'Die Eleganz des Igels' - Seiten 001 - 082

  • Dann möchte ich mal in dieser Leserunde beginnen.


    Ich hatte gestern Zeit und schon das erste Päckchen bis zur Seite 82 gelesen.

    Ich muss gestehen, dass ich beim lesen ein deutsches Wörterbuch zur Hilfe nehmen muss, mich aber freue, neue Wörter kennen zu lernen und sie auch in Zukunft anzuwenden. Der Stil selbst, ist sehr außergewöhnlich. Außergewöhnlich gut. Nicht so leicht und seicht daher geschrieben bzw. nicht gewöhnlich daher geschrieben. Anspruchsvoll und regt zum nachdenken an.

    Daher bin ich der Meinung, dass man ein gewisses Alter und schon ein wenig Lebenserfahrung auf den Buckel haben sollte, um dieses Buch zu lesen und zu verstehen.

    Relativ schnell wurde ich mit den Selbstmordabsichten eines 12jährigen Mädchens konfrontiert. Was mich persönlich aber nicht sehr getroffen hat, wie ich festgestellt habe, weil ich zu Paloma noch keine richtige Beziehung aufgebaut habe, zu dem Zeitpunkt und diese Information einfach zu früh gekommen ist. Im laufe der nächsten Seiten wurde es natürlich immer besser, unser Verhältnis zueinander, weil ich sie, ihr Umfeld, ihre Gedankenwelt besser kennen gelernt habe. Auch wenn sie für ihr Alter außergewöhnlich intelligent ist, quälen sie doch dieselben Sorgen und Ängste, wie ein gleichaltriges Kind.

    Besonders der Satz "Wichtig ist nicht, dass man stirbt oder in welchem Alter man stirbt, sondern was man tut in dem Moment, wo man stirbt.“ hat mich nachdenklich gestimmt.


    Hübsch dahergeredet. Als ob man die Wahl hätte. Ich wünschte, ich hätte sie. Am heutigen Tag ist noch nicht abzusehen, wann ich ablebe und was ich zu dem Zeitpunkt machen möchte. Vielleicht auf einer Bank am Meer sitzen, auf den Horizont schauen und dabei langsam einschlafen. Das wäre für mich eine tolle Vorstellung

    Mit den großen Philosophen dieser Welt habe ich mich bis jetzt noch nicht beschäftigt, bin aber froh, dass ich nun mit Kant und den anderen konfrontiert werde und mich damit auseinandersetzen muss.

    Für mich ist eine besonders große Freude, dass neben den Bewohnern des Hauses, ihre tierischen Mitbewohner eine große Rolle spielen, die in fast jedem Kapitel ihre Daseinsberechtigung finden. Da ich selbst Katzenbesitzer bin, lese ich mit Begeisterung diese kleinen Geschichten rund um Hund und Katz. Ich bin mir ziemlich sicher, dass es eine besondere Bewandnis hat, dass die Haustiere in diesem Buch eine Rolle spielen, die es noch herauszufinden gilt.

    Concierge Renee führt als Untergebene alle Bewohner an der Nase herum, was mich sehr belustigt.
    Trotz des traurigen Themas hat dieses Buch einen gewissen Grundwitz, den ich als sehr angenehm empfinde und ich bin gespannt, wie es weiter geht, wenn Renee und Paloma aufeinander treffen.

    Schade, nach den ersten 82 Seiten musste ich erst einmal aufhören und werde mich nun der Diskussion um den gelesenen Text stellen, auf die ich sehr gespannt bin, wie die anderen Mitlesenden, den Inhalt bis jetzt finden.


    Ruhrmaus

  • So, nachdem ich meinen ersten Post abegschossen habe hier noch einmal: hallo, ich bin dabei :-)


    Also, ich habe das Buch mit im Urlaub (Bretagne) gehabt und es sehr sehr schnell durchgelesen, bis zum Ende. Ich werde mich mühen, nichts zu verraten.


    Nun gut, ich hatte, wie schon einmal erwähnt, das Glück, die Autorin lesen gesehen zu haben, verstanden habe ich leider nichts, deshalb kann ich auch nicht mehr sagen, welche Abschnitte sie vorgetragen hat. Seltsamerweise war die Lesung trotzdem wunderbar, diese zarte Frau hat ein sagenhaft französisches Flair und ist, so die Auskunft meines Französischlehrers, eine hochgebildete Dame mit einem besonderen Studienabschluss, der einige Fähigkeiten voraussetzt. Nun, schreiben kann sie jedenfalls hervorragend.


