'Der Himmel aus Bronze' - Seiten 364 - Ende

  • Zitat

    Original von Bouquineur
    Viola, ich glaube genau diese Andersartigkeit macht gerade den Realisten unter uns Schwierigkeiten. Dinge mit anderen Augen zu sehen und einfach anzunehmen ist nicht so leicht, wenn man eben gewohnt ist, absolut zu denken, für alles Antworten und Erklärungen haben zu wollen.


    Ich schätze das trifft es. Noch dazu würde ich ergänzen, dass man in einem historischen Roman Antworten erwartet die nach unserer eigenen Einschätzung "realistisch" sind. Wenn Dir heute jemand erzählt, er wäre durch eine Trance geheilt worden, wird der im Normalfall folgendes ernten: :pille. Sich von dieser Sichtweise zu lösen und das im Roman einfach als gegeben hinzunehmen ist schon ziemlich schwierig (zumindest war es das für mich, aber letzten Endes hat es doch ganz gut geklappt).

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Zitat

    Original von Paradise Lost
    Wenn Dir heute jemand erzählt, er wäre durch eine Trance geheilt worden, wird der im Normalfall folgendes ernten: :pille.


    Aber mitnichten. Gerade die Heilung psychischer Probleme und Blockaden (hier das Nicht- Sehen) in Trance ist doch Standardtherapie- auch wenn du diese Therapieform Hypnosetherapie nennen würdest.

  • @beo
    Ich stehe Dingen wie Hypnose eher skeptisch gegenüber. Vielleicht hilft es bei psychischen und psychosomatischen Erkrankungen, dazu kenne ich mich in dem Bereich zu wenig aus. Trotzdem würde ich auch das schon in einer Grauzone sehen. Nicht jeder glaubt, dass das wirklich funktioniert. Und das ist es auch, worauf ich hinaus wollte. Wenn man sowas in seiner Weltanschauung nicht einordnen kann, fällt es einem eben auch schwer, das in einem Buch als Realität zu akzeptieren, das nicht im Bereich Fantasy/Mystery oder ähnliches angesiedelt ist. Diese "Barriere" muss vom Leser erst einmal überwunden werden.

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

  • Irgendwann- und vermutlich gerade in der Zeit in der wir uns hier befinden, haben sich alle Erfahrungswissenschaften wie Akupunktur, Wasserkur (heute Kneipp) Kräuterkunde und Schamanismus schließich entwickelt und nur weil wir mit unserer heutigen Erkenntnis immer noch nicht wissen warum das funktioniert, wird die dumme Kuh (die mit vier Beinen und vier Zitzen) von homöopatischer Medizin doch wirklich gesund.

  • Zitat

    Original von beowulf
    Irgendwann- und vermutlich gerade in der Zeit in der wir uns hier befinden, haben sich alle Erfahrungswissenschaften wie Akupunktur, Wasserkur (heute Kneipp) Kräuterkunde und Schamanismus schließich entwickelt und nur weil wir mit unserer heutigen Erkenntnis immer noch nicht wissen warum das funktioniert, wird die dumme Kuh (die mit vier Beinen und vier Zitzen) von homöopatischer Medizin doch wirklich gesund.


    Mein wissenschaftlich orientierter Bekannter würde Dir jetzt schreiben, dass die Kuh nicht aufgrund des homöopathischen Mittels gesund wird sondern durch die damit erhöhte Zuwendung, die sie erhält. Man könne niemanden mit etwas heilen, von dem aufgrund der extremen Verdünnung noch nicht mal mehr ein Atom enthalten ist.


    Ich habe es übrigens aufgegeben, mit ihm über dieses Thema zu diskutieren, weil ich - zumindest in manchen Fällen - der Meinung bin, dass nicht alle Dinge zwischen Himmel und Erde rational erklärbar sind.

  • *ApothekermodusAN*


    Wer heilt, hat Recht, egal wie er das macht, selbst, wenn er ein Stückchen Zucker in den Bodensee wirft, das auf Globuli aufsprüht und der Kuh zu fressen gibt - wenn die Kuh gesund wird, ist es doch egal, ob nun durch Zuwendung oder etwas, was für den heutigen, rationalen Menschen nicht nachweisbar ist.


