Echt zauberhaft/Interesting Times - Terry Pratchett

  • Soll ich jetzt schockiert sein? Ich hab tatsächlich vergessen das zweitbeste - wenn nicht das beste Rincewind-Buch der Scheibenwelt vorzustellen, und ich finde nicht, dass es hier jemand anderer getan hätte, oder ich erkenne seinen deutschen Titel nicht wieder? :gruebel


    'Mögest du in interessanten Zeiten leben!' ist ein chinesischer Fluch und somit ist Interesting Times der Titel dieses Buches.


    [SIZE=7]wer daraus Echt Zauberhaft gemacht hat, gehört erschlagen[/SIZE] :schlaeger


    Und tatsächlich verschlägt es unseren unglücklichen, stets flüchtenden Zauberer Rincewind in das Scheibenwelt-äquivalent des chinesischen Kaiserreiches, das Agatean Empire, auf diplomatischer Mission.
    Ghenghiz Cohen der Barbar und seine Graue Horde greiser Krieger wollen sich einen Alterssitz erobern, und haben dazu das Agatean Empire erwählt...
    Und dessen nicht genug: ein revolutionäres Manifest 'What I did on My Holidays' kursiert und inspiriert die armen und geknechteten Massen - Rincewind's alter bekannter Twoflower/Zweiblum wird doch nicht etwa...
    Der ärmste Rince findet sich auf Befehl Vetinaris zwischen allen Fronten wieder und wie üblich rasch wieder mit dem Leben bedroht und - wenig überraschend - auf der Flucht.
    Lady Luck/Fortuna, die inzwischen mit ihrem Bauern Rincewind gegen die anderen Götter Schach spielt, hat glücklicherweise leicht veränderte Regeln...



    Obwohl nicht grad ein grosser Freund der Rincewind-Bücher hab ich auch dieses Buch gelesen, weil ich den Autor sehr schätze.
    Die Revolte hab ich zwar nicht ganz durchblickt, und auch nicht, was da an einem Reisebericht so revolutionär sein könnte, aber die Vertreter einer abgeschotteten Regierung sehen das vielleicht anders... wahrscheinlich, weil ich mich nicht mehr so richtig daran erinnern kann; vielleicht sollte ich es nochmal lesen, die Lektüre ist schon eine Dekade her.
    Die spielenden Götter und der Sturm der greisen Barbaren hat mich sehr gut unterhalten, und bleiben auf jeden Fall im Gedächtnis haften. :-]



    Terry Pratchett, der zunächst für eine Elektrizitätsfirma arbeitete, ehe er zum hauptberuflichen Schreiben wechselte, ist einer der meisstgelesensten englischen Fantasy-Autoren und wer britischen Humor zu schätzen weiss, ist mit seinen Büchern und den irrwitzigen und manchmal sehr tiefsinnigen Gedankenflügen gut aufgehoben...

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Ich find ihn richtig nett: der Roman ist mein Lieblings-Rince
    - mal abgesehen von seiner Rolle als Rundwelt-Hüter


    ;-) dass der alte Mann mit dem grauem Bart, der gelegentlich auf uns runter schaut und wegen uns bittere Tränen vergießt Rince ist, der zu u-universitären und irdisch-göttlichen Ehren aufsteigt... wie wunderbar... nur ist es in diesem Fall völlig deplaziert, ihn anzubeten... einen Ratlosen um Rat, einen Hilflosen um Hilfe, einen Chaoten um Ordnung... ;-)

    DC :lesend


    Heinrich August Winkler: Geschichte des Westens I


    ...Darum Wandrer zieh doch weiter, denn Verwesung stimmt nicht heiter.
    (Grabinschrift F. Sauter )

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  • Wann habe ich den letzten Rincewind-Roman gelesen? Das ist schon etwas her. Zwar bin ich mitten in meinem Projekt die Scheibenwelt von Band 1 an zu lesen, aber lese immer nur ein paar im Jahr, und zwischen Band 9 und 17 sind dann ein paar Jahre. Und die Rincewind-Bücher haben immer einen eigenen Sound, der nicht so ganz meiner ist. Daher hatte ich am Anfang meine Probleme, fand es zu Klischee-überladen und teilweise plump. Aber auch am Anfang waren bereits brillante Sätze dabei.


