Die Erbin der Welt/The Hundred Thousand Kingdoms - N.K. Jemisin

  • Angaben der deutschen Ausgabe
    Taschenbuch mit 448 Seiten
    Verlag: Blanvalet (Juni 2010)
    Sprache: Deutsch



    Angaben der Originalausgabe
    Taschenbuch mit 448 Seiten
    Verlag: Little, Brown Book (Februar 2010)
    Sprache: Englisch



    Kurzbeschreibung
    Geheimnisse und Intrigen im Palast über den Wolken – wo Menschen und Götter um Macht und Einfluss ringen


    Natürlich befolgt Yeine Darr den Befehl ihres Großvaters, sich unverzüglich aus der Provinz zu seinem Palast zu begeben. Schließlich ist er der Herrscher über die ganze Welt. Doch als er sie zu seiner dritten Erbin ernennt, befindet sie sich unvermutet inmitten tödlicher Palastintrigen. Ihre einzige Hoffnung auf Überleben ist ein Bündnis mit Nahadoth – dem zwar versklavten, aber immer noch ebenso mörderischen wie verführerischen Gott der Finsternis.



    Zur Autorin
    N.K. Jemisin ist Therapeutin, politischen Kommentatorin und Feinschmeckerin. Sie schreibt, seit sie zehn Jahre alt ist. Allerdings wird sie alles tun, damit ihre frühen Arbeiten nicht öffentlich gemacht werden. Sie lebt in New York City.



    Meine Meinung
    Schon lange nicht mehr ist es mir so schwer gefallen, eine abschließende Meinung auf den Punkt zu bringen. Zum einen ist „Die Erbin der Welt“ ein faszinierender Roman, der mich voll und ganz hätte überzeugen können, zum anderen ist da eine Erzählerin, die es unheimlich schwer macht, ganz in die Geschichte einzutauchen. Warum? Yeine Darr hat ihre eigene Art und Weise, die Geschichte zu erzählen. Vorteilhaft ist in diesem Zusammenhang die Leseprobe, denn dort zeigt sich das, was mich gestört hat, bereits sehr deutlich. Yeine berichtet über das Geschehen, lässt sich aber von ihren Gedanken treiben, was die Erzählung reichlich wirr erscheinen lässt. Immer wieder unterbricht sie die aktuelle Situation mit Kommentaren à la „Ach, da fällt mir grad eine andere Geschichte ein … die erzähl ich doch mal glatt, auch wenn’s nicht passt …“. Mich hat das immer wieder aus dem Zusammenhang und dem Lesefluss hinausgeworfen und enttäuscht. Dafür gibt es bei der Gesamtbewertung von meiner Seite leider deutlichen Abzug. An sich spricht nichts dagegen, dieser Geschichte eine Ich-Erzählerin zu verpassen, aber die Einschübe stören eigentlich immer.


    Neben diesem Hindernis gibt es aber interessante Dinge zu entdecken. Da wären zu allererst die tollen Figuren. Egal ob Yeine, Sieh, Naha oder die anderen – keine einzige Figur lässt sich jemals ganz einer Seite, Gut oder Böse, zuordnen. Das sorgt, obwohl es keine actionreichen Szenen gibt und auch sonst insgesamt wenig passiert, für viel Spannung und Zündstoff. Yeine wird vor allem von Rache geleitet und will herausfinden, wer ihre Mutter auf dem Gewissen hat. Bei ihrer Suche deckt sie allerdings ein Geheimnis auf, das besser verschwiegen worden wäre. Und ab dieser Stelle – knapp vor der Hälfte des Romans – hatte die Autorin mich am Haken! Ab diesem Punkt habe ich mit angehaltenem Atem gelesen und mit viel Freude das Geschehen beobachtet.


