Himmel und Hölle - Malorie Blackman (14-17J)

  • Himmel und Hölle
    Malorie Blackman
    Originaltitel „Noughts and Crosses“ übersetzt von Christa Prummer-Lehmair und Sonja Schuhmacher
    Hardcover, 510 Seiten


    Malorie Blackman ist eine englische Autorin, die mit großen Erfolg Kinder- und Jugendbücher schreibt. Für „Noughts and Crosses“ wurde sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet.
    http://www.malorieblackman.co.uk/]Ihre Webpräsenz[/URL]
    Ein Interview mit ihr findet man auch am Ende des vorgestellten Buches.


    Klappentext
    Callum ist ein Zero – ein Bürger zweiter Klasse, der in einer Welt lebt, in der die Alphas das Sagen haben. Sephy ist eine Alpha und die Tochter eines der mächtigsten Männer des Landes. Seit ihrer frühesten Kindheit sind Callum und Sephy Freunde. Und aus dieser Freundschaft ist eine tiefe Liebe geworden. Callum ist weiß. Sephy ist schwarz.
    Doch die Welt um sie herum versinkt in Vorurteilen, Hass, Gewalt und Terror. Un ihre Liebe bringt beide in schreckliche Gefahr.
    Die Geschichte einer verbotenen Liebe und ein Buch, das provoziert – von den TIMES-Lesern zu den „100 Lieblingsbüchern aller Zeiten“ gewählt.


    Meine Rezension
    Die Geschichte spielt in einer Parallelwelt zu der Unsrigen. Wenn man den Klappentext aufmerksam liest, stellt man fest, dass in dieser Parallelwelt die Schwarzen (Sephy) die Privilegierten sind, während die Weißen (Callum) unter der extremen Apartheid zu leiden haben. Trotzdem wachsen Sephy und Callum zusammen auf, sie als verwöhnte und behütete Tochter, er als Sohn des Hausmädchens.
    Das Drama beginnt, als es Callum gelingt, als einer der wenigen „Zeros“ auf einer Alpha-Highschool zugelassen zu werden. Sephy, etwas naiv, freut sich sehr darauf, mit ihrem besten Freund in eine Klasse zugehen und kann sich gar nicht vorstellen, dass er bei ihren Freunden und Lehrern vielleicht nicht willkommen sein könnte. Aber auch Callum ist optimistisch. Er glaubt, dass er durch harte Arbeit und gute Leistungen akzeptiert werden und später alle Chancen offen hat. Spätestens aber, als seine Familie verdächtigt wird, an Terroranschlägen beteiligt gewesen zu sein, muss er sich entscheiden: zwischen seiner Liebe zu Sephy und dem Kampf um Gerechtigkeit…
    Das Buch hat alles, was ein gutes Jugendbuch meiner Meinung nach ausmacht: es ist sehr spannend geschrieben und spricht die Themen an, die Jugendliche interessieren: Freundschaft, Vertrauen und Liebe aber auch Konflikte mit Eltern und in der Schule. Und dann ist da natürlich noch unglaublich viel Stoff, der zum Nachdenken über gesellschaftliche Probleme anregen wird. Die Folgen der Unterdrückung einer Bevölkerungsschicht sind sehr eindringlich dargestellt und man wird nahezu dazu gezwungen, sich mit eigenen Beobachtungen auseinanderzusetzen.
    Die Ausarbeitung der Protagonisten, allen voran Sephy und Callum hat mir sehr gut gefallen. Sie sind beide weit weg von „perfekt“ – beide begehen Fehler, aber gerade das macht sie so glaubwürdig. Aber auch die anderen Figuren haben einiges zu bieten.
    Ich wünsche mir, dass das Buch von vielen Jugendlichen gelesen wird – möglichst nicht allein, sondern dass sie danach auch Raum zum Diskutieren haben: mit Freunden, Eltern, Lehrern. Ich kann mir gut vorstellen, dass der Roman ähnlich erfolgreich sein wird wie „Die Welle“ – das Potential hat er dazu in meinen Augen auf jeden Fall!
    Die Sprache ist relativ schlicht gehalten, so dass ich mir gut vorstellen kann, dass auch schon 12-jährige gut klar kommen (bin mir aber nicht sicher, ob ich das so gut einschätzen kann – ich hab wenig Kontakt zu Jugendlichen in dem Alter, vielleicht kann das später jemand verifizieren?). Die einzelnen Kapitel sind relativ kurz gehalten, keines geht über fünf Seiten, so dass es sich auch gut verteilt lesen oder vorlesen lässt.



