Beiträge von Nell

    Ich mag skandinavische Krimis und besonders gefallen mir die Lappland-Krimis von Asa Larsson. Kein Wunder also, daß mich ein neuer Lappland-Krimi sofort aufhorchen liess. Zwar ist die Autorin keine Schwedin, lebt jedoch seit Jahren dort und kennt Land und Leute, was sich auch daran zeigt, wie sehr sie in diesem Roman auf die samischen Traditionen eingeht.
    Tatsächlich liest sich "Totenleuchten" von Anfang bis Ende flüssig und spannend und die Hauptcharaktere gefallen mir, ich würde gerne mehr Krimis mit diesen Ermittlern lesen. Es gibt zwar sehr viele Personen in diesem Roman, trotzdem hat der Leser keine Mühe, diese zuzuordnen; und der Winter wird so gut beschrieben, daß ich ab und an trotz Augusthitze sogar fröstelte.
    Trotzdem: das Ende war nicht richtig "rund", es wirkte überhastet und hatte mir zu wenig Erklärung. Schade, daß die derart behutsam aufgebaute Handlung so abrupt endete, das passte einfach nicht.

    Anna Gavalda: Nur wer fällt, lernt fliegen



    Klappentext:
    Sie und er, vielleicht sogar ein Liebespaar?
    Auf einer Wanderung in den Cevennen sind Billie und Franck gegen Abend in einer Felsspalte gestürzt. Während er bewusstlos in ihren Armen liegt, versucht sie mit aller Kraft wach zu bleiben und hofft, dass ihr Glücksstern sie auch diesemal nicht verläßt. Und erzählt ihre ziemlich verrückte Geschichte.


    Sie heißt Billie, weil ihre Mutter für Michael Jacksons "Billie Jean" schwärmte, er heißt Franck, denn seine Mutter vergötterte Franck Alamo. Sie wuchs in einer Wohnwagensiedlung auf, bei den Asozialen, er lag im ständigen Clinch mit seinem bürgerlich-reaktionären Vater. Nichts scheint diese beiden Außenseiter zu verbinden, bis eine Lehrerin ihnen die Hauptrollen im Schultheater gibt. Die Aufführung mit Billie, der Unterschichtengöre, und Franck, dem kleinen Schwulen, wird ein überraschender Erfolg. Trotzdem spricht alles gegen ein Happy End: Sie bleibt sitzen, er muss ins Internat, es folgen Abstürze und Schicksalsschläge. Aber Billie und Franck habven gelernt, den Mut nicht zu verlieren und sich jedes Mal wieder aufzurichten. In Paris werden sie einander wiederfinden - zusammen ist man weniger allein. Wenn man Billie (wie Billie Holiday) heißt, stellt man sein Leben mit zweiundzwanzig einfach auf Reset.



    Beurteilung:
    Ich mag die Bücher Anna Gavaldas sehr, aber ich muss gestehen, daß ich mich mit diesem Buch ein wenig schwer tue. Es hat mir gefallen, keine Frage, ich mochte sowohl Billie als auch Franck sehr. Und doch bleibt nach dem Lesen das Gefühl, das etwas fehlt. Die Geschichte ist irgendwie nicht greifbar, sie läßt den Leser ein wenig ratlos zurück, was vielleicht an der Kürze liegt. Natürlich liesse sich die Geschichte der beiden Außenseiter gar nicht anders erzählen als in Streiflichtern und die Idee, daß eine verzweifelte Billie sich an einen "Glücksstern" wendet, ist poetisch und sehr schön. Und doch: mich hat diese Geschichte, trotz überzeugender Charaktere, nicht zufriedengestellt. Meine Anspruchshaltung ist nach den vorigen Büchern der Autorin recht hoch und dieses Buch kann - obwohl empfehlenswert - nicht an einige ihrer früheren Geschichten heranreichen.


