Robert WILSON: Der Blinde von Sevilla

  • Ich hab das Buch gestern Nacht durch gelesen und fand es super - volle Punktzahl. Ich hab fast 24 Stunden am Stück gelesen, so spannend und toll erzählt fand ich die Geschichte. Die zwei weiteren Bände mit Javier Falcón habe ich mir auch gleich bestellt.


    Den Einwand mit den vielen spanischen Ausdrücken kann ich verstehen. Mein Lesevergnügen hat es nicht getrübt, weil ich Spanisch spreche und es so noch mal extra interessant fand, aber wenn ich es z.B. Italienisch gewesen wäre, wäre ich doch genervt gewesen.

  • "The Blind Man of Seville" habe ich vor einigen Jahren gelesen, auch in der englischen Originalversion. Normalerweise lese ich Englisch so fließend wie deutsch, und bei englischem Original ziehe ich das immer vor, weil mich Übersetzungen oft wegen Holprigkeit nerven. Das Buch fand ich anfangs ziemlich sperrig zu lesen, die eingestreuten spanischen Ausdrücke haben den Lesefluss gestört, aber nachdem ich mich eingelesen hatte, war es OK.


    Die Geschichte an sich, auch in den zwei Zeitebenen, fand ich sehr spannend und ich habe das Buch an einem Wochenende gelesen. Das zweite Buch, "Die Toten von Santa Clara", hatte ich mir ausnahmsweise mal auf Deutsch gekauft, das subbt aber jetzt schon seit Jahren. :pille Sollte ich das mal erlösen?

  • "A Small Death in Lisbon" subbt schon genauso lange, oder sogar noch länger? :pille


    Meine ersten beiden Bücher, die ich von Robert Wilson gelesen hatte, waren aus der Reihe mit Bruce Medway, die sind anscheinend nicht übersetzt. Die Bücher spielen in Westafrika; Benin, Elfenbeinküste und Liberia. Mit diesen Ländern assoziiert man ja fast automatisch Korruption und Bürgerkrieg. Der Engländer Bruce Medway führt ein Expatriat-Leben in Afrika und macht Geschäfte mit allerlei zwielichtigen Gestalten. In "The Blind Man of Seville" fand ich die Atmosphäre in der zurückliegenden Zeitebene in Nordafrika sehr faszinierend, das ist ein bisschen vergleichbar mit der Atmosphäre hier.


    Da ich gerne Abstand zwischen mehreren Büchern eines Autors lasse, und ich einen nicht kleinen SUB habe, ist Robert Wilson da ein bisschen verlorengegangen. :rolleyes


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  • Ich habe "Der Blinde von Sevilla" gerade zum zweiten Mal gelesen und bin auch beim zweiten Mal geradezu atemlos von einem so berauschenden Lesevergnügen.


    Das Buch wimmelt nur so vor genialen Ideen, wie man sie sonst in Krimis selten findet. Das gehört für mich auch mal hervorgehoben: die äußerst ambitionierte Erzählweise. Ein Beispiel dafür ist die Schluss-Szene, in der der Ermittler zum ersten Mal seiner Haushälterin begegnet. Man muss sich das vorstellen - während der ganzen Zeit, die der Roman umfasst, besorgt diese Unbekannte namens Encarnacion (schon der Name ist genial gewählt) seinen Haushalt, kocht ihm das Essen, sorgt für alles, taucht aber nie selbst auf. Und am Ende, als Falcón gebrochen an Leib und Seele allein durch die Straßen wandert, taucht sie plötzlich aus einer Kneipe auf und fordert ihn auf, eine Sevillana mit ihr zu tanzen. Gott sei Dank tut er es, und im Tanz schüttelt er seine Verzweiflung ab.


    Das ist einfach nur phantastisch geschrieben, ein wunderbarer Schlusspunkt dieser insgesamt so niederdrückenden Ermittlung, der den Leser mit Falcón wieder aufatmen lässt. Und das ist nur ein Beispiel, ähnliche Szenen finden sich mehrfach. Sehr gut zum Beispiel auch die Schilderung des Toreros, obwohl er nur eine unwichtige Nebenfigur ist.


    Ich wollte, wir hätten mehr so gut geschriebene Krimis.


    Grüße von Zefira

  • "Der Blinde von Sevilla" erzählt vom grausamen Mord an einem Geschäftsmann. An einen Stuhl festgebunden wurden ihm die Augenlider abgeschnitten um ihn zu zwingen etwas anzusehen. Falcóns Ermittlungen treten auf der Stelle, seine persönliche Vergangenheit setzt ihm zu. Es geht ihm schlecht, er kann nicht mehr schlafen, hat Herzrasen.
    Mehr und mehr wird aus dem spannenden Krimi zusätzlich eine packende Geschichte der Familie Falcón, gespickt mit vielen geschichtlichen Einzelheiten und zusätzlichen Fragen. Was hat Falcóns Vater in Tanger erlebt? Warum war er unfähig weitere Aktbilder zu malen? Was hat Jimenez so erschrocken, dass er Hals über Kopf aus Tanger geflohen ist?


    Dieser Krimi hebt sich vom Durchschnitt ab, weil nicht wie gewöhnlich oberflächlich nach dem Mörder oder dem Mordmotiv gesucht wird, sondern auf mehreren Zeitebenen Spannung aufgebaut wird. Stellenweise wird das Buch recht schwer verdaulich und ist nichts für schwache Nerven.


    Die Recherchearbeit für dieses Buch ist bewundernswert, der Autor hat keine Mühe gescheut sich intensiv mit den verschiedensten Themen zu befassen: Sevilla mit seine Traditionen und Gebräuchen, Tanger, der spanische Bürgerkrieg, Kämpfe in Russland, Stierkämpfe ...
    Sehr gut gefallen haben mir auch die vielen spanischen Wörter, die immer wieder einfliessen. Nur die Strassennamen von Sevilla sind etwas überflüssig. Das ist nur interressant für Leser die sich sehr gut in dieser Stadt auskennen.


    "Der Blinde von Sevilla" ist ein intelligent geschriebener Krimi der auf zwei Zeitebenen spielt. Ich kann ihn nur empfehlen.


    9/10 Punkten