    Man bekommt in „Die Erbin der Welt“ eine sehr unterschiedliche Bandbreite an Themen serviert. Da wären die Intrigen, das Machtinteresse rund um die Wolkenstadt, aber auch eine Vielzahl menschlicher Gefühle, die hier gut Raum finden und nachvollziehbar wirken. Es gibt auch eine Liebesgeschichte, die mit Sieh und Naha als Gegenpole toll besetzt ist. Naha ist die Marke Figur, die im Standard-Fantasy-Roman wohl Darius oder Darian heißt :D. Er war wirklich faszinierend zu beobachten, da er den düsteren, unerreichbaren Mann gemimt hat, ohne ins Klischee abzurutschen. Er ist einer der drei Götter, die zu Anbeginn von Yeines Welt gelebt haben und steht im ständigen Konflikt mit Itempas und Enafa. Ja, hier entfaltet sich ein weiterer Punkt, an dem der Roman überzeugt: Ein tolles Konzept über die Götter und ihre Rolle zu den Menschen der Königreiche. Mittlerweile ist Nahadoth allerdings mehr ein Sklave des Menschen, der ihm eine Form verpasst. Yeine kommt selbst in diese Position und kann über Naha gebieten und spürt, welche Mächte in ihm ruhen. Eine unberechenbare Figur, die in perfekter Ergänzung mit dem oft naiven Sieh stand.



    Fazit
    Ein faszinierender Fantasy-Roman, der allein an seiner Erzählperspektive zu scheitern droht. Davon abgesehen wird ein tolles Konzept vorstellt mit sehr dubiosen und düsteren Figuren, die sich nur schwer einschätzen lassen.



    Bewertung
    8/10 Punkten

  • Ich hab jetzt ungefähr die Hälfte gelesen und muss sagen, dass ihre Erzählweise auf Dauer ein wenig anstrengend ist. Die Geschichte selbst fasziniert eigentlich nicht mal, fragt mich also nicht warum ich innnerhalb weniger Stunden so weit gekommen bin. Die Einschübe am Anfang zu den Göttern und ihrem Hintergrund empfand ich ziemlich irritierend und störend, inzwischen kann ich sie zwar einordnen, aber einfach so in die Geschichte geklatscht unterbrechen sie nur.


    Eine Karte wäre vllt ganz nett gewesen...


    Das Buch insgesamt zu bewerten ist ziemlich schwierig. Aber ich glaube, 7 Punkte dürften schon drin sein.

  • Zitat

    Original von Arill


    Ich glaube, so ähnlich darf man sich die auch vorstellen, ging mir genauso :chen. Das mit der Perspektive hatte ich ja erwähnt, damit hat die Autorin sich wirklich keinen Gefallen getan.

  • Einen Gefallen tut sie damit weder sich selbst noch den Lesern. Sie hätte ja die Götterabhandlungen als eigenes kleine Kapitel jeweils einfügen können, machen viele ja so, wenn es die Geschichte vollkommen unter bricht.

  • Ich habe das Buch am Sonntag verschlungen.
    Die Erzählperspektive war zugegeben ungewöhnlich, aber mich hat sie gepackt.
    Man hatte das Gefühl Yeine sitzt vor einem und erzählt die Geschichte. Die Einschübe haben mich kein bisschen gestört. Ich fand ihre Kommentare zu dem Geschehen meist witzig oder aufschlussreich. Der Erzählstil hat auf jeden Fall meinen Geschmack getroffen.


    Was die Geschichte selbst angeht, fand ich die Göttersagen faszinierend. Enefa die Frau, die das Leben erschaffen hat. Und Itempas der Ordnungsfanatiker, eifersüchtige Bruder und Liebhaber.


    Yeines Kultur war mal was abwechslungsreiches, ein Land in dem die Frauen herrschen. Was auch bei Fantasybüchern eher die Ausnahme ist.


    Es gibt nicht viele Actionszenen und wenn dann nur sehr kleine. Und trotzdem herrscht ständig Spannung.


    Für mich gehört The Hundred Thousand Kingdoms zu meinen bisherigen Jahreshighlights.
    Wenn man mit dem Erzählstil klar kommt, ist es ein faszinierendes und außergewöhnliches Buch.

