'Der gestohlene Abend' - Kapitel 01 - 19

  • Stand da nicht in der Vita der Autor gehört zu den wenigen international anerkannten Erzählern aus Deutschland- ist das Frusttherapie oder Leserbildung, was uns der Autor da im Dialog mit Theo bietet?


    Überhaupt- starke Sprüche über Literatur, die der Autor da unterbringt:


    Wer etwas ausdrücken will, soll aufs Klo gehen, eigentlich, wenn mir das selbige nicht im Halse stecken bleibe, würde ich da gerne einen rofl Smiley setzen..

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Guten morgen, erst einmal vielen Dank an Wolfram Fleischhauer, dass er sich die Zeit nimmt, mit uns hier über sein Buch zu sprechen. :-]



    Hier ist also der Auftakt, ich konnte es nicht sein lassen und habe heute morgen schon vor dem Frühstück die ersten Kapitel verschlungen und die ersten Bahnen mit dem Hauptprotagonisten gezogen.


    Mir gefällt der Einstieg recht gut, das Kennenlernen des Campus und der Umgebung eines, wie es scheint, recht typischen tristen Amerikanischen Kleinstädtchens.


    Die folgende Enttäuschung Matthias´einer sich anbahnenden Unterforderung in Anfängerkursen, und die positive Entwicklung als er feststellt, dass die schöne Unbekannte aus der Schwimmhalle ebenfalls in einem 100er Kurs sitzt.


    Der Hinweis auf die Tätowierung der Dozentin hat mich sofort interessiert, bahnt sich doch mit der folgenden Einladung die interessante Option an, mehr über ihre Vergangenheit erfahren zu können.


    Gerne hätte ich weitergelesen, aber das werde ich wohl ein wenig verschieben müssen.


    Also werde ich mit den Fragen, warum Matthias Belin so dringed verlassen hat, ob es ihn einfach nach Amerikal zurückgezogen hat, oder er etwas Anderes zurückgelassen hat :gruebel
    Und was es mit diesen mysteriösen 300er Kursen auf sich hat und der verschrobenen Dozentin, die nur nach persönlichem Gusto ihre Studenten zulässt und dabei auch noch von politischer Seite der Uni unterstütz wird...


    ist sie so genial, dass sie sich solche Marotten erlauben kann oder hat das etwas mit dem "Topfgröße" der Stiftung aus LA zu tun??


    Viele Fragen, ich bin sehr gespannt :-]


    edit: ziemlich peinliche RSfehler behoben :cry

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

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  • Als Jurist beschäftige ich mich zwar mit Sprache, nicht aber mit der Analyse von geschriebener Literatur, deshalb hoffe ich, dass der eine oder andere, der Germanistik oder so was studiert hat hier mal einen Satz zu den vom Autor hier (ja was - zitierten, erhobenen, konstruierten ???) Thesen postet.

    Nemo tenetur :gruebel


    Ware Vreundschavt ißt, wen mahn di Schreipfelerdes andereen übersiet :grin


    :lesend  :lesend

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  • Bis jetzt habe ich erst einige Seiten gelesen.


    Titel und Cover sind rätselhaft und was mich bei diesem Roman erwartet, weiss ich auch nicht.
    Das ist eine spannende Ausgangsposition, da viele Romane nach einem gewissen Schema ablaufen, bei dem man schon genau weiss, was man geboten bekommt.


    Die ersten Seiten erinnern mich ein wenig an die Texte von Patrick Roth. Das liegt wahrscheinlich auch daran, dass inhaltliche Vergleiche auf der Hand liegen. Auch bei Patrick Roth ist oft als Protagonist ein nachdenklicher, reflektierender Deutscher in den USA, nahe Los Angeles sowie Filme und Hochschule im Mittelpunkt. Und es gibt immer eine rätselhafte Komponente, die mir nicht alltäglich erscheint.
    Stilistisch enden dann die Vergleiche. Wolfram Fleischhauers Stil ist flüssig zu lesen, weniger sperrig als Patrick Roth.


    Das Thema Filme in der Literatur kann oft sehr spannend sein, ich liebe das. Ich denke da an Paul Austers letztes Werk Mann im Dunkel, in dem die Protagonisten ausführlich anspruchsvolle Filme diskutieren, z.B. Fahrraddiebe von. Vittorio de Sica u.a..


