Winter in Madrid – C.J.Sansom

  • Diese Rezi bezieht sich auf die englische Ausgabe, ich hoffe aber für den Autor, dass auch dieses Buch von ihm bald ins Deutsche übersetzt wird. Verdient hätte er es.


    C.J.Sansom hat an der Universität in Birmingham u.a. Geschichte studiert. Nach einer Reihe von Jobs, auch als Anwalt, ist er mittlerweile ein Vollzeit-Schriftsteller und lebt in Sussex.


    Wie der Titel schon vermuten lässt, wir befinden uns in Madrid und es ist Winter. Der Winter des Jahres 1940, der Spanische Bürgerkrieg ist zu Ende, Franco an der Macht und die Menschen arm und verzweifelt. Steigt Spanien in dieser Situation noch in den Zweiten Weltkrieg ein, an der Seite von Deutschland?


    In diese unsichere Welt wird Harry Brett, traumatisierter britischer Veteran von Dünkirchen, als widerwilliger Spion rekrutiert für den Britischen Secret Service. Sein ehemaliger Mitschüler Sandy Forsyth ist mittlerweile ein zwielichtiger Geschäftsmann in Madrid und hat so in einigen Geschäften, u.a. mit den Falangisten, seine Finger drin. In Madrid soll Harry nun, getarnt als Dolmetscher für die britische Botschaft, Sandy und seine Kontakte ausspionieren, um eben für England zu erfahren, ob General Franco Spaniens Neutralität aufgeben wird und in den Krieg eintreten will.


    In Madrid trifft Harry aber nicht nur seinen alten Mitschüler Sandy sondern auch dessen Freundin Barbara, die wiederum mit einem anderen Freund der beiden, Bernie Piper, liiert war. Bevor dieser, als überzeugter Kommunist bei der Internationalen Brigaden im span. Bürgerkrieg aktiv, nun als "vermisst, vermutlich tot" geführt wird. Barbara glaubt nicht, dass Bernie tot ist und begibt sich auf die Suche nach ihm


    In all dies wird Harry hineingezogen, es sieht sich mit seinen Erinnerungen aus der Schulzeit und aus zwei früheren Aufenthalten in Madrid konfrontiert.


    Wie schon in seiner Matthew Shardlake Reihe schafft es Sansom sehr bildlich, die Geschehnisse zu beschreiben. Man spürt die Kälte des Winters, die Armut, die Verzweiflung der kleinen Leute. Dies ist kein auf Verfilmung ausgelegter Action-Thriller, Sansom nimmt sich Zeit. Er nimmt sich Zeit für seine Figuren, für die Treffen von Harry und Sandy, wie sich Vertrauen und Misstrauen aufbauen. Er nimmt sich Zeit für Rückblenden, in die Internatszeit der drei Jungs, in die Zeit des Bürgerkriegs. Er nimmt sich Zeit für alle politischen Positionen, die der Briten, die der Kommunisten, die der Atheisten, die der bürgerlichen (Bildungs-) Elite und der Arbeiterklasse.


    Mir hat diese Geschichte sehr gut gefallen, sie war großartig und einwandfrei geschrieben und wird daher – am letzten Tag des Monats – noch zum Monatshighlight erkoren. Die Geschichte hat alles, was ein guter Roman für mich braucht: sympathische und unsympathische Figuren, für die sich der Autor Zeit nimmt, Geschichte (deswegen die Einordnung in diese Kategorie), Politik, Spannung (wenn auch eher im letzten Drittel) und eine nicht überwältigende Liebesgeschichte und ein realistisches Ende. Dann noch ein paar sympathische schrullige Figuren, wie den Atheisten Vincente und da das ganze dann noch im für mich immer interessanten Madrid spielt, ist die Punktzahl wohl klar: 10 Punkte.


    P.S.: Auf der Amazon-Seite steht, dass das Buch 200 Seiten hat. Gelogen. Meines hatte 540!!! :zwinker Ich beantrage mal eine Änderung bei Amazon.

  • Frau Uert, das wünsche ich mir auch, eine Übersetzung ins Deutsche, Spanisch ginge auch, Englisch ist leider für mich ein NoGo...


    Danke für die Rezi!

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Zitat

    Original von buzzaldrin


    Mein Kalendar bietet mir noch einen 31. an ... ;-)


    Ist mir dann später auch aufgefallen. Aber ich woll'ts nicht mehr ändern, bisschen Amüsement muss hier ja auch sein :lache

  • Zitat

    Original von uert


    Spanisch gibt's :zwinker


    Definitiv ein Fall für Fnac beim nächsten Mal Madrid!


    Und das sicher nächstes Jahr, ich hab so eine Art Heimweh...

    :lesend Anthony Ryan - Das Heer des weißen Drachen; Navid Kermani - Ungläubiges Staunen
    :zuhoer Tad Williams - Der Abschiedsstein

  • Ich sollte mir das Lesen von Rezis abgewöhnen :rolleyes. Danke für dieses ausführliche Loben des Buches, es brüllt mich jetzt förmlich an: "Kauf mich!" - lange dauert das sicher nicht mehr, denn es klingt sehr viel versprechend! :-]

  • Zitat

    Original von Pelican
    Denkst Du, daß aus diesem hier auch eine Reihe wird?


    Nein, ich denke, das bietet sich hier nicht an. Bei mir blieben am Ende zwar ein, zwei kleine Frägelchen offen, aber das ist halt so und nicht Stoff für einen weiteren Teil. Sach ich ma so :zwinker