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. - Marie von Ebner-Eschenbach

  • Zum zweiten Teil gibt es jetzt auch ein Cover und eine Kurzbeschreibung.


    Kurzbeschreibung
    In the city of Shadow, beneath the World Tree, alleyways shimmer with magic and godlings live hidden among mortalkind. Oree Shoth, a blind artist, takes in a homeless man who glows like a living sun to her strange sight. However, this act of kindness is to engulf Oree in a nightmarish conspiracy. Someone, somehow, is murdering godlings, leaving their desecrated bodies all over the city. Oree's peculiar guest is at the heart of it, his presence putting her in mortal danger - but is it him the killers want, or Oree? And is the earthly power of the Arameri king their ultimate goal, or have they set their sights on the Lord of Night himself?

    Nenne dich nicht arm, weil deine Träume nicht in Erfüllung gegangen sind; wirklich arm ist nur, der nie geträumt hat. - Marie von Ebner-Eschenbach

  • Ich bin mit dem Buch noch nicht mal fertig und schon bin ich versucht, mindestens neun Punkte zu geben.
    Ich finde die Erzähltechnik super - ich stehe auf sowas. Ds wirkt immer so menschlich und so ehrlich, da kann ich nicht widerstehen.
    Dann die Charaktere: Nahadoth ... ich liebe den Kerl :-]
    Mit einer ausführlicheren Rezension halte ich mich zurück, bis ich fertig bin. Was morgen sein wird.
    Aber wie gesagt, wenn es zum Ende hin nicht völlig absackt, gibt es mindestens neun, vielleicht sogar zehn Punkte.


    Und der zweite Band steht schon im Regal ^^

  • So, es wurden zehn Punkte :-)
    Auch wenn die Übersetzung weniger verdient hat. Anglizismen in Übersetzungen von Fantasyromanen sind eeeecht schlecht. Ich will in einem deutschen Buch nicht über Teenager und Sideboards lesen!


    Aber ich hab mich mit der Bewertung auf den Inhalt beschränkt, udn der verdient eben nur 10 Punkte!
    Die Erzähltechnik mag anfangs etwas verwirrend sein, aber sie macht Sinn und ich mochte sie wirklich.
    Die Handlung ist spannend und fügt sich am Ende logisch zusammen, wobei genug Fragen offen bleiben.
    Es gibt kein Gut und Böse, was ich sowieso sehr mag, und die Charaktere waren durchweg glaubwürdig und ausgearbeitet. Jeder hatte mehrere Seiten, keiner war von Grund auf durchschaubar oder langweilig.
    Am Ende kam eine sehr überraschende Wendung, die für ordentlich Spannugn gesorgt hat.
    Während der letzten Kapitel hatte ich mehrfach Tränen in den Augen und Gänsehaut, weil alles so schön und gefühlvoll erzählt war.


    Habe auch anschließend direkt mit em 2. Band angefangen.

  • Nun lag es schon so lange auf dem SUB und endlich habe ich es mal in Angriff genommen. Zwar hatte ich in der Mitte mal einen Durchhänger, habe aber nicht bereut, dass ich den überwunden und das Buch zu Ende gelesen habe. In der zweiten Hälfte wird es nämlich richtig gut. Aber hier das ausführliche Fazit:


