Gottfried Keller - Kleider machen Leute

  • Über den Autor:


    Gottfried Keller (* 19. Juli 1819 in Zürich; † 15. Juli 1890 ebenda) war ein Schweizer Dichter und Politiker. Keller begann eine Künstlerlaufbahn als Landschaftsmaler, wandte sich im Vormärz zur politischen Lyrik und beschloss sein Leben als einer der erfolgreichsten deutschsprachigen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts. Von 1861 bis 1876 bekleidete er das Amt des Staatsschreibers der Republik Zürich. Seine bekanntesten Werke sind der Roman Der grüne Heinrich und der Novellenzyklus Die Leute von Seldwyla. Keller gilt als Meister der Novellendichtung und als einer der bedeutendsten Erzähler des bürgerlichen Realismus.


    Quelle: Wikipedia




    Inhaltsangabe / Klappentext:


    In der Novelle Kleider machen Leute von Gottfried Keller aus dem Jahr 1866 geht es um einen armen Schneider, der wegen seines gepflegten Aussehens für einen Grafen gehalten wird und sich in eine angesehene Frau verliebt, die ihm nach seiner Entlarvung trotz des Standesunterschiedes treu bleibt.




    Eigene Meinung


    Gottfried Kellers Novelle „Kleider machen Leute“ spiegelt eine heute noch moderne Art des Umgangs miteinander wieder. Alles besteht nur aus Schein und Sein, Macht und Schwäche, Geld und Schulden. Wer will nicht heute wie ein Popstar behandelt werden, der in großen Autos unterwegs ist, mit goldenen Gliedern behangen wird und nebenher mit der schönsten Frau liiert ist? Wer will nicht auch einmal in den Genuss dessen kommen, was unsere heutige Konsumgesellschaft demjenigen verspricht, der den finanziellen Hintergrund hat?


    „Dir wird alles gegeben, alles aufgetragen, nur entlohne uns auch brav dafür. Wenn du dies tust, ist dir unsere Freundschaft sicher!“ So oder ähnlich kann das Verhältnis zwischen Wenzel Strapinski, einem armen Schneider, umherziehend um eine neue Anstellung zu finden, und dessen neuen Kumpanen, angesehenen Geschäftsleuten aus Goldach und Seldwyla beschrieben werden. Sie sonnen sich in seinem Glanz, bereut ihm Treue zu schwören, um ihn genau dann diese Treue zu entsagen, wenn er sie nötig hat. Es geht nur um das, was man in der Hand halten kann, Geld z.B., und nicht um Gefühle. Auch Nettchen, die „betrogene Braut“ wendet sich, wenn auch nur kurz, ab nach der „verhängnisvollen Offenbarung“, um ihn nachzureisen, ihn zu beleben und zu heiraten.


    Und so ist die Thematik der 1866 erstmals erschienen Novelle des Schweizer Autors Gottfried Keller aktueller und moderner denn je. Und doch, die Aufbereitung dieses Stoffes bleibt dröge, bleibt starr, nur oberflächlich emotional und ohne jede Form von Tiefe. Die Charaktere wirken allesamt blutleer, Strapinski in seinem Handeln moralisch fragwürdig, aber Identifikationsmöglichkeiten bietet er denn noch nicht, ist doch dem Leser nicht immer klar, warum er trotz seiner so groß empfundenen Schande nicht das Weite sucht. Ausgeschaltet wird der vermeintliche Graf von seinem Nebenbuhler, seine Braut haben wollend, die ihm jedoch trotz seiner „persönlichen Schande“ folgt und trotz des androhenden sozialen Abstiegs bei ihm bleibt. Kein Klischee lässt Keller aus, oder vielleicht bildet die Geschichte sogar den neuen Stoff, den sich heute zahlreiche Nackenbeißer und Groschenromane gewidmet haben – Die Geschichte eines Paares, welches nur durch Zufall zusammen findet, trotz ständischer, sozialer und finanzieller Unterschiede, sogar den eigentlich besseren Kandidaten als Heiratspartner ablehnend und somit sogar eine soziale Ächtung in Kauf nehmend.


    Die Frage nach dem Realitätsgehalt dieser Geschichte stellt meiner einer nicht, ist Literatur doch nicht immer ein Abbild der Wirklichkeit, sondern nur eine Imagination einer scheinbaren Wirklichkeit und doch bleibt die Geschichte, auch in ihrer sprachlichen Ausführung, zweifelhaft. Keller umschreibt die Welt der Natur, lässt uns teilhaben an dem Leben in der kleinen Stadt Goldach, an dem Leben der Bauers- und Handwerksleute, aber er lässt uns nicht teilhaben an den Intentionen, den Emotionen, den Gedanken seiner Figuren, die Ausgangspunkt wären für eine „logische“ Handlung. Er bietet Naturbilder, Städtebilder, aber keine Menschenbilder, die für die Handlung wichtig wären. Wie Pappkameraden wirken seine Figuren – jederzeit umwerfbar, jederzeit austauschbar. Identifikationsmöglichkeiten oder auch nur das Gefühl die Figur zu verstehen sind nicht gegeben.