    edit: Altersangabe im Thread Titel ergänzt

  • Also ich hab das Buch auch gelesen und ich find es zeimlich erschütternd. Ich bin froh dieses Buch gelesen zu haben (hab schon vorher Referate über Apartheit und MLK gemacht) weil es viele meiner Generation (16 J.) kaum mehr wissen wie das für die schwarzen Mitbürger (ich hoff das ist korrekt ausgedrückt) damals war. Respekt an die Autorin. Definitiv eines meiner Lieblingsbücher.

  • OT: Noughts and Crosses 2001


    Die Geschichte ist die von ‚Julia und Romeo’. Blackmans Roman soll aber mehr sein, es geht, so sagt sie im Interview am Ende des Buchs, um Rassismus, auch um den real existierenden. Allerdings spielt der Roman nicht im Hier und Jetzt, Blackman hat eine eigene Welt dafür entworfen. In ihr ist die Bevölkerung streng in Schwarz und Weiß eingeteilt, in Alphas und Zeros. Alphas haben dunkle Haut und sie herrschen, Zeros sind unterdrückte Bleichgesichter. Illustriert wird der Konflikt zwischen den beiden Lebenswelten an der Geschichte von Sephy - Persephone - , aus reichem Alpha-Haus stammend, und Callum, Sohn einer verarmten Zero-Familie.
    Erzählt wird abwechselnd von Callum und Sephy.


    Sephy und Callum kennen sich von Kind auf, Callums Mutter ist Kindermädchen im Haushalt von Sephys Eltern. Eines Tages aber wird Callums Mutter entlassen, weil sie in einen Streit zwischen Sephys Eltern gerät. Das ist das Ende der Kinderfreundschaft von Sephy und Callum.
    Für Callums Familie bedeutet die Entlassung der Mutter einen weiteren wirtschaftlichen Abstieg. Ihre Armut hat schon Callums älteren Bruder Jonathan (im Original Jude) hart getroffen, er mußte die Schule verlassen. Callum hat mehr Glück, er bekommt ein Stipendium für eine vornehme Alpha-Schule.
    Seine Familie treffen aber noch weitere Schicksalsschläge. Die ältere Schwester Lynette stirbt (Selbstmord), Jonathan wird aus Frust über seine geringen Zukunftschancen immer radikaler und schließt sich dem bewaffneten Widerstand gegen die Alphas an. Auch Callums Vater hat Beziehungen zum Untergrund, nach einem Bombenanschlag gerät er in die Mühlen der Alpha-Justiz. Es wird sein Tod sein.
    Callum seinerseits hat kein Glück an der neuen Schule, er wird übel gemobbt, von Mitschülern wie von Lehrern, Sephy, die sich für ihn einsetzt, ebenfalls. Callum gerät in die gleiche Frust-Situation wie sein Bruder und geht den gleichen Weg in den Untergrund. Eines Tages beschließt seine Zelle, die Tochter des Innenministers zu entführen, Sephy. In den beiden Tagen der Entführung erkennen Sephy und Callum endgültig ihre Liebe, Sephy gelingt die Flucht. Aber das Schicksal (in Form des Strafgesetzbuches) trennt die beiden für immer. Am Ende bleibt nur eine Hoffnung, das gemeinsame Kind, gezeugt in der ‚zauberhaftesten, wunderbarsten’ Liebesnacht der beiden.


    Diese Geschichte, 2001 in Großbritannien im Original erschienen, hat große Begeisterung ausgelöst, sie gilt als mutig und bewegend, als provokant. Sie hat so ziemlich jeden Jugendbuchpreis gewonnen, den England zu bieten hat. Eine halbe Million verkaufter Exemplare sprechen eine eigene Sprache. Die ultimative Aussage zum Rassismus heute?


    Ich hoffe nicht, denn dieses Buch ist, wenn man genauer hinschaut, kein Buch über Rassismus. Der Begriff bildet im Gegenteil die Folie für etwas, das nur eine kitschige Liebesgeschichte ist, maßgeschneidert für den modernen Teenager am Soap-Schnuller.


