'Hard-boiled Wonderland und das Ende der Welt' - Kapitel 01 - 12

  • Ich hab mal eben bis Seite 108 gelesen (Kapitel 7). :lache Ich verstehe immer noch nicht viel, aber es flutscht ganz gut, dafür, dass ich noch nicht wirklich weiss, worum es geht. :lache


    Ich wollte nur mal kurz einwerfen, dass das Cover ja wohl eins der hässlichsten ist, die ich jemals gesehen habe. Ohne die Leserunde hier hätte ich das Buch nie gekauft. Ok, "never judge a book by its cover", aber trotzdem frag ich mich, was sich der Verlag dabei gedacht hat - allein schon dieses Kind... :wow


    lg Iris

  • Zitat

    Original von Delfin
    Ok, "never judge a book by its cover", aber trotzdem frag ich mich, was sich der Verlag dabei gedacht hat - allein schon dieses Kind... :wow


    Da ist dem Gestalter offenbar eine Panne passiert. Es handelt sich eindeutig um May Kasahara aus Mr Aufziehvogel! :grin

  • *buchverschling*


    Ich bin ganz begeistert. Bin jetzt in Kapitel 12. Ich hätte ja nie gedacht, dass mir das Buch gefallen könnte. Mir ist aufgefallen, dass das Buch anscheinend direkt vom Japanischen ins Deutsche übersetzt worden ist. Das ist gut, denn ich hab auch schon Bücher gelesen, bei denen über den Umweg der englischen Übersetzung gegangen wurde und da bleibt dann wohl nicht viel vom eigentlichen Buch übrig.


    Ich bin irgendwie total gespannt, wie sich alles am Ende auflöst und leg mir wie wild Theorien zurecht. Meine erste Theorie, mit der ich Iris schon am Wochenende genervt habe, hab ich schon wieder über den Haufen geworfen. :lache


    Die Prozedur des „Waschens“, so wie der Protagonist sie auf Seite 48 beschreibt, halte ich neurophysiologisch gesehen für Bullshit. Bewusstes Hin- und Hertransportieren von der rechten in die Linke Hirnhälfte und wieder zurück - das geht so nicht. Im Grunde müsste er schon Schwierigkeiten haben, überhaupt einen Datensatz, den er von einem Blatt Papier abliest, nur in eine Hirnhälfte zu bekommen, denn jedes Auge hat Verbindung zu beiden Hirnhälften, da hilft also noch nicht mal, ein Auge zuzuhalten. Und dann gibt es ja auch noch einen ständigen Austausch zwischen den Hirnhälften, den man schlecht verhindern kann, außer man trennt den Balken durch (das wurde früher bei Epileptikern gemacht, damit ein Krampfanfall nicht von einer Hirnhälfte auf die andere überspringen kann). Dann gibt es allerdings gar keinen Austausch mehr zwischen linker und rechter Hirnhälfte, dann weiß die Linke sozusagen nicht, was die Rechte tut. :lache In Versuchen kann man dann zum Beispiel einer Person einen Gegenstand in die linke Hand geben, den sie nicht sehen kann, dann geht die Info in die rechte Hirnhälfte (immer auf die andere Seite) und sie kann den Gegenstand nicht benennen, weil die linke Hirnhälfte für Sprache zuständig ist und die rechte Hirnhälfte den Gegenstand zwar registriert aber keine Ahnung hat, wie er heißt. Klingt komisch, im richtigen Leben merkt man das den Leuten aber nicht unbedingt an.


    lg Iris

  • Ich hab grad mal das erste Kapitel gelesen. Hab zwar noch keinen blassen Schimmer, worum es in dem Buch gehen wird (eh klar), bin aber jetzt schon begeistert vom Schreibstil. Hab schon auf den ersten Seiten gelacht und freu mich schon sehr auf den est des Buches.
    Ach ja: ich bin auch sofort reingekommen in die Geschichte, obwohl ich erst am Anfang stecke, hat mich das Buch schon gefesselt, was in letzter Zeit nicht so oft der Fall war.


    Lg,

  • Ich bin ca. bei Seite 70, weil ich die letzten zwei Tage viel unterwegs war (sowas, jetzt komm ich noch nicht mal im Urlaub zum Lesen).


    Mir geht's wie Euch, ich weiß irgendwie noch nicht so recht, was das alles soll.


    Aufgrund der sprachlichen Gestaltung habe ich aber keine Einleseschwierigkeiten.


    Ein wenig Konzentration erfordert das Buch allerdings schon. Das letzte Kapitel habe ich spät nachts gelesen und am nächsten Tag festgestellt, daß ich es vielleicht doch nochmal lesen sollte....



