Die fliegenden Trautmans - Miriam Toews

  • Verlag: Berlin Verlag
    Gebundene Ausgabe: 255 Seiten
    Originaltitel: The Flying Troutmans
    übersetzt von Christiane Buchner


    Kurzbeschreibung/Klappentext:


    Als Hattie den Anruf erhält, ist klar, dass sie ihr ungezwungenes Leben in Paris aufgeben muss. Statt Touristen an der Seine zu porträtieren und ihren Freund Marc anzuhimmeln, kehrt sie zurück nach Kanada, um sich um die Kinder ihrer Schwester zu kümmern. Min muss schwer depressiv in eine Klinik eingeliefert werden, und Hattie soll Ersatzmutter für die elfjährige Thebes und den fünfzehnjährigen Logan spielen. Nicht nur, dass sie sich dieser Aufgabe nicht gewachsen fühlt, es geht auch wirklich alles schief. Logan fliegt wegen Kontakt zu Gangmitgliedern von der Schule, Thebes färbt sich die Haare lila und kommuniziert nur noch in Hiphopslang. Hattie entscheidet schnell, dass sie sich aus dem Staub machen und den verschollenen Vater der beiden suchen werden.
    Auf diesem anarchischen Roadtrip übernachten sie in schäbigen Motels, begegnen kuriosen Typen, geraten in eine Schlägerei, vor allem aber beginnen sie zu reden, wirklich miteinander zu reden, einander Geschichten zu erzählen, und wachsen so, während der Wagen Kilometer um Kilometer frisst, zu einer schrulligen kleinen Patchworkfamilie zusammen.



    Autor


    Miriam Toews wurde 1964 in Steinbach geboren, einer Mennonitengemeinde in der kanadischen Provinz Manitoba. Sie studierte Geisteswissenschaften und Journalismus und lebt heute als Journalistin und Autorin in Winnipeg.


    Meinung


    Das Buch hat mich von der ersten Seite an begeistert. Nicht nur allein die komische und doch traurige Handlung, die zum Teil verrückten Gestalten und seltsamen Begebenheiten, die den Figuren widerfahren, haben Eindruck hinterlassen, sondern vor allem auch die humorvollen Dialoge zwischen den Figuren, die einfallsreichen Vergleiche der Autorin und ihr gerader Stil haben mich überzeugt.
    Die Autorin schafft es mit einem Augenzwinkern und einem sehr liebevollen Ton, die Schwächen und Fehler ihrer Figuren zu beschreiben, und sie trotzdem mit allem Respekt zu behandeln, so dass mir die Figuren schnell ans Herz gewachsen sind und ich mit ihnen und ihrem Abenteuer mitgefiebert habe.
    Auch die Rückblicke in Hatties Vergangenheit, in denen die Autorin von den Schwierigkeiten der Familie mit Hatties depressiver, psychotischer Schwester Min gibt, lesen sich authentisch.

  • Vielen Dank für deine schöne Rezi, Kristin.
    Das Buch ist wirklich sehr gut zu lesen und die Charaktere wachsen einem ganz schnell ans Herz. Ich habe es sehr gerne gelesen.

    Herzlichst, FrauWilli
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    Ich habe mich entschieden glücklich zu sein, das ist besser für die Gesundheit. - Voltaire

  • Ich kann mich Kristins Rezension anschließen: "Die fliegenden Trautmans" ist ein zugleich humorvolles und trauriges Buch mit tollen Charakteren, die einem schnell ans Herz wachsen und wirklich guten Dialogen. Einzig an den Schreibstil mußte ich mich erst gewöhnen, aber nach einer gewissen Einfindungszeit hat mir dieser road trip gut gefallen und ich hätte mir gewünscht, es wären ein paar Seiten mehr.
    Von Miriam Toews hatte ich zuvor bereits "Ein komplizierter Akt der Liebe" gelesen und auch mit diesem Buch hier konnte sie mich durchaus von ihrem Talent und ihrem Können überzeugen.

  • === Buchdaten ===


    Die fliegenden Trautmans – Miriam Toews
    254 Seiten, Hardcover
    Berlin Verlag, November 2008
    ISBN-Nr.: 3827008077


    Diese Ausgabe ist nur noch gebraucht erhältlich. Das Buch gibt es jedoch seit Februar 2010 auch für 9,95 Euro als Taschenbuch. Die ISBN-Nummer lautet 3833306408.


    === Über die Autorin ===


    Miriam Toews wurde in Steinbach geboren, einer Mennonitengemeinde im Staat Manitoba. Sie studierte Geisteswissenschaften und Journalismus und lebt heute als Journalistin und Autorin in Winnipeg, Kanada.
    (Quelle: buecher.de)


    === zum Inhalt ===


    Hattie ist Mitte 30 und lebt in Paris. Ihr Freund hat sie gerade sitzen gelassen, weil er in einem indischen Aschram seine innere Mitte finden will. Als sie einen Anruf ihrer Schwester Min erhält, steht schnell fest dass diese (mal wieder) in die Klinik muss. Hattie fliegt also nach Kanada um sich um ihre elfjährige Nichte Thebes sowie ihren fünfzehnjährigen Neffen Logan zu kümmern. Geprägt durch ein zusammenleben, mit einer Mutter die stets zwischen Depression und Wahnsinn, Leben und Suizid steht, sind Thebes und Logan keine normalen Teenager. Dies macht sie jedoch umso sympathischer. Vor lauter Verzweiflung, was nun zu tun ist, beschließt Hattie den Vater der Kinder zu suchen. Irgendwo in den USA soll er sich aufhalten. Die drei machen sich auf den Weg zu einem skurrilen Roadtrip quer durch Amerika, auf welchem der Leser sie begleitet.


