Catalunya vs. Espana

  • Was haltet ihr davon das der Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse, die 'Katalanische Kultur', keinen einzigen katalanischen Autor präsentiert der auch in Spanisch veröffentlicht? Kulturnationalismus?

  • Ich hab nicht ganz verstanden, was Du uns/ mir damit sagen willst?
    :gruebel


    Dass der Autor nur auf katalanisch schreibt und nicht auf spanisch? Wenn das Motto "Katalanische Kultur" heißt, passt es doch, oder was möchtest Du sagen?

  • naja, so weit würde ich nicht gehen.
    Aber offensichtlich fassen die katalanischen Behörden den Begriff "Katalanische Kultur" eben sehr eng - enger jedenfalls als Indien letztes Jahr, da gab's ja sicher nicht nur Autoren, die auf Hindi, Urdu oder auf wasweißichnichtnochalles schreiben.
    Ich meine mich aber aus dem Spanisch-Unterricht noch dunkel zu erinnern, dass man in Katalaonien besonders stolz auf die eigene Sprache ist und sich bewußt vom Rest Spaniens und der spanischen Sprache des Castellano unterscheiden will, sich viele sogar als Teil einer "eigenen Nation" im Staate Spanien verstehen.


    Insofern finde ich das schon konsequent - wenn auch sicher ein bisschen streng ausgelegt; andererseits bin ich auch der Meinung, dass Spanisch schlicht und einfach eben nicht Katalan ist und letztlich das Land bzw. dessen Kultur-Obrigen selbst entscheiden sollen, was, wen und wie sie auf der Messe präsentieren.

  • Zitat


    Dass der Autor nur auf katalanisch schreibt und nicht auf spanisch? Wenn das Motto "Katalanische Kultur" heißt, passt es doch, oder was möchtest Du sagen?



    Um nur ein Beispiel von einigen zu nennen:
    Carlos Ruiz Zafon veröffenlicht auf Katalan und auf Spanisch. Er ist Katalane, dort geboren und wohnhaft. Trotzdem er einer der fünf meistgelesensten Autoren dort/hier ist 'darf er nicht mit', eben mit der Begründung das ein Katalane nur auf katalanisch veröffentlichen darf.

  • Zitat


    weisst du das zufällig: schreibt Zafon seine MSs auf Katalan oder auf Spanisch? Auf die Schnelle hab ich das nämlich nicht gefunden...


    Ich nehme mal an MS bedeutet Manuskript.
    Falls ja, das ist doch völlig unerheblich. Er wird nicht vorgestellt weil er auch auf Spanisch veröffentlicht. Nebenbei bemerkt ist Spanisch ebenso Amtssprache wie Katalan.

  • Ich weiß ja nicht, inwiefern wer oder was entscheidet, wer zur Buchmesse darf und wer nicht - wenn das die katalanischen Behörden sind, bin ich mir sicher, daß die sehr kulturbewußt national katalanisch handeln und daher auch darauf gucken, in welcher Sprache veröffentlicht wird.


    Klar, beide Sprachen sind Amtssprache, aber wo soll man da die Grenze setzen? Irgendwo muß sie schließlich sein - und aus der Historie heraus haben die Minderheiten in Spanien (und damit auch die Katalanen) noch einiges nachzuholen, so daß man deren Standpunkt auch aus diesem Blickwinkel betrachten muß.


    Insofern finde ich eine Diskussion über diesen Punkt ziemlich müßig, habe heute morgen aber einen Bericht im Radio gehört (bei WDR 5, finde aber keinen Link), daß es auch in Spanien kontroverse Diskussionen darüber gibt und gab und die Autoren wie Ruiz Safon zwar in einer zweiten Runde eingeladen worden sind, daraufhin aber ihr Kommen nicht zugesagt haben - diese Medallie hat wie vieles im Leben zwei Seiten.

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • oh, entschuldige, ja, das heisst Manuskript...


