Beiträge von Wolfram

    Hallo


    ich wollte die Gelegenheit nutzen und mich noch einmal für die Leserunde bedanken. Es ist ja schon seit geraumer Zeit ziemlich still hier, daher wollte ich mich wenigstens noch einmal offiziell verabschieden. Man freut sich natürlich mehr über Lob als über Tadel, aber vom Tadel lernt man mehr, insofern waren für mich alle Reaktionen interessant und wertvoll.


    Ich wünsche Euch allen geruhsame Feiertage, spannende und stimulierende Bücher unter dem Weihnachtsbaum sowie ein glückliches und gesundes 2012.


    Herzliche Grüsse
    Wolfram Fleischhauer

    Vielen Dank für Eure Beobachtungen, Reaktionen, für Lob und Tadel. Das ist alles sehr interessant für mich.
    Was das nächste Buch betrifft, so habe das ich noch nicht endgültig entschieden und daher leider noch nicht viel sagen. Tut mir leid. Es wird allerdings mit Sicherheit kein Thriller sein und auch keine irgendwie geartete Fortsetzung.

    Bravo! Genau das sollte man eigentlich aus dem Text herauslesen. Georg will Martin dazu zwingen, Farbe zu bekennen und sich nicht mit der Situation zu arrangieren wie er das ja sein ganzes Leben lang gemacht hat. Die beiden Brüder sind jeder auf seine Weise extrem: Martin in seiner Passivität, Georg in seiner Unbeugsamkeit. Daraus resultiert das Drama. Georg beschützt allerdings im Keller nicht in erster Linie Elin (er steht ja hinter ihr) sondern er lenkt Aivars von Martin ab, der dadurch die Gelegenheit bekommt, Aivars auszuschalten. Geplant hat er das nicht (das wäre wohl kaum möglich). Es entsteht einfach die Situation, dass Georgs Tod Martin die Chance auf eine neues Leben gibt - und die ironische Wendung, dass er sich sozusagen in der Haut/Identität seines Bruders wieder findet/versteckt.

    ACHTUNG: SPOILER



    Edit: Spoiler gesetzt. Wolfram , du kannst den Spoiler mit der Maus makieren und dann lesen. LG Wolke :wave

    Die Lesungstermine sind folgende (kommen diese Woche auch noch auf meine Webseite):



    Berlin
    Montag, 10. Oktober – 20:00 Uhr
    Kriminaltheater, Palisadenstrasse 48


    Heidenheim
    Mittwoch, 12. Oktober – 20:00 Uhr
    Buchhandlung Herwig, Hauptstrasse 3


    Heusenstamm
    Donnerstag, 13. Oktober – 20:00 Uhr
    Hinteres Schlösschen, Im Herrengarten 1


    Göppingen
    Montag, 24. Oktober – 20:00 Uhr
    Buchhandlung Herwig, Markstrasse 34


    Aalen
    Dienstag, 25. Oktober – 20:00 Uhr
    Buchhandlung Herwig, Radgasse 1-3


    Kassel
    Mittwoch, 26. Oktober – 19:30 Uhr
    Gesamtschule Ahnatal, Mittelring 20


    Berlin
    Donnerstag, 27. Oktober – 19:30 Uhr
    Tegeler Bücherstube, Grußdorfstr. 18


    Lüneburg
    Montag, 31. Oktober – 20:00 Uhr
    Heinrich-Heine-Haus, Am Ochsenmarkt 1


    Memmingen
    Donnerstag, 3. November – 20:00 Uhr
    Staatsbibliothek, Martin Luther Platz 1


    Marburg
    Freitag, 4. November – 20:00 Uhr
    TTZ – Softwarecenter 3


    Reutlingen
    Dienstag, 15. November – 20:00 Uhr
    Buchhandlung Osiander, Wilhelmstrasse 64


    Stuttgart
    Mittwoch, 16. November – 20:00
    Under-Cover Krimibuchhandlung, Nesenbachstrasse 50


    Karlsruhe
    Donnerstag, 17. November – 20:15 Uhr
    Thalia Buchhandlung, Kaiserstrasse 167


    Pforzheim
    Freitag, 18. November – 20:00 Uhr
    Thalia Buchhandlung, Westliche 27-29


    Erfurt
    Mittwoch, 23. November – 20:00 Uhr
    Theater Erfurt, Studiobühne, Theaterplatz 1


    Göttingen
    Donnerstag, 24. November – 20:15 Uhr
    Buchhandlung Deuerlich, Weender Str. 33

    Danke, bei den namentlich gekennzeichneten Wortmeldungen ist es ja auch klar. Und natürlich reicht mir eine ungefähre Altersangabe. Das mit dem Symbol war mir noch gar nicht aufgefallen - danke für den Hinweis, bin doch ziemlich unerfahren was Foren angeht.
    Uff, und ich ich fürchte, ich habe noch nie ein Buch geschrieben, das derart polarisiert. Das kann ja heiter werden auf der Lesereise...