    @ Delfin
    auch wenn's eigentlich nicht möglich ist hirnhälftengetrennt zu denken, die Idee finde ich gut.


    Bye
    Pelican :wave

  • Ich komme derzeit auch kaum zum lesen ...


    Der Einstieg hat mir extrem gut gefallen. Tolle Sache, dieser Aufzug!


    Spannend finde ich die zahllosen Bezüge zu anderen Romanen von Murakami; vieles, was hier auftaucht, ist z.B. in Mr Aufziehvogel wiederaufgenommen worden, z.B. die Schilderung der Umgebung, die an die Büros von "Muskat" und "Zimt" (Mr Aufziehvogel) erinnert, die Tatsache, daß der Protagonist durch einen winzigen Schritt -- hier durch eine Art Fenster, in Mr Aufziehvogel durch die Wand z.B. eines Brunnens -- offenbar zwischen verschiedenen Realitäten bzw. Realitätsebenen wechselt.


    Iris, an deiner Deutung des Stadtplans halte ich tw. trotzdem fest! Es mag sein, daß es sich nicht um eine vollständige Übereinstimmung handelt, aber nach einem Blick in den Rauber/Kopsch denke ich, daß Murakami sich zumindest daran angelehnt hat.
    Was denkt denn die Seelenspezialistin über die Einhörner ... :wave


    Ich halte dieses Hin- und Herschaufeln der Zahlen grundsätzlich auch für Unsinn, aber es ist eine witzige Idee. Ich verstehe überhaupt nicht, was es mit dem Datenwaschen und dem "Shuffling" auf sich hat ...

  • Das Datenwaschen ist doch eine Kodiermethode, oder nicht. Man speist die Daten in die rechte Hirnhälfte ein, weist den einzelnen Zahlen irgendwelche Symbole zu, dann schiebt man die transformierten Daten (also die Symbole) in die linke Hälfte, weist diesen dann wieder Zahlen zu (aber natürlich andere, als die Ausgangszahlen) und dann schiebt sie wieder zurück in die rechte Hirhälfte und tippt sie aus.


    Zum Decodieren braucht man dieselbe Person und zwar beide Hirnhälften, weil nur das gesamte Hirn derselben Person den Vorgang rückgaengig machen kann. Oder?
    Lustig find ich dann aber, dass die ach so geheimen Zahlen als Listen ausgetippt herumliegen. :lache


    lg Iris


    PS: @ Iris


    Bei den Einhörnern dachte ich ja, dass es Gedanken sind. Nachts, wenn man schläft, werden die Gedanken aus der "Stadt" getrieben und tagsüber lässt man sie wieder rein. Die Stadt lebt trotzdem nachts weiter, deshalb bleiben die anderen Bewohner auch drin und sind ggf. aktiv. Unser Hirn ist ja im Grunde auch im Schlaf aktiv und unbewusste Dinge, werden weiterhin geregelt (z.B. Atmung), aber wir denken nicht bewusst über etwas nach, wenn wir schlafen. Ist aber nur eine Idee von mir, würde mich nicht wundern, wenn ich völlig falsch liegen würde... :lache

  • Öhhmmm ... das würde ich jetzt spontan als Reflexion bzw. Nachdenken deuten ... Meiner Vorstellung nach gibt es ohne Denken keine Träume, denn auch Träume folgen den Regeln des Denkvermögens des Träumenden ... glaube ich.
    Das ist aber vermutlich nur eine Begriffsfrage ...

  • *wühl*


    Im Wachzustand kann man im EEG Alpha-Wellen (8-13 Hz) feststellen. Im REM-Schlaf, der auch gerne als Traumschlaf bezeichnet wird, träumt man aktiv handelnd und emotional, aber im Unterschied zum Wachzustand gibt es hier vorwiegend Theta-Wellen (4-7 Hz). In den übrigen Schlafphasen wird abstrakt-gedanklich geträumt, da sieht man überwiegend Delta-Wellen (0.5-3 Hz) und Theta-Wellen.
    Also unabhängig davon, was man traeumt, der Traumzustand unterscheidet sich im EEG auf jeden Fall vom Wachzustand.


    :gruebel


    lg Iris

  • BTW:


    Der Song "The End of the World" aus dem eine Strophe zitiert wird, wurde von den Carpenters aufgenommen. Den gesamten Text findet Ihr untenstehend.