    Was das Äußere anbelangt, so sind sowohl das Motiv des Schutzumschlages gelungen als auch das hübsche Pink des Einbands, einzig ein Lesebändchen fehlte mir. Die Übersetzerin ist bekannt und gut gewählt, allerdings erinnert der Name des Protagonisten 'Franck' zu sehr an "Zusammen ist man weniger allein", wobei beide Romane gar nichts miteinander zu tun haben, da hilft auch die Anspielung im Klappentext nicht. Insgesamt ist ein sehr auf das französische Publikum zugeschnittener Roman, mir sagten z.B. weder der Chansonnier Frank Alamo etwas noch das Theaterstück Mussets, aber so etwas läßt sich nachschlagen, ebenso wie der einzige nicht übersetzte Satz auf Seite 79.


    Alles in allem ist es ein guter Roman, dem jedoch das gewisse Etwas, das andere Bücher der Autorin auszeichnet, fehlt.





    Originaltitel: Billie
    Übersetzerin aus dem Französischen: Ida Kronenberg
    Kategorie: Romanze / Sozialkritik
    Hardcover
    Hanser
    188 Seiten
    ISBN 3446245952 bzw. 9783446245952

    Auch ich habe das Buch im Rahmen der Leserunde gewonnen und bedanke mich ganz herzlich! :-)


    Meine Meinung:


    Ein brisantes Thema, das sich Marc Elsberg nach seinem Erfolg "Blackout" hier ausgesucht hat: Datensicherheit, Datenhandel und Datenüberwachung. Hochaktuell und leider nicht wirklich als Science Fiction zu bezeichnen, auch wenn die 'Google-Brille' meines Wissens nach noch nicht so weit fortgeschritten ist, wie hier dargestellt. Leider ist das aber auch so ziemlich das einzige SciFi-Element, denn sowohl Datenüberwachung als auch Datenhandel haben ungeahnte Ausmasse angenommen.
    Marc Elsberg gelingt es in diesem Roman, die erschreckende Realität aufzuzeigen, vor der wohl die allermeisten User gerne die Augen verschliessen. Dabei hat er aus dem Thema einen spannenden Thriller gemacht mit einer Protagonistin, die sich zunehmend wandelt, ist sie anfangs noch äußerst naiv, weiss sie am Ende nur allzu gut um die Gefahren des Internets. Alles in allem ist "Zero" ein glaubwürdiger Roman, der eine spannende Geschichte erzählt, tatsächlich kann man einige Szenen durchaus als filmreif bezeichnen. Gleichzeitig ist es aber kein Buch, in das man einfach abtauchen kann, zu erschreckend ist die Realität, die dahinter steht. "Zero" macht nachdenklich und auch unkritische Internet-User werden hier wachgerüttelt. Ich frage mich nur, ob man die Datenspionage mit allem was dahintersteht tatsächlich noch stoppen kann, zurückdrehen kann man das Rad der Zeit jedenfalls nicht. Haben User tatsächlich noch die Möglichkeit zu sagen: "Bis hierher und nicht weiter!"? "Zero" ist auf jeden Fall ein Schritt in diese Richtung und gibt einen Anstoss, sich tiefer mit der Materie zu beschäftigen.

    Ein spannendes Ende, bie dem einiges unerwartet kam. Chander war also doch keiner von den Guten - oder? Mir hat besonders der Epilog gefallen und das Cyn eindeutig vieles gelernt hat. Auf jeden Fall hat das Buch viel Stoff zum nachdenken gegeben und ich habe mir auch TOR angeschaut - danke für den Tipp! Obwohl es eigentlich vorhersehbar ist, daß gerade so ein Portal die Aufmerksamkeit der NSA auf sich zieht, in ihrem Verfolgungswahn denken die bestimmt, daß jeder, der TOR nutzt, etwas zu verbergen hat.


    Das Personenverzeichnis hätte mir übrigens beser am Anfang gefallen, hätte ich nicht hier in der Diskussion davon gelesen, hätte ich es wirklich erst nach Beendigung des Buches entdeckt. :nerv
    Insgesamt hat mir das Buch gut gefallen, besonders schön fand ich, daß es kaum einen Spannungsabfall gab.
    Übrigens habe ich auch noch ein altes Handy, ganz ohne "Tatsch" - ich glaube, ich werde dabei bleiben...