    Und so bleibt am Ende eine Novelle, die einen gute Diskussionsmöglichkeit bieten würde, wäre nicht die Umsetzung dieses Stoffes zweifelhaft, unlogisch, kurzum nicht den ästhetischen Maßstäben meiner Wenigkeit entsprechend. Es bleibt eine brave, leicht überromantische Geschichte ohne viel Form und Gehalt.

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker

  • ...vielleicht hättest Du Dir die Verfilmung mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle mal ansehen sollen? Er brachte das m.M.n. sehr gut rüber, was das Buch aussagen soll...und keineswegs klischeehaft.

  • Zitat

    Original von Ikarus
    ...vielleicht hättest Du Dir die Verfilmung mit Heinz Rühmann in der Hauptrolle mal ansehen sollen? Er brachte das m.M.n. sehr gut rüber, was das Buch aussagen soll...und keineswegs klischeehaft.


    Ich habe für mich eine Möglichkeit der Interpretation gefunden.
    Was ich kritisiere, ist nicht die Botschaft; ich halte sie sogar für diskutabel, aufgrund des Ansatzes.


    Was mir nicht gefällt, ist die Rahmenhandlung: Eine solche Form der Liebesgeschichte schreibt z.B. Barbara Cartland und Hedwig Courts-Mahler auch bzw. ähnlich: Mann, der für einen Grafen gehalten und dementsprechend behandelt und bewirtet wird, kommt in eine Kleinstadt. Dort verliebt er sich in eine Frau, die nach realistischen Maßstäben aufgrund des Standesunterschiedes keine Partie für ihn wäre. Was passiert? Er wird enttarnt, geht fort, erfriert fast im Schnee und wird durch sie gerettet; er hat sie, nach damaligen Maßstäben, entehrt und dennoch zieht sie ein Leben, welches vielleicht mit einem sozialen Abstieg verbunden ist, vor, nur um bei ihm zu sein.


    Wo sind da nur die Klischees... ;-)

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker

  • Zitat

    Original von Nightfall


    Wo sind da nur die Klischees... ;-)


    :lache...stimmt, touche oder so...aber schee is' scho...und was wären Menschen ohne sie?...;-) :lache

  • Zitat

    Original von Keti_92
    Wir haben das Buch in der Schule gelesen und ich fand schrecklich!! :help


    :write


    Es ist schon ewig her, dass ich das gelesen habe, aber ich weiß noch genau, dass ich mich durchkämpfen musste :-]

  • Zitat

    Original von Prombär


    :write


    Es ist schon ewig her, dass ich das gelesen habe, aber ich weiß noch genau, dass ich mich durchkämpfen musste :-]



    Ja ich denke so Bücher sind nichts für Jugendliche :lache
    Genauso wie zB wilhelm Tell :pille

  • Zitat

    Original von Keti_92



    Ja ich denke so Bücher sind nichts für Jugendliche :lache
    Genauso wie zB wilhelm Tell :pille


    Meiner Ansicht kommt es dabei auf zwei Dinge an:
    Mit welcher Einstellung man an eine Lektüre geht - Ob man nämlich so oder so schon die Erwartung inne hat, dass diese Lektüre langweilig / unmodern / schrecklich wird.
    Und wie ein Lehrer (Ich gehe einmal davon aus, dass du "Wilhelm Tell" und auch "Kleider machen Leute" als Pflichtlektüre in der Schule hast.) die Thematik des Werkes darstellen kann. Es gibt in "Wilhelm Tell" und auch bei "Kleider machen Leute" Themata, die sehr wohl auch unter Jugendlichen Thema sind wie der Markenwahn, Identitätsbildung und Abgrenzung von "anderen Menschen" usw.; alles Themen, für man die Lektüre dieses Buches nutzbar machen kann, in einer Diskussion.

    „Die Literatur greift immer dem Leben vor.
    Sie ahmt das Leben nicht nach, sondern formt es nach ihrer Absicht.”

    Oscar Wilde, irischer Schriftsteller und Aphoristiker

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von Nightfall ()

  • Dieses Buch hat mein Leben verändert!!!
    Geh in Schlips und Anzug zum Arbeitsamt und sie kriechen sooo tief dass es Dir den Gaumen kitzelt.
    Dieses Buch ist ein gutes Beispeil dafür dass klassische Lektüre keineswegs langweilig, öde oder fade sien muss sondern wirklich gut unterhalten kann und Wahrheiten beinhaltet. Denn nicht alles ist Gold was glänzt und das kann man so sehen oder auch so.
    Ein tolles Buch welches 9 punkte verdient hat.