    === meine Meinung ===


    Auf dieses Buch bin ich durch eine Rezension aufmerksam geworden. Rein vom Inhalt her hätte es mich auf den ersten Blick auch gar nicht so sehr angesprochen, wäre da nicht der kleine Hinweis gewesen, dieses Buch erinnere an den Film „little Miss Sunshine“. Da dieser Film zu meinen Lieblingsfilmen zählt, wollte ich auch das Buch lesen. Und einige Ähnlichkeiten sind in der Tat da: ein Roadtrip durch die USA mit individuellen, eigensinnigen Protagonisten, vom Leben geprägt und jeweils auf eine ganz eigene Weise damit umgehend.


    Der Schreibstil Miriam Toews war für mich zunächst etwas gewöhnungsbedürftig, da sie bei wörtlicher Rede keine Anführungszeichen verwendet hat. Dadurch habe ich jedoch aufmerksamer und konzentrierter gelesen. Das Buch ist voller kleiner Sätze und Andeutungen die nachdenklich machen und dazu anregen, Dinge im eigenen Leben zu überdenken. Durch das konzentriertere Lesen konnte ich diese Sätze und Andeutungen besser auffassen. Ansonsten war der Schreibstil jedoch sehr flüssig zu lesen, so dass ich mich gut in die Geschichte einfinden konnte. Oft hatte ich das Gefühl dabei zu sein, zu beobachten und mitzuerleben und nicht bloß zu lesen. Die Autorin hat auch immer wieder bildhafte Vergleiche gemacht, so dass gut zu verstehen war, was gemeint ist. Gerade wenn es um komplexere Gedanken der Protagonisten ging, fand ich dies hilfreich.


    Die Darstellung der Charaktere ist der Autorin sehr gut gelungen. Gerade ein Buch wie dieses kann man eigentlich nur lesen, wenn man die Personen mag und mit ihnen sympathisiert. Bei mir war dies der Fall. Ich fand die Schilderung der Charaktere sehr authentisch und bekam somit schnell ein Gefühl für sie. Für einige Leser sind die Charaktere, besonders der der Thebes sicherlich gewöhnungsbedürftig, deswegen empfehle ich dieses Buch auch nur Lesern, die Charaktere die von der Norm abweichen und nicht 08/15 sind mögen.


    Das Buch hat die unterschiedlichsten Gefühle in mir geweckt. Auf der einen Seite gab es immer wieder Stellen, die zum schmunzeln und zum Lachen waren. Dann gab es Stellen voller Ironie. Und wieder andere Stellen waren schwermütig, traurig und melancholisch. Manchmal folgen diese Gefühlswechsel recht schnell, sind dabei jedoch stets passend und zu keiner Stelle unglaubwürdig.


    Gewundert habe ich mich über Hatties Naivität, dass sie einfach losfahren, ohne sich zu informieren wo Cherkis, der Vater der Kinder, lebt. Es wurde nicht einmal gegoogelt, die Auskunft befragt oder ins Telefonbuch geschaut, sondern einfach ins Blaue auf Grund einer wagen Vermutung losgefahren. Dies fand ich unlogisch, im Laufe des Lesens habe ich es jedoch verstanden. Und in den Lauf der Geschichte und der Entwicklung die Hattie durchlebt, passt dies wunderbar rein.


    Die Themen, mit denen sich das Buch auseinander setzt, sind nicht schön. Aber sie sind wichtig, und wenn man in der Situation der Protagonisten ist, hat man sowieso keine andere Wahl, als sich damit auseinander zu setzen. Diese Themen werfen jedoch auch unweigerlich Fragen auf und ich habe viel darüber nachgedacht, wie ich in der entsprechenden Situation reagieren würde. Im Endeffekt kann man vorab so viel denken wie man will, wie man wirklich reagiert, wenn ein geliebter Mensch um Hilfe beim Sterben bittet, weiß man vorher wohl nicht.


    Das Buch zeigt jedoch auch wie Menschen reagieren können, wenn sie gewohnte Situationen verlassen und sich in neuen Situationen zu recht finden müssen. Natürlich kann man daran scheitern – die Autorin lässt ihre Protagonisten dadurch jedoch reifen, was gut in den Verlauf des Buches passt.


    === mein Fazit ===


    Mit „Die fliegenden Trautmans“ ist Miriam Toews ein wunderbares Buch über Menschen gelungen. Es verleitet zum Lachen, es verleitet zum Weinen und vor allem verleitet es zum Denken. Ich fand das Buch wirklich hervorragend und spreche eine Leseempfehlung für alle, die sich vom Inhalt angesprochen fühlen aus. Von mir gibt es ganz klar 5 von 5 Sternchen für dieses Buch.

  • Ich habe gelacht, geschmunzelt, war traurig, nachdenklich und melancholisch. Was will Frau von einem Buch mehr? Zehn Punkte für ein besonderes Leseerlebnis


    :wave

    :lesend Jonathan Tropper - Sieben verdammt lange Tage


    Zwei Dinge sind unendlich, das Universum und die menschliche Dummheit, aber bei dem Universum bin ich mir noch nicht ganz sicher.
    Albert Einstein