen die typischen Vorurteile der Menschen. Und wenn Autoren und Verlage dies in ihren Büchern machen, merke ich, dass sie darauf abzielen, den Leser als blöd zu verkaufen, weil sie meinen, deren Weltbild existiert tatsächlich nur zu beschränkt, und so dieses Weltbild und ihre Meinung in den gelesenen Büchern wiederfinden möchten ...


    Und da werde ich ganz böse. Traurig aber aber, aber manche Bücher mit Klischees befinden sich auch heute noch in den Bestsellerlisten. :-(


    Zitat

    Zu der Gruppe der historischen Romane...hmm....*grübel*...ich hätte gerne das Wissen und die Zeitdafür, um zu verifizieren, ob ein Roman richtig und zuverlässig recherchiert ist.


    Oho, ganz ehrlich gesagt, dass ist eine kleine Ausrede. :grin :grin


    In der heutigen Zeit hast selbst der Laie die Möglichkeit, durch vernünftige Internetrecherche viel und richtige Information herauszufinden. Denkt ihr etwa, ich weiß alles über Geschichte? Nein, beim Teutates, dass ist unmöglich.


    Deshalb habe ich oft während des Lesens von Historischen Romanen den Computer im Wohnzimmer nebenbei eingeschaltet, und schaue auf gewissen, zuverlässigen Seiten Informationen nach, die mich interessieren. Kritisch hinterfrage ich, ob das stimmt. Ich verbrauche dabei nicht mehr Zeit als beim normalen Lesen des Buches. ;-)


    Warum ich das mache? Nun, ich will mich einfach nicht anlügen lassen. Ein Historischer Roman ist nun einmal etwas besonders, kein Krimi, kein Liebesroman, sondern Unterhaltung auf Basis der Menschheitsgeschichte. Und da man wirklich ganz viel aus guten Historischen Romanen lernen kann, lege ich wert auf Glaubwürdidkeit. Kleine Fehler machen mir nichts aus, aber wenn ich sehe, wieviele Historienschinken die Gesellschaft von damals zB falsch darstellen, ist das wirklich ein Graus. Die bedienen alle Klischees, und viele Menschen debattieren auch noch damit. ;-)


    mfg

  • Zitat

    Original von Historikus
    Hi Baumbart,



    Oho, ganz ehrlich gesagt, dass ist eine kleine Ausrede. :grin :grin


    ...okay, okay...erwischt, würde ich sagen. Viel ist auch Faulheit...;-)
    Gelobe Besserung!



    ...gebe ich Dir FAST uneingeschränkt recht. Würde mich bloß nicht NUR auf das Internet verlassen...aus eigener Erfahrung jetzt...:-/


    Gruß
    Baumbart

  • Zitat

    ...okay, okay...erwischt, würde ich sagen. Viel ist auch Faulheit...


    Ach, das freut mich jetzt aber! Viel Spaß bei der Rechercher. Denn das macht das Lesen erst so richtig interessant! ;-) ;-)


    Zitat

    Würde mich bloß nicht NUR auf das Internet verlassen...aus eigener Erfahrung jetzt...:-/


    Oho, da kannst du mich aber schlecht. ;-)


    Schaue nur auf Internetseiten nach, auf die ich mich durch meine Erfahrung vollkommen verlasse. :-)


    mfg

  • Hallo Grizzly!


    Zitat

    Original von Grizzly
    Creative Writing-Kurse können an amerikanischen Hochschulen belegt werden, ein schriftstellender Dozent lehrt den Kursteilnehmern das Schreibhandwerk. Wellershoff hat darüber geschrieben und sich gefragt, ob eine Einführung solcher Kurse an deutschen Unis sinnvoll wäre.


    Teils, teils.


    Grundsätzlich bin ich dafür, hoffe ja, dass meine ehrenamtliche Schüler-AG nächstes Schuljahr zustandekommt. Schließlich ist die sprachliche Ausdrucksfähigkeit dank des überragenden Deutschunterrichts an unseren Schulen ... lassen wir das! :pille


    Andererseits kriege ich Krämpfe, was für ein doktrinärer Mist von den Herren Sol Stein und James Frey (u.a.) verbreitet wird. Da verkommt Kreativität zum Schematismus. Man merkt 's ja an dem Zeug, was fleißig importiert wird: eine Story wie die andere, bestimmte Figurentypen wiederholen sich unentwegt, der Sitz im Leben dieser "Literatur" ist unauffindbar


    Grundkenntnisse müssen vermittelt werden, aber die finde ich nicht nur bei diesen beiden Herren und ihren Jüngern, sondern auch in den literaturtheoretischen Texten von Philosophen und Schriftstellern von Aristoteles bis Ursula LeGuin (btw das einzige "Schreibbuch", das wirklich etwas taugt, weil es um die Verbindung von Handwerk und Kreativität geht - leider nicht auf Deutsch erhältlich).