    Die junge Yaine, frisch gebackene Anführerin des winzigen nördlichen Königreichs Darr, in dem kriegerische Frauen den Ton angeben und das in den zivilisierteren Gegenden als Barbarenreich verpönt ist, wird von ihrem Großvater, dem Herrscher der Welt, an den Kaiserhof in Elysium gerufen, um ganz unerwartet zur dritten Erbin seines Throns erhoben zu werden. Ihre Mutter nämlich, die skandalträchtig ihr Erbe niederlegte, um mit einem Darr durchzubrennen, war vor ihr die einzige Erbin. Doch nun gibt es zwei skrupellose Geschwister, ihre Cousin und Cousine, die mit ihr um die Thronfolge konkurrieren. Die herrschende Kaste der Welt ist das Volk der Arameri, dessen Blut also zur Hälfte auch in Yaines Adern fließt - und die Arameri sind boshaft, skrupellos, arrogant und begabte Intriganten.
    Kurz nach ihrer Ankunft im Palast lernt Yaine auch die versklavten Götter kennen, die das Elysium bewohnen. Das Universum wurde nämlich einst von einem Dreiergestirn beherrscht - Itempas, der übers Licht gebietet, Nahadoth, dem das Dunkel gehört, und Enefa, ihrer beider Schwester und Geliebte, die für Veränderung steht. Itempas, der Ordnung liebt und Veränderung fürchtet, tötete Enefa und unterwarf Nahadoth und seine Kinder einer grässlichen Sklaverei. Sie müssen fortan den Arameri dienen, die auch Itempas Priesterschaft stellen, und ihnen aufs Wort gehorchen.
    Die Götter streben nach Freiheit, und Yeine soll ihnen dabei helfen. Im Gegenzug bieten sie ihr ein Bündnis gegen ihre neuen Feinde an.


    Natürlich stolpert Yaine schnell über allerlei schmutzige Geheimnisse und Intrigen, in die Götter wie Menschen verwickelt sind. Nichts ist so, wie es zuerst scheint. Feinde und Freunde sind auf den ersten Blick nicht voneinander zu unterscheiden, und manchmal auch nicht auf den zweiten. Sie versucht, mehr über den mysteriösen Tod ihrer Mutter zu ergründen, und hat nur wenige Tage Zeit, sich auf einen lebensbedrohlichen Konflikt mit ihren Thronmitbewerbern vorzubereiten. Und ihre wachsende Faszination für Nahadoth bringt sie zusätzlich in große Gefahr...



    'Die Erbin der Welt' ist ein durchaus faszinierender Roman, der etwas schwächer anfängt, sich jedoch in der zweiten Hälfte so sehr zu steigern weiß, dass man darüber gern hinwegsieht. Die Ich-Erzählerin Yeine ist zuerst ein orientierungsloses Mädchen, das man ohne weitere Einweisung in ein Haifisch-Becken gestoßen hat, entwickelt aber im Verlauf der weiteren Handlung große kämpferische Qualitäten und einen scharfsinnigen Geist, um ihren Feinden einen Schritt voraus zu sein. Sie bleibt sich selbst treu, und das macht sie als Protagonistin sympatisch.
    Zu Beginn störte mich ein wenig, dass die Arameri von ihrem gewaltigen Palast aus über die gesamte Welt gebieten, aus zahlreichen Königreichen bestehend, dass man aber nie wirklich ein Gefühl dafür bekommt. Stattdessen fühlt sich das ganze Setting ein wenig an wie eine Sitcom - es gibt nur wenige Schauplätze innerhalb des Palastes und ein begrenztes Inventar an Personen, mit denen Yaine interagiert. Man kriegt kaum ein Gefühl dafür, wie es draußen aussieht, und auch der Palast selbst wirkt nicht sonderlich bevölkert. Dadurch bekommt die 'Herrscher der Welt' - Story schnell Behauptungscharakter. Im weiteren Verlauf werden die Intrigen und Verwicklungen innerhalb dieser kleinen Gruppe aber so spannend, dass ich auf diesen kleinen Makel nicht mehr soviel Aufmerksamkeit verwandt habe. 'Erbin der Welt' ist viel mehr Kammerspiel und psychologische Interaktion zwischen den Handelnden, als epische Fantasy - mit deren klassischen Vertretern es tatsächlich nur sehr wenig zu tun hat.
    So gesehen eine ungewöhnliche Geschichte, die aber zu fesseln weiß, wenn man sich erst einmal darauf eingelassen hat. Wirklich lesenswert!


    7,5 / 10 Punkten.

    Ich hab' mich verirrt.
    Ich bin dann mal weg, um nach mir zu suchen.
    Sollte ich zurückkommen, bevor ich wieder da bin, sagt mir bitte, ich soll hier warten!