    Der Fokus richtet sich von vorneherein auf Sephy und Callum, das unglückliche Paar. Ihre Liebe ist vorausgesetzt und bleibt auch Voraussetzung. Es gibt keine echte Entwicklung ihrer Gefühle von der Kinderzeit bis ins frühe Erwachsenenalter.
    In der Zeit ihrer Trennung, nach der Entlassung von Callums Mutter, haben sie sich weiterhin heimlich getroffen, so erfahren wir von Callum. Was sie sich erzählt haben, abgesehen von Schularbeiten, und wie sie mit der Trennung fertig wurden, erfahren wir eigentlich nicht. Warum auch, Liebe ist eben Liebe. Das bloße Wort genügt, alles, was sonst dazu gehört, weiß jede Leserin selbst, man hat ja Herz.
    Dieser freizügige Appell an die Emotionen hat zudem. Mängel in der Handlungslogik zur Folge. Hier müßte man, z.B. fragen, wie die Teenager-Tochter eines Innenministers es geschafft hat, sich in einem Land, in dem Apartheid herrscht, heimlich und über Jahre regelmäßig mit einem Unterschicht-Zero zu treffen, ohne daß es jemandem auffiel.


    Kommt die große Liebe zur Sprache, so scheint die Autorin der Überzeugung anzuhängen, daß genug über die Tiefe des Meeres und die Weite des Sternenhimmels geschrieben wurde. Sie beschränkt sich auf Wesentliches. Das sieht, zusammengefaßt, so aus:


    „O, Sephy, ich liebe dich, o, Baby!“
    „O, Callum, o, Baby, ich liebe dich auch!“


    Damit man erkennt, wann es um die wahrhaft große Liebe geht, sind die entsprechenden Stellen in Großbuchstaben gedruckt, so auch die Schlußszene unterm Galgen. Letzteres ist wörtlich zu nehmen. Auf diese Weise kann einer beim Lesen nie entgehen, wann eine Person richtig wütend ist oder traurig. Folgt den Großbuchstaben, und alles ist klar.


    Diese Verfahrensweise läßt wenig Zweifel an den real existierenden sprachlich-stilistischen Fähigkeiten der Autorin. Sie sind im unteren Mittelfeld einzuordnen. Die Sprache ist insgesamt wenig abwechslungsreich und nicht selten hölzern.
    Reicht der Minimalstil nicht aus, wird das Register des Pathos gezogen. Da konstatiert ein Teenager, daß ihm ‚die Menschlichkeit’ abhanden kam, ein anderes Mal ist man ‚zusammen und doch mutterseelenallein’. Man ist grundsätzlich in Tränen aufgelöst oder heult im Seelenschmerz ‚wie ein verwundetes Tier’, ein Handy wird unter einem Absatz zermalmt.
    Auf einer Seite erklärt uns Callum, daß er innerlich tot sei, zwei Absätze weiter, auf der nächste Seite oben, vermißt er seine Mum. Ein zerrissener Charakter, fürwahr.
    An einer hochdramatischen Stelle verpassen sich Callum und Sephy in letzter Minute. Die Prinzessin fährt in der goldenen Kutsche davon, der arme Liebende stolpert und fällt der Länge nach in den Staub. Ah, diese Symbolik. Die Autorin ist selbst so mitgenommen von dieser Szene, daß sie auch später darauf zurückkommt.
    ‚Eine einsame Träne fiel auf meinem Schuh’. (S. 207), läßt Sephy die bewegten LeserInnen einmal wissen.