    Bye
    Pelican :wave




    Why does the sun go on shining?
    Why does the sea rush to shore?
    Don't they know it's the end of the world,
    `cause you don't love me anymore?


    Why do the birds go on singing?
    Why do the stars glow above?
    Don't they know it's the end of the world?
    It ended when I lost your love.


    I wake up in the morning and I wonder why ev'rything's the same as it was.
    I can't understand, no I can't understand, how life goes on the way it does!


    Why does my heart go on beating?
    Why do these eyes of mine cry?
    Don't they know it's the end of the world?
    It ended when you said good-bye.

  • *wildeTheorienentwickel* :lache


    Mir kam plötzlich gestern eine Idee zum Traumlesen:


    Seite 56:


    Zitat

    „Wenn du deine Arbeit als Traumleser beendet hast, werden die Narben von selbst verschwinden“ sagte der Wächter“, während er das Messer und das Tellerchen wegräumte. „Das heißt, sie sind sozusagen Erkennungszeichen des Traumlesers.“


    Da musste ich ja an den größten Traumleser aller Zeiten denken: Siegmund Freud. Die Psychoanalytische Therapie meint (stark vereinfacht ausgedrückt), dass Symptome (= Narben?) irgendwann von alleine verschwinden, wenn man all die verdrängten Konflikte, unerlaubten Triebimpulse und traumatischen Erlebnisse aus seinem Unterbewusstsein hervorgekramt und durchgearbeitet hat. Und der Königsweg („Via Regio“) zum Unterbewusstsein sind laut Freud unsere Träume. Eine anderer Weg zum Unterbewusstsein sind freie Assoziationen, deswegen legt man die Leute auf die Couch und lässt sie labern, was ihnen grad einfällt.


    Seite 57


    Zitat

    Auf der Theke liegen ein paar silbrige Büroklammern herum. Ich nehme eine in die Hand und spiele ein bisschen damit, bis ich mich schließlich auf einen der Stühle am Tisch setze.


    So richtig kann er mit den Büroklammern noch nichts anfangen, aber da gibt es schon eine gewisse Verbindung zu den Büroklammern im Zimmer des Professors, die im Kapitel 1 erwähnt werden, es muss nur noch klicken. Das taucht später öfters mal auf, dass er sich an irgendetwas erinnert fühlt, aber nicht schafft, die Verbindung zu ziehen zwischen Hard-boiled Wonderland und dem Ende der Welt.


    Also meine Theorie ist im Moment, dass in diesen Schädeln unbewusste Dinge abgespeichert sind und das ist laut Freuds Topographischem Modell unterer anderem die Persönlichkeitsgrundlage und dass sich unser Held einen Teil des Zeugs so langsam durch die Traumleserei zurückholt. Dass er damit nie fertig werden kann, passt im Grunde auch, Freud meint ja, dass bewusste Prozesse nur die Spitze des Eisberges sind und der größte Teil unter der Wasseroberfläche liegt.


    Lg Iris

  • Ach mir ist das schon peinlich - denk ich nicht zu biologisch?


    Ich hab noch ne Idee... :rolleyes


    Ich denk ja immer noch, dass es sich bei der Stadt um den Kortex (das Großhirn) handelt, wobei ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich die einzelnen Gebäude richtig zugeordnet hab (das ist das, wovon Iris im Beitrag vor mir spricht, ich hatte meine Idee an sie gemailt).


    Ich hab nun irgendwie das Gefühl, dass die Mauer die Blut-Hirnschranke sein könnte. Die Blut-Hirnschranke verhindert, dass giftige Substanzen, Viren und Bakterien das Gehirn erreichen können. Sie ist also eine Schutzfunktion des Gehirns. Andererseits stellt sie die Pharmakologie vor einige Probleme, es ist nämlich gar nicht so einfach Medikamente zu entwickeln, die die Blut-Hirnschranke überwinden können.


    Auf Seite 139 wird die Mauer beschrieben:


    Zitat

    “Sieh dir das an“, sagt der Wächter. “Fugen gibt es zwischen den einzelnen Steinen nicht – diese Ziegel haben so was nämlich nicht nötig. Sie sind genau eingepasst, dass nicht mal ein Haar dazwischen Platz finden würde.“


    Die Undurchlässigkeit der Blut-Hirnschranke wird durch so genannte „tight junctions“ (= enge Verbindungen) erreicht. Normalerweise gibt es zwischen Zellen kleine Zwischenräume, durch die alles Mögliche diffundieren kann.
    Bei der Blut-Hirnschranke gibt es Verbindungsleisten, eben diese „tight junctions“ die den Raum zwischen den Zellen so stark verkleinern, dass nur noch sehr kleine Moleküle durchkommen.