    Liebe Grüße,


    Iris :wave

  • Zitat

    Grundsätzlich bin ich dafür, hoffe ja, dass meine ehrenamtliche Schüler-AG nächstes Schuljahr zustandekommt.


    Das interessiert mich aber jetzt brennend! Könntest du uns mehr über diese Planung erzählen? Klingt hochinteressant!


    mfg

  • Hallo Iris!


    Zitat

    Teils, teils.


    Grundsätzlich bin ich dafür, hoffe ja, dass meine ehrenamtliche Schüler-AG nächstes Schuljahr zustandekommt. Schließlich ist die sprachliche Ausdrucksfähigkeit dank des überragenden Deutschunterrichts an unseren Schulen ... lassen wir das!


    Sehr schön! Nein, nicht der Deutschunterricht, sondern dein Wille, ehrenamtlich tätig zu werden. Wie soll die AG denn aussehen?


    Zitat

    Andererseits kriege ich Krämpfe, was für ein doktrinärer Mist von den Herren Sol Stein und James Frey (u.a.) verbreitet wird. Da verkommt Kreativität zum Schematismus. Man merkt 's ja an dem Zeug, was fleißig importiert wird: eine Story wie die andere, bestimmte Figurentypen wiederholen sich unentwegt, der Sitz im Leben dieser "Literatur" ist unauffindbar


    Ich las bisher Das Leben und das Schreiben von King, Ludwig Reiners' Stilfibel, Wolf Schneiders Deutsch für Kenner und noch einige weitere Einblicke in die Welt der Stilistik. Übernommen habe ich wenig, was mir jedoch sehr gefallen hat, war das Herantreten an verschiedene Sichtweise des Schreibens und seiner Komplexität - was ich selbst lernte: Stil, das ist der Mensch. Und gerade das ist bei Schablonenliteratur nicht der Fall. Schade.


    Zitat

    Grundkenntnisse müssen vermittelt werden, aber die finde ich nicht nur bei diesen beiden Herren und ihren Jüngern, sondern auch in den literaturtheoretischen Texten von Philosophen und Schriftstellern von Aristoteles bis Ursula LeGuin (btw das einzige "Schreibbuch", das wirklich etwas taugt, weil es um die Verbindung von Handwerk und Kreativität geht - leider nicht auf Deutsch erhältlich).


    Logo. Die beste Methode ist in meinen Augen immer noch das Lesen.


    Liebe Grüße,
    Grizzly


    edit²: Votet mal bitte das Thema nach oben. Drei bis fünf Daumen hat's verdient!

    »Wer die Dummköpfe gegen sich hat, verdient Vertrauen.«
    Sartre

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  • Zitat

    edit²: Votet mal bitte das Thema nach oben. Drei bis fünf Daumen hat's verdient!


    Ach, lieber Grizzly, dass kannste vergessen.


    Hab schon gemerkt, dass bei einigen meiner verfassten Thread die sich irgendwie selbstkritisch zum Lesertum äußern, irgendein Schlawiner ständig 5 Daumen nach unten wählt. Dies habe ich nun schon einige Male beobachten können. Da scheint einer eher etwas allergisch zu reagieren.


    mfg

  • Hallo Historikus!


    Zitat

    Ach, lieber Grizzly, dass kannste vergessen.


    Hab schon gemerkt, dass bei einigen meiner verfassten Thread die sich irgendwie selbstkritisch zum Lesertum äußern, irgendein Schlawiner ständig 5 Daumen nach unten wählt. Dies habe ich nun schon einige Male beobachten können. Da scheint einer eher etwas allergisch zu reagieren.


    mfg


    Ich bin mir sicher, daß es nicht an dir liegt, sondern einzig und allein am Themenschwerpunkt. Einige Personen werden sich durch das doch sehr bestimmt wirkende Hesse-Zitat auf den Fuß getreten fühlen. Dabei bezieht sich die Bewertung doch ausschließlich auf die Diskussion, oder? An der gibt es meines Wissens überhaupt nichts auszusetzen, deshalb finde ich es schade, daß das interessante Thema mit einem Negativ-Daumen im Raume steht und womöglich Gäste und Mitglieder abschreckt. :(


    Freundliche Grüße,
    Grizzly

  • Hallo His und Grizzly!


    Zitat

    Original von Grizzly
    Wie soll die AG denn aussehen?


    Das Ganze nennt sich Textwerkstatt, und es geht eigentlich um alles, was den sprachlichen Ausdruck betrifft. Einerseits werde ich mich mit ihnen um akute Probleme kümmern ("Was ist eine Inhaltsangabe?" und solche Sachen), dann um das Vermitteln von Informationen (vom Erzählen zum Schreiben), und zuletzt kommen dann noch ein paar kreative Dinge hinzu. Ich lasse sie natürlich auch mal Einblick nehmen in meine Schreibstube. Geplant sind außerdem mindestens zwei "peripatetische" Unterrichtseinheiten: Unterricht beim Spazierengehen.
    Das Ganze richtet sich vor allem nach den Bedürfnissen der Schüler - die Not ist nämlich groß, die Frage ist, ob sie einen Therapeuten wollen. :grin


    In der hiesigen VHS mache ich im kommenden WiSe eine Erzählwerkstatt, da geht es zunächst weniger ums Schreiben als darum, wie man eine Geschichte geschickt aufbaut. Das Schreiben als Stilfrage kommt erst danach als Verfeinerung. Ansonsten würde es mit einer laufenden poesiepädagogischen Schreibwerkstatt kollidieren.