    Natürlich lese ich Rezensionen. Wer freut sich nicht über Lob? Und wer leidet nicht unter Tadel oder gar Pfiffen? Allerdings darf man das auch nicht zu Ernst nehmen. Romane sind Gesprächsangebote, Einladungen, Vorschläge. Kein Mensch muss etwas lesen, und man wundert sich manchmal, wie viel Energie manche Leute in Verrisse stecken. Ich lese Bücher oft nicht zu Ende, weil sie meine Erwartungen nicht erfüllen, entsorge sie aber meistens geräuschlos und beschäftige mich nicht länger damit.
    Ich muss allerdings zugeben, dass Verrisse auch einen gewissen Unterhaltungswert haben. Schimpfen kann ja durchaus Spaß machen. Auch ertappe ich mich manchmal dabei, dass ich bei einem Buch, auf das ich neugierig bin, die schlechten Rezensionen zuerst lese. Besonders gern lese ich Verrisse von Büchern, die ich sehr gut fand, wahrscheinlich um mich zu trösten, dass es anderen auch nicht besser geht als mir.
    Man kann ja schreiben, was man will, man wird immer auch Verrisse ernten, das ist nun mal so. Einmal rief mich ein Journalist an und sagte, er wolle ein Interview mit mir machen über mein neues Buch, das er übrigens grottenschlecht finde (Drei Minuten mit der Wirklichkeit). OK, sagte ich. Warum dann ein Interview? Er habe nun mal den Auftrag. Ich wollte natürlich erst gar nicht mit ihm reden, aber mein Agent sagte, das sei unprofessionell. Also habe ich ihn getroffen. Das Interview war bizarr, wie ein Jobinterview für einen Job, den es gar nicht gibt oder den ich auf jeden Fall sowieso nicht bekommen soll.
    Was ich übrigens ein bisschen schade finde ist, dass ich hier mit lauter anonymen Leuten kommuniziere. Seid ihr männlich, weiblich, sehr jung oder schon ein wenig älter? Ich finde, wenigstens so viel könntet Ihr von Euch preisgeben, denn es wäre für mich schon interessant zu erfahren, wer da urteilt.

    Hallo Nadine


    geschrieben habe ich wie immer etwa ein Jahr. Über die Sache immer mal wieder nachgedacht habe ich seit 2002. Das erste längere Exposé (ca. 60 Seiten) stammt wohl aus dem Jahr 2008.


    Herzliche Grüsse
    Wolfram

    Hallo Gronik


    nein, bisher noch nicht. Auch den Autor kenne ich nicht. Wäre ja interessant zu sehen, was dort dahintersteckt. In den Rezensionen, die ich gerade bei Amazon gelesen habe steht, dass das gar nicht aufgelöst wird, was ich mir, ehrlich gesagt nicht ganz vorstellen kann. Ist das wirklich so?

    Lieber Herr Palomar, liebe Büchereulen


    Zunächst einmal vielen Dank für die Einladung zur Leserunde. Wie immer bin ich sehr gespannt auf Eure Reaktionen.


