Madame Cottard und eine Ahnung von Liebe - Rainer Moritz

  • # Gebundene Ausgabe: 224 Seiten
    # Verlag: Piper Verlag GmbH (9. Oktober 2009)
    # Sprache: Deutsch
    # ISBN-10: 3492053580
    # ISBN-13: 978-3492053587
    # Größe und/oder Gewicht: 21,2 x 13,4 x 2,8 cm


    Klappentext


    Nathalie Cottard verehrt französische Chansons, telefoniert einmal die Woche mit Maman und schätzt Männer, die in ganzen Sätzen mit ihr sprechen. Wenn sie sich morgens auf den Weg in ihre Buchhandlung macht, nimmt sie nie denselben Weg. Sie liebt es, schöne Boutiquen zu entdecken, unbekannte Fassaden zu betrachten. Darüber hinaus verläuft ihr Leben in ruhigen Bahnen. Irgend etwas aber scheint ihr Kummer zu bereiten. Denn warum sonst hätte ein kleiner Wasserschaden in ihrem Appartement sie so aus der Fassung bringen sollen? Überraschenderweise bietet ihr deutscher Nachbar ihr Hilfe an. Er ist ihr nie sonderlich aufgefallen. Was kann man von einem Mann, der seine Tage als Korkenverkäufer verbringt, auch groß erwarten? Doch da soll sich Nathalie Cottard ausnahmsweise täuschen.


    Autor


    Rainer Moritz, 1958 in Heilbronn geboren, ist seit vielen Jahren Mieter eines Appartements in Paris und lebt in Hamburg. Nach Büchern über Musik, Sport und Literatur, zuletzt im Piper Verlag Die Überlebensbibliothek und Ich Wirtschaftswunderkind , ist Madame Cottard und eine Ahnung von Liebe sein erster Roman.


    Meinung


    Was für ein schönes Buch!


    Lange habe ich nach so einer wunderbaren Liebesgeschichte gesucht.


    Ohne Kitsch ubnd Geschnörkel erzählt Rainer Moritz parallel wechselweise von Kapitel zu Kapitel von zwei Mietern in einem Pariser Mehrfamilienhaus (allein dies ist so liebevoll erzählt, dass man die Pariser Atmosphäre regelrecht spüren kann), nämlich dem Deutschen Robert Bernthaler und der Französin Nathalie Cottard.


    Beide sind sich wohl schon begegnet, haben sich aber noch nie richtig wahrgenommen - bis ein Wasserrohrbruch Nathalies Wohnung vorrübergehend unbewohnbar macht. Robert bietet ihr seine Hilfe an und es entwickelt sich eine wunderbare Liebesgeschichte, die überaus sensibel und unaufgeregt erzählt wird.
    Man fiebert richtig mit den beiden mit, weil sich jeder, auf seine Art, in der Vergangenheit enttäuscht, mit Vorbehalt an dieser Herausforderung heranwagt.
    Beide Blickwinkel, der weibliche und der männliche, sind sehr einfühlsam beschrieben und man wird "auf keine Seite" gezogen. Der Leser beobachtet aus Distanz und doch mit ungeheurer Nähe zum Detail die schrittweise Annäherung der beiden.
    Aus dieser Geschichte spricht sehr viel emotionaler Sachverstand und Lebensweisheit des Autors.


    Außerdem sprüht der Roman vor Liebe zu Paris im Allgemeinen und zur Kultur im Besonderen. Dies verpackt der Autor in seinen Protagonisten: Robert, der Angestellte im Verkauf für Flaschenkorken mit einer Leidenschaft für Kunst und Nathalie die Buchhändlerin aus Leidenschaft.


    Außerdem ist das Buch sprachlich auf hohem Niveau und sehr humorvoll geschrieben; vor allem die Zustände im Mietshaus in dem die Concierge, die in ihrer "Kommandozentrale" regiert und im Haus für Ordnung sorgt, was die Müllcontainer und die Disziplin der Mieter betrifft, lässt einen schmunzeln.


    Fazit: ein wunderschönes Buch über Paris und die Liebe, ohne Klischees und Kitsch. Herrlich aus dem Leben gegriffen und humorvoll.