    Aber, entweder hat es sich gelegt und es wurde, genau wie das Thema ernster, oder ich war einfach wieder im Sound drin, denn das Gefühl hat sich gelegt. Nach Abschluss des Buches bin ich sehr versöhnt und finde es den bisher stärksten Rincewind-Band, was aber auch einfach daran liegen kann, dass ich die anderen nur noch grob im Kopf habe. Darauf sollte man also nicht zu viel geben. Mir fallen aber direkt andere Scheibenwelt-Romane ein, die mir besser gefallen haben.


    Wir haben zwei Hauptstränge, Rincewind, der in das Königreich Agatean telefportiert wird durch die Unseen University, und dort die Rebellen unterstützen soll. Und Cohen, der mit seiner Gruppe greiser Barbaren samt Lehrer, der neue Herausforderungen sucht, den letzten großen Coup versucht. Beides ist dabei natürlich verwoben, und wie wir es in der Scheibenwelt kennen, interagieren die Figuren, die sich sowieso schon kennen. Das macht Spaß. Aber es wird auch ernst, es geht um Macht, es geht um Verantwortung der Mächtigen, es wird kritisch hinterfragt, ob eine Rebellion wirklich bessere Lebensbedingungen für das Volk im Sinn hat, oder nur selber an die Macht möchte. Damit brilliert Pratchett, und zwischendurch wollte ich lachen, aber konnte es nicht. Denn was er als Pointe nutzt, ist nicht zum Lachen. Kritik in dieser Form, das schafft auch Pratchett nicht allzu oft. Vielleicht sollte das Buch doch etwas weiter oben einsortieren.

  • 'Mögest du in interessanten Zeiten leben!' ist ein chinesischer Fluch und somit ist Interesting Times der Titel dieses Buches.


    [SIZE=7]wer daraus Echt Zauberhaft gemacht hat, gehört erschlagen[/SIZE] :schlaeger

    Da stimme ich die zu 100% zu! Bei den Scheibenweltromanen und ihren deutschen Titeln frage ich mich schon manchmal, was die Verlage da geritten hat. Aber das hier ist glaube ich die schlimmste Entscheidung, denn Interesting Times hat so einen starken inhaltlichen Bezug!

    Davon ab finde ich die deutsche Kurzbeschreibung schrecklich, die verrät das letzte Drittel. Und auch wenn sich das anbahnt, das muss nicht sein. Das ist im englischen auch so viel besser, ich bekomme eine Idee über das Buch, aber werde nur neugierig gemacht.

  • Bei den Scheibenweltromanen und ihren deutschen Titeln frage ich mich schon manchmal, was die Verlage da geritten hat.

    Die Scheibenweltromane haben sich quasi von selbst verkauft, die Titel waren dem Verlag egal, und das Publikum letztlich auch. Man hat Pratchett und Pratchetts Langzeitwirkung da auch noch völlig falsch eingeschätzt, und in den Achtzigern, als seine ersten Romane erschienen sind, galt "satirische Fantasy" (niemand hat das damals so bezeichnet) noch als Schmuddelzeug, genoss einen sogar schlechteren Ruf als SF oder Graphic Novels. Es war Lustigliteratur für Sonderlinge (von denen es verblüffend viele gab). Ausstattung und Titelei verdienten deshalb keine besondere Mühe. Und besonders ambitioniert verhielt man sich damals in diesem Bereich sowieso noch nicht. Nicht nur Pratchetts Bücher haben in den Achtzigern und Neunzigern sonderbare deutsche Titel bekommen. Hin und wieder geschieht das heute noch, obwohl die Verlage das über alle Genres hinweg inzwischen ernster nehmen. Und Bücher grundsätzlich auch viel besser ausstatten als damals.


    Edit: Titel und Covergestaltung hatten ja lange Zeit etwas sehr Kindisches. Möglicherweise hat man das im Verlag seinerzeit auch so gesehen.