    Trotzdem ich am Anfang einige Schwierigkeiten hatte, ins Buch hinein zu kommen, packte es mich irgendwann und ließ nicht mehr los, bis die letzte Seite erreicht war. Ich mag den geschliffenen und trotzdem leichten Stil des Buches, die elegante Lockerheit, die tiefgründigen Themen trotzdem merkwürdig gerecht wird. Und den Humor, klar.


    Consiergen habe ich vor Amelie (Film) nicht gekannt, er hat mein Bild von jenen Damen entsprechend geprägt. Es ist ein seltsamer Beruf. Aber gut. Ich bin auf jeden Fall froh, mittels diesen Buches in die französische Gesellschaft jenseits des Baguette-Tragenden Schnurrbartfranzosen blicken zu können, die ja doch sehr differenziert aufgebaut zu sein scheint. Erstaunlich, welchen Vorurteilen und Standesdünkeln man auch heute noch zu Hauff begegnet, ich kann mich selbst leider überhaupt nicht davon ausschließen.


    Bemerkenswert finde ich Paloma. Ihre Mühen, sich dümmer zu stellen als sie ist, finde ich eine hochinteressante Betrachtungsweise des Themas Hochbegabung. Ein ganz neuer Aspekt. Auch ihre Gedanken über den Tod regen mich zum Nachdenken darüber nach. Stirbt man, um nicht zu leiden?


    Auch Manuela, die Reinigungskraft (technicienne de surface :grin) ist so menschlich als Aristokratin beschrieben, dass ich sie mir gerne einmal leibhaftig ansehen möchte. Ich beneide die beiden Damen ein wenig um ihre herrlich ruhigen und eigenen Teekränzchen, die so ganz ohne Schick und Schein daher kommen. Sie tun es nicht, weil es gut klingt, sondern weil sie ihre Zeit gerne gemeinsam und auf genau diese Weise verbringen. Generell finde ich diese selbstverständliche Normalheit von Renee und ihren (wenigen) Freunden sehr angenehm.


    Schade finde ich, dass Renee so auf ihre Hässlichkeit besteht, aber gerade darin besteht wohl auch ein Reiz des Buches: man blickt hinter ihre Fassade, ob sie nun will oder nicht. Eigentlich will sie ja nicht, selbst als Leser hat man den Eindruck, sie beiseite schieben zu müssen um ans Innere zu kommen. Aber es gelingt. Ich mag diese Frau, und muss zugeben, ganz so unrealistisch ist ihre Besessenheit nicht, viele Frauen beschäftigen sich mehr mit ihrem Äusseren, als sie zugeben würden. Jedenfalls genoss ich die leise Selbstironie, die in den Kapiteln mitschwang. Vor allem rund um die Eheanbahnunh herum.


    Zu den Hunden später mehr.

  • Die ersten 80 Seiten habe ich jetzt auch hinter mir und das Buch trägt den Titel zu recht (auch wenn er vielleicht noch eine ganz andere Bedeutung bekommt):


    Es ist sehr elegant geschrieben, aber die Aussagen pieksen permanent


    Es macht mir sehr viel Spaß, die Gedankengänge von Renée und Paloma nachzuvollziehen. Immer wieder entschlüpft mir ein „Ja - genau“.
    Einzig die Fremdwörter machen mir hie und da etwas Probleme – ich kenne sie, aber die genaue Bedeutung... Na ja, je älter um so größer die Siebmaschen.


    Eine Gemeinsamkeit der beiden unterschiedlichen Protagonistinnen zeigt sich jetzt schon: Beide verstecken ihre Intelligenz vor ihrer Umwelt, damit sie ihre Ruhe haben.
    Allein das zeigt schon, wie eingefahren unsere Denkmuster sind, wie wir unsere Welt und unsere Mitmenschen durch unsere Vorurteilsbrillen wahrnehmen und damit abstempeln.
    Eigentlich ein Armutszeugnis für die „Krone der Schöpfung“, wie wir mit den „wahren Königinnen und Königen“ umgehen, denn alles was ich bisher gelesen, spiegelt die Wirklichkeit wieder, nur durch eine glasklare Brille betrachtet.