    Daß Formulierung, Denken und Zielrichtung des Romans eins sind, sei an einer Stelle illustriert:
    Auf S. 429 lesen wir einen Verzweiflungsschrei von Callum: ‚Holt mich hier raus, bevor ich etwas tue, das ich später bereue.’
    Im Augenblick seines Aufschreis hat er Diebstähle, illegalen Waffenbesitz, mehrere Fälle schwerer Körperverletzung, mindestens einen Mord, Mitgliedschaft in einer offen terroristischen Vereinigung sowie die Entführung und Folterung der Tochter des Innenministers hinter sich.
    Darunter ist offenbar nichts, was Reue hervorrufen könnte.
    Dieses Beispiel ist zum einen symptomatisch für das, was diese Geschichte ist, nämlich die Anhäufung von Extrem-Situationen. Hier geht es ums Drama, nicht ums Denken, ums Heulen, nicht ums Handeln.
    Sie zeigt aber vor allem, woran der Autorin liegt: Liebe, Liebe über alles. Was von Callum hier im Ablauf der Handlung verlangt wird, ist, daß er Sephy umbringt. Das ist der Gipfel der dramatischen Spitze, Top of the Pops der Gefühle, der emotionale GAU.
    Das bringt ein interessantes moralisches Problem an den Tag, Sephys Leben scheint mehr wert zu sein als das anderer Leute. Frühere Morde läßt Blackman Callum nicht bereuen, erst Sephys Ermordung wäre schlimm. Was für eine Aussage in einem Buch, in dem es angeblich darum geht, den Menschen Gleichwertigkeit zuzuerkennen.
    Wahrhaftig dramatisch.


    Was Gleichberechtigung bedeutet, und wie komplex die Gemengelage tatsächlich ist, will Blackman gar nicht zeigen. In der Dauer-Übersteigerung des Konflikts Schwarz gegen Weiß wird daher auch die Frauenfrage mit einer Handbewegung weggewischt. Zwei Sätze sind es, in Kapitel dreißig, die Leserinnen und Lesern wortwörtlich klarmachen, daß diese Frage gar nicht existiert.
    Der Roman selbst beweist es auf jeder Seite. Die weiblichen Identifikationsfiguren sind nur da, um zu lieben und zu leiden. Klischee fügt sich an Klischee. Sephys Mutter führt ein nutz - und liebloses Leben im Goldenen Käfig, sie ertränkt den Kummer im Alkohol. So sind reiche Frauen. Callums Mutter, die ihre ganze Familie verliert, duldet Seite um Seite tapfer vor sich hin. So sind arme Frauen. Sephy, die große Liebende mit der einsamen Träne am Schuh, trifft es am schlimmsten. Aus ihr wird im Lauf der Handlung zunächst eine regelrechte jungfräuliche Märtyrerin. Körperliche Liebe erfährt sie dann nur einmal, in der Situation einer Entführten, Eingesperrten und Gefolterten. Danach darf sie tränenüberströmt, aber erhobenen Hauptes, mariengleich, das gemeinsame Kind austragen. Das Denkmuster, das dahinter steht, ist geradezu museal.
    Weibliche Nebenfiguren bleiben blasse Garnitur, auch wenn sie aktiver sein sollen. Die Alibifunktion ist deutlich. Insgesamt muß man feststellen, daß Haupt - wie Nebenfiguren in diesem Roman nicht mehr sind als Karteikarten mit einem Namenszug darauf, an Beinchen aus Pfeifenreinigern befestigt. Die Karteikarten der Hauptfiguren sind etwas größer, das ist der Unterschied. Hier ist kein Leben.
    Es gibt auch keine Atmosphäre, keine Stimmungen. Alles wird nur anbehauptet. Es ist plakativ, grobschlächtig, platt. Es ist klischheeüberhäuft, und das so sehr, daß das Klischee an manchen Stellen fast selbst zum Klischee wird. Hätte das Buch auch nur einen Funken Humor aufzuweisen, könnte man es glatt als Parodie lesen. Erwartungsgemäß ist es aber völlig humorlos.
    Zum Tragen kommt genau eine Anweisung an die Leserinnen: Weint, weil alles so schrecklich ist.
    Stimmt.


    Das grundlegende Unrecht in der von Blackman entworfenen Gesellschaft kann offenbar nur durch die Liebe beseitigt werden. Das Gegenteil von Liebe ist Gewalt. Extrem gegen Extrem. Andere Formen der Auseinandersetzung, Diskussionen, Tagespolitik z.B., alles, was auch immer sozialverträglicher wäre, wird abgewertet, hat keinen Raum. Sephy z.B. engagiert sich in ihrer neuen Schule angeblich in innerschulischen politischen Gruppen gegen die bestehende Apartheid. Mehr als die bloße Nennung von Diskussionsabenden oder ‚Sit Ins’ - warum ist das nicht mit ‚Sitzstreik’ übersetzt? - bekommen wir nicht zu lesen. Auch Callums Bruder äußert sich freizügig gegen jede Form von Widerstand, die nicht gewalttätig ist. Ein Gegenkonzept, und sei es nur denkerisch, fehlt völlig.
    Das hier soll ein Jugendroman sein, wohlgemerkt.