    Auch von Der gestohlene Abend erwarte ich mir einiges vom Thema Film, da laufen dann ganze Assziationsketten im Kopf ab. (Schon allein die Erwähnung der Universität, dessen Architektur für den Film Die Eroberung des Planet der Affen genutzt wurde).


    Edit: Schreibfehler gemindert

  • Zusammen mit Matthias tauche ich hier tief in das Leben an der Universität ein, begegne Ruth Angerston, die ich mir spontan wie die Literaturwissenschaftlerin und Autorin Ruth Klüger vorstelle. Ruth Klüger war 1987 Professorin für Germanistik in Kalifornien!


    Dann sitze ich in den ersten Kursen, sehe einen Ingmar Bergmann-Film (da bekommt man Lust, ihn tatsächlich zu sehen, wie soll ich sonst die Hausaufgaben schaffen). Noch interessanter wird es im Literaturkurs, bei dem ich genauso wie die anderen auf das merkwürdige Gedicht hereinfalle. Grandios!!

  • Matthias hat eigentlich Glück, dass er an dieses College als Gaststudent kam.
    Denn dort gibt es ein wohl einmaliges Institut für Literaturwissenschaft, das recht provokante Thesen vertritt.


    Aber dann ist es zunächst enttäuschend, da der Zutritt für ihn undenkbar erscheint.


    Schön, dass ihm Prof. Barstow den Weg dahin ebnen will. Frage mich nur, warum er das tut. Wenn er Matthias für so intelligent hält, schickt er ihn in ein anderes Institut? Das kenne ich aber etwas anderes (gute Studenten behält man natürlich).


    Bin jetzt gespannt, wie es mit Matthias weitergeht.


    @ Herr Palomar: mit dem Gedicht, das fand ich auch ziemlich genial :-).

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Zitat

    Original von Sigrid2110
    Schön, dass ihm Prof. Barstow den Weg dahin ebnen will. Frage mich nur, warum er das tut. Wenn er Matthias für so intelligent hält, schickt er ihn in ein anderes Institut? Das kenne ich aber etwas anderes (gute Studenten behält man natürlich).


    Vielleicht ist es an einer amerikanischen Universität anders.
    Bei allem Anspruch und Anforderungen ist anscheinend auch eine Lockerheit vorhanden, siehe das schnelle Duzen mit Ruth.
    Das John Bartow ein etwas ungewöhnlicher Prof mit eigenen, unkonventionellen Methoden ist, macht ihn interessant.

  • Guten Tag, Herr Palomar


    eine Professorin wurde ja bereits "enttarnt":Ruth Angerston ist natürlich Ruth Klüger (sie hieß damals noch Angress) nachempfunden, bei der ich ein unvergessliches Kleist-Seminar besucht habe. Aber da komme ich auch schon zu einem Problem, dass sich mir beim Schreiben gestellt hat: der "Fall", um den es geht, hat sich ja tatsächlich ereignet. Nicht genau so, wie ich es schildere, aber natürlich ist der Roman gespickt mit realen Bezügen und Bemerkungen, die damals gefallen sind, als die Bombe hochging. Ich war zufällig dort, als es geschah, und viele Top-Leute aus dem Wissenschaftsbetrieb natürlich auch. Ich stand beim Schreiben vor der schwierigen Entscheidung: nenne ich Ross und Reiter oder fiktionalisiere ich. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Es geht ja nicht um diesen einen Fall, sondern um das Gleichnishafte der Vorgänge. Außerdem wollte ich die Freiheit haben, drei oder vier ähnliche Positionen und Personen in einer zu vereinen oder anderweitig zu verdichten.

  • Hallo Wolfram, danke, dass du die Leserunde begleitest!


    Ruth Klüger hat in ihrem letzten Roman Unterwegs verloren – Ruth Klüger einiges über ihre Zeit als Dozentin in Princton und in Kalifornien geschrieben. Das war ziemlich interessant und bildete die College und Campus-Atmohsphäre gut ab, die ich auch in diesem Roman wieder erkenne. ich halte sie für sehr authentisch.


    Was die hochgegangene Bombe angeht, bin ich absolut ahnungslos und lasse mich jetzt einfach mal durch den Roman treiben, ohne danach zu googeln.