    Diese Frage taucht immer wieder auf und ich kann sie nur immer wieder gleich beantworten: der Stoff bestimmt die Form. Ich setze mich nicht hin und sage: so, jetzt schreibe ich eine Liebesgeschichte oder einen Krimi. Das wäre etwa so wie wenn ich sagen würde: also morgen verliebe ich mich in eine blonde Jurastudentin, die Ente fährt. Geschichten wachsen über Jahre und es gibt tausend Entscheidungen, die so oder so ausfallen können, bis das Buch irgendwann fertig ist. Wenn es fertig ist, muss man leider irgend ein Etikett draufkleben, weil der Buchhandel das Buch irgendwo hinlegen muss. Man muss die Geschichte dem Publikum irgendwie kompakt kommunizieren. Aber all diese "Schubladen", die dadurch entstehen, sind letztlich Klischees. Torso ist ein Krimi oder Thriller, weil der Stoff dies erfordert, genauso wie "Der gestohlene Abend" ein Universitätsroman war, weil die Geschichte in diesem Genre am besten erzählt werden kann. "Die Purpurlinie" ist eine Mischform, weil der Stoff mir über den Kopf wuchs, die Perspektive des historischen Romans allein mir einfach nicht ausreichte, um alles zu erzählen, was ich erzählen wollte. Was für ein Autor ich bin hängt einzig und allein vom Stoff ab, den ich gerade bearbeite. Ob mir das immer gelingt, steht auf einem anderen Blatt ... d.h. demnächst vermutlich hier. :erschreck :erschreck

    Ja, das ist eine häufig gestellt Frage, die mich auch ein wenig ratlos macht. Natürlich freue ich mich, dass einer meiner Romane so großen Erfolg quer durch alle Leserschichten hatte. Aber zugleich fühle ich mich oft wie ein Vater von sechs Kindern: einem Überflieger und fünf Versagern. Ich liebe aber alle. Noch einmal ein Buch wie "Drei Minuten" kann ich nicht schreiben, weil ich es ja schon geschrieben habe. Irgend ein Witzbold hat einmal vorgeschlagen, man solle Bücher ohne Autorennamen veröffentlichen. Ich denke, das wäre sehr weise, denn im Grunde schreibt jeder Autor immer nur ein Buch. Danach ist er nicht mehr derselbe. Oder es war kein richtiges Buch. Das Motto von "Drei Minuten" lautet: How can we tell the dancer from the dance? Das gleiche gilt für Erzähler: How can you tell the story from the story-teller? Sie leben und sterben gleichzeitig. Den Autor von "Drei Minuten" gibt es nicht mehr, ich weiß jedenfalls nicht, wo er ist. Die einzige Möglichkeit, die ich habe, mit ihm in Kontakt zu treten, ist, das Buch zu lesen. Sogar der Autor von "Der gestohlene Abend" ist mir schon fern. Also, tut mir leid. Und den Autor der nächsten Bücher kenne ich auch noch nicht. Er geistert als Stimme in meinem Kopf herum, aber ich verstehe noch gar nicht, was er mir da erzählt...

    Zitat

    Ich hab mich schwer getan mit den philosophischen, literaturwissenschaftlichen und germanistischen Diskussionen der Protagonisten, muss ich zugeben. Dinge, mit denen ich mich bislang nicht beschäftigt habe.


    Ja, das habe ich befürchtet. Obwohl ich alles versucht habe, das auf ein allgemeinverständliches Niveau zu bringen, ist mir natürlich klar, dass es da eine Grenze gibt. Und ich wollte ja kein Sachbuch schreiben. Im Grunde ist es mit dieser Literaturtheorie ähnlich wie mit der Relativitätstheorie von Einstein: sie ist sowohl ein wissenschaftliches als auch ein gesellschaftliches Phänomen, wie alle Wissenschaft. Kein Laie versteht Einstein, aber wir alle denken und fühlen in den Bahnen, die seine Theorie eröffnet hat. Ihre Konsequenzen schockieren uns nicht mehr sondern sind uns in Fleisch und Blut übergegangen. Mit dem Poststrukturalismus (das ist der wissenschaftliche Überbegriff für De Vanders/De Mans Theorie) ist es ähnlich: da ist ein Denken entstanden, dass sich heute durch sehr viele öffentliche Diskurse zieht und diese steuert, ohne dass man sich dessen immer bewusst ist. Und dieses Denken hat nun mal leider totalitäre Züge, ähnlich wie manche Theorien in den 20´er Jahren, denen man das damals auch nicht ansah. Sie wirkten nur "kulturkritisch" und "kulturpessimistisch" und erst im Rückblick sieht man ihnen an, wie gefährlich sie waren. Darüber sollte man vielleicht keinen Roman schreiben sondern eine Doktorarbeit. Aber dann lesen das nur die Leute, die es ohnehin schon wissen. Und ich versuche ja immer, solche Fragen und Themen breit lesbar zu machen.
    Es gib ein sehr gutes Buch (leider nur auf Englisch) über den ganzen Fall: David Lehman: Signs of the Times, da wird das ganze Panorama aus wissenschaftlicher/journalistischer Sicht sehr gut dargestellt (deshalb heißt der Reporter im Roman auch Lehman). Ist gebraucht im Internet noch hier und da zu bekommen. Wer sich für das wilde Denken der 80'er Jahre interessiert, wird dort fündig.