    Auf diese Weise wird im übrigen auch jede echte politische Arbeit in Mißkredit gebracht. Die kleinen Schritte zählen nicht, es muß schließlich krachen. Das ist nicht nur altmodisch, sondern im Grund eine Verächtlichmachung all jener, die seit Jahr und Tag in hunderten von verschiedenartigsten Organisationen weltweit gegen Rassismus arbeiten, leise, beharrlich, trotz Zorn und Frustration, gegen chronische Unterfinanzierung kämpfend, den Burnout als Dauergast auf der Türschwelle.
    Durch die Einseitigkeit und das Fehlen jeglicher Komplexität bekommt die Geschichte in ihrem weiteren Verlauf überdies immer stärker den Anschein des ewig Gestrigen. Zuweilen hat man das Gefühl, in den frühen sechziger Jahren in den USA festgefroren zu sein und nie im 21. Jahrhundert anzukommen. Nun, Kitsch ist bekanntlich ein Zeichen von Konservativismus.


    Die Lektüre von Blackmans ‚Himmel und Hölle’ ist nichts anderes als eine Fahrt auf der mit Tränen und Rotz gut geschmierten Rutschbahn der Gefühlsseligkeit. Es ist im übrigen nur der erste Streckenabschnitt, die Geschichte ist auf Fortsetzung geschrieben. Das vierte Buch (eine gesondert erschienene Erzählung gibt es auch noch) wird ab November in England auf dem Markt sein, aber niemand kann sagen, ob der Schrecken damit ein Ende hat.
    Wirklich gruselig.
    Wer gar nicht widerstehen kann, möge vor Beginn der Lektüre unbedingt darauf achten, daß genügend Taschentücher zur Hand sind.

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Liebe Büchereulen,


    ich war bis jetzt eifrige stumme Mitleserin in diesem Forum und heute traue ich mich auch mal, mich zu Wort zu melden.


    Soeben habe ich „Himmel und Hölle“ von Malorie Blackman zu Ende gelesen und muss sagen, dass mich schon lange kein Buch mehr so berührt hat. Am Ende habe ich Rotz und Wasser geheult :heul aber im Gegensatz zu Magali finde ich das in diesem Fall sehr positiv und heißt, dass mir das Buch sehr, sehr, sehr gut gefallen hat! :-)


    Zum Inhalt ist ja schon so viel geschrieben worden, dem füge ich jetzt nichts hinzu. Mich hat dieses Buch deshalb so bewegt, weil es wirklich einmal eine ganz neue Herangehensweise an das Thema „Rassismus“ ist, und als Leser fühlt man sich sooo oft „ertappt“, weil man sich immer und immer wieder selber vor Augen führen muss, dass hier ja die Schwarzen diejenigen sind, die das Sagen haben und die Weißen die Machtlosen und Unterdrückten. Man ertappt sich selber immer wieder dabei, wie man sich Callum als schwarzen Jungen und Sephy als weißes Oberschicht-Mädchen vorstellt. Das fand ich von der Autorin eine geniale Idee.


    Die beiden Hauptfiguren Callum und Sephy mochte ich sehr. Es ist eben nicht die perfekte, superromantische Liebesgeschichte. Beide machen Fehler, jeder tut dem anderen – mal absichtlich, mal unabsichtlich – weh. Jeder der beiden hat mit Problemen zu kämpfen und kann oft den anderen nicht verstehen. Sie sind nicht perfekt!! Aber genau das macht sie so sympathisch.


    Malorie Blackman hat es geschafft, ein brisantes Thema aufzugreifen und gleichzeitig eine Geschichte zu schreiben, die einen nicht unberührt lässt. Man fragt sich, ob es so eine Zweiklassengesellschaft heute auch gibt. Aufschlussreich sind zum Beispiel solche Details wie, dass „hautfarbene“ Pflaster in diesem Buch schwarze Pflaster sind – die natürlich bei einem weißen Mädchen unmöglich aussehen. Aber hat jemand von Euch in der Wirklichkeit schon mal ein schwarzes Pflaster gesehen?? Ich nicht. Wieder so ein Punkt, der einen nachdenken lässt.