    Dies ist ein Buch, das ich mir noch einmal anschaffen muss – einmal fürs Regal und einmal für Leucht- und Bleistifte.


    Bisher einfach nur begeistert


    Dyke

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

  • Ich arbeite in meinen Exemplaren immer nur mit Bleistift und kleinen Anmerkungen am Rande, bunte Dinge kann ich nicht leiden. Und da ich ja nun einmal im passenden Thread bin, kann ich gleich weiter machen.


    Ich bin froh, das Frau Barbery bzw. Rene das Werk von Husserl so gänzlich abgehandelt bzw. abgetan haben, dass ich mich nicht dazu bringen muss, dieses Zeug zu lesen. :grin


    Ansonsten haben mich die Hundeszenen rund um die Begattung höchst amüsiert. Am treffensten hier wohl der Satz, dass Frauchen einen Gentleman möchte, das Tier sich aber ganz als Hund aufführt. Ich habe gelacht. Insgesamt schätze ich es sehr, eine Begebenheut aus zwei verschiedenen Augenpaaren betrachtet zubekommen, Paloma und Renee sind sich ähnlich, aber auch entfernt genug, um Spannung zu erzeugen.


    Deine Ja-genau Ausrufe, Dyke, kann ich bestätigen. Auch ich fühlte mich in vielen meiner eigenen gesellschaftlichen Beobachtungen voll bestätigt, deshalb mag ich dieses Buch wohl auch so gut leiden.


    Gelacht habe ich auch über den Kult um Barbara Cartland, den eine Concierge zu betreiben hat. Ich gebe zu, auch ich habe die Werke dieser Dame gelesen und tue es auch jetzt noch gelegentlich, wenn mir eines unter die Finger gerät.

  • Ich habe das schon des öfteren gesehen, in einer realen Leserunde und nun lese ich hier auch, dass die Mitleser sich Textzeilen im Buch markieren und Randbemerkungen schreiben.


    Ich habe noch nie das Bedürfnis gehabt, so etwas zu tun, würde aber gerne mal den Hintergrund erfahren.


    Lest ihr die Bücher danach noch mal öfter und erfreut euch an den eigenen Bemerkungen zu den Texten? Und markiert ihr Textzeilen, die euch besonders berührt oder betroffen gemacht haben und die ihr euch gerne in Erinnerung behalten möchtet oder noch mal zum schnellen nachblättern und -lesen?


    Ich lese nun übrigens in meinem eigenen Lesetempo das Buch weiter. Das geht mir hier etwas zu schleppend vorwärts. Werde aber auch weiter meine Kommentare zu den einzelnen Päckchen hier kundtun.


    Die Ruhrmaus

  • Eine Concierge Mitte 50, die ihr Leben lang darum bemüht war, allen Anforderungen an gängige Klischees zu erfüllen, einen Mangel an Intelligenz inklusive. In Wahrheit durchschaut sie ihre Umwelt und hat, wie sie selbst sagt, sich autodidaktisch all die Dinge selbst angeeignet mit denen ihr die meisten nicht das Wasser reichen können.


    Eine hochintelligente 12jährige, die sich anstrengt nicht über dem Durchschnitt herauszuragen, weil sie es vermeiden will, in die Tretmühle der Erwachsenen mit ihren vorgezeichneten Lebenswegen zu geraten. Um dem die Krone aufzusetzen beschließt sie, sich zu ihrem 13. Geburtstag das Leben zu nehmen!


    Beide Charaktere hochintelligent mit unterschiedliche Motiven, dies vor ihrer Umgebung zu verstecken. Man empfindet bei beiden eine gewisse Lebensmüdigkeit.


    Auch wenn ich den Wortwitz spüre, stören mich die hochtrabenden Begriffe ein wenig, vor allem die Betrachtungsweisen der 12jährigen verwirren mich etwas. Aber ich bin auch nur normal intelligent.


    Zitat

    von Liesbett
    Auch ihre Gedanken über den Tod regen mich zum Nachdenken darüber nach. Stirbt man, um nicht zu leiden?


    Viele Menschen, die Leiden, würden sich das auf jedenfall wünschen!


    Zitat

    von Liesbett
    Schade finde ich, dass Renee so auf ihre Hässlichkeit besteht, aber gerade darin besteht wohl auch ein Reiz des Buches: man blickt hinter ihre Fassade, ob sie nun will oder nicht.


