Witwe für ein Jahr - John Irving

  • von John Irving
    erschienen 1999


    Rezension von Amazon übernommen ( bin heute faul )
    John Irving-Fans dürfte es wohl kaum verwundern, daß Witwe für ein Jahr eine weitläufige Mischung aus Farce und Tragödie ist, in der es nur so wimmelt von Schriftstellern. Gleich zu Beginn ertappt die 4jährige Ruth Cole ihre melancholische Mutter Marion in flagranti mit dem 16jährigen Eddie, nachdem dieser Ted -- Ruths liebestollen Vater, dessen Ehe mit Marion nur noch auf dem Papier existiert -- nach einer von Teds Sauftouren wieder einmal nach Hause gefahren hat.
    Eddie schreibt den Rest seines Lebens Romane wie "Sechzig Mal", seinen Schlüsselroman über die 60 Mal, die er Marion verführt hat. Ted ist ein gescheiterter Romanschriftsteller, dem die auf Ruths Gute-Nacht-Geschichten basierenden Kindermärchen, wie z.B. "Die Maus, die zwischen den Wänden krabbelt", zu Reichtum und Ruhm verholfen haben. Marion verläßt Ruth, Ted und Eddie und entpuppt sich schließlich als erfolgreiche, unter einem Pseudonym schreibende Schriftstellerin. Von all den vorkommenden Schriftstellern ist Ruth am Ende jedoch die erfolgreichste, dank Ted, der sie frühzeitig in die Kunst des Schreibens eingeweiht hat. Er erzählt ihr nicht nur Märchen, sondern hilft ihr auch dabei, ihre eigenen Geschichten zu erfinden, die die vielen Photos in ihrem Haus erklären, auf denen ihre Brüder zu sehen sind, die in einem Autounfall ein Jahr vor ihrer Geburt ums Leben gekommen sind. Der Schmerz über den Verlust ihrer Söhne ist der Grund für Marions Unfähigkeit, Ruth zu lieben.


    Äußerst gelungen ist die Figur der Ruth, Irvings erste weibliche Hauptfigur. In beiden Rollen -- der des phantasievollen Kindes, das in dem Versuch, mit seiner Familie ins reine zu kommen, stark an die Werke Salingers erinnert, und der der Erwachsenen, die die Beweggründe ihrer Mutter zu verstehen oder diese zumindest zu ergründen sucht -- ist sie eine wahre Glanzleistung. Ted ist eine beißend-lustige Karikatur, dessen finstere Art und selbstgerechtes Verhalten in den unmöglichsten Situationen mysteriös und verständlich zugleich wirken. Eddie ist ein liebenswerter Schelm, doch ohne Weichzeichner gezeichnet.



    Meine Meinung
    Dieses Buch ist eines meiner liebsten von Irving, ich habe es sogar zweimal, das erste mal auf deutsch das zweite mal auf englisch gelesen, es ist kein Buch das man auf einem Rutsch durchliest, etwas dass man langsam genießt wie ein gutes Stück Schokolade, Gut gefallen hat mir der Aspekt dass man eigentlich immer eine große Liebe im Leben hat und von dieser nur schwer loskommt, auch der rote Faden des Buches das Ruth immer darauf wartet das ihre Mutter zu ihr zurückkommt fand ich sehr interessant und gut umgesetzt.
    Für mich ein Muss für jeden Irving Fan, diejenigen die es werden wollen und für Fans von unterschwelligem Humor !!

  • Ein schöner Irving !!!!


    Und wird sogar grade verfilmt !
    Das erste Drittel des Romans wird u.a. mit Kim Basinger gedreht.

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ich will nicht mäkeln, aber für mich war nach "Owen Meany" die Luft ziemlich raus, was Irving anbetrifft (ich habe natürlich trotzdem alle Folgebücher gelesen). "Zirkuskind" markiert dabei das untere Ende der Skala, "Witwe für ein Jahr" kam noch auf Mittelmaß, weil Irving zumindest thematisch zu seinen Ursprüngen zurückkehrt zu sein schien, aber mir fehlten der Witz, die Originalität, der Biß - höchstens sprachlich hat es noch überzeugt. "Die vierte Hand" fiel in eine sehr ähnliche Kategorie, eher fad und routiniert. Die "großen" Irvings bleiben "Garp", "Hotel New Hampshire", "Die wilde Geschichte vom Wassertrinker", "Gottes Werk", "Owen Meany", und das ist ja auch schon eine ganz prächtige Menge. :-)


    Nur meine zwei Szloty. :-)

  • Zitat

    Original von tomliehr
    Hallo, anne_jette.



    Tja, die Geschmäcker ... :-)


    Ich liiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiiebe Garp und die Verfilmung finde ich auch durchaus gelungen !!!

    ...der Sinn des Lebens kann nicht sein, am Ende die Wohnung aufgeräumt zu hinterlassen, oder?


    Elke Heidenreich


    BT

  • Ich hatte gestern durch Zufall die Kinokarte wieder in der Hand. Nach der Erfahrung mit dem Hotel New Hampshire wollte ich eigentlich keinen John Irving-Roman mehr anfassen, aber bei diesem Buch könnte ich noch einmal eine Ausnahme machen, da mir der Film gut gefallen hat.


