Bis auf den Grund des Ozeans - Julia Tavalaro mit Richard Tayson

  • Bis auf den Grund des Ozeans von Julia Tavalaro mit Richard Tayson
    ,,Sechs Jahre galt ich als Hirntod. Aber ich bekam alles mit."


    Originaltitel: Look up for yes


    Kurzbeschreibung:
    Eines Tages im Winter erwacht eine schöne junge Frau im Krankenhausbett. Sie gilt als hirntot. Und alle benehmen sich entsprechend. Julia aber bekommt alles mit. Sie versucht, sich ins Gedächtnis zurückzurufen, was vor dem Unfall war, Stunde um Stunde - jahrelang. Bis das Wunder geschieht: Jemand merkt, dass sie sich mit den Augen verständigen kann. Und dann schreibt sie ihre Geschichte.


    Angaben über die Autorin:
    Julia Tavalaro, geb. 1935, lebte 30 Jahre in einer New Yorker Klinik und ist heute so untergebracht, dass sie ein relativ selbstständiges Leben führen kann. (lt. Buchauszug)
    Aktueller: Julia Tavaloaro starb am 19.12.2003 im Kreis ihrer Familie und Freunde im Alter von 68 Jahren.


    Richard Tayson, Schriftsteller und Lehrer für kreatives Schreiben. Er lebt in New York. Er halt Julia Tavalaro dabei, ihre Geschichte aufzuschreiben.


    Meine Meinung:
    Es ist eine sehr erschütterne, leider realistische Geschichte über eine Frau, die ihr norrmales Leben durch einen Schlaganfall verlor und im Krankenhaus als hirntoter Mensch völlig menschenunwürdig behandelt wird. Diese Geschichte macht die Tatsache, dass eine solche Wendung im Leben schon schlimm genug ist, noch erschreckender. Ich arbeite selbst im Krankenhaus und habe bei vielen Schilderungen dieser Frau teilweise einen gewaltigen Schrecken bekommen. Wie mit ihr umgegangen wurde, ist wirklich eine Schande. Julia Tavalaro zeigt dennoch einen wahnsinnigen Lebensmut und lehrt in ihrem Buch, wie sehr man sein gesundes Leben doch eigentlich schätzen sollte. Insbesondere die letzten Seiten des Buches konnte ich nicht lesen, ohne eine Träne zu vergießen. Es ist einfach unsagbar traurig, zu lesen, dass sie ihr eigenes Kind nicht aufwachsen sehen kann. Umso bewusster wird ihr dies, als ihre eigene Tochter nun schon mit einem eigenen Kind und Ehemann vor ihr steht.


    Das Buch war meines Erachtens wirklich lesenswert. Ich selbst sehe auf der Arbeit selbst schon viel Leid, aber es ist etwas ganz anderes, die Gefühle der betroffenen Person zu lesen und nachvollziehen zu dürfen.


    Eigentlich bin ich kein Fan von Autobiographien, aber dieses Buch ist schon fast Pflicht.

  • Hallo Lucy,
    erstmal vielen Dank für deine Rezi, sie ist mir sehr nahe gegangen... Da ich selbst auch im Spital arbeite kann ich deine Empfindungen was das dieses Buch betrifft, denke ich, gut nachvollziehen. Wie du geschrieben hast sehen wir Tag für Tag soviel Leid, doch gerade bei solchen Patienten haben wir doch keine Ahnung was wirklich in ihnen vorgeht. Dank diesen Buches bekommen wird einen Einblick in die "Patientensicht"und dürfen an dem Erlebten teilhaben, daher werde ich es mir umgehend holen und lesen.

  • :wave Ah Lucy schön, dass du es schon gelesen hast. Ich habe es letzte Woche bekommen, aber ich habe noch 2 Bücher vor mir, die ich beenden möchte. Mich interessiert das Thema aus vielen Gründen, zum einen lag in der Familie jemand fast ein Jahr im Wachkoma, zum anderen arbeite ich selbst in einer Klinik und als ich noch an Patienten gearbeitet habe, habe ich immer mit ihnen geredet, und ihnen erklärt, was ich mache und niemals so getan, als wären sie nur ein Stück Fleisch, das zu versorgen sei - leider waren aber viele Pflegekräfte da ganz anders drauf...