    *ApothekermodusOFF*

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • An Homöopathie scheiden sich wohl die Geister :lache


    Nein, nicht aus Liebe, Beo, sondern wei die Kuh vermutlich zusätzlich eine Portion Streicheleinheiten und Betüddelung bekommt und das die kuheigenen Kräfte mobilisiert *g*


    Wie gesagt, ich bin da nicht seiner Meinung.

  • Aber ist Homöopathie deswegen Fantasy? Ist Akupunktur Hokus- Pokus? Ist das Einatmen von Kräuterdüften, das in Extase/Trance bringen durch Sauerstoffentzug oder eben durch Atemtechniken und damit körperliche Reaktionen auslösen unwissenschaftlicher Blödsinn?

  • Wie sind wir jetzt noch mal genau auf die Kühe gekommen?
    Ich werde immer etwas nervös, wenn sich jemand als Realist oder Rationalist bezeichnet. Was genau bedeutet das? Dass ich mich, wenn es in einem dunklen Keller hinter mir "Huuuu" macht, nicht erschrecke, weil ich schnell überdenke, dass es Geister nicht gibt und die Wahrscheinlichkeit eines Angriffsverbrechens sehr gering ist?
    Ein Realist, könnte man sagen, glaubt nur, was er sieht. Was ist dann mit allen Gefühlen: gut, schlecht, gleichgültig - die sind nicht sichtbar, aber trotzdem real.
    Und die Rationalisten? Sind in der Lage alle/ einen Großteil der Ereignisse mit der Ratio zu begreifen.
    Hohoho ( Musketiergelächter), das würde ich gern mal sehen.
    Ich will gar nicht über Globuli oder Self-healing reden, da habe ich nicht die Sachkenntnis, aber es ist mir sehr wohl klar, dass alle Wahrnehmungen menschlichen Lebens der Autosuggestion unterworfen sind.
    Weswegen ist etwas, das ich noch nicht selbst erfahren habe, abzuwerten als irreal? Sind nur Erfahrungen real, die ich selbst gemacht habe?
    Ich bleibe sehr überzeugt dabei, dass spirituelle Erfahrungen keine Fantasy sind.
    Und gegen die Eso-Ecke wehre ich mich.
    Da gehöre ich nun wirklich nicht hin.
    schamanismus, Archäoschamanismus, genau genommen, ist sicher ein Thema des Buches, aber ich glaube nicht, dass man unbedingt entsprechende Vorbildung braucht.
    Es leben die geliebten Kühe,


    Viola Alvarez

  • Also für meinen Geschmack ist das jetzt auch alles zu kleinlich zerpflückt in glaubhaft, nachvollziehbar oder nicht. Wie Viola schon sagt, mir fehlt hier die Gefühlsebene. Schließlich liegt die Zeit der Geschichte ja schon einige hundert Jährchen zurück und die Geschichte wird natürlich aus der "damaligen Perspektive" erzählt, also nicht mit unserem Wissen um Pacebo-Effekte, Sehschärfenregulierung und Gluboli-Rezepturen.
    Ich habe dieses Buch mit sehr viel Gefühl gelesen - wahrscheinlich, wie ich jetzt merke mit zu wenig hinterfragendem Verstand. Und ich kann überhaupt nichts mit der esotherischen Schiene anfangen. Die würde ich hier wirklich nicht anwenden, allerdings bin ich auch überrascht, dass jede offen gelassene Frage hier zuallererst auf ihren Realitätsgehalt abgeklopft wird und nicht darauf, welche spirituellen Erklärungen es hierfür geben kann. Ich glaube man sollte sich die Möglichkeit für spätere Aha-Erlebnisse nicht ganz verbauen und vielleicht auch einige "Fragen" unbeantwortet lassen - wie es ja im wirklichen Leben auch nicht für alles eine plausible Erklärung gibt und manchmal ist die Vorstellung von einer Möglichkeit viel schöner als die glatten harten Tatschen.
    Mir fällt hier z.B. das Turiner Grabtuch ein. Nicht als direkter Vergleich, sondern als die unwahrscheinliche aber doch irgendwie faszinierende Möglichkeit, die m.E. nicht unbedingt durch immer neue Radiokohlenstoffdatierungen widerlegt werden muss. Die Ungewissheit hat hier doch auch einen Reiz über den klaren Menschenverstand hinaus.