    Also auf die Wunschliste damit...

  • Habe es auch mal auf meine Wunschliste gesetzt. Ein Teil davon soll ja im Rotlichtmilieu von Amsterdam spielen.


    Den einzigen Irving, den ich bisher gelesen habe, ist "Setting free the bears", und ich fand das sehr sehr witzig und spannend geschrieben. Die Idee alleine schon! :lache

  • "Witwe für ein Jahr" habe ich letzten Monat das zweite Mal gelesen und festgestellt, dass es mir nach wie vor gut gefallen hat, aber vielleicht ein wenig zu lang war. Ein paar Seiten weniger hätten nicht geschadet, dann wäre mir sicher auch der Schluss nicht so "hastig hingeworfen" vorgekommen.
    Allerdings muss ich auch zugeben, dass mir - vom Anfang mal abgesehen - ein wenig der typische (feine) Irving-Witz gefehlt hat.


    Viele Grüße
    Shirat

    Viele Grüße
    Shirat


    Ich habe eiserne Prinzipien. Wenn sie Ihnen nicht gefallen, habe ich auch noch andere. (Groucho Marx)

  • einige Irvings habe ich ja bereits gelesen, aber diesen hier fand ich bisher am besten :anbet


    Sehr dicht und abwechslungsreich. Spannend zu lesen. Ich mag so sehr seine Art, wie er kleine Raffinessen einbaut (z. B. die Kritik Allans an Ruths Schreibstil, sie würde zu viele Semikola einbauen, diese würden ihn an Fliegendreck über einem Komma erinnern und kein Mensch würde diese alte Schreibweise mehr benutzen. Daraufhin setzt Irving einen Absatz. Und den nächsten Satz trennt er prompt mit einem Semikolon :grin )


    Irvings Romanfiguren wachsen mir immer stark ans Herz. Das war hier natürlich auch wieder der Fall *seufz* echt tolles Buch.


    Ich geb ihm 10 Punkte.

  • Dies war mein erster Irving... und wird abgesehen von "Garp", den ich als Hörbuch habe und noch hören werde, wohl auch mein letztes Buch von ihm gewesen sein; ich denke nicht, dass es besonders positiv ist, wenn man auf der letzten Seite angekommen ist und denkt: "Endlich, endlich, ENDLICH GESCHAFFT!".


    Für mich war es alles ein bisschen zu viel: zu viel Sex, das F***-Wort, das ich nicht ausstehen kann, kam mir zu oft vor, zu viele unnötige Beschreibungen von völlig unbedeutenden Orten...
    ... und viel zu viele Wörter für das bisschen Geschichte, das da drin steckt.


    Schade, ich hatte mir wahrscheinlich unter dem Titel einfach etwas anderes vorgestellt.


    Von mir gibt es 5 Punkte.
    Gruß vom enttäuschten Killerbinchen :wave

    „An solchen Tagen legt man natürlich das Stück Torte auf die Sahneseite — neben den Teller.“

  • Ich habe diesen Irving im Zuge des Alt-SUB-Abbaus gelesen.
    Ich habe dieses Buch, wie alles von Irving gerne gelesen. Ich fand auch die "Witwe für ein Jahr" - im Gegensatz zu anderen Rezensenten - typisch für Irving, jedenfalls was den Erzählstil und leicht groteske Details und Plotwendungen angeht. Die Figuren darin sind echte "Irving-Figuren". Sie sind einfach menschlich, nicht nur gut oder schlecht, sondern alles dazwischen.


    Dennoch muss ich sagen, dass ich gen Mitte ein wenig kämpfen musste, Irving erzählt hier schon sehr detailliert. Ich fand sowieso den Anfang und das Ende (also Teil 1 und 3) spannend, den Mittelteil aber irgendwie ein wenig überzogen und auch in die Länge gezogen (obwohl er von der Geschichte her ja nicht unwichtig ist).


    Dennoch habe ich auch diesen Irving gern gelesen und freue mich auf weitere Bücher von diesem tollen Autoren. Ich finde Irvings Schreibstil amüsant und sehr intelligent und geniesse seine Bücher langsam nach und nach.


    Von mir 8 von 10 Punkten.

  • Mir hat "Witwe für ein Jahr" gut gefallen; es ist keiner von Irvings ganz großen Romanen, aber doch einer der besseren.
    Leider ist er ein wenig zu sehr in die Länge gezogen, um wirklich glänzen zu können - 100 bis 200 Seiten weniger hätten für den Stoff durchaus ausgereicht.
    Die Figurenzeichung ist wie so oft bei Irving einfach nur großartig, einfach glaubwürdige Charaktere mit all ihren Stärken und Schwächen, Ecken und Kanten und ebenso realistischen Dialogen. Skurrile Elemente und überrachende Plotentwicklungen fehlen natürlich ebensowenig.
    Ansonsten gab´s für meinen Geschmack etwas zu viele Schriftsteller in diesem Roman, aber das ist nur ein kleiner Kritikpunkt, da gibt es wahrlich Schlimmeres, was einem als Leser so unterkommt.
    Was die Punktevergabe betrifft, gehe ich mit Cookiemonster konform.