'Die Glocken von Vineta' - Seiten 417 - 554

  • Zitat

    Original von Charlie
    Womoeglich nenne ich das, was ihr theatralisch und/oder reisserisch nennt, pathetisch?


    Danke Charlie, ich hätte wohl heute morgen einen stärkeren Kaffee trinken sollen! :bonk


    Zitat

    Ich habe mich mit der (sehr sehr sehr netten) Kirsten Schuetzhofer die ja viele von euch auch kennen und/oder gelesen haben, mal darueber unterhalten. An Kirstens Roman gefaellt mir, dass er so leise ist, dass Kirsten sich so zuruecknimmt und ihr grosses Thema mit ganz behutsamen Fingern anfasst. Ihr Roman ist ein stilles, praezises, schoenes Understatement. Von solchem historischen Roman kann jemand mit meiner Neigung viel lernen.


    Ha! Da kommst Du auf was. Du weißt ja, daß ich Kirstens Roman überaus schätze. Das irre ist, so wie ich an Kirsten ihr feines fast impressionistisches Zeichnen und ihr Understatement mag, ihr Ein- und Ausblenden in Szenen, so mag ich an Deinem Roman das kraftvolle, wortgewaltige und emotionsgeladene. Zwei Welten. Zwei hervorragende Romane. Kirsten ist eben Kirsten und Charlie ist Charlie.

  • Charlie, wie auch immer man es sonst nennen mag, und da du Kirstens wunderbaren Roman ansprichst, kann man durchaus sagen, dass manche Szenen in deiner Geschichte zu laut und somit störend sind.


    Meine Favoriten der letzten Jahre sind und blieben bisher alle 3 Romane von Viola Alvarez, da sie unglaublich eindringlich sind und niemals laut werden müssen, um ihr Ziel zu erreichen. Ein klitzekleiner Satz sagt dort mehr als viele Wörter oder aufgebauschte Szenen je sagen könnten. Diese Romane sind es aber auch, die mich so empfindlich gemacht haben.


    Es bleibt unhöflich über jemanden hinweg zu reden, zumal man ganz genau weiß, dass diejenige mitliest, aber so schreibt es sich leichter ;-)
    Ansonsten finde ich deine Begleitung der Runde auf der ganzen Linie klasse.


    Ich werde den Teufel tun und über diese Szene reden. Es sollte Pelican nur als Wink mit dem Zaunpfahl dienen und sie nimmt es mir nicht übel *hoffe ich*, da wir uns schon etwas besser kennen.


    Viele Grüße
    Kalypso

  • Pelican, ich hatte zwischendurch telefoniert und jetzt hast du mich schon überholt. Hmm.


    Zumindest bei Anton scheinen wir uns irgendwie einig zu sein, kriegen es aber nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Oder wie? Ich bin gerade aus dem Konzept.



    Zitat

    Original von Pelican
    :write so isses!


    Wusste ich doch, dass du es richtig verstehst :knuddel1


    Viele Grüße
    Kalypso


    *Jetzt klingelt das schon wieder :-(*

  • Zitat

    Original von Pelican
    so mag ich an Deinem Roman das kraftvolle,.


    Ja, ganz ehrlich, das mag ich auch. Das passt zu mir und auch zur Sage, die ja eine enorme Wucht hat. Nur wie das eben so ist mit Kraft: Manchmal wollte man jemandem freundlich die Schulter klopfen, und ploetzlich hat das arme Schwein einen Schluesselbeinbruch.


    Ich denk, ich werd mich am Temperieren weiter ueben. Am Variieren der Lautstaerke. Register ziehen.
    Und die drei Romane von Viola Alvarez erwarten mich ja in Berlin - darauf bin ich so gespannt.


    Zum Kaffeetrinken kannste morgens frueh mal zu mir kommen. In meinem Gebraeu steht der Loeffel. Schmeckt grauslig. Aber macht wach.


    Alles Liebe von Charlie

  • Zitat

    Original von Kalypso
    Zumindest bei Anton scheinen wir uns irgendwie einig zu sein, kriegen es aber nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Oder wie? Ich bin gerade aus dem Konzept.