  • Seite 31: Die Studentin Brenda liest den amerikanischen Autor Don DeLillo mit seinem Roman White Noise, 1985 erschienen.
    Ein College-Roman! Zum Zeitpunkt der Handlung dieses Romans also noch ziemlich aktuell, wie ja auch John Barstow erwähnt.


    Ausgerechnet den habe ich nicht gelesen, obwohl ich den Autor wirklich sehr mag und er für dieses Buch sogar den National Book Award gewann.


    Der gewählte Ausschnitt mit der meist fotografiertesten Scheune und Barstows Erläuterungen dazu, sind ziemlich originell. Eine kleine Lehrstunde im Postmodernismus?


    Vor allem DeLillos Romane Unterwelt, Cosmopolis und Körperzeit gefallen mir sehr gut.
    Seinen Roman Americana besitze ich sogar signiert, habe ich mal geschenkt bekommen, persönlich bin ich ihm leider noch nicht begegnet.




    Man braucht nur wenig zum Leben. (Horaz)

  • Seite 71: Im Filmclub läuft Betty Blue nach dem Roman 37,2° am Morgen von Philippe Djian. (Philippe Djian: Betty Blue)


    Djian wurde bei uns im Forum ja auch schon kontrovers diskutiert: Philippe Djian: "Reibereien"


    Erstaunlich, wie leicht gerade mit Filmen ein Zeitbezug hergestellt werden kann.
    Die berühmt-berüchtigte Verfilmung des Regisseurs Jean-Jacques Beineix ist einfach Teil der Achtziger Jahre.. Das Filmplakat mit Beatrice Dalle ist unvergesslich. Es ist auch auf einer Buchausgabe von Diogenes drauf!

  • Den DeLillo Exkurs, der dann in die Kunstheorie Walter Benjamins überging, habe ich atemlos gelesen.
    Erstaunlich was der Autor uns hier quasi en passant vermitteln kann, ohne das man sich belehrt vorkommt, oder schlimmer noch, langweilt.


    Ich habe mich gestern auch schon dabei erwischt, wie ich in meinem Klassikerregal nach meinen Shakespeare Ausgaben geschaut habe und feststellen musste, dass ich leider keine Ausgabe mit Faximile besitze.
    Ich habe das Stolpern Matthias´über die Eintragungen auf der ersten Seite der Sonette mit Spannung verfolgt.


    Überhaupt wird viel vermittelt, abgesehen vom Leben auf dem Campus, das sich im besten Fall zwischen Bibo, Hörsaal und eigenen Räumlichkeiten abspielt, im weniger strebsamen noch auf Partys und in Strandbars.


    Die Szene mit der Party habe ich wie einen Kontrapunkt empfunden, war man doch schnell eingetaucht in die unwirkliche Welt, wo es hauptsächlich darum geht zu trinken, gut auszusehen und von Beruf Sohn zu sein.
    Der Kontrast war, durch die Augen von Matthias betrachtet, sehr extrem, so dass er für mich den Punkt wiedergegben hat, wo sich sein Umfeld in einen wissenschaftlichen- und einen "Ferierkreis" teilt, der von Leuten gebildet wird, die entweder nicht ambitioniert genug sind, oder es aber schlicht nicht nötig haben, Kurse zu besuchen, die ihnen mehr nutzen als die paar Credits, die sie für das Weiterspinnen ihrer Karrieren benötigen.


    Wolfram, Du hat jetzt ja das Vorbild von zumindest einer der Figuren aufgedeckt, was "die Bombe" betrifft, lässt Du mich, ebenso wie Herrn Palomar, zunächst im Dunkeln zurück :gruebel


    Ich hoffe doch sehr, dass im weitern Verlauf Licht ins Dunkel gebracht wird.. :-)

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson

  • Endlich habe ich es auch geschafft mit dem Buch zu beginnen. Da es mein erstes Buch des Autors ist hatte ich keine Ahnung was auf mich zukommen würde. Ich war überrascht wie schnell ich mich auf dem Campus wiederfand und Matthias begleitet habe.
    So konnte ich seine Enttäuschung ( sei es die Kurse welche ihm verweigert wurden oder das Janine bereits vergeben ist ) hautnah miterleben. Da ich erst bei Kap. 10 bin bleibe ich weiter auf Matthias Fersen um zu beoachten was weiter geschieht.
    Für mich noch erwähnenswert ist, dass sich das Buch flüssig lesen läßt und das die kurzen Kapitel mir einen schnellen Wiedereinstieg ermöglichen.