    Hollundergrüße :wave




    :lesend








    (Die Freiheit des Menschen liegt nicht darin, daß er tun kann, was er will, sondern daß er nicht tun muß, was er nicht will - Jean Rousseau)

  • Ich habe den ganzen Nachmittag mit mir gerungen, ob ich hier noch etwas schreiben soll oder nicht. Einen gemeinsamen Nenner werden wir hier nicht mehr finden, denn dafür gehen die Auffassungen und Meinungen wohl zu weit auseinander.


    Ich bezeichne mich auch weiterhin als Realist. Es gibt nur wenige Dinge die ich hinnehme, ohne sie zu hinterfragen und ganz ehrlich - mit der hier so viel zitierten Spiritualität, mit Tranceerfahrungen, Mystizismus o. ä. kann ich nichts anfangen. Wie heißt es so schön - das ist nicht meine Welt. An Erfahrungen, die ich nicht selbst gemacht habe, glaube ich nicht. An Gefühle hingegen glaube ich, denn die kann ich persönlich wahrnehmen und erleben, auch wenn ich sie nicht sehen kann. An andere Bewusstseinsebenen würde ich auch nur glauben, wenn ich sie selber erreicht habe. Solange das nicht der Fall ist, glaube ich auch daran nicht. Ich bin ganz klar Kopf- und nicht Gefühlsgesteuert. Ich war noch nie ein Bauchmensch sondern hab mich zu 99 % immer von meinem Verstand lenken lassen.


    Nun habe ich mich doch wieder für etwas gerechtfertigt, was ich eigentlich nicht rechtfertigen muss: dass ich das Buch durch mein verstandesbetontes Denken und Hinterfragen offenbar nicht so gelesen und aufgefasst habe, wie das von der Autorin erhofft war. Vielleicht war der Anspruch an mich als Leserin einfach zu hoch.

  • "...Nun habe ich mich doch wieder für etwas gerechtfertigt, was ich eigentlich nicht rechtfertigen muss: dass ich das Buch durch mein verstandesbetontes Denken und Hinterfragen offenbar nicht so gelesen und aufgefasst habe, wie das von der Autorin erhofft war. Vielleicht war der Anspruch an mich als Leserin einfach zu hoch."


    Also, ich muss sagen, hier weht wirklich harscher Wind.
    Ich mache doch auch nichts anderes, als zu hinterfragen.
    Wenn es, Bouquineur, Deine Einstellung ist, an Erfahrungen, die Du nicht selbst gemacht hast ( Zitat) nicht zu glauben, dann müssen wir uns sicher missverstehen, denn als Schriftstellerin ist es meine Aufgabe und mein Selbstverständnis, Geschehnisse als Erfahrungen zu schildern, die andere nicht gemacht haben. Das ist, wie ich finde, auch ein wesentlicher Bestandteil des Lesens.
    Was das mit einem zu hohen Anspruch zu tun hat, kann ich nicht nachvollziehen.
    Ich wollte aber Deine Gefühle nicht kränken, sollte ich das getan haben, tut es mir Leid.


    "Ich glaube man sollte sich die Möglichkeit für spätere Aha-Erlebnisse nicht ganz verbauen und vielleicht auch einige "Fragen" unbeantwortet lassen - wie es ja im wirklichen Leben auch nicht für alles eine plausible Erklärung gibt und manchmal ist die Vorstellung von einer Möglichkeit viel schöner als die glatten harten Tatschen."


    Ja, aber manchmal sind Tatsachen auch nur Wunschdenken, oder unvollständige Informationen, Parameter, die aus unserer Weltordnung entspringen, aber anderswo keine Gültigkeit haben.
    Ich finde es einfach wichtig, die Möglichkeit zur Andersartigkeit bestehen zu lassen.
    Mir reicht das jetzt auch erstmal zum Thema.


    Viola Alvarez

  • Jetzt bin ich auch fertig. Ein schönes Ende, das doch genug Informationen gibt, um den ersten Band abrundend zu schließen, genug Fragen und Möglichkeiten für künftige Bände läßt und dennoch kein zu gemeiner Cliffhanger ist.


    Für mich ist die Entscheidung von Hayso nachvollziehbar. Die Behauptungen vom Meister fallen bei ihm auf fruchtbaren Boden, weil sie jene Punkte betreffen, in denen er selbst immer wieder gezweifelt hat. Und sicher haben ihn die Erfahrungen seitdem er geschickt wurde, um das Wasser zu holen, reifen lassen und ihm viele neue Erkenntnisse gebracht, aber es ist in einem Entwicklungsprozeß.