    Die Blut-Hirnschranke ist nur an zwei Stellen offen...


    Zitat

    (Seite 139)“Sieben Meter hoch, umschließt die ganze Stadt. Nur die Vögel können sie überwinden. Kein Ein- und Ausgang außer dem Tor hier. Früher gab es noch ein Osttor, aber das ist jetzt zugemauert. Sie ist aus Ziegelsteinen, aber was für welchen – sieh sie dir an! Nichts und niemand schafft es, sie zu durchbrechen oder auch nur anzukratzen.“


    Da hab ich auch gleich eine Idee zum Fluss…aber anderes Thema.


    Lg Iris

  • Zitat

    Original von Delfin
    Ach mir ist das schon peinlich - denk ich nicht zu biologisch?


    Finde ich überhaupt nicht! Ich habe den Eindruck, daß Murakami naturwissenschaftliche und technische Dinge metaphorisch in utopische Umgebungen transformiert.
    Deshalb finde ich Informationen von Leuten, die sich da auskennen, ungemein spannend! :wave


    Zitat

    Ich denk ja immer noch, dass es sich bei der Stadt um den Kortex (das Großhirn) handelt, wobei ich mir nicht mehr sicher bin, ob ich die einzelnen Gebäude richtig zugeordnet hab (das ist das, wovon Iris im Beitrag vor mir spricht, ich hatte meine Idee an sie gemailt).


    Sei doch nicht so schüchtern!!! :knuddel1


    Zitat

    Ich hab nun irgendwie das Gefühl, dass die Mauer die Blut-Hirnschranke sein könnte.


    Auf die Idee bin ich auch gekommen, ich hätte es aber nicht erklären können, weil mir einfach die Kenntnisse fehlen. Danke dir!! :anbet

  • Also das ist meine ursprüngliche Idee (nach zwei Kapiteln) zur Karte, die ich Iris gemailt hatte. Ich bin mir wegen der einzelnen Funktionen nicht mehr so sicher...


    Ich hatte die Idee, dass die beiden durch den Fluss geteilten Haelften der Stadt unsere Hirnhälften symbolisieren. Problem war nur, ich hatte das Buch immer so gehalten, dass das Tor oben ist, weil ich dachte, das seien die Augen. Mich hat dann aber immer gestört, dass dann die Bibliothek rechts ist, was ja falsch wäre, da Sprache ja links lateralisiert ist. Und plötzlich mitten in der Nacht fiel mir geniale Lösung ein: Man kann das Buch auch andersherum halten, so dass das Tor unten ist und dann ist die Bilbliothek links. :lache Musste dann gleich aufstehen und mir noch mal anschauen, wie das noch mal in den Hirnhälften war:


    Linke Hemisphäre:


    - Sprache = Bibliothek
    - Logisches Denken/mathematische Kalkulationen: könnten die alten Kasernen sein (weil Militär = strategisches Denken)
    - Nordwald = Olfaktorischer Kortex, rechtes Nasenloch
    - Hochsitze = von da aus hat man eine Aussicht, also Visueller Kortex, gibt’s eigentlich auf beiden Seiten, aber egal


    Rechte Hemisphäre:


    - Versteht nur einfache Sprache und reagiert nur auf einfache sprachliche Befehle Arbeiterviertel (oder ganz gemein: Beamtenviertel)
    - Räumliches Denken = Fabrikgelände (da wird was konstruiert)
    - Mustererkennung = Beamtenviertel (arbeiten nach einfachen, sich wiederholenden Schemata, sehr gemein von mir)
    - Ostwald = Olfaktorischer Kortex, linkes Nasenloch


    Die Wachhütte ist der Thalamus. Der Thalamus ist nämlich sozusagen die Vorzimmerdame des Kortex, er entscheidet, wer rein darf.


    Der Uhrturm könnte der der Nucleus Suprachiasmaticus sein, dass ist ein Kern im Gehirn, der die Funktion einer innere Uhr übernimmt.


    Die Brücken dienen der Kommunikation zwischen den beiden Hirnhälften, wir haben im Gehirn da den Balken (Corpus Callosum).


    Und dann stand noch irgendwo, find es aber nicht wieder, in einer Rezension glaub ich, dass die Einwohner der Stadt keine Gefühle haben. Das ist auch so. Die Gefühle finden ja subkortikal im Limbischen System statt, also nicht nur - mein Prof. würde mich erschlagen *umschau*...vereinfacht ausgedrückt halt.


    lg Iris