    Interressant ist auch das Interview mit Malorie Blackman am Ende des Buch. Sie sagt: „Rassismus ist ein Thema, über das die meisten Leute überhaupt nicht gerne sprechen, aber ich finde, dass man darüber sprechen sollte egal wie schmerzlich das ist. Ich wollte, dass die Gesellschaft in meinem Buch aus zwei verschiedenen Perspektiven betrachtet wird (aus Callums und aus Sephys Sicht), um zu zeigen, wie unser Standpunkt unser Denken beeinflusst.“


    Ein wirklich empfehlenswertes Jugendbuch, das auch für Erwachsene lesenswert ist. Mich hat es auf jeden Fall sehr stark beeindruckt. Ein Buch, das ganz bestimmt viel Diskussionsstoff liefert!

  • Ich muss sagen, dass mich Naughts&Crosses auch ziemlich berührt hat.... Habe jetzt allerdings den zweiten und dritten Teil gelesen und bin etwas am zweifeln... Schon spannend zu lesen, aber irgenwie nicht so ganz das Wahre. der erste teil ist immer noch am besten und als Einzelband besser als als Teil einer Trilogie.

    "But I don't want comfort. I want God, I want poetry, I want real danger, I want freedom, I want goodness. I want sin."
    "In fact," said Mustapha Mond, "your're claiming the right to be unhappy."
    - Brave New World

  • Ich mag dieses Buch sehr!
    Es erinnert mich etwas an "Die Entbehrlichen", allerdings nicht wegen dem Stil, sondern in dem Sinne, dass es mich nach dem Lesen noch ein paar Tage Gedanklich stark angeregt hat :-)
    Es sind einfach Geschichten, die einen stark berühren und bei denen man denkt "Hoffentlich wird das nie (wieder) so kommen!"


    Die Geschichte von Calum und Sephy hat mich sehr berührt, vor allem mit dme Hintergedanken, dass es ja zur Zeit der Rassentrennung ganz ähnlich gewesen sein muss. Das die Autorin dabei mit den Hautfarben und den Vorurteilen der Leser spielt finde ich eine witzige Idee und bei mir hat sie *flüster* damit ins schwarze getroffen *flüster aus*. Auch ich habe mir beim Lesen irgendwie immer die 'falsche' Hautfarbe für die Person vorgestellt - eigentlich schon fast etwas peinlich, denn ich sehe mich eigentlich als relativ vorurteilsfreien Menschen an.


    Etwas unschön fand ich den langen Zeitsprung zur Mitte des Buches und die meines Erachtens sehr schnelle Wandlung der Figut Calum. Das Ende hingegen war sehr ergreifend...


    Ich kann das Buch empfehlen und gebe ihm die Note 1-/2+...

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

  • Himmel oder Hölle – oben oder unten – Alpha oder Zero.
    Eine Welt, die nur schwarz und weiß malt. Entweder du gehörst dazu, bist oben, hast alle Chancen, bist die Elite und die Zukunft von Morgen. Oder du bist ein Nichts, arm und verabscheuungswürdig, der Abschaum der Gesellschaft.
    Alpha oder Zero. Schwarz oder weiß. Dazwischen gibt es nichts!
    Callum ist ein Zero. Als Hellhäutiger ist er Bürger zweiter Klasse, wenn überhaupt. Ein Leben mit Zukunft ist bloßer Traum. Noch dazu ein Albtraum.
    Sephy ist eine Alpha. Sie hat alle Chancen, die man sich wünschen mag. Als Tochter eines der mächtigsten und reichsten Männer des Landes, des Innenministers Kamal Hadley, bräuchte sie sich keine Sorgen um ihre Zukunft machen.
    Seit Kindertagen sind Sephy und Callum Freunde und wachsen gemeinsam auf in einer Welt, die geprägt ist von Rassismus und Diskriminierung, einer Welt, in der die dunkelhäutigen Alphas das Sagen haben und die Zeros so gut wie keine Rechte besitzen, eine Welt voller Hass, Terror und Gewalt.
    Aus der tiefen Freundschaft entwickelt sich ein zartes Band der Liebe – eine Liebe, die nicht sein darf in einer Gesellschaft, in der es nur schwarz oder weiß gibt und in der der Himmel der einen die Hölle für die anderen ist.
    Callum und Sephy träumen von einer gemeinsamen Zukunft – bis die grausame Wirklichkeit sie unbarmherzig in die Realität zurückreißt …


    Aus den Blickwinkeln zweier Teenager erzählt Malorie Blackman eine Geschichte für junge Menschen ebenso wie für Erwachsene, eine Geschichte, die tief bewegt, unruhig und nachdenklich zugleich macht und für immer in Erinnerung bleibt. Auch im 21. Jahrhundert haben Rassismus, Hass, Terror und Gewalt weiterhin erschreckende Realität. Es scheint so, als könnte der Mensch nichts lernen aus seiner Geschichte. Malorie Blackman führt in ihrem Roman diese Abgründe der Menschheit schonungslos vor Augen. Immer mehr erweist sich der Himmel als bloßes Trugbild, als verräterischer Schein. Die Welt der Alphas und Zeros ist ein wahres Inferno. Blackman verleiht den Leserinnen und Lesern die Augen von Sephy und Callum, indem sie aus immer wechselnder Perspektive der beiden Protagonisten erzählt und das Geschehene sichtbar und derart eindrücklich erfahrbar werden lässt.
    „Der Traum, in einer Welt ohne Diskriminierung zu leben, ohne Vorurteile, mit einer fairen Polizei, einem gerechten Justizsystem, gleichen Bildungschancen, gleichen Lebensbedingungen“ bleibt nicht nur die Hoffnung von Callum, sondern fordert in seiner Aktualität auch uns heraus. Lassen wir es zu, dass Vorurteile und Stammtischparolen die Oberhand gewinnen über Freiheit, Menschenwürde und Zukunftschancen für alle?
    „Himmel und Hölle“ reißt heraus aus der Lethargie des Zuschauens. Hoffentlich finden alle Leserinnen und Leser durch Malorie Blackmans Roman Mut, Zivilcourage und viele neue Farben, um eine Welt aus schwarz und weiß endlich bunt und fröhlich zu malen!

  • Zu diesem Buch gibt es schon einen Thread ;-)



    Dort habe ich auch schon meine Meinung kundgetan, aber auch hier nochmal einige Woerte:


    Ich habe dieses Buch vor einiger Zeit gelesen und dieses Buch kann Werbung gebrauchen!


    Mir hat es wirklich besonders gut gefallen. Die Grundzüge der Geschichte sind nicht neu: Untersrückung, Zweiklassengesellschaft, eine junge Liebe (das ganze erinnert etwas an den Nordirland-Konflikt), aber die Welt, die die Autorin hier erfindet, ist eben doch etwas besonders ergreifend - und auch besonders grausam.


    Die Schilderung der Separierung von Alphas und Zeros nach ihrer Hautfarbe ist ein immer aktuellen Thema (ich hoffe, dass das irgendwann man gegessen ist, aber wer weiß, wie lange das noch dauern kann...), aber die Situation Callums und Sephys, weiß und schwarz, ist durch die eben (leider) nicht alltägliche (ich nenn es mal vorsichtig) Umkehrung der Hautfarben etwas besonderes.


    Bemerkenswert finde ich, dass die Autorin (fast) ohne direkte Nennung der Hautfarben Callums und Sephys auskommt. Da wird mit den Vorurteilen des Lesers direkt gespielt: Wer weiß und wer schwarz ist, merkt man nur an einzelnen Andeutungen (zum Beispiel der Farbe von Pflastern!) und es ist erstaunlich (und beschämend zugleich), wie schnell man in das alte ungerechte Klischee zurückfällt, und die Rollen der Unterdrückten und der Beherrschenden im Kopf schnell der aus der Apartheit bekannten Hautfarben-Kombination zuordnet. Ein wenig schämt man sich da doch, dies noch im Kopf zu haben und nicht vollkommen unvoreingenommen zu lesen...


    Das Buch spricht sich für ein besseres Verständnis der Menschen untereinander aus, gegen die Unterdrückung und die Diskriminierung - ein tolles Buch, was ich auch als Schullektüre als sehr wertvoll erachten würde und was ich Jugendlichen im entsprechenden Alter auf jeden Fall zu lesen geben würde!