    Aber nur den Leser! Um ihre Umgebung zu täuschen ist eine gewisse Unattraktivität sicherlich von Vorteil!


    Ruhrmaus


    Es ist immer richtig und für mich wichtig im eigenen Tempo zu lesen! Leserunden sind Hobby und sollten nicht in Stress ausarten.
    Notizen sind egal in welcher Form dabei immer hilfreich. Aber probieren muss man das selbst!


  • Markieren und Anmerkungen gibt es bei mir nur bei Bücher, die mir etwas besonderes gebenL; und dann meist auch erst beim zweiten Mal lesen.
    Spannend wird es bei 3. Mal, ob ich noch genauso empfinde. Mein bestes Beispiel ist Stanislaw Lems "Solaris". Habe ich schon mindestens 5 x gelesen und es jedesmal ganz anders wahrgenommen.


    Dieses Buch lese ich bewußt langsamer als meine üblichen Krimi/Thriller.
    Ich halte es damit wie bei einem guten Rotwein - täglich ein Glas in Ruhe und bewußt genießen, dieses Buch hat es bisher verdient


    meint Dyke


    Edit: Schreibsvelärs

    "Sie lesen?"
    "Seit der Grundschule, aber nur, wenn's keiner sieht."


    Geoffrey Wigham in "London Calling" von Finn Tomson

    Dieser Beitrag wurde bereits 1 Mal editiert, zuletzt von dyke ()

  • Ruhrmaus
    Ich markiere nur in meinen Leserundenbüchern, und nur, was mir auffällt. Mal eine besonders bemerkenswerte Stelle oder ein Gedanke, den ich weiter verfolgen möchte. Bisher habe ich erst ein Buch ein zweites Mal gelesen und allein die Überlegung, warum ich jetzt dies angestrichen habe war es wert. Ich finde es schön, nach Jahren nachvollziehen zu können, was ich als junge Leserin mal bemerkenswert fand. Man ändert sich, seine Beobachtungen und Wertungen.


    Zum Lesetempo: ich lese recht unterschiedlich, poste aber gerne nacheinander, jeden Tag ein Stückchen.


    Joschi
    Ja, ich denke auch, dass sich einige Menschen das Leiden abkürzen mögen. Aber generell? Leidet man denn, wenn man altert? Stirbt man denn gerne, wenn man noch so viel vor sich hat? Ein komplexes Thema.
    Und zum täuschen: Ich denke, sie täuscht nicht jeden, nur jene, die es wert sind, getäuscht zu werden, die Einwohner also, nicht die Reinigungsdame.

  • Zitat

    von Liesbett
    Ja, ich denke auch, dass sich einige Menschen das Leiden abkürzen mögen. Aber generell? Leidet man denn, wenn man altert? Stirbt man denn gerne, wenn man noch so viel vor sich hat?


    Das Ganze nur auf körperliche Gebrechen zu beziehen, ich glaube da würden wir es uns zu einfach machen (Auch wenn ich es oben so gemeint habe!). Paloma scheint vorallem unter der ignoranten und scheinbar vorbestimmten Welt der Erwachsenen zu leiden. Sie will nicht Teil dieses Systems werden und deshalb diesem "Leiden" vorzeitig ein Ende bereiten.


    Zitat

    Ich denke, sie täuscht nicht jeden, nur jene, die es wert sind, getäuscht zu werden, die Einwohner also, nicht die Reinigungsdame.


    Lässt sie denn die Reinigungsdame an ihren intellektuellen Gedanken teilhaben? Würde diese sie verstehen? (Fürchte hier kommen meine geheimen Vorurteile durch.) Bisher habe ich es so verstanden, das ihr Ehemann der Einzige war, der wußte, dass er eine kluge Frau vor sich hat.

  • dyke
    In diesem Buch gefallen mir auch einige Passagen so gut, dass ich in Versuchung gerate, sie mir zu markieren und meine Gedanken dazu zu notieren. Nach Beendigung des Buches, es an die Seite legen und in ein paar Jahren noch einmal zur Hand nehmen und dann vielleicht mit einer ganz anderen Sichtweise noch einmal lesen, mit den dazugehörigen eigenen Gedanken von früher. Das könnte ich mir bei diesem Buch sehr gut vorstellen. In meinem Alter denkt man vielleicht auch schon mehr über den Tod nach, als in jungen Jahren. Für die jungen Leser, sind vielleicht andere Situationen in diesem Buch, besser und/oder schöner.
    Die einzelnen Kapitel kann man in diesem Buch nicht im Schweinsgalopp hinter sich bringen. Der Vergleich mit dem Glas Rotwein ist sehr treffend.