    Auf einen Nenner gebracht kann man vielleicht sagen (und ich spreche hier nur über Geistewissenschaften): in den USA wird man permanent überfordert, in Deutschland eher unterfordert. So war es jedenfalls in den 80´er Jahren, als ich zur Uni ging. Das deutsche System ist im Grunde gar kein System sondern ein Kompromiss aus sehr unterschiedlichen Vorstellungen sowohl auf Seiten der Studenten als auch auf der Seite der Insititution. Niemand weiß so recht, was aus einem Germanistikstudium eigentlich am Ende herauskommen soll: eine Deutschlehrerin, ein Journalist, ein Literaturwissenschaftler oder ein Werbetexter. Die Universität bildet nicht für eine wie auch immer geartete spätere berufliche Laufbahn aus sondern vermittelt Wissen und Lerntechniken. Dies leider auch unter miserablen Bedingungen (das Verhältnis Studenten/Dozenten liegt wohl bei 200:1)
    Die USA bzw. die angelsächsischen Unis sind viel pragmatischer, d.h. sie trennen die Studiengänge irgendwann strikt nach Berufsziel. Man lässt die Leute weniger ziellos herumstudieren sondern zwingt sie ein wenig in die eine oder andere Bahn. An den besseren Unis ist das Verhältnis von Studenten zu Dozenten 6:1 oder 10:1, selten mehr, d.h. man hat natürlich eine ganz andere Betreuung.
    Ich war ja sowohl als Schüler als auch als Student ein Jahr in den USA und kann das nur jedem empfehlen. Jedes System hat seine Stärken und Schwächen, aber eines weiß ich sicher: am meisten Spass hat mir das Lernen dort gemacht und ich denke auch, dass ich dort am meisten gearbeitet und entsprechend am meisten gelernt habe. Das einzige Problem ist, dass man sich im Nirgendwo befindet. Ich habe versucht, dafür im Roman ein Bild zu finden: als Matthias nach seinem ersten Gespräch mit Ruth das Institut verläßt, fällt ihm auf dem leergefegten Parkplatz ein Wagen auf, auf dessen Nummernschild keine Autonummer sondern "Goethe I" steht. Das Auto gab es damals tatsächlich und ich fand es einfach absurd, an einer Uni auf der grünen Wiese an der Pazifikküste plötzlich vor diesem Nummernschild zu stehen. Ich kam mir vor wie auf einem fremden Planeten, wo ich plötzlich auf ein Trümmerstück aus meiner Kultur gestossen war. Diese Gefühl, im Exil zu sein, verläßt mich in den USA nie ganz, trotz der großen Vertrautheit mit diesem Land und einer großen Zuneigung zu seinen Stärken.

    Hallo,


    ich muss mich gleich entschuldigen, aber ich kann nur ganz kurz schreiben, da meine kleine Tocher im Krankenhaus liegt und hier alles drunter und drüber geht.
    Erst einmal vielen Dank für die weitgehenden positiven Reaktionen. Was das Hörbuch betrifft, so bedeutet autorisiert, dass der Autor den Kürzungen zugestimmt hat. In der Realität hat man da im Grunde keine Wahl, denn wenn man nicht zustimmt, wird eben kein Hörbuch gemacht.
    Diesmal sind die Kürzungen allerdings so krass, dass ich Einspruch erhoben habe. Es wurde dann nachgebessert, aber es fehlt noch immer sehr viel vom Originaltext, so dass ich mit dem Hörbuch nicht zufrieden bin. Aber der Preisverfall bei den Hörbüchern erzeugt so starken Kostendruck, dass die Produkte sich kaum noch rechnen.


    Ich melde mich gern wieder, muss aber jetzt ins Krankenhaus. Bitte um Geduld. Ausserdem wollte ich Euch bitten, Eure Fragen alle direkt zu stellen wenn es geht, denn sonst finde ich sie manchmal in den vielen Meldungen gar nicht wieder.