    Ich freue mich ganz besonders auf die Fortsetzung dieses Romans, der auf jeden Fall mehr Aufmerksamkeit verdient!


    (Edit: Jetzt verlinkt der doch dies auch als Rezi zur Fortsetzung... :cry Zu Hilfe, wie kann ich das wieder ändern...)

    "Show me a girl with her feet planted firmly on the ground and I'll show you a girl who can't put her pants on." (Annik Marchand)

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  • KLAPPENTEXT:
    Callum ist ein Zero – ein Bürger zweiter Klasse, der in einer Welt lebt, in der die Alphas das Sagen haben. Er ist einer der wenigen, der an einer der elitären Alpha-Schulen zugelassen wurde. Sephy ist eine Alpha und die Tochter eines der mächtigsten Männer des Landes. Seit ihrer frühesten Kindheit sind Callum und Sephy Freunde. Und aus dieser Freundschaft ist eine tiefe Liebe geworden.Callum ist weiß. Sephy ist schwarz. Doch die Welt um sie herum versinkt in Vorurteilen, Hass, Gewalt und Terror. Und ihre Liebe bringt beide in schreckliche Gefahr.


    ZUR AUTORIN:
    Malorie Blackman schreibt in erster Linie Kinderbücher. Sie hat bereits über 50 Bücher veröffentlicht für die sie mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet wurde. „Himmel und Hölle“ ist der erste Band einer Trilogie, dem die Bücher „Asche und Glut“ und „Schachmatt“ folgen.


    EIGENE MEINUNG:
    Warnung: „Himmel und Hölle“ nicht vorm zu Bett gehen lesen. 1. lässt es sich nur schwer aus der Hand legen, bevor es durchgelesen ist. 2. ist es so brutal ehrlich und bewegend, dass ich Schwierigkeiten hatte einzuschlafen.
    Dieses Buch hat mich so aufgewühlt, dass ich mich kaum wieder beruhigen konnte. Fesselnd und ohne Rücksicht auf Charaktere oder Leser, erzählt Malorie Blackman eine Geschichte über Rassismus und die fanatische Verfolgung und Ablehnung von Menschen, die anders farbig sind.
    Sephy und Callum sind eigentlich sehr gute Freunde, doch der Zwang in der Gesellschaft zu bestehen und keine eigene Meinung haben zu dürfen, sich dem Fanatismus der Gleichheit zu fügen, macht ihre Freundschaft alles andere als einfach. Immer wieder lassen sie sich durch Gesten oder Aussprüche ihrer Mitmenschen dazu verleiten, die Verbundenheit zueinander in Frage zu stellen. Immer wieder stellt sich die Frage: „Was sieht der/die andere in mir? Kann er/sie durch die Oberfläche hindurchsehen, oder bin ich nur der Mensch, der in der Gesellschaft einen anderen Status hat?“ Die Manipulationen und Täuschungen, denen Sephy und Callum immer wieder zum Opfer fallen und die sie immer wieder auseinander treiben, haben mich schier zerrissen.
    Angelehnt an die Sklaverei, die in den USA herrschte, und den Rassenkonflikten, die sich bis in die 50er / 60er Jahre zogen, kreiert die Autorin eine Geschichte, die Leser daran erinnert, was, aufgrund von Diskriminierung der Menschen, die anders sind, schon für Greueltaten begangen wurden. Sie sensibilisiert indem die Handlung wirklich heftig und dramatisch wird. Manches mal habe ich gedacht: „ Oh Gott!! Was soll diesen armen Leuten noch passieren?“ Niemals sollte Menschen so etwas geschehen und doch ist es Realität, denn nach wie vor gibt es Ablehnung und Verachtung aufgrund von Hautfarbe, Andersartigkeit oder gesellschaftlichem Status.
    Nicht nur die Thematik des Buches ist sehr berührend, auch die Handlung ist einfach ergreifend. Die Schreibe der Autorin lässt sich sehr schnell lesen und der Ablauf der Geschichte ist so spannend, dass ich das Buch in einem Tag durchgelesen habe. Zugeklappt habe ich es mit einem eisigen Schauer auf meinem Rücken und tränenden Augen.


    FAZIT:
    „Himmel und Hölle“ ist ein bewegendes und spannendes Buch über Rassentrennung und die Absurdität des Fanatismus. Eine absolute Leseempfehlung!!