  • Ich stelle mal die Behauptung auf, dass dieses Buch nur geschrieben werden konnte- nein Korrektur- nur veröffentlich werden konnte, weil die Marketingabteilung des Verlages der Meinung ist der Autorenname verkauft das Buch. Ein Buch, das so wenig in irgendeine Schublade passt müsste die Horrorvorstellung jedes Lektoren sein- was nicht in die Schublade passt passt in den Briefumschlag mit dem Rücksendeporto. Darum lobe ich den Mut des Autors so ein Buch zu schreiben und dem Leser diese Zumutung vorzulegen- das es eine Berreicherung und ein Vergnügen ist merkt man ja schliesslich erst wenn man dabei ist es zu lesen...

  • Ich habe den ersten Abschnitt jetzt auch gelesen und mir gefällt die Atmosphäre, die hier heraufbeschworen wird und vor allem die Figuren, die bis jetzt aufgetaucht sind. Neben dem Erzähler finde ich besonders Winfried und Theo spannend, vor allem Theos Ansichten zu Literatur.


    David ist mir suspekt - aber sind das nicht alle Supertypen, die auch noch blendend aussehen? :grin Ich bin gespannt, was der Haken an dem Kerlchen ist...


    Warum weiß ich nicht, aber ich war erstaunt, dass es DeLillos Roman tatsächlich gibt und werde ihn mir bestimmt mal näher ansehen, die Interpretation der Scheunen-Szene fand ich sehr spannend. Leider kenne ich kaum welche der genannten Filme, aber das trübt mein Lesevergnügen kein bisschen.


    Heftig, was in dem "Willkommens-Paket" für Studenten enthalten ist, gesponsort von einer Pharmafirma... Wenn das hierzulande jemand machen würde.... oooooh-oooooh. Zum Uni-Leben in Deutschland gibt es ja so einige Parallelen und auch einige Unterschiede (z.B. Stichwort Dating...). Was mich in dem Zusammenhang brennend interessieren würde: Wolfram, was würdest du aus deiner Erfahrung als größte Unterschiede zwische deutschen und amerikanischen (oder französischen oder spanischen) Unis nennen? Oder ist das Studentenleben überall auf der Welt gleich?

  • Zitat

    Original von beowulf
    Ich stelle mal die Behauptung auf, dass dieses Buch nur geschrieben werden konnte- nein Korrektur- nur veröffentlich werden konnte, weil die Marketingabteilung des Verlages der Meinung ist der Autorenname verkauft das Buch. Ein Buch, das so wenig in irgendeine Schublade passt müsste die Horrorvorstellung jedes Lektoren sein- was nicht in die Schublade passt passt in den Briefumschlag mit dem Rücksendeporto. Darum lobe ich den Mut des Autors so ein Buch zu schreiben und dem Leser diese Zumutung vorzulegen- das es eine Berreicherung und ein Vergnügen ist merkt man ja schliesslich erst wenn man dabei ist es zu lesen...


    Zu diesem Thema könnte ich jetzt einen ganzen Roman schreiben. Habe ich ja eigentlich (siehe Theos Ausführungen zu Literaturbetrieb und Buchmarkt). Es gab etwa ein Dutzend Entwürfe des Schlusskapitels und einer davon trieb genau diesen Aspekt auf die Spitze, was bei meinen Lektoren einen regelrechten Proteststurm ausgelöst hat. Da wäre der Begriff "Zumutung" vielleicht treffend gewesen. Hier finde ich diese Bezeichnung übertrieben. Der Roman ist doch strukturell sehr zahm.
    Gewiss: ich werde sicher nie wieder die Chance bekommen, einen solchen Roman zu schreiben. Und kurzzeitig hatte ich sogar beschlossen, es auch endgültig zu lassen.
    Aber dann las ich Dürrenmatts grandiose Schimpftirade über dieses Thema und sein noch grandioseres Fazit. Man muss das eben sportlich nehmen, als Herausforderung.