Lehmkekse

  • "Friss doch Dreck!", ruft manch einer im Ärger einem anderen zu.


    Haitianer tun das. Sie fressen Dreck. Aus Lehm, einem Hauch Margarine und einer Prise Salz werden "Lehmkekse", sogenannte "Picas" gebacken, auf den Dächern der Hauptstadt Port-au-Prince. Über den Nährwert dieser Ersatznahrung muss man kein Wort verlieren, er ist exakt: null. Aber die schmutzige, gesalzene Erde füllt vorübergehend den Magen und nimmt das Hungergefühl. Ganze Familien "ernähren" sich fast ausschließlich auf diese Art. Aber auch das gibt es nicht für lau. So widersinnig es klingt: Das Geschäft mit dem gebackenen Sand sorgt dafür, dass sich die Verkäufer wenigstens ab und zu eine Schale Reis leisten können.


    http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,547187,00.html


    Während wir uns Gedanken darüber machen, dass Jugendliche so viel trinken, dass sie zuweilen ins Koma fallen, Milchbauern gegen zu niedrige Marktpreise demonstrieren, Fast-Food-Ketten in den USA mit Imageschwierigkeiten zu kämpfen haben, weil sie eine träge Nation haben verfetten lassen, nimmt der Hunger in der Welt tagtäglich zu.


    Wir pumpen Milliarden in die Automobilwirtschaft, und Menschen kaufen sich mit Hilfe der "Abwrackprämie" neue Autos, obwohl sie keine brauchen. Millionen Menschen sterben jährlich an Hunger, und die, die noch nicht gestorben sind, ernähren sich bis dahin mit Schmutz. Mit Lehmkeksen.


    Das kommt mir falsch vor. Eine "Weltgemeinschaft", die dieses Etikett verdient, dürfte sowas nicht zulassen.

  • Zitat

    Original von Tom
    Das kommt mir falsch vor. Eine "Weltgemeinschaft", die dieses Etikett verdient, dürfte sowas nicht zulassen.


    Ja, wenn wir eine Weltgemeinschaft hätten.....haben wir aber nicht. Nur reiche Länder, die eher ihre Botschaften schließen, wenn es unangenehm wird, statt sich Gedanken über die Ursachen und die Folgen solcher Ungleichverteilung machen.


    Solange in der Welt die Getreideanbauflächen immer weiter zurückgehen und gleichzeitig die Bevölkerungszahlen explodieren, ändert sich am Grundübel wohl nichts. Zumal das bedeuten würde, dass anders verteilt werden müsste. Anbauflächen für einfache Grundnahrungsmittel wären wohl für alle da, nur würde das ja offenbar zu Lasten der Weideflächen gehen. Und Reis und Mais schmecken nun mal anders als Rindersteaks.

  • Zitat

    Original von Idgie
    ... und gleichzeitig die Bevölkerungszahlen explodieren, ...


    Ich halte die Überbevölkerungsdiskussion für einen modernen Mythos. Bangladesch gilt als überbevölkert und hat 1.066 Einwohner pro Quadratkilometer. Der Großraum Paris gilt nicht als überbevölkert, hat aber knapp dreimal so viele Einwohner pro Quadratkilometer (das Stadtgebiet von Paris sogar knapp zwanzigmal so viele, aber das ist natürlich nicht zu vergleichen).
    Ich halte es beinahe für zynisch, zu behaupten, in den Ländern mit hungernder Bevölkerung lebten zu viele Menschen. Ihr Problem ist nicht, dass sie zu viele sind, sondern dass der Reichtum in ihren Ländern extrem ungleich verteilt ist. Zum Beispiel Indien: ein steinreiches Land, hat die größte Filmindustrie der Welt, spielt kräftig in der Raumfahrt mit, ist eine Atommacht, leistet sich ein Schlachtfeld mit Pakistan auf einem Gletscher in schwindelerregender Höhe - und hat unheimlich viele bitterarme Menschen.

  • ..und drum schimpfen wir alle auf die bösen Regierungen und legen uns auf die bequeme Couch zum Katastrophen im TV glotzen, Chips und Bier in Griffweite und sind tief betroffen, wenn ein Schiff irgendwo wegen Überladung mit 500 Personen absäuft, ein Flieger vom Himmel stürzt oder Michael Jackson stirbt.

  • Sorry Tom, auch wenn der Hunger sich in der Welt ausbreitet und die Armut ansteigt, so hätte ich doch gedacht, dass du dich ein wenig besser informierst. ;-)


    Ich bin sicher, das mit den Lehmkeksen, so wie in deinem Bericht erwähnt, ist nur ein Märchen. :keks

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    Grüßle, Heaven


    Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man Schönes bauen. (Goethe) ;-)

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  • Hallo, Heaven.


    http://www.sos-kinderdorfinter…hmkekse-gegen-hunger.aspx


    http://www.aerztederwelt.org/h…er-und-gew.html?tx_ttnews[backPid]=7&cHash=81b79f2d85


    http://www.welthungerhilfe.de/kreislauf-armut-krieg.html


    http://www.daserste.de/weltspi…d,69f424h86p1usmdv~cm.asp


    Undsoweiter.


    Eine Journalistin, die sich einen kurzen Eindruck verschafft und mit einer einzigen Einheimischen gesprochen hat, entlarvt das ganze also als Märchen? Aha.

  • Tom, ich habe mich bei Google bis Seite 8 durch gearbeitet. Witziger Weise haben fast alle den gleichen Text und sind seit 1. Quartal 2008 wie Pilze aus dem Boden geschossen.


    Ich wüsste nicht, warum die Frau, eine Jourtnalistin lügen sollte. Sie bestreitet ja nicht, dass es sie gibt. Nur, eben, dass sie nicht wegen der Hungerwelle plötzlich erfunden worden sind.


    Andererseits kenne ich die hysterischen Kettenreaktionen bei Horrormeldungen aus dem Ausland.







    Edit: RS-Fehler und doppelte Verneinung entfernt

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    Grüßle, Heaven


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  • Gegen den Hunger auf der Welt gibt es SOILENT GREEN. :wave

    Ich mag verdammen, was du sagst, aber ich werde mein Leben dafür einsetzen, dass du es sagen darfst. (Evelyn Beatrice Hall)


    Allenfalls bin ich höflich - freundlich bin ich nicht.


    Eigentlich mag ich gar keine Menschen.