  • Danke für die schöne Rezi, Anton. Ich hatte es schon mal im Auge gehabt, stand irgendwo bei den Neuerscheinungen. Nun will ich es haben und lesen :-).

    Liebe Grüße, Sigrid

    Keiner weiß wo und wo lang

    alles zurück - Anfang

    Wir sind es nur nicht mehr gewohnt

    Dass Zeit sich lohnt

  • Meine Rezension
    Die beiden sind ein wenig schrullige Einzelgänger und wohnen nebeneinander, ohne sich groß zu beachten. Doch bei einem Wasserschaden in ihrer Boutique lernen sie einander kennen: Madame Nathalie Cottard, die Buchhändlerin und Monsieur Robert Bernthaler, der Korkenkaufmann. ;-)


    In einem – für ihn selbst völlig überraschenden – Anfall der Spontaneität bietet er ihr an, sie für eine Nacht zu beherbergen und sie geht ebenso spontan wie überrascht darauf ein. Er besorgt Wein und Snacks und die beiden verbringen einen angenehmen Abend miteinander.


    Ein Abend, der beiden so gut gefallen hat, dass ihm weitere Verabredungen folgen und eine zarte Liebesgeschichte entspinnt sich langsam…


    Es hat mir sehr gut gefallen, wie hier die sich langsam entwickelnde Geschichte zwischen einem Mann und einer Frau, die beide nicht (mehr?) die Liebe auf ihrer Rechnung hatten, erzählt wird. Beide sind scheu und ein wenig schrullig, aber nette Protagonisten, über die man gerne liest.


    Wer hier große Dramen erwartet, wird enttäuscht sein, das Buch ist eines der leisen Töne. Mir hat es gut gefallen.


    Was ich wirklich grandios fand: Robert ist ein großer Sammler von Stillleben-Kunstpostkarten. Besonders Georg Flegel hat es ihm angetan. Ich habe noch nie was von ihm gehört und mir schon vorgenommen, mal zu googeln.


    Dieser Tage bekam ich eine Postkarte (nein, kein Stilleben) – aber die Briefmarke zeigte genau das Motiv, das im Buch auf ca. S. 120 eine Rolle spielt.


    Sehr schön beschrieben fand ich auch die Pariser Örtlichkeiten. Einige Ecken kannte ich noch, andere – wie z.B. die Friedhöfe, die im Buch vorkommen, habe ich mir ergoogelt.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Vielen Dank für eure Rezis, Anton und Batcat.
    Beide sind so überzeugend dass ich das Buch gleich auf meine WL gesetzt habe. :wave

    Herzlichst, FrauWilli
    ___________________________________________________
    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich bin gespannt, wie Euch diese kleine, leise Liebesgeschichte gefällt.


    Ich war wirklich hin und weg und auch die Beschreibungen der Stadt und des Mietshauses, wie Anton ja ebenfalls bereits schrieb, waren einfach nur schön zu lesen. :-]

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Klingt ziemlich gut, was ihr zwei da schreibt!


    Aber hmmmm, ist das Buch sehr "französisch"? Ich weiß, es ist ein deutscher Autor, aber Frankreich, französische Namen, Filme etc. ist nicht so meines.


    Ich meine, dass sich das in einem Buch, welches in Paris spielt nicht vermeiden lässt, ist mir schon klar ;-), aber wenn auch der Stil der Geschichte sehr französisch ist, dann wäre es vielleicht doch nichts für mich.


    Versteht einer, was ich meine? :pille

  • Türmchen,


    ich habe mein Problem mit vielen Übersetzungen von französischen Autoren, die sind mir zu "französisch", sie lesen sich irgendwie... eckig.


    Aber bei diesem Buch war das überhaupt nicht so, es läßt sich schön und gemächlich lesen.


    Die Dialoge sind ohne ""-Zeichen. Ich hatte erst die Befürchtung, das würde mich stören, aber sie waren dennoch angenehm zu lesen.

    Lieben Gruß,


    Batcat


    Ein Buch ist wie ein Garten, den man in der Tasche trägt (aus Arabien)

  • Das Buch ist gelesen und ich kann mich euren positiven Meinungen nur anschließen.