    Zitat

    Übernommen habe ich wenig, was mir jedoch sehr gefallen hat, war das Herantreten an verschiedene Sichtweise des Schreibens und seiner Komplexität - was ich selbst lernte: Stil, das ist der Mensch. Und gerade das ist bei Schablonenliteratur nicht der Fall. Schade.


    Es ist ja auch nicht das Was, das die Qualität eines Textes ausmacht, sondern das Wie!


    Zitat

    Die beste Methode ist in meinen Augen immer noch das Lesen.


    <unterschreib> :write


    Liebe Grüße


    Iris :wave

  • Hallo Historikus,


    erklär mir mal bitte, wie Du über die Zuverlässigkeit Deiner Internet-Quellen sicher sein kannst (klingt provokativ, ist aber nicht so gemeint, ich will es wirklich wissen). Schließlich wissen wir alle, daß auch Sachbücher genug Fehler enthalten. Und selbst wenn fünf Leute das gleiche schreiben, heißt das ja noch lange nicht, daß es richtig ist. Oder bist Du wie Iris in der Lage Originalquellen zu lesen?


    Übrigens: Agatha Christie's Krimis enthalten definitiv Klischees!!!


    Viele Grüße
    Pelican :wave


    P.S.: Ich habe bei den Vorstellungen versucht was über Dich zu finden. Wenn ich nichts übersehen habe, hast Du Dich leider noch nicht vorgestellt. Ich greif mir auch selber an die Nase, ich hab's auch noch nicht getan, werde es aber bald nachholen.

  • Zitat

    erklär mir mal bitte, wie Du über die Zuverlässigkeit Deiner Internet-Quellen sicher sein kannst (klingt provokativ, ist aber nicht so gemeint, ich will es wirklich wissen)


    Weil ich nur auf Seiten gehe, wo Artikel von angesehenen Wissenschaftern, besonders Historikern publiziert werden.


    Weil ich nur auf Seiten gehe, dir mir mein Onkel, ein alter Historiker, mit dem Prädikat "kompetent" empfiehlt. :-)


    Eine ganz gute Seite, von keinen Wissenschaftern gemacht, ist wikipedia.de . Da gehe ich sehr oft hin. Da sind wirklich hervorragende Infos über alles was die Welt betrifft enthalten. Besonders gut sind die Geschichte-Artikel ... ;-)


    Zitat

    Oder bist Du wie Iris in der Lage Originalquellen zu lesen?


    Ja. Wie wärs mit einem Gang in die Bibliothek des Historischen Instituts ;-)


    Zitat

    Ich habe bei den Vorstellungen versucht was über Dich zu finden. Wenn ich nichts übersehen habe, hast Du Dich leider noch nicht vorgestellt.


    Ich bin und bleibe geheimsnisvoll ... ;-)


    mfg

  • Hallo Historikus,


    Zitat

    Du schriebst: Weil ich nur auf Seiten gehe, wo Artikel von angesehenen Wissenschaftern, besonders Historikern publiziert werden.


    Wie ich durch eine Diskussion zwischen Demo und Iris bzgl. Varus hier gelernt habe, ist man damit unter Umständen halt auch schlecht beraten.


    Zitat

    Du schriebst: Weil ich nur auf Seiten gehe, dir mir mein Onkel, ein alter Historiker, mit dem Prädikat "kompetent" empfiehlt. :-)


    Genieße es!


    Zitat
    Zitat

    Ja. Wie wärs mit einem Gang in die Bibliothek des Historischen Instituts ;-)


    Gute Idee, habe ich gleich in mein Urlaubsprogramm aufgenommen. Geht leider nicht anders, da die alle in etwa 100 km- Umkreis liegen und die Öffnungszeiten ja nicht gerade blendend sind.


    Bleiben nur noch meine Sünden aus der Jugend. Dummerweise kann ich nur Deutsch, Englisch, Französich und Spanisch. Kein Latein, kein altgriechisch, kein altägyptisch. D.h. zumindest bezüglich bestimmter Epochen werde ich mich nach wir vor auf Dritte stützen müssen.


    Viele Grüße
    Pelican :write

  • Zitat

    Original von Iris
    (aus: Hermann Hesse, Bücherlesen und Bücherbesitzen. In: Schriften zur Literatur -- z.Z. leider vergriffen)


    grad gebraucht bei Amazon erstanden :wave