    Chander ist mir äußerst suspekt. Misstrauisch war ich ja schon vorher, aber jetzt zieht er einfach so eine Drohne aus dem Rucksack? Dazu seine Versuche, Cyn in der Bar auszuhorchen - ich vermute ihn immer noch in der Ecke der Amerikaner.


    Die Verfolgungsjagd in der Kanalisation war ja richtig filmreif, besonders gefallen hat mir aber die Anspielung auf den "Dritten Mann": der Autor hat Humor und nimmt damit Kritikern der Szene den Wind aus den Segeln. ;-)


    Obwohl ich für Eddie Schlimmes befürchtet hatte, hat mich sein Tod betroffen gemacht. Ist das nicht das Zeichen eines guten Romans: der Leser fühlt mit den Figuren mit, selbst dann, wenn wie sie Eddie nicht im Mittelkpunkt stehen. Kompliment an Marc Elsberg an dieser Stelle!

    Schon spannend das alles, vor allen finde ich Cyn durchaus glaubwürdig. Sie glaubt immer noch nicht, wie eng das Netz ist und welch grosse wirtschaftlichen Interessen dahinterstehen. Wie war das: Neugier ist der Katze Tod...


    Ich fürchte, mit Eddie wird es kein gutes Ende nehmen, seufz.


    Alles in allem finde ich die Charaktere gut gezeichnet und glaubwürdig, etwas undurchsichtig finde ich im Moment nur die Amerikaner. Ich frage mich allerdings, ob Chander nicht vielleicht im Geheimaufteag der Amis arbeitet, um Zero zu finden. Schliesslich hat er schon für die US-Behörden gearbeitet, da würde das passen.


    Übrigens hatten wir die letzten Stunden kein Internet. Kein Drama, aber mir ist wieder einmal bewusst geworden, wie oft und beiläufig man jeden Tag ins Internet geht: ach, nur mal eben dies oder jenes nachschauen... es ist tatsächlich gruselig, welch grossen Einfluss das Internet auf unser tägliches Leben hat.

    Ja, es ist wirklich erschreckend und das schon auf den ersten Seiten!


    Cyn ist mir übrigens sehr sympathisch mit ihrer "altmodischen" Art, ich gehöre ja auch noch zu einer Generationen, die eine Zeit ohne Computer kennt. Dieser Unterschied zwischen den Generationen wird hier übrigens sehr schön herausgearbeitet, wie ich finde: da sind Leute wie Cyn, die auch eine Zeit ohne PC kennen, die aber mühelos mit der Technologie umgehen können und da sind die Jugendlichen von heute, die sich in dieser Welt noch ganz anders bewegen, wie Fische im Wasser.


    Ich frage mich, ob es wirklich Leitfäden gibt wie den hier erwähnten, um weitgehend ohne Überwachung zu leben. Bestimmt gibt es das.
    Vor ein paar Jahren habe ich einen Roman von Jonathan Twelve Hawks gelesen, in dem der Protagonist "off the grid" lebte. Das ist ganz schön schwierig, denn die Überwachung ist ja buchstäblich überall.


    Alles in allem gefällt mir das Buch bislang sehr gut, es ist spannend und zeigt die Gefahren ohne Belehrung auf und der Plot mit dem President's Day und Freeme gefällt mir gut.

    Zitat

    Original von Asmos
    Trotzdem macht die 6-Buch-Variante es z.B. schwierig auf die englischen Bücher auszuweichen, wenn man nicht ewig und noch drei Tage auf die nächsten fünf Bände in Deutsch warten will. Leider sind die Einzelbände im Englischen nämlich out of print.


    Ich habe mir die englischen Bücher als ebooks geholt und bin jetzt beim dritten Band. Die Serie geht genauso gut weiter, wie sie angefangen hat :-]



    Zitat

    Original von Asmos


    Womit das Buch bisher etwas sparsam war, sind Informationen aus der Vergangenheit von Hadrian und Royce und ich hoffe, dass sich auch da in den Folgebänden etwas tut.