    Na, ich finde das keineswegs unerheblich! :wow
    Ich finde es durchaus sehr wichtig, in welcher Sprache ein Autor schreibt - oder welche anderen Sprachen er evtl. parallel noch im Kopf dazu hat - weil eine Sprache ja auch immer ein gewisses Weltbild mit sich trägt, und in jedem Fall eine spezifische Kultur.
    Und ich für mich, ganz subjektiv, fände es ungerechter, wenn Zafon auf Katalan schriebe, er aber wegen der spanischen Ausgaben nicht vorgestellt würde.
    Schriebe er auf Spanisch, obwohl Katalane, fände ich es gerechter.
    Zusätzlich frage ich mich, ob man Zafon überhaupt noch vorstellen muss?
    Geht es bei den Gastländern nicht immer darum, das vorzustellen, was es noch an interessanten Autoren HINTER den eh schon bekannten Mega-Sellern gibt?


    Und es geht hier nicht um Amtssprachen, sondern um Kultur.
    Und wenn explizit Katalonien vorgestellt werden soll... dann eben auch die dazugehörige Sprache. Und die ist historisch nun mal NICHT Spanisch!
    Genauso wäre es, wenn das Baskenland Gastland wäre.
    Oder Galicia - die sind beide nämlich auch "regiones autonomas" innerhalb Spaniens.
    (war das nicht neulich auch in Katalonien, dass sie öffentlich Fotos von Juan Carlos verbrannt haben? :gruebel Ach, ich Siebhirn).


    EDIT: @ Caia


    Zitat

    Original von Caia
    die Autoren wie Ruiz Safon zwar in einer zweiten Runde eingeladen worden sind, daraufhin aber ihr Kommen nicht zugesagt haben


    ah, das beruhigt mich jetzt :wave; ich dachte nämlich auch, ich hätte gestern mit einem Ohr bei "Kulturzeit" mitgekriegt, dass einige nicht kommen WOLLTEN...weil ich das aber auf der website der Sendung nicht mehr finden konnte, war ich unsicher, ob ich das richtig mitbekommen hatte

  • Guter Artikel den MaryRead da gefunden hat. Und folgendes Zitat(Externer Link) trifft meine Meinung zum Thema:


    Zitat

    Dieser Vertrag fordert Katalonien auf, in seiner Selbstdarstellung den verschiedenen kulturellen Identitäten im katalanischen Sprachraum Genüge zu tun. Nur: Wie weit dürfen oder müssen die Veranstalter dabei gehen? Von Quoten und Prozenten ist nirgendwo die Rede. Es gab auch noch nie ein Schwerpunktthema, das kein eigenes Land, sondern nur eine Kulturregion vertreten hätte. Wie der Fall Pàmies zeigt, ist die Unlust, sich vor den nationalistischen Karren spannen zu lassen, mit Händen zu greifen.



    Hier wird einem in letzter Zeit und nicht nur in Europa wieder aufkeimenden Nationalismus Vorschub geleistet. Der Weg ist ungewiss, das Ziel ist klar.

  • Ein interessanter Artikel zur nicht unproblematischen Beziehung zwischen katalanischer und spanischer Literatur und der Ausgrenzung katalanischer Autoren, die in spanischer Sprache schreiben, findet sich in im Spiegel Special zur Buchmesse (Seite 47). In dem Artikel wird auch danach gefragt, ob nicht nur Länder und Regionen zur Buchmesse eingeladen werden sollten, die den Blick öffnen und nicht wie die Katalanen verschließen. Die Verfasserin des Artikels versucht zu ergründen, warum sich das Ramon-Llull-Institut (vergleichbar mit dem deutschen Goethe-Institut)als Ausrichter des Messestandes so sperrig gegenüber spanischer Literatur gibt. Ein möglicher Grund, der immer noch nachwirkt, ist das Verbot der katalanischen Sprache während der Franco-Diktatur. Als weitere Erklärung erwähnt die Autorin dumpfen Nationalismus der aufgrund von Rivalitäten zwischen den Regionen herrührt.
    Auf jeden Fall ein lesenswerter Bericht!


    Die Situation selbst empfinde ich als bedauerlich, denn außerordentliche Literatur egal welcher Sprache sollte verbinden. Und hier sehe ich auch den Sinn der Frankfurter Buchmesse, nämlich über Nationalitäten weg im Gespräch zu bleiben.
    Gespannt darf man i.ü. auch auf die kommenden Gastgeber Türkei und China sein, die trotz Menschenrechtsverletzungen nicht von der Buchmesse ausgeschlossen werden.