    Liesbett
    Es gibt einige, wenige Bücher die ich zwei Mal lese und gelesen habe. Ansonsten ist mein SUB groß genug, dass ich eine Auswahl aus den verschiedenen Themen wählen kann, gerade nach Lust und Laune. Es gibt einfach zu viele schöne neue Bücher jedes Jahr und nun steht auch schon wieder die Frankfurter Buchmesse vor der Tür....
    Ganz zu schweigen, von den Autoren, die ich persönlich kenne und deren Bücher ich lesen muss, egal, ob ich will oder nicht. :-)


    Joschi
    Die unterschiedlichen Schrifttypen stören mich nicht weiter, sind aber aufgefallen und im laufe des Buches wird auch das vielleicht noch aufgeklärt werden, warum es so ist.



    Die Ruhrmaus

  • Tatsächlich, unterschiedliche Schrifttypen. Ist mir glatt entgangen. :wow


    Joschi
    Das mit dem Teil des Systems bringt mich zum lächeln, weil ich mich immer frage, was genau dieses System ist. Mir kommt die hiesige Gesellschaft halbwegs vielseitig und doch relativ offen vor, dass ich es als vergleichsweise leicht empfinde, meinen eigenen Weg zu finden. Ich habe allerdings ein aufgeschlossenes Umfeld, dass sich selbst mehrmals neu orientiert hat. Vielleicht ist das in Paris anders. Bei Paloma kann ich mir durchaus vorstellen, dass sie sich in dem starren und vielleicht falschen Verhältnissen ihres Elternhauses gefangen fühlt, dass sie den Selbstmord als einzigen Ausweg sieht ist natürlich schade. Weitere Gedanken hierzu kann ich leider nicht äußern, ich würde dem Buch vorgreifen. (Gott, wie hochgestochen formuliert).


    Und zur Reinigungsdame: ich glaube ehrlich, dass allein die Teezeremonie eine gewisse Intellektualität ausstrahlt und dass es in solchen Momenten sehr sehr schwer ist, das Bild einer simplen Dame aufrecht zu erhalten, weil ich, und das ist bestimmt ein Vorurteil, Teestunden immer nur halbwechs intellektuellen Menschen zutraue. Manuela mag nicht viel lesen, darüber steht nichts im Buch, aber mir scheint sie eine kluge Dame zu sein. Ich habe die entsprechenden Abschnitte immer so aufgefasst, dass die beiden Frauen das Geheimnis von Renee teilen und hüten. Und ich bin der Auffassung, dass Renee solch intensive Freundschaften nur mit Menschen von ähnlichem Niveau pflegt, über ihren Mann hat sie stets mit Zuneigung, aber nie mit Ehrfurcht berichtet. Bei Manuela ist das anders, zumindest habe ich es so empfunden.


    Ruhrmaus
    Ich habe natürlich nicht erst ein Buch ein zweites Mal gelesen, wie ich oben missverständlich schrieb, das bezog sich nur auf die Leserundenbücher. Und nach einiger Überlegung sind es sogar schon zwei. Ansonsten habe ich einen halsstarrigen SUB voller Bücher, die nie so recht zu meinen Stimmungen passen wollen, so dass ich gezwungen bin, mir ständig neue zulegen zu müssen. Die Buchmesse ist kein Stolperstein in dieser Hinsicht, ich schaffe es nie, mir dort neue Wünsche anzueignen, weit verheerender sind Buchkataloge und persönliche Empfehlungen.