    In den Folgebänden gibt es keine Infos dazu, aber es gibt zwei weitere Extra-Bände, die sich mit der Vorgeschichte der beiden Helden befassen, die Riyria-Chronicles (The Crown Tower und Rose and Thorn). Ausserdem gibt es zur Zeit eine kostenlose Kurzgeschichte als ebook: The Viscount and the Witch.

    Annelie Wendeberg: Teufelsgrinsen



    Klappentext:
    Niemand kennt Anna Kronbergs Geheimnis - bis Sherlock Holmes sie durchschaut...


    London, Ende des 19. Jahrhunderts, eine Stadt, die regelmäßig von Seuchen heimgesucht wird; Zehntausende leben in bitterster Armut. Im Londoner Wasserwerk wird ein Cholera-Opfer entdeckt. Dr. Anton Kronberg, Englands führender Bakteriologe, wird hinzugezogen und findet heraus, dass der Mann absichtlich mit tödlichen Bakterien infiziert wurde. Während Scotland Yard den Fall nur halbherzig verfolgt, begegnet Kronberg dem beratenden Detektiv Sherlock Holmes. Er entdeckt Kronbergs wahre Identität sofort: eine Frau, die sich als Mann ausgibt, um als Ärztin praktizieren zu können. Im Gegenzug beginnt Anna - sehr zu dessen Verdruss - Holmes' kompliziertes Innenleben zu analysieren. Die beiden ungleichen, doch intellektuell ebenbürtigen Partner müssen sich zusammenraufen, um eine Verschwörung aufzudecken, die so monströs ist, dass sie die Taten von Jack the Ripper in den Schatten stellt ...



    Allgemeines:
    Der erste von bisher zwei Fällen Anna Kronbergs.



    Beurteilung:
    Ein Sherlock Holmes-Roman mit einer Frau als Protagonistin? Nun, zwar nicht gänzlich neu (man denke an "Die Gehilfin des Bienenzüchters" von Laurie R. King), aber dennoch ungewohnt.
    Tatsächlich liegt das Hauptgewicht auf dem Bakteriologen Dr. Anton Kronberg, besser gesagt Anna Kronberg. Anna ist amüsant, scharfsinnig und hochintelligent und damit durchaus der ideale Partner für Sherlock Holmes. Sie läßt sich weder von seinem Intellekt noch seiner Arroganz ins Boxhorn jagen, sondern gibt Kontra. Ungewöhnlich, aber gut. Tatsächlich steht Sherlock einmal nicht im Mittelpunkt.
    Auch der Kriminalfall an sich ist interessant, wenn mir auch die Atmosphäre des 19.Jahrhunderts zu kurz kam, der historische Hintergrund vermochte nicht gänzlich zu überzeugen, wahrscheinlich erwarte ich als alter Sherlock Holmes-Fan aber auch eine zu detaillierte Beschreibung des Klapperns von Pferdehufen, des Geräuschs von Kutschenrädern und des Londoner Nebels. ;-)
    Auf jeden Fall aber ist die romantische Komponente des Romans etwas, das jedem eingefleischten Holmes-Fan gegen den Strich gehen dürfte, man denke: der trockene Junggeselle Sherlock Holmes bekommt romantische Avancen und scheint keinesfalls abgeneigt... Zwar habe ich damit an sich keine Schwierigkeiten, es schien mir aber einfach nicht so recht in die Geschichte zu passen, die romantische Komponente wirkte zu aufgesetzt. Es schien, als müsse Anna beweisen, daß sie wirklich eine Frau ist.
    Alles in allem ist "Teufelsgrinsen" ein guter Krimi, der mit mehr Atmosphäre hätte punkten können. Die romantische Komponente war zwar nicht gänzlich unpassend, aber doch ein wenig gekünstelt. Trotzdem bin ich gespannt auf die Fortsetzung, die im englischen bereits unter dem Titel "The Fall" erschienen ist.




    Originaltitel: Devil’s Grin
    Übersetzer: Kathrin Bielfeldt, JürgenBürger
    Kategorie: Krimi / historisch / 19.Jahrhundert / Sherlock Holmes
    Taschenbuch
    Kiepenheuer & Witsch
    232 Seiten
    ISBN 3462046438 bzw. 9783462046434