    Ich hatte den Eindruck, dass er sehrwohl auch starkt vom Meister beeinflußt worden war, dass darin aber auch ein Funken seiner unkonventionellen Entscheidungen liegt, die ihm bereits mehrmals aus schwierigen Situationen geholfen hatten.


    Das Hayso nicht völlig dem Bann des Meisters erlag, sieht man mE daran, dass ihn die Opferzeremonie nicht los läßt und er sich nicht mit der Begründung des Meisters zufrieden gibt.


    Für den Meister könnte es auch gefährlich werden, immerhin sterben immer alle, wenn sie ihre Fähigkeiten Hayso beigebracht haben. Wird das auch für den Meister gelten? Oder will der Meister Hayso in Wirklichkeit gar nix beibringen und ist insofern geschützt?


    Der Tod von Kuras kam unerwartet. Für mich bleibt Kuras geheimnisumwittert. Seine Motive scheinen oft sichtbar zu sein und dann senkt sich darüber wieder der Nebel der Verwirrung. Was er seit der Trennung von Hayso nach dem Tod Wyschtos genau gemacht hat und auch, wie es konkret zu seinem Tod kam, bleibt noch im Dunkeln.
    Er hat immer sehr überlegen gewirkt, als würde auch er gemäß einem ihm bekannten größeren Plan handeln. War daher sein Tod vielleicht auch Teil der Prophezeiungen?


    Vielen Dank für die Begleitung der Leserunde. Es war ein großes Vergnügen das Buch zu lesen. :anbet

  • Beim Durchblättern meiner Bücherdatenbank ist mir aufgefallen, dass ich ja dieses Buch (ein Bildband der zu einer 3er-Reihe gehört) noch bei mir stehen habe. Werde das morgen mal genüsslich durchblättern. ^^


    Deutschland in der Bronzezeit - Ernst Probst
    Bauern, Bronzegiesser und Burgherren zwischen Nordsee und Alpen. Das "goldene Zeitalter" der Frühgeschichte in Deutschland, Österreich und der Schweiz.


    Edit:
    Ein sehr interessantes Buch mit dem ich mich, auch im Hinblick auf die beiden noch folgenden Bände des Himmels aus Bronze, noch näher beschäftigen werde. Ich war am Anfang etwas enttäuscht, weil über die Himmelsscheibe von Nebra gar nichts drin stand, hab dann aber entdeckt, dass dieses Buch Ende 1999 herausgegeben wurde und die Scheibe somit einfach noch zu neu war (gefunden Mitte 1999).

    „Furcht führt zu Wut, Wut führt zu Hass. Hass führt zu unsäglichem Leid.“

    - Meister Yoda

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  • Vielen Dank, daß ich diese wunderbare Geschichte lesen durfte. Eine Geschichte, die schlicht und einfach erscheint. Eine Geschichte, die von fernen Zeiten erzählt, mit Riten und mythologischen Elementen gespickt ist, die man einfach nur als spannenden Roman lesen kann, die aber vor allem existentielle Fragen behandelt und transportiert, die sich Menschen auch heute stellen.


    Für mich als Leserin hilfreich war der (ob beabsichtigt oder nicht) scheibenartige Aufbau, beginnend mit der Auseinandersetzung zu Macht, dann im weiteren Vertrauen, Nähe, Fremdheit und Liebe, später Wissen und Glaube verbunden mit der Notwendigkeit sich zu entscheiden, um Gehörtes, Gelerntes und Erfahrenes zu verifizieren, sich selbst zu finden und zu entwickeln - und Hayso ist noch lange nicht am Ende seiner Entwicklung.


    Gerade weil der historische Rahmen und die mythologischen Elemente ermöglichen wesentliche Elemente aus einer kritischen Distanz zu sehen, ist dieser Roman zu einem guten Teil ein hochinteressantes Lehrstück für mich, das ich mir sicherlich nochmal zu Gemüte führen werde.


    Ich freue mich jetzt schon sehr auf die Fortsetzung (genau genommen hätte ich sie am liebsten sofort). Am Sonntag werde ich mich an eine Buchvorstellung machen - auch wenn ich jetzt schon weiß, daß ich dem Gehalt des Romans nicht annähernd gerecht werden kann.


    Übrigens kann ich nicht behaupten, daß außer Hayso alle Figuren im Nebel blieben. Ganz und gar nicht. Dazu sind die meisten viel zu vielschichtig angelegt.