    Eigentlich passiert nichts, wenn man's mal ganz genau nimmt. Es treffen sich zwei erwachsene Menschen, beide haben Beziehungen hinter sich, aus denen sie gelernt haben, sind aber nicht verbittert oder sonstwie einer weiteren Beziehung abgeneigt. Sie mögen sich, lernen sich schnell näher kennen und verlieben sich. Das war's. Es gibt keine weiteren Affären und auch Leichen im Keller sucht man vergeblich.
    Trotzdem, das Kennenlernen, die Gedanken der Einzelnen und ihr Umgang miteinander sind äußerst humorig, sehr gut beobachtet und kurzweilig beschrieben.


    Was auch mir besonders gefallen hat an diesem Buch ist, dass der Autor einen großen Hauch französischer Kultur vermittelt. Wir lesen viel über Kunst, wegen Robert, und viel über Literatur - insbesondere Colette -, wegen Nathalie. Und natürlich auch die Liebe zu Frankreich im Allgemeinen und Paris im Speziellen liest sich aus fast jeder Zeile heraus.


    Fazit: Nichts Spannendes, aber eine kulturvermittelnde, sehr nette und kurzweilige Geschichte, mit charmantem Humor.


    Batcat : Ich habe Georg Flegels Bilder mal nachgegoogelt:
    Hier gibt es eine Kurzbiografie
    und hier ein paar Stilleben von ihm zum Anschauen.

  • Gut hat es mir gefallen. Die etwas andere Liebesgeschichte. Eine Prise Humor, eine Prise Herzsenswärme und alles ohne kitschig zu wirken.


    Gute acht Punkte von mir

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein

  • Ich bin zufällig drüber gestolpert und das Buch passt genau zu meinem "französischen" Geschmack. Ich lese gerne solche leisen und leichten Liebesgeschichten, die so herzlich sind und so ehrlich mit ihren Protagonisten umgehen, keine Schwulst, keine ewigen Schwüre und Bindungen, die bis über den Tod hinaus ..., nein, die beiden sind sich anfangs noch nicht mal sicher, ob sowas überhaupt klappen kann. Ich finde das Buch realistisch und einfach schön. Beim lesen merkte ich gar nicht, dass der Autor kein waschechter Franzose ist. Und Paris erlese ich immer wieder gerne, wenn ich denn schon kein zweites Mal hinkomme.

  • Sehr schönes Buch, leider sehr schnell ausgelesen. Unaufgeregt treffen hier zwei Menschen aufeinander, die eigentlich gar nicht wirklich auf der Suche waren. Noch dazu spielt das Buch in Frankreich - als ich es gelesen habe, war ich in Italien. Am liebsten wäre ich direkt nach Paris gefahren.


    9 Pkt

  • Die Rezensionen von Anton und Batcat haben mich so gereizt, dieses Buch zu lesen, nun hab ich es getan. Ich kann mich den lobenden Worten voll und ganz anschließen.
    Allerdings hat mich die fehlende Strichelei bei der wörtlichen Rede gestört.
    Und einige Fehler in der Groß- und Kleinschreibung der Personalpronomen
    z.B. S. 142:
    Ob *S*ie sich vor dem Tod fürchte, fragte Robert...
    Zudem war für mein durch einen verdorbenen Magen etwas eingeschränktes Befinden ein wenig zu häufig von Essen die Rede, besonders die ausführlich beschriebene Abneigung Madame Cottards gegen glibberige Austern... nunja, .... :grin Aber das gute Essen gehört wohl neben der Liebe zu Paris wie das schlechte Wetter und die Wachablösung zu London.
    Danke für die Flegel-links, Sue-Town!! :knuddel1 :anbet
    Ob ich den als Leseprobe angefügten zweiten Teil ganz lesen möchte, weiss ich noch nicht. Einerseits interessiert mich dieser Autor jetzt sehr, andereseits möchte ich diese Geschichte "einfach so stehen lassen".
    Aber er hat ja noch anderes geschrieben...
    :wave

    “Lieblose Kritik ist ein Schwert, das scheinbar den anderen, in Wirklichkeit aber den eigenen Herrn verstümmelt.”Christian Morgenstern (1871 – 1914)

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