  • Zitat

    Original von Eskalina
    Mich interessiert das Thema aus vielen Gründen, zum einen lag in der Familie jemand fast ein Jahr im Wachkoma, zum anderen arbeite ich selbst in einer Klinik und als ich noch an Patienten gearbeitet habe, habe ich immer mit ihnen geredet, und ihnen erklärt, was ich mache und niemals so getan, als wären sie nur ein Stück Fleisch, das zu versorgen sei - leider waren aber viele Pflegekräfte da ganz anders drauf...


    Ja, viele Pflegekräfte haben sich eben so verdammt viele Dinge falsch angewöhnt, die teilweise enorm menschenunwürdig sind. Oft wird in vielerlei Hinsicht das Einfühlungsvermögen vergessen, sobald jemand nicht mehr der Sprache (inkl. Körpersprache) mächtig ist. Wir dürfen eben auch nicht vergessen, dass auch wir bald mal in der Situation sein könnten, von diesem Pflegepersonal abhängig zu sein. Häufig werden auch die individuellen Bedürfnisse außer Acht gelassen. Denn ein 30 oder 40jähriger Vollpflegefall hat eben ganz andere Bedürfnisse und Erwartungen als ein 80 jähriger. Nichts desto trotz befinden sich so junge Vollpflegefälle eben häufig in Altersheimen, wo sich eben Personal befindet, deren Pflege sich auf alte Menschen ausrichtet.

  • Zitat

    Original von Lucy1987
    Denn ein 30 oder 40jähriger Vollpflegefall hat eben ganz andere Bedürfnisse und Erwartungen als ein 80 jähriger. Nichts desto trotz befinden sich so junge Vollpflegefälle eben häufig in Altersheimen, wo sich eben Personal befindet, deren Pflege sich auf alte Menschen ausrichtet.


    Das möchte ich doch stark bezweifeln. Mit immer angemessenem Respekt und individueller Würde behandelt zu werden, darf keine Frage des Alters sein.


    Danke für die Rezi.


    :wave

  • Ich selbst habe das Buch auch vor ca. 4 Jahren gelesen und war schockiert, wie menschenverachtend das genannte Pflegepersonal mit der Betroffenen umging. Ein Segen, dass letztendlich doch festgestellt wurde, dass Tavalaro sich mitteilen konnte und sie uns dieses berührende Buch hinterlassen hat. Sollte sich in meinem Bekannten-/Familienkreis einmal solch ein Schicksal ergeben, weiß ich, wie ich mich verhalten möchte.

  • Das Schicksal von Julia Tavalaro und die Art wie sie es beschreibt ist echt heftig. Es ist gut denkbar, daß sie über dieses Buch das Verständnis für und von Menschen nach Schlaganfall, Locked-In-Syndrom etc. verändern kann. (Obwohl ich stark bezweifle, daß gerade solche Pflegekräfte dieses Buch lesen und an ihrer Einstellung arbeiten würden.) Zudem ist es faszinierend mit ihr zu erleben wie die Therapiemöglichkeiten sich im Laufe der Jahre verändern. Da habe ich mal was über Logopädie und Ergotherapie in Kinderschühchen erfahren.


    Mrs. Tavalaro ist eine bewundernswerte Frau! Respekt und Dankeschön für dieses Buch!

  • Es ist immer schwierig Autobiografien/Biografien zu beurteilen...


    Die Geschichte von Julia Tavalaro ist mir sehr nahe gegangen. Schockierend zu lesen was sie alles erdulden musste, wie mi ihr umgegangen wurde, die Reaktionen ihrer Familie. Faszinierend was sie alles erreichen konnte.