    Ja, ich denke, da sind wir uns einig - sonst hätte ich sicher noch ein bißchen was dazu geschrieben :grin


    Zitat

    Wusste ich doch, dass du es richtig verstehst :knuddel1


    Aber klar doch! :knuddel1

  • Ich schreib mal wieder ohne die vorherigen Kommentare zu lesen um davon unbeeinflusst zu sein. Ich hatte ja schon im vorherigen Abschnitt geschrieben, dass ich bereits einen Verdacht hegte Anton könnte in Natalia verliebt sein. Das auch Natalia diese Liebe erwidert, ja sogar zum ersten Mal in ihrem Leben tatsächlich echte Lust empfindet, trifft den Leser wie einen Schock. Im ersten Moment ist da die Reaktion: Aber sie hat ihn wie ihren Sohn.... und er muss sie doch wie eine Mutter... uaäääääh! :yikes
    Dann aber überlegt man und bedenkt die Vorgeschichte der beiden und eigentlich wird schnell klar, dass sie so gut zusammenpassen wie sonst niemand in dieser Geschichte. Sie haben eine ähnlich tragische Vorgeschichte, sie sind beide Außenseiter in Vineta und haben einen gleichen Charakter: Natalia die nie weint und Anton der nie lacht. So groß ist der Altersunterschied mit 10 Jahren nicht (Warti ist ja auch so 8 Jahre älter als Natalia). Und trotz der guten Behandlung, darf man nicht vergessen, dass Natalia in die Ehe eigentlich nicht eingewilligt hat. Ich hatte die Befürchtung, Warti könnte die beiden in flagranti erwischen und sich dann etwas antun. Das ist, zumindest bisher, nicht eingetreten. Ich persönlich finde diese Wendung mehr als überraschend, aber gerade deshalb so gut. Sowas hab ich definitiv noch nirgends gelesen!


    Womit ich absolut nicht gerechnet hätte, war, dass Natalia Warti von selbst von ihrer Affäre erzählt und dass sie ein Kind von einem anderen erwartet. Und wie sie es getan hat. Sie war fröhlich und glücklich und dann WAMM! In dem Moment ist mir so richtig bewußt geworden, wie gern ich Warti inzwischen hab. Er ist "erwachsen" geworden, musste lernen Verantwortung (für eine ganze Stadt) zu übernehmen und es ist ihm auch klar geworden, dass seine Ehe eine zu Beginn recht egoistische Sache war. Trotzdem ist er Natalia in den folgenden Jahren ein liebevoller und zärtlicher Ehemann gewesen. Kurz gesagt: Warti tat mir so furchtbar leid! :cry Wie tapfer er das ertragen hat, einfach angenommen ohne sie zu beschimpfen oder sonst wie auszurasten. Da hat er für mich wahre Stärke bewiesen und Würde gezeigt. Er liebt sie so sehr, dass er sie zu ihrem eigenen Glück gehen lässt. Ich war wirklich total gerührt. *schnief*


    Ich frage mich jetzt allerdings, woher Natalia so genau wissen will, dass das Kind nicht doch von Warti ist, wo es ihm doch angeblich so ähnlich sieht (auch wenn es jahrelang nicht geklappt hat). Ist doch komisch, dass Stani weizenblond ist, wo Natalia rot und Anton schwarz sind. Aber manchmal überspringts wohl auch eine Generation...


    Zur Karte die vorne im Buch ist hätte ich noch eine Frage: Es heisst ja, dass für die von Anton geplante tiefere Bucht mehr Wasser erforderlich ist, und dass dieses von der Oder abgeleitet wird. Auf der Karte ist die Oder allerdings nicht unbedingt in nächster Nähe von Vineta. ?( Oder ist vielleicht ein Seitenarm des Flusses gemeint? :gruebel


    Mein Lieblingssatz in diesem Abschnitt stammt übrigens von Bole, weil mich dieses ständige überhebliche Lateingebrabbele von Dänen-Thore auch genervt hat. Besserwisser der. *pfü* "Euer lateinisches Gewäsch, mit dem Ihr mir seit Jahren zeigen wollt, was für ein Tölpel ich bin, steckt Euch in Eure Arschspalte." :lache Ich hatte ja die Hoffnung, dass sich Bole doch noch zum besseren wendet, nachdem er endlich für seine Tochter einsteht und Jula mal die Meinung sagt, aber sein Verhalten gegenüber Natalia hat das wieder abegedämpft.