    Danke und herzliche Grüße
    Wolfram

    Zitat

    Original von beowulf
    Ich stelle mal die Behauptung auf, dass dieses Buch nur geschrieben werden konnte- nein Korrektur- nur veröffentlich werden konnte, weil die Marketingabteilung des Verlages der Meinung ist der Autorenname verkauft das Buch. Ein Buch, das so wenig in irgendeine Schublade passt müsste die Horrorvorstellung jedes Lektoren sein- was nicht in die Schublade passt passt in den Briefumschlag mit dem Rücksendeporto. Darum lobe ich den Mut des Autors so ein Buch zu schreiben und dem Leser diese Zumutung vorzulegen- das es eine Berreicherung und ein Vergnügen ist merkt man ja schliesslich erst wenn man dabei ist es zu lesen...


    Zu diesem Thema könnte ich jetzt einen ganzen Roman schreiben. Habe ich ja eigentlich (siehe Theos Ausführungen zu Literaturbetrieb und Buchmarkt). Es gab etwa ein Dutzend Entwürfe des Schlusskapitels und einer davon trieb genau diesen Aspekt auf die Spitze, was bei meinen Lektoren einen regelrechten Proteststurm ausgelöst hat. Da wäre der Begriff "Zumutung" vielleicht treffend gewesen. Hier finde ich diese Bezeichnung übertrieben. Der Roman ist doch strukturell sehr zahm.
    Gewiss: ich werde sicher nie wieder die Chance bekommen, einen solchen Roman zu schreiben. Und kurzzeitig hatte ich sogar beschlossen, es auch endgültig zu lassen.
    Aber dann las ich Dürrenmatts grandiose Schimpftirade über dieses Thema und sein noch grandioseres Fazit. Man muss das eben sportlich nehmen, als Herausforderung.

    Zitat

    Original von Elbereth


    Gibt es eigentlich einen bestimmten Grund, warum Du zu Piper gegangen bist?


    Und wie bist Du zufrieden mit Deinem Verlag?


    Das ist eine ziemlich lange und sehr komplizierte Geschichte, aber im Grunde war es so, dass wir (also meine Agentur, die mich in diesen Fragen berät, und ich) das Gefühl hatten, dass für die beiden Romane "Schule der Lügen" und "Der gestohlene Abend" ein Verlag mit einer etwas anderen Marktpositionierung vielleicht die geeignetere Plattform wäre. Ich habe mich damals von Droemer auch in keiner Weise im Schlechten getrennt, denn ich verdanke diesem Verlag ja sehr viel. Ich wollte, um es vielleicht bildhaft zu sagen, meine erste große Jugendliebe nicht gleich heiraten, sondern noch andere Erfahrungen sammeln. Und wie war die Erfahrung? Tja, wie solche Erfahrungen eben zu sein pflegen: sehr interessant, aber zum Teil auch ernüchternd. Und da meine nächsten Bücher wieder mehr in eine andere Richtung gehen werden, ist auch wieder offen, wie es weitergeht. Im Verhältnis Autor/Verlag ist es eben heute auch nicht viel anders als in der Gesellschaft: es gibt nicht mehr viele Ehen, sondern mehr Lebensabschnittspartnerschaften. Und da ich ja sehr unterschiedliche Bücher mache, ist das wohl auch unvermeidlich.

    Guten Tag, Herr Palomar


    eine Professorin wurde ja bereits "enttarnt":Ruth Angerston ist natürlich Ruth Klüger (sie hieß damals noch Angress) nachempfunden, bei der ich ein unvergessliches Kleist-Seminar besucht habe. Aber da komme ich auch schon zu einem Problem, dass sich mir beim Schreiben gestellt hat: der "Fall", um den es geht, hat sich ja tatsächlich ereignet. Nicht genau so, wie ich es schildere, aber natürlich ist der Roman gespickt mit realen Bezügen und Bemerkungen, die damals gefallen sind, als die Bombe hochging. Ich war zufällig dort, als es geschah, und viele Top-Leute aus dem Wissenschaftsbetrieb natürlich auch. Ich stand beim Schreiben vor der schwierigen Entscheidung: nenne ich Ross und Reiter oder fiktionalisiere ich. Ich habe mich für Letzteres entschieden. Es geht ja nicht um diesen einen Fall, sondern um das Gleichnishafte der Vorgänge. Außerdem wollte ich die Freiheit haben, drei oder vier ähnliche Positionen und Personen in einer zu vereinen oder anderweitig zu verdichten.