Humphrey Carpenter: J.R.R. Tolkien - Eine Biographie

  • Humphrey Carpenter: J.R.R. Tolkien - Eine Biographie



    Klappentext:
    In Tolkiens Büchern steht nichts autobiographisches. Doch jeder Leser des "Herrn der Ringe" oder des "Silmarillion" ahnt wohl, daß dieser Autor den Geschöpfen seiner Phantasie tiefer verpflichtet ist als ein Erzähler, der nach Belieben über seinen Stoff verfügen kann. Mittelerde ist etwas mehr als bloß gut erfunden. Ein persönlicher Glaube ist hier der Erzählkunst zu Hilfe gekommen, um Glaubwürdiges zu erzeugen.


    Carpenters Biographie gelingt es, an vielen Punkten Einblicke in diese eigenartige Entwicklung zu gewähren: Tolkiens Geschichten sind ein Leben lang mit dem Autor gewachsen und gealtert, von den Anfängen in kindlichen Launen, Träumen und Spielereien bis zur Erhärtung einer persönlichen Tradition, zur Ordnung zahlloser Miniaturen um ein gemeinsames Gravitationszentrum. Carpenters Schilderung der Arbeit am "Herrn der Ringe" ist in manchen Zügen so fesselnd und humorvoll, als läse man ein weiteres Kapitel der Ring-Geschichte selbst.
    Tolkien macht sich daran, auf Wunsch seines Verlegers, eine "Fortsetzung zum Hobbit", also ein Kinderbuch von mäßigem Umfang, zu schreiben. Doch dann gewinnt die Geschichte ihr Eigenleben und spinnt sich fort, gegen alle Schreibmüdigkeit des Autors und gegen das Erfolgsrezept.
    Die Biogaphie stützt sich auf Dokumente aus Tolkiens Nachlaß (darunter seine in Elbenschrift geführten Tagebücher). Sie informiert auch über unveröffentlichte oder für den deutschen Leser schwer zugängliche Arbeiten Tolkiens, insbesondere seine philologischen Schriften, die so manchen indirekten Kommentar zu seinem erzählerischen Werk enthalten.



    Beurteilung:
    Das Buch ist stellenweise fast spannend geschrieben und keineswegs so trocken, wie man es von manch anderen Biographien kennt. Tatsächlich ließ sich dieses Buch viel besser lesen als erwartet. ;-) Der Autor schreibt locker und zeigt Tolkien nicht als unantastbares Idol, sondern als Menschen mit Fehlern und Schwächen. Zwar kam mir persönlich die Beziehung zu seiner Frau zu kurz, aber insgesamt ist eine gute Biographie, die ein Licht auf den Menschen Tolkien wirft, ohne dabei den Schwerpunkt auf seine Bücher zu legen. Tatsächlich überläßt es der Autor vielfach dem Leser, aus Tolkiens Lebenslauf und Erfahrungen Schlüsse auf seine Romane zu ziehen.


    Als Übersetzter fungierte hier Wolfgang Krege, dessen moderne Übertragung des "Herrn der Ringe" ins Deutsche zwar vielfach geschmäht wird, der aber ein Kenner der Werke Tolkiens war. Ich bezweifle, daß die Übersetzung jemandem gelungen wäre, der sich überhaupt nicht mit Tolkiens Werken auskennt.




    Originaltitel: J.R.R. Tolkien - A Biography
    Übersetzer: Wolfgang Krege
    Kategorie: Biographie
    Hardcover
    Klett-Cotta
    323 Seiten
    ISBN: 3608934316 bzw. 978-3608934311

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Da möchte ich mich Nell anschließen :-) . Ist zwar schon ne Weile her daß ich die Biographie gelesen habe, aber auch ich fand sie damals interessant, kurzweilig und sehr interessant geschrieben.
    Ich bin begeisterter Tolkien-Leser und wollte etwas über den Mann hinter den Büchern erfahren und das ist dem Autor mit diesem Buch auf jeden Fall auf sehr einprägsame, persönliche Art gelungen.


    Nell


    Was die Beziehung Tolkiens zu seiner Frau anbelangt und auch zu seinen Kindern, ist das eine doch so persönliche Sache, daß ich es eigentlich ganz richtig finde, daß eine gewisse Diskretion bewahrt wird. Über den Autor Tolkien und dem Zusammenwirken seiner Interessen, seiner beruflichen Laufbahn und seinem lebenslangen Interesse für Sprache und Mythen die dann letztlich zu seinem Werk geführt haben erfährt man dafür umso mehr :-)


    Und ich finde, daß sich doch so einiges auch zwischen den Zeilen lesen läßt. Wenn ich allein an die Inschrift auf dem Grabstein des Ehepaars denke. Ich glaub das ist die erste Biographie bei der ich tatsächlich am Ende das ein oder andere Tränchen verdrücken mußte....


    .

  • Ach, wie tol! Sie ist übersetzt.
    Ich besitze sie in der englischen TB-Ausgabe, seit Ende 1970er.


    Ich fand Carpenters Herleitung von 'Herr der Ringe' aus Tolkiens Erfahrungen aus dem 1. Weltkrieg ziemlich überzeugend. Weil man die Romane ja oft als 'Vorahnung' des Faschismus in Deutschland deutet.
    Carpenters These ist eine spannende Gegendarstellung.


    Hochinteressant finde ich auch die Schilderung der Bekanntschaft mit C.S. Lewis und Tolkiens Haltung zu den Narnia-Büchern.


    In meiner Ausgabe sind auch jede Menge Photos.


    Sehr empfehlenswerte Biographie, immer noch.



    :wave


    magali

    Ich und meine Öffentlichkeit verstehen uns sehr gut: sie hört nicht, was ich sage und ich sage nicht, was sie hören will.
    K. Kraus

  • Photos sind in der deutschen Ausgabe auch und es ist spannend zu sehen, wie Tolkien sich entwickelt hat.
    Besonders gut hat mir das Vorwort gefallen, in dem Carpenter seine Begegnung mit Tolkien schildert. Das machte das Buch viel persönlicher. Auch das Nachwort hat mir gefallen, in dem Carpenter schreibt, daß Tolkien immer gegen Biographien war und daß er hofft, diese würde zumindest seine Zustimmung finden.


    Was C.S. Lewis betrifft, so erklärt diese Biographie ganz gut, wie es zum Zerwürfnis zwischen ihm und Tolkien kommen konnte.


    Wie gesagt: eine Biographie, die nicht trocken war und mich auf ganzer Linie überzeugte.



    Auri : übrigens ging es mir genauso, daß ich etwas über den Menschen hinter den Büchern erfahren wollte. Und siehe da: auch der "große" Tolkien war nicht immer angenehm, sondern ein Mensch mit Fehlern und Schwächen.

    liebe Grüße
    Nell


    Ich bin zu alt um nur zu spielen, zu jung um ohne Wunsch zu sein (Goethe)

  • Ich besitze die deutsche Übersetzung so etwa seit 12 Jahren, es gab eine Ausgabe aus den 90ern, bei dtv.
    Allerdings war die lange vergriffen..


    mal schauen was passiert, wenn ich hier die ISBN verlinke :chen

    “In my opinion, we don't devote nearly enough scientific research to finding a cure for jerks.”

    ― Bill Watterson