    Nun ist also Anton zurückgekehrt und der letzte Teil bricht an. Wer wird wohl alles mit Vineta untergehen? Wird überhaupt jemand von den liebgewonnenen Charakteren überleben...?

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    *pfü* "Euer lateinisches Gewäsch, mit dem Ihr mir seit Jahren zeigen wollt, was für ein Tölpel ich bin, steckt Euch in Eure Arschspalte." :lache


    Freut mich!
    Bei solchen Saetzlein ueberlegt man ja lange, ob man sich nicht boese unbeliebt macht ... (aber ich steh auch drauf.)


    Ich bin ganz begeistert von Eurem freundlichen Eintreten fuer meinen Warti.
    Und der Hang zu aelteren Herren wird von mir geteilt ... was aber, fuercht' ich, bei mir vor allem daran liegt, dass ich selbst die Junge-Huepfer-Zeit schon um einiges hinter mir gelassen hab.


    Alles Liebe von Charlie

  • Ich habe das Buch bereits beendet, deshalb hier nur kurz, damit ich nichts aus dem nächsten Teil spoilere:


    Also für mich persönlich geht die Beziehung zwischen Natalia und Anton GAR NICHT! Auch nicht nach längerem Nachdenken und trotz der Berücksichtigung all eurer Anmerkungen und obwohl beide irgendwie darunter leiden... Nein, GEHT GAR NICHT!! :hau

  • So, wieder einen Teil beendet.


    Ich habe Anton nie als ihren "Sohn" empfunden und bin somit auch nicht wirklich geschockt von der Entwicklung. Schlimmer finde ich den emotionalen Verrat an Warti, daß Anton und Natalia beide jemanden hintergehen, den sie eigentlich respektieren, lieben und bewundern. Deshalb möchte ich eigentlich gar nicht wissen, was passiert, wenn Warti erfährt, mit wem Natalia ihn betrogen hat. Ob er dann auch so verständnisvoll reagiert, wie bei Natalias Geständnis? Da bewies er übrigens große Klasse. Mir ist Warti damit umso sympathischer geworden.
    Anton hingegen... auch wenn mir durch die Kommentare der Leserunde klarer geworden ist, was Natalia in Anton sieht, mir erschließt sich Antons "Charme" nicht unbedingt. Er ist kratzig, abweisend und suhlt sich oft genug im Selbstmitleid. Aber Natalia scheint er etwas zu geben, was ihr bislang gefehlt hat.

    Zitat

    Original von Darcy:
    Für mich kommen keine Schuldgefühle auf Seiten Natalias rüber. Das einzige Eingeständnis ist ihre Konsequens, Warti zu verlassen. Sie hätte ihm das Kind auch unterschieben können und ihr gewohntes Leben beibehalten können. Aber das tat sie nicht. Was ich als mutig und richtig empfinde.


    Das empfinde ich übrigens genauso.


    Ich hoffe, ich kann mir im weihnachtlichen Stress noch etwas Zeit freischaufeln, um zu erfahren, wie die Geschichte endet.

    Ich weiß nicht, was das sein mag, das ewige Leben.
    Aber dieses hier, das diesseitige, ist ein schlechter Scherz. (Voltaire)

  • Zitat

    Original von Charlie
    Freut mich!
    Bei solchen Saetzlein ueberlegt man ja lange, ob man sich nicht boese unbeliebt macht ... (aber ich steh auch drauf.)


    Charlie, ich bin froh, dass Du in "Vin" die Dinge beim Namen nennst und die Leute sprechen lässt, wie ihnen der Schnabel gewachsen ist! Es wirkt niemals vulgär, sondern im Gegenteil herrlich authentisch und passt zum Thema des Buches, zu Zeit und Kultur perfekt! Alles andere wäre künstlich gewesen!