  • Zitat

    Original von Joschi
    Wie empfindet ihr eigentlich die unterschiedlichen Schrifttypen, mit der die Protagonistinnen visuell unterschieden werden?



    nachdem das buch an sich ja nicht "so einfach" zu lesen und zu verstehen ist, finde ich dies gut. so weiß man hier gleich, wo man sich befindet.



    generell zu den protagonisten:
    paloma macht mir absolut freude, auch wenn sie vorhat sich umzubringen :gruebel
    wahnsinnig intelligent, absolut authentisch und ehrlich - dazu noch stark (zumindest ganz tief drin, glaub ich...)


    renee ist für mich irgendwie auch eine paloma, nur eben schon älter.


    wahnsinnig, wie renee das klischee erhält und was sie dafür tut - heißt "hut ab" vor den leistungen von muriel barbery. diese vielen kleinen feinheiten so einzufangen - echt grosses kino.



    schreibstil:
    absolut subtil, genial, wahnsinn .... mehr kann ich nicht sagen. es ist anfangs etwas schwierig, flüssig zu lesen. aber das hat sich bei mir schnell gegeben.
    bereits jetzt muss ich sagen:
    dieser schreibstil ist absolut genial und stielt allen anderen echt die show....wie man so subtil und leise doch soviel emotion bringen kann ist echt genial.

    Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist.
    :lesend
    Joseph Addison (1672-1719)

  • mal was ganz anderes:


    was sagt ihr eigentlich zum cover-motiv?


    meine meinung:
    farben und die welt die dadurch aufgebaut wird ist super, aber ich habe echt ein problem die katze in verbindung mit dem titel des buches zu bekommen.


    ich finde dies echt nicht gelungen .... sorry.


    oder verstehe ich hier etwas nicht :gruebel

    Lesen ist für den Geist das, was Gymnastik für den Körper ist.
    :lesend
    Joseph Addison (1672-1719)

  • Ich bin nicht wirklich Mitglied der Leserunde, aber ich hab das Buch auch gelesen und rezensiert, deshalb trau ich mich:


    Bin mir nicht sicher, ob man in das Cover so viel hineingeheimnissen soll. Es ist ungewöhnlich, plakativ, auffallend ... und Katzen kommen in dem Buch vor, es ist also nicht ganz daneben.


    Will man partout was hineingeheimnissen, könnte man sich vorstellen, dass das Motiv den Balaceakt symbolisiert, den die beiden hochintelligenten Damen Tag für Tag in der Kommunikation mit ihren Mitmenschen vollbringen: die richtige Portion Intelligenz zu zeigen um a) glaubhaft zu sein b) von der Konversation wengistens ein bisschen etwas zu haben und c) ihre Hochbegabung nicht zu verraten um keinen Ärger zu kriegen.


    Aber bei der Covergestaltung denkt man selten um drei Ecken. Es gibt gestalterische Kriterien, die zu erfüllen sind und ein gewisses Bauchgefühl. Wenn die bei dtv radikal anders arbeiten als die Verlage, für die ich in den vergangenen 25 Jahren gearbeitet habe, dann nehme ich diese Behauptung mit dem Ausdruck tiefster Zerknirschung wieder zurück.

    Und was die Autofahrer denken,
    das würd’ die Marder furchtbar kränken.
    Ingo Baumgartner

  • Hallo. :wave
    Ich muss zugeben ein wenig genervt bin ich bereits von Anfang an von den Gestalten, die sich in dem Buch tummeln.
    Alle scheinen irgendwie so sehr in ihrer Arroganz und Überheblichkeit gefangen zu sein und daher schaffen sie es nicht eine wirkliche Verbindung zur Außenwelt herzustellen? Fast alles spielt sich allein in ihrem Kopf ab.
    Natürlich kann es ja sein, dass es jedem so geht, da man die Wirklichkeit nur aus seinem Kopf heraus erschafft. keine Ahnung habe von Philosachen keinen Plan :rolleyes
    Trotzdem sind mir beide Erzähler sympathisch :-)
    Vielleicht auch weil sie so viel von sich preisgeben und auch damit offenbaren wie unglücklich sie eigentlich in ihrem Käfig sind?
    Ich weiß nicht.
    Das Buch zu lesen macht mir schon sehr viel Spass, allerdings bekomme ich dabei auch immer ein Gefühl der Enge. ;-(
    all diese selbstaufgezwungene Disziplin und die ständige Habachtstellung,um sich bloss nicht zu verraten und bloss niemanden hinter die Fassade schauen zu lassen.
    Kann man vielleicht bei jedem Menschen feststellen, nur dass nicht viele sich dann so viele Gedanken darum machen?
    Oder fällt es mir hier nur auf, weil ich die Gründe nicht so recht nachvollziehen kann.

  • Im Gegensatz zu dir, Josh, kamen mir die Erzählerinnen kein bisschen arrogant oder überheblich vor, gerade weil sie ihre Intelligenz nicht als etwas Selbstverständliches sehen sondern mehr oder weniger an ihr leiden und sich fehl am Platze fühlen. Und gerade da wird es für mich interessant, was denken, fühlen und meinen Leute hinter den verschlossenen Zungen. Wo, wenn nicht sich selbst gegenüber, kann man seine Beobachtungen ehrlich darstellen, sich mal über die Schwächen und vor allem Borniertheiten der weniger überlegenden Mitbürger äußern? Ich lese es mit einer gewissen Schadenfreude.


    Ich bin eigentlich recht froh, das jemand anderes die Beschränktheit der Menschen thematisiert. Da setzt sich doch jemand freiwillig für andere halbwechs intelligente Menschen in die Nesseln. Jemanden seine geistige Überlegenheit vorzuwerfen fällt mir deshalb nicht ein. Ich bin persönlich der Meinung, dass nur wenige Mensch gezwungen sind dumm zu bleiben. Zu lernen und sich zu informieren steht jedem frei.


    Ob sich jeder Mensch soviele Gedanken macht kann ich auch nicht feststellen. Ich beobachte nur an mir selbst manchmal die seltsamsten Gedanken zu den seltsamsten Dingen. Nur liegt es mir nicht, dies mittzuteilen oder sogar aufzuschreiben. Schade eigentlich.
    Wenn sich deine Frage allerdings auf das Verbergen des Fassadeninneren bezieht kann ich das eigentlich nur bejahen. Viel zu viele Menschen denken viel zu viel daran, wie das, was sie tun, bei anderen ankommt und oder wie sie sich verhalten müssen, um anderer Leute vermeintliche Erwartungen zu erfüllen. Leider vergessen sie darüber oft so zu sein, wie sie sind. Ich schätze jeden wirklich selbstbewussten Menschen hoch. Vor allem, wenn sie sympathisch sind.

  • Hallo, ihr Lieben! :wave
    Ich bin mit dem ersten Abschnitt noch nicht durch, habe auch die Beiträge unserer Vorgänger noch nicht gelesen, möchte aber meine ersten Eindrücke kurz posten, damit ich nichts vergesse.


    Mir fällt es schwer, mich in das Buch fallen zu lassen. Ich bin jetzt auf Seite 43 und ich habe Renée kennengelernt, die in einem Nobel-Wohnhaus als Concierge arbeitet. So wie ich es verstanden habe, ist sie eine heimliche Intellektuelle, die die Hausmeisterin spielt, sonst aber lieber gehobene Literatur liebt.
    Und auf der anderen Seite ein Mädchen (Ist schon gesagt worden, wie sie heißt?), das am 16. Juni Selbstmord begehen will, indem sie die Wohnung in Brand steckt.


    Ich stolpere ständig über Wörter, die ich nicht kenne und die ich nachschlagen musste. Das stört mich im Moment ein wenig. Auch, dass die alte Rechtschreibung benutzt wird, finde ich nicht gut.
    Liste der nachgeschlagenen Wörter:
    S.14: klandestines Leben: heimliches Leben
    Molluskenhirne: Mollusken sind Weichtiere (Muscheln, Schnecken etc.)
    S.20: Basho, hierzu der klick
    S.28: Oligarch: jemand, der mit wenigen anderen zusammen eine Herrschaft ausübt
    S.29: harangieren: über jemanden eine langweilige, überflüssige Rede halten
    Virilität: die männliche [Zeugungs]Kraft, Mannbarkeit ( :unschuld Oh, das Wort habe ich bis jetzt nicht gekannt)
    S.31: ostentativ: zur Schau gestellt
    Inkunabel: Wiegendruck, Frühdruck, Druckerzeugnis aus der Frühzeit des Buchdrucks
    S.41: Pelerine: weiter, einem Cape ähnlicher Regenumhang
    perzeptiver Mechanismus: das sinnliche Wahrnehmen als erste Stufe der Erkenntnis; Reizaufnahme durch Sinneszellen
    [Quelle: Duden-Fremdwörterlexikon]


    Jetzt nehme ich das Lexikon gleich mit zum Lese-Sessel und lese weiter.

    Die eigentliche Geschichte aber bleibt unerzählt, denn ihre wahre Sprache könnte nur die Sprachlosigkeit sein. Natascha Wodin