    Auch da weiß ich jetzt nicht, ob's Dir recht ist... Aber in meinem Besitz befindet sich ein Stück Holz, das in meiner Studienzeit der Hund meiner damaligen WG-Mitbewohnerin auf einem Spaziergang aus dem See angeschleppt hat. Ich weiß nicht, ob es von Menschenhand geformt ist oder vom Wasser oder von beidem und auch nicht wie alt es ist. Es ist eigenartig geformt, wie ein handlicher Stab mit einer scheibenartigen Vertiefung auf 2/3-Höhe, mit Lochmuster verziert, die Oberfläche des Holzes so weich wie Samt und trotzdem hat es etwas Festes, Starkes, Raues. Ganz eigenartig, und deshalb habe ichs dem Hund abbetteln müssen. Ich stehe oft am Regal und grabbel es an, weil es diesen ganz eigenen Zauber hat.
    Und ich musste beim Lesen von Vin so oft an dieses Holz denken - und werd jetzt immer umgekehrt bei diesem Holz an Vin denken...


    Zitat

    Original von grottenolm
    Ich habe Anton nie als ihren "Sohn" empfunden und bin somit auch nicht wirklich geschockt von der Entwicklung. Schlimmer finde ich den emotionalen Verrat an Warti, daß Anton und Natalia beide jemanden hintergehen, den sie eigentlich respektieren, lieben und bewundern.


    ja, das ging mir genauso.

  • Zitat

    Original von Nicole
    Auch da weiß ich jetzt nicht, ob's Dir recht ist... .


    Wieso soll mir denn das nicht recht sein?


    Mich hat fuer diesen Roman - abgesehen vom Meer selbst - ueberhaupt gar nichts so inspiriert wie slawische Fundstuecke der Epoche.
    So gut wie alle Gegenstaende, die im Roman vorkommen (Goettinnenstatue, Hirsch, Schlaefenband, Pisanki etc.), sind tatsaechlich irgendwo gefunden und von mir endlos betrachtet worden. Sie haetten aus Vineta stammen koennen. Dein Holz vielleicht auch.


    Heute ist der Jahrestag des Tsunami.
    Alles Liebe von Charlie


  • Das liefert mir ein Stichwort für eine Frage, die mir noch immer durch den Kopf geht. Wie sieht so ein Schläfenband aus? Wie ein Haarreif? Ich hab zwar gegoogelt aber keine Abbildung gefunden.

  • Es ist eine Art ueber die Stirn gefuehrter schmaler Ring (oder auch ein Band) um die Stirn, an dem die Schlaefenringe befestigt wurden.


    Alles Liebe von Charlie

  • Ich bin etwas verwundert, anscheinend habe ich es versäumt, meinen letzten Beitrag einzustellen. Jetzt ist er weg, gelöscht, so ein Ärger. Na ja, dann mache ich mal weiter.
    Ich hatte keine Schwierigkeiten mit dem Verhältnis von Anton und Natalia, vielleicht, weil ich sie nie wirklich als Mutter und Sohn gesehen habe. Für mich hat es Kalypso sehr gut zusammengefasst:


    Zitat

    Natalia ist bis zu diesem Zeitpunkt nur eine Hülle oder eine Schlafwandlerin, die kurz bei Antons Bestrafung aufwacht, aber dabei den Grund zunächst nicht erkennt. Die beiden sind in ihrer Verlorenheit Seelenverwandte und finden aneinander, was sie woanders nicht finden können und das man durchaus als Liebe bezeichnen kann

    .


    Dass sich Anton als Christ sieht, sehe ich anfänglich darin begründet, dass er dazu gemacht wird, in dem ihn die Vineter als Christen ansehen – und Vineta erscheint mir ebenfalls schon bald nicht mehr so weltoffen, wie es von vielen beschrieben wird. Für mich hat die Sicht der Stadt von Anfang an etwas, was ins Sagenhafte geht.


    Die "Inzestsache" hat mich gar nicht gestört, da lag das Problem für mich eher in der Zuneigung, die beide – Anton und Natalia – Warti entgegen bringen und wie sie ihn (zumindest vorübergehend) hintergehen – oder wie es grottenolm (und andere) noch besser ausgedrückt haben:


    Zitat

    Ich habe Anton nie als ihren "Sohn" empfunden und bin somit auch nicht wirklich geschockt von der Entwicklung. Schlimmer finde ich den emotionalen Verrat an Warti, daß Anton und Natalia beide jemanden hintergehen, den sie eigentlich respektieren, lieben und